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Seit 1901 werden die Nobelpreise vergeben. Chemie, Physik, Medizin, der Friedensnobelpreis und der Literaturnobelpreis. Die Wissenschaftswelt hat sich über die letzten Jahrzehnte stark gewandelt. Etliche bahnbrechende Ergebnisse kamen aus der Biochemie und der Molekularbiologie. Einen eigenen Nobelpreis gibt es für die Biologie trotzdem nicht.

Forscher, die auf diesen Gebieten aussergewöhnliche Fortschritte erzielen, werden entweder mit dem Nobelpreis für Chemie oder dem für Medizin ausgezeichnet. Wenn man sich die Preisträger der letzten zehn Jahre anschaut, wird klar wie stark biochemische und molekularbiologische Forschung die Naturwissenschaften prägt:

  • 1999: Günter Blobel: for the discovery that proteins have intrinsic signals that govern their transport and localization in the cell (Medizin)
  • 2000: Arvid Carlsson, Paul Greengard, Eric Kandel: for their discoveries concerning signal transduction in the nervous system (Medizin)
  • 2001: Leland Hartwell, Tim Hunt, Paul Nurse: for their discoveries of key regulators of the cell cycle (Medizin)
  • 2002: John B. Fenn, Koichi Tanaka, Kurt Wüthrich: for the development of methods for identification and structure analyses of biological macromolecules (NMR, Massenspektrometrie) (Chemie) und Sydney Brenner H. Robert Horvitz John E. Sulston: for their discoveries concerning genetic regulation of organ development and programmed cell death (Medizin)
  • 2003: Peter Agre, Roderick MacKinnon: for discoveries concerning channels in cell membranes (Chemie)
  • 2004: Aaron Ciechanover, Avram Hershko, Irwin Rose: for the discovery of ubiquitin-mediated protein degradation (Chemie); Richard Axel, Linda B. Buck: for their discoveries of odorant receptors and the organization of the olfactory system (Medizin)
  • 2006: Roger Kornberg: for his studies of the molecular basis of eukaryotic transcription (Chemie); Andrew Z. Fire, Craig C. Mello: for their discovery of RNA interference – gene silencing by double-stranded RNA (Medizin)
  • 2007: Mario R. Capecchi, Sir Martin J. Evans, Oliver Smithies: for their discoveries of principles for introducing specific gene modifications in mice by the use of embryonic stem cells (Medizin)
  • 2008: Osamu Shimomura, Martin Chalfie, Roger Y. Tsien: for the discovery and development of the green fluorescent protein, GFP (Chemie)
  • 2009: Elizabeth H. Blackburn, Carol W. Greider, Jack W. Szostak: for the discovery of how chromosomes are protected by telomeres and the enzyme telomerase (Medizin).
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Man kann jetzt natürlich über die Notwendigkeit eines eigenen Biologie-Nobelpreises oder eines für Lebenswissenschaften streiten, Darwin hätte sich momentan wohl auch nicht qualifiziert.

Bei einem Nobelpreis für Mathematik, einem für Klima-und Umweltwissenschaften oder einem für Astronomie würden sich Thilo vom Mathlog, Georg von Primaklima oder die bloggenden Astronomen Florian und Ludmila sicher auch mal freuen; und immerhin gibt es seit 1969 zusätzlich den Ökonomienobelpreis. Sollte der Preis also diversifiziert werden?

Eins fällte auf: in den letzten zehn Jahren wurden die Nobelpreise für Chemie und Medizin selten für zwei biologische Themen vergeben. Deshalb sage ich auch für morgen voraus, dass es ein rein chemisches Thema wird. Irgend eine Katalyse? Wir Biologen sind ja dieses Jahr schon durch die Telomere mit einem Nobelpreis bedacht worden.

Bild oben www.nobelprize.org. Bild unten Totenmaske von Alfred Nobel von Wikipedia.

Kommentare (12)

  1. #1 Fischer
    6. Oktober 2009

    Gut dass du das Thema aufgreifst. Dazu werde ich demnächst auch noch mal was schreiben, das geht ja grad so’n bisschen rum. Von den Vorschlägen im offenen Brief von der New-Scientist-Seite bin ich jedenfalls nicht begeistert.

    Nach den doch ziemlich anwendungsbezogenen Physik-Preisen von heute vermute ich mal, dass Katalyse in Chemie aus dem Rennen ist. Da kommt jetzt was theoretisches. Möglicherweise wird es sogar eine in-silico-Arbeit. Damit sind Zare oder Karplus für mich die Favoriten.

  2. #2 Tobias
    7. Oktober 2009

    Ja, den Post bei islandofdoubt habe ich auch gelesen. Ich will mich nicht beklagen, aber dass die Wissenschaftswelt sich verändert hat, ist wohl unbestreitbar. Die Frage ist: Büßt der Nobelpreis durch eine veraltete Klassifizierung ein oder nicht? Und: Ist es die Aufgabe des Nobelpreises die Welt der (Natur)Wissenschaft adäquat abzubilden?

  3. #3 Fischer
    7. Oktober 2009

    Die dritte entscheidende Frage: Macht man den Nobelpreis kaputt, wenn man an ihm rumschraubt? Die Versuchung ist halt groß, einen zusätzlichen Preis mit einer ganz bestimmten Forschungsrichtung im Hinterkopf zu definieren. Und das wäre m.E. ein großer Fehler.

  4. #4 Ludmila
    7. Oktober 2009

    Ich will Dich ja nicht verwirren, aber:
    Ich bin kein Astronom. Ich bin (Geo-)physiker.

    Streng genommen gibt es auch keine deutsche Astronomen, weil man nämlich in Deutschland (im Gegensatz zu Österreich) Astronomie nicht als eigenständiges Fach studieren kann. Offiziell sind also alle deutschen Astronomen Physiker 😉

    Geophysik als eigenständiges Fach mit eigenem Abschluss geht dann witzigerweise aber schon.

    Aus unsere kleinen Zunft gab es bisher nur einen einzigen Nobelpreis für Physik: Hannes Alfvén.

  5. #5 Tobias
    7. Oktober 2009

    Hehe, wieder falsch getippt!
    Venkatraman Ramakrishnan, Thomas A. Steitz and Ada E. Yonath receive the 2009 Nobel Prize in Chemistry. https://bit.ly/2rUdV0
    Ribosomen!

  6. #6 Alexander
    7. Oktober 2009

    Wow – mit nem weiteren Preis für Biologen hätte ich echt nicht gerechnet! Nach GFP für Chemie 2008, und dieses Jahr die Telomere in der Medizin nun auch noch die Ribosomen. Krass!
    Allerdings fangen jetzt vielleicht auch die Mediziner und Chemiker an, mit uns für nen Bio-Nobelpreis zu kämpfen 😉

  7. #7 Ludmila
    7. Oktober 2009

    Ich würd aber auch sagen, dass es Zeit für einen eigenen Biologie-Preis wird.

  8. #8 Florian Freistetter
    7. Oktober 2009

    Naja – neue Nobelpreise einzuführen halte ich für schwierig. Denn wo macht man da halt? Ein Nobelpreis für Biologie, dann einer für Klimatologie, einen für Ökologie, natürlich einen für Astronomie. Und warum keinen für Mathematik oder Informatik? Oder Technik?

    Der Nobelpreis ist ja nur deswegen so berühmt, weil er so exklusiv ist. Und der Herr Nobel hat sich das eben nunmal so gewünscht… Wenn er allgemein Preise für die jeweils dominierende Wissenschaftsdisziplin vergeben hätte wollen, dann hätte er ja nicht explizit die Disziplinen vorgeschrieben, die einen Preis bekommen sollen.

    Vielleicht sollte man überhaupt anders vorgehen – den Nobelpreis für Chemie in Zukunft wirklich nur für Chemie verleihen; ebenso in der Medizin. Und einen alternativen Preis für die Biologen schaffen – so wie bei der Fields-Medaille für Mathematik. Aber dazu sind die Gebiete wohl zu interdisziplinär.

  9. #9 Fischer
    7. Oktober 2009

    Den Chemie-Nobelpreis einfach nicht mehr für Bio-Themen zu vergeben kann nicht Sinn der Sache sein. Man sieht ja am aktuellen Nobelpreis, wie schwer das voneinander zu trennen ist: Das Ribosom ist ja letztendlich auch Katalyse, und die Struktur wurde mit physikalischen Methoden ermittelt, die man traditionell der Chemie zuschlägt. Insofern ist es schon in gewisser Weise ein völlig legitimer Chemie-Nobelpreis.

    Das Problem ist halt, dass die Biowissenschaften inzwischen einen so großen Raum einnehmen, dass sie die anderen Gebiete der Chemie unterbuttern. Es kann einfach nicht sein, dass praktisch das komplette Periodensystem ignoriert wird während der leidige CHNO-Kram jedes Jahr die Preise abräumt.

  10. #10 Alexander
    8. Oktober 2009

    @Florian:
    Einen alternativen Preis für die Biologen gibt es eigentlich schon, den Lasker Award. Der ist aber wieder nur medizinisch, lässt also viele andere biologische Disziplinen außen vor, und ist ein amerikanischer Preis. Der gilt aber eher als eine Art Nobel-Barometer, ca. die Hälfte der Lasker-Preisträger haben später auch den Nobelpreis bekommen. Beispielsweise Capecchi, Evans, Smithies (Lasker 2001, Nobel 2007) oder eben auch Blackburn, Greidel, Szostak (Lasker 2006, Nobel 2009).

  11. #11 Tobias
    8. Oktober 2009

    Also, wenn wir uns drauf einigen, dass ein solcher Preis für eine größere öffentliche Wahrnehmung des jeweiligen Fachgebiets führt und eventuell Köpfe und Geld anlockt, dann ist es eine gute Sache, wissenschaftliche Entdeckungen regelmäßig zu feiern, in allen Fachgebieten.

    Die Frage ist, warum hat es bisher kein anderer Preis geschafft, eine ähnliche Medienwirkung zu erzielen? Fields Medaille, Lasker Award, … vielleicht liegt es am Marketing.

    Ich habe irgendwo gelesen, dass neue Nobelpreise per Statut gar nicht für andere Bereiche vergeben werden können.

  12. #12 Katzenpension Luckenwalde
    19. November 2018