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Dass Vitaminpillen und -zusätze kaum einen positiven Effekt haben, steht seit Jahren fest. Im aktuellen JAMA beweist nun abermals eine große Studie den fehlenden Nutzen. Einzig das Risiko für Hirnblutungen steigt signifikant. Warum entsorgen wir den Dreck nicht endlich?

Zu Beginn der 90er Jahre war die Vitaminwelt noch in Ordnung. Die so genannten „freien Radikale” waren als wichtige Auslöser von Arteriosklerose, Krebs und diversen Alterungsprozessen überführt worden.
Doch die Retter waren gleich mit identifiziert: die Vitamine A, C und E, die als „Radikalenfänger” ausschwärmen und die Blutgefäße und Zellwände vor den schädlichen Oxidationsprozessen schützen sollten, indem sie selber mit den freien Radikalen Verbindungen eingehen und auf diese Weise neutralisieren.
Ernährungswissenschafter und Ärztegesellschaften rieten deshalb zur vorbeugenden Vitaminkur, am besten über frisches Obst und Gemüse, fünf Portionen pro Tag.
„Daran hält sich aber in der Praxis nicht einmal ein Zehntel der Bevölkerung”, klagten die Vitamin-Verfechter, und empfahlen Mitte der neunziger Jahre das Gießkannenprinzip: „Vitaminzusätze sollten so wie Impfungen der gesamten Bevölkerung verabreicht werden – auch jenen, die es sich nicht leisten können”, formulierte es beispielsweise Lester Packer, führender Antioxidantien-Experte der Universität Berkeley/CA.
Wie die meisten seiner Kollegen hielt es Packer nicht für nötig, eine Obergrenze einzuziehen. Problematisch sei nur der Mangel: „Denn Antioxidantien sind selbst hundertfach über der empfohlenen Tagesdosis nicht giftig.”
Die Presse verbreitete die Hoffnung der Experten mit euphorischen Berichten. Vitamine als Antioxidantien waren bald in aller Munde – meist in Form von Pillen und Mulitvitamin-Säften. Bis heute ist es ungeheuer mühsam, im Supermarkt Produkte einzukaufen, denen keine künstlichen Vitamine zugesetzt sind. Speziell bei Kinder-Nahrungsmitteln und bei Tiernahrung.

Und das obwohl die Vitamin-Euphorie mittlerweile längst als wissenschaftlicher Irrweg gilt. Unveränderte Jubellieder zur Vitaminkur kommen heute nur noch von dubiosen Geschäftemachern wie dem Vitaminguru Dr. Rath oder ähnlichen wissenschaftlichen Ignoranten.

In der Realität zeigen die Studien entweder gar keinen Effekt – oder einen negativen.

• Den Beginn machten die löblichen Ansätze, unverbesserlichen Rauchern mit Betacarotin Kapseln (Vitamin A) zumindest einen kleinen Teil des gesundheitlichen Schadens abzufangen. Dumm nur, dass das nicht funktionierte. Eine der Arbeiten musste sogar abgebrochen werden, weil die Raucher im Vitamin-Arm der Studie ein um 46 Prozent höheres Lungenkrebs-Risiko hatten, wie in der Kontrollgruppe mit Placebo-Pillen.

• Noch trister ist die Bilanz bei Vitamin E, das als große Hoffnung, sowohl für Diabetiker als auch zur Krebsvorsorge galt. Leider zeigte sich bei Diabetikern ein Nulleffekt – auch nach sieben Jahren Einnahme. Lediglich ihr Risiko auf eine unheilbare Herzschwäche stieg signifikant (Hope-Studie). In der Krebsvorsorge derselbe Nulleffekt. Und bei Patienten die bereits an Krebs erkrankt waren, kehrte sich die Therapie ins Gegenteil: Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, denen nach der Strahlenbehandlung hohe Dosen Vitamin E verabreicht wurden, zeigten eine beinahe dreifach höhere Rate an Zweittumoren.

• Vitamin D Pillen wurden erfolglos zur Vorsorge gegen Knochenbrüche getestet (Record-Studie)

• B-Vitamine: Die im Sommer 2005 präsentierte norwegische NORVIT-Studie beobachtet seit 1998 knapp 3.800 Herzinfarkt-Patienten, die zur Infarktvorsorge die als herzschützende Stoffe geltenden Vitamine B6, B12 und Folsäure einnahmen oder eben ein Placebo bekamen. Keine der Vitaminkombinationen brachte den Teilnehmern Vorteile. Jene, die eine Kombination aus den Vitaminen B6 und Folsäure eingenommen hatten, hatten sogar ein um 20 Prozent höheres Risiko eines neuerlichen Infarkts oder Schlaganfalls.

• Am günstigsten ist die Bilanz noch bei Vitamin C. Hier zeigen sich zumindest keine auffälligen negativen Ergebnisse. Wir scheinen Vitamin C sogar in Hochdosen recht gut zu vertragen. Dünnpfiff sorgt notfalls für einen raschen Export. Und hier und da finden sich sogar vereinzelt positive Ergebnisse (z.B. bei Sportlern).

Die derzeit aktuellste Arbeit ist im Journal der amerikanischen Ärztegesellschaft (JAMA) erschienen.
Dabei handelt es sich um den Endbericht einer placebo-kontrollierten Studie, an der mehr als 14.000 männliche Ärzte teilnahmen, die zu Studienbeginn im Jahr 1997 mindestens 50 Jahre alt waren. Geprüft wurde die Frage, ob die regelmäßige Einnahme von Vitamin C bzw. Vitamin E – Präparaten günstige Auswirkungen auf die Vermeidung kardiovaskulärer Erkrankungen hat.
Die Antwort war in jeglicher Beziehung negativ. Weder weniger Herzinfarkte, noch weniger Schlaganfälle, noch ein geringeres Sterberisiko. Die beiden Vitamine lieferten sich beinahe einen Paarlauf. Kein einziges Ergebnis war signifikant.
Mit Ausnahme des Risikos auf Hirnblutungen. Hier wurde in der Vitamin E – Gruppe ein Risikoanstieg um 74 Prozent beobachtet.

Mittlerweile weiß man auch etwas mehr über die biologischen Zusammenhänge.
Vitamin E ist etwa ein sehr guter Radikalenfänger und senkt dadurch das Oxidationsrisiko in den Zellmembranen was als eine der Hauptursachen für Herzinfarkt und Schlaganfall gilt. Allerdings werden aus den intakten Vitamin E Molekülen nach getaner Arbeit selber Radikale, die z.B. bei der Oxidation des LDL-Cholesterins eine negative Rolle spielen können, vor allem bei zu hoher Dosierung. Und das ist bisher wohl unterschätzt worden.

Warum, frage ich mich, zeigen all diese Ergebnisse keinerlei Auswirkungen auf die Praxis?
Warum ist nach wie vor ein hoher Teil der Supermarkt-Ware Vitamin-verseucht?
Warum greifen hier die Behörden nicht ein?

Verbieten wir doch endlich die – im besten Fall sinnlosen, oft aber gesundheitsschädlichen – künstlichen Vitamine.

Kommentare (21)

  1. #1 Sadun Kal
    November 14, 2008

    Hat das alles nur mit den künstlichen Vitaminen zu tun? Wenn ja, wieso gibt’s eigentlich so einen großen Unterschied zwischen Natürlichen und Künstlichen? Oder sind meine Fragen zu irrelevant jetzt..?

  2. #2 Bert Ehgartner
    November 14, 2008

    Ich kopiere zu dieser Frage einen Ausschnitt eines Artikels, den ich dazu geschrieben habe:

    Im Gegensatz zu künstlich zugeführten sind über die Nahrung aufgenommene Vitamine praktisch nicht überdosierbar. Lediglich von Vitamin A gibt es anekdotische Berichte von Polarforschern, die nach dem Konsum von Eisbärleber Vergiftungen erlitten hatten. Bei den Inuit gilt diese Vitaminbombe – Eisbärleber enthält zweitausend mal mehr Vitamin A als Karotten – deswegen auch als tabu.
    Da mitunter auch die Leber weniger exotischer Tiere wie Huhn, Schwein oder Kalb extreme Werte enthalten kann, wird Schwangeren sicherheitshalber vom Essen von Leber abgeraten – sie könnte dem Ungeborenen schaden. „Wir haben hier bei unseren Laboranalysen ganz erstaunliche Unterschiede gefunden“, sagt Ernährungsexperte Wagner. „Wir vermuten, dass das mit den Vitaminzusätzen im Tierfutter zusammen hängt.“
    Ansonsten sind natürliche, über die Nahrung zugeführte Vitamine die wahren Gesundbrunnen. Legionen von Studien zeigen, dass eine möglichst vielseitige, bunte, vitaminreiche Kost gesundheitliche Benefits bringt. Und das gilt nicht nur für rohes Obst und Gemüse: Vitamine sind in fast allem enthalten, was wir zu uns nehmen, in Eiern und Fleisch, Getreide und Hülsenfrüchten, Ölen und Milchprodukten. Auch die große Angst vor dem Erhitzen muss heute relativiert werden: Selbst hitzeempfindliche Vitamine wie Vitamin C und Folsäure bleiben zum Großteil im Kochgut erhalten (siehe Kasten: Umgang mit Vitaminen, Seite XX).
    Ein Grundfehler der Supplementierungsidee war außerdem, Vitamine als die einzigen Wohltäter herauszuheben. „15 Jahre lang hat man gedacht, es macht keinen Unterschied, ob wir Vitamine aus künstlichen oder natürlichen Quellen aufnehmen“, erklärt Ingrid Kiefer. Doch Vitamine im natürlichen Verband sind für den Körper wesentlich besser verfügbar als die Laborextrakte. Besonders Obst und Gemüse enthalten neben den bekannten Vitaminen noch eine Unzahl weiterer gesundheitsfördernder Bestandteile, allen voran sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe und Mineralien.
    Ein Beispiel verdeutlicht den Unterschied zwischen synthetischen und natürlichen Vitaminen: In 100 Gramm Apfel sind durchschnittlich 20 Milligramm Vitamin C enthalten. „Das klingt zunächst nicht nach sehr viel“, führt Ingrid Kiefer aus. „Doch konnte im Experiment bewiesen werden, dass diese 20 Milligramm denselben antioxidativen Effekt haben wie die hundertfache Menge an synthetischem Vitamin C.“
    Losgelöst aus diesem Konzert verschiedenster Wirkstoffe bleibt von Vitamin C nur das nackte chemische Gerüst der Ascorbinsäure. Und das ist einfach herstellbar. Vitamine werden heute großindustriell erzeugt. Billigimporte aus China erobern zunehmend den Weltmarkt. Vom betont natürlichen Image, das den Vitaminen in der Werbung gerne verpasst wird, bleibt wenig übrig. Vitaminherstellung ist pure Chemie. Zum einen werden dafür Mikroorganismen eingesetzt, die sich über Nährlösungen in speziellen Fermentern rasant vermehren. Bakterien, Hefe oder Algen sind vor allem für B-Vitamine das bevorzugte Ausgangsmaterial. Vitamin C wird über spezielle Enzyme aus Zucker gewonnen. Über die Aufspaltung von Erdöl lässt sich in großem Maßstab Vitamin E herstellen. Das Ergebnis ist dann nicht mehr mit natürlichem Vitamin E, wie es beispielsweise in Weizenkeimöl reichlich enthalten ist, vergleichbar. Und darin liegt auch eine der Ursachen für deren unterschiedliche Wirksamkeit im Organismus begründet. Denn bei Vitaminen, die in Form von Obst oder Gemüse konsumiert werden, überlagern sich die verschiedensten Einflüsse der einzelnen Nahrungsbestandteile. Sie können sich in ihrer Wirkung gegenseitig fördern oder auch hemmen. Die künstlichen Vitamine hingegen haben keine Regelmechnaismen.

  3. #3 Marcus
    November 14, 2008

    Lieber Bert,

    bin ich dabei. Schick aber vorher den Beitrag mal an deinen Landsmann Hademar B. Der setzt sich doch auch gerne schon mal für Vitamine aller Art ein.

    Grüße 🙂

  4. #4 Fischer
    November 14, 2008

    *Vitaminherstellung ist pure Chemie. Zum einen werden dafür Mikroorganismen eingesetzt…*
    Arghargargaaargh!

    Und jetzt schreibe bitte hundert Mal: “Ich habe keine Ahnung was Chemie ist und werde den Begriff deswegen nicht mehr verwenden, und schon gar nicht in dieser dünkelhaften und latent abwertenden Weise.”

    Setzen, sechs! Kann ja wohl nicht wahr sein.

    Ansonsten, ja, das mit den Vitamin-Euphorie unterschreib ich.

  5. #5 Ludmila
    November 14, 2008

    @Bert: Dieser Vitaminhype ist Schwachsinn und Vitamine als Nahrungsstoffe im besten Fall nutzlos, aber Ihre Begründung…

    Denn bei Vitaminen, die in Form von Obst oder Gemüse konsumiert werden, überlagern sich die verschiedensten Einflüsse der einzelnen Nahrungsbestandteile. Sie können sich in ihrer Wirkung gegenseitig fördern oder auch hemmen. Die künstlichen Vitamine hingegen haben keine Regelmechnaismen.

    Soll das jetzt heißen, dass die “natürlichen” Vitamine ganz speziell auf die Bedürfnisse des Menschen angepasst sind, oder was?

    Gibt es auch nur eine einzige Pflanze, die sich evolutionär spezialisiert hat, nur von Menschen verzehrt und dadurch weiterverbreitet zu werden?

    Ganz abgesehen davon, dass die Konzentration von Stoffen in Pflanzen erheblich schwankt, was ja letztendlich dazu führte, dass man anfing, die Stoffe aus den Pflanze zu extrahieren, um sie eben besser kontrollieren können und eben nicht davon abhängig zu sein, wo die Pflanze wuchs, ob sie genug Sonne abkriegte, ob genügend Nährstoffe im Boden sind usw. usf.

    Und das widerspricht nicht der Tatsache, dass in Obst und Gemüse Vitamine nicht in extrem hohen Dosen vorkommen. Die Verzehrer und Verbreiter der Samen sollen ja nicht umgebracht werden und abgesehen davon bringt es der Pflanze nichts Vitamine in so hohen Dosen herzustellen.

    Von einem Regelmechanismus zu sprechen, klingt allzu sehr nach *Natur gut, Chemie böse* Ich möchte nur mal erinnern, dass Fingerhut auch Natur ist. Vorsichtig sein sollte man mit der Pflanze dennoch.

  6. #6 Marcus
    November 14, 2008

    ich meinte übrigens den Post, nicht den einkopierten Beitrag in den Kommentaren.

  7. #7 Bert Ehgartner
    November 14, 2008

    @fischer
    “pure Chemie” ist an sich wertfrei, mein Herr. pudeln Ihnen also nicht so auf.

    @Ludmilla
    damit meinte ich nicht, dass Natur gut, Chemie böseböse ist, sondern dass sich eine isolierte Rohsubstanz (wie z.B. Ascorbinsäure) anders verhält wie diese Substanz im chemischen Gemenge z.B. eines Apfels.
    Dessen Substanzgemisch aus hunderten sekundären Pflanzeninhaltsstoffen beeinflusst sich eben gegenseitig, fördert sich, überlagert sich, hemmt sich. Zieht also nicht so sehr “an einem Strang” wie eine hoch dosierte Solosubstanz. Deshalb kann auch ein etwaiger Schaden normalerweise nicht so stark ausfallen.

  8. #8 Bert Ehgartner
    November 14, 2008

    @Marcus
    eigentlich sollten wir mal prüfen, ob jene, die ihm den Professoren Titel verliehen haben, Anteile an seiner PR-Fabrik halten…

  9. #9 Sadun Kal
    November 14, 2008

    Ok, danke.

    @Ludmilla,

    “Soll das jetzt heißen, dass die “natürlichen” Vitamine ganz speziell auf die Bedürfnisse des Menschen angepasst sind, oder was?

    klingt allzu sehr nach *Natur gut, Chemie böse*…”

    Chemie ist im Endeffekt auch ein Teil der Natur. Aber ich finde in dem Sinne du es benutzt hat stimmt es schon ungefähr, wenn es um Gesundheit geht… Ich denke bevor wir probieren uns von unserer natürlichen Nahrungsaufnahme zu “befreien”, sollen wir zuerst unsere Körper dazu vorbereiten. Es macht keinen Sinn einem Körper der seit tausenden von Jahren sich nur direkt aus der Natur ernährt hat, plötzlich anzufangen irgendwelches künstliches Zeug zu füttern. Klar wird der Körper besser mit den Natürlichen umgehen können.

    Wenn die Menschheit die Nahrungsaufnahme irgendwie praktischer machen will, sollen wir am besten zuerst Kopf darüber machen wie wir unser Verdauungssystem -und eigentlich unsere ganze Biologie- so modifizieren können, dass es anders funktioniert. Zuerst der Körper muss “unnatürlicher” gemacht werden wenn er noch gesund mit den “unnatürlichen” Sachen umgehen soll, nach meiner Meinung…

  10. #10 Rincewind
    November 14, 2008

    Jetzt macht halt den armen Bert nicht so nieder. Wenn er endlich einmal etwas schreibt, wo man wenigstens der Conclusio locker zustimmen kann, dass nämlich der ganze Nahrungsergänzungs-/Vitaminhype für einen normalen europäischen Menschen schlichter Quatsch und blanke Abzocke ist, so ist das doch ein bemerkenswertes Ereignis.

  11. #11 Ludmila
    November 14, 2008

    @Bert: Na ja, ich weiß nicht.

    Meiner Meinung nach ist es eher eine Frage der Dosierung, denn der Mischung. Klar, hochdosiert ist sogar Wasser schädlich. Man kann sich sogar daran “vergiften”.

    Ascorbinsäure kommt selbst im reinen Zustand nicht wirklich rein in der Blutbahn an. Oder sehe ich das völlig falsch? Es vermischt sich alleine schon mit den Körpersäften und all dem anderen Zeug im Magen, dass man gegessen hat. Es sei denn man nimmt es auf absolut nüchternen Magen auf, was ich mal für recht unwahrscheinlich halte.

    Ich weiß jetzt auch nicht, ob es wirklich stimmt, dass sich die Wirkung von Ascorbinsäure mit anderen Stoffen im Apfel hemmt. Aber selbst wenn, spielt es denn wirklich ein Rolle? Im Text oben wird doch deutlich, dass selbst bei hoher Dosierung die Wirkung begrenzt ist. Da macht das bisschen Hemmen bei der an sich schon geringen Dosis nun auch nicht den Kohl fett.

    Zudem bei einem Gemisch von Stoffen, deren Anteil und Verhältnis zueinander extrem schwanken kann, je nach Standort, Wetter, Apfelsorte usw. usf. von einem Regelmechanismus aufgrund der Mischung zu sprechen, halte ich für etwas übertrieben.

  12. #12 Ludmila
    November 14, 2008

    @Sadun Kahl: Ich denke bevor wir probieren uns von unserer natürlichen Nahrungsaufnahme zu “befreien”, sollen wir zuerst unsere Körper dazu vorbereiten.

    Dir ist aber schon klar, dass wir das bereits seit Jahrtausenden machen. Kennst Du ein anderes Lebewesen, das sich von der Milch anderer Säugetiere ernährt? Und ja in dem Fall hat sich sogar unser Körper verändert, um eine weitere Nahrungsquelle, die ursprünglich gar nicht für uns vorgesehen ist, zu erschließen. Zumindest der Körper der Europäer. Im asiatischen Raum sieht das schon wieder anders aus. Was bitte stand im Lebensmittelregal so vor 100 000 Jahren als Lebensmittel zur Verfügung?

    Und Du hast Recht. Natur und Leben ist Chemie. Aber genau deswegen ist diese strikte Trennung hier Natur, dort Chemie nicht wirklich angebracht, das muss man schon differenzierter betrachten. Also finde ich zumindest 😉

    In diesem Fall ist es auf jeden Fall besser ein paar Äpfel zu futtern statt sich Vitamintabletten einzuwerfen, in der irrigen Hoffnung was für die Gesundheit zu tun. Und eigentlich wissen das die meisten Menschen sogar, aber Junkfood schmeckt so gut und ist so bequem.

  13. #13 Fischer
    November 14, 2008

    *”pure Chemie” ist an sich wertfrei, mein Herr*
    Die Herstellung von Vitaminen durch Mikroorganismen ist aber trotzdem keine “pure Chemie”.

    *damit meinte ich nicht, dass Natur gut, Chemie böseböse ist*
    Ach, auf einmal. Dann enthält der Text also nur durch Zufall die deutlich erkennbare bösebösechemikerdieunsallevergiften-Unterströmung? Aha.

    Sich mit mehr oder weniger offenem Chemikerbashing beim “Natur”-verrückten Publikum einschleimen, ist Standard-Stilmittel bei Gesundheitsjournalisten. Ich kenn die Masche. Und es kotzt mich an.

  14. #14 tammy
    November 14, 2008

    Liebe Frauen, die ihr schwanger werden wollt, oder es gerade seid: Bitte schmeißt eure Folsäure-Tabletten nicht weg und nehmt sie brav weiter. Deren positive Wirkung ist nämlich tatsächlich nachgewiesen.

    Ich lerne bei diesen Ernährungsempfehlungen und deren Dementis und Gegendementis immer nur eines: so genau scheint keiner nichts zu wissen. Empirische Forschung ist in Bezug auf Ernährung extrem schwierig und trotz jahrzehntlanger Forschung scheint der Stoffwechsel des Körpers immernoch ein Mysterium zu sein …

    Wenn es wahr ist, dass natürlich vorkommende Vitamine deshalb nicht schädlich sind, weil sie zusammen mit anderen Stoffen in der Nahrung – welche auch immer – eingenommen werden, dann wäre doch folgende Strategie DIE Möglichkeit die vielleicht schädlichen Wirkungen von künstlichen Vitaminen zu reduzieren: Man schluckt die Pillen einfach mit der Nahrung.

    Ich denke allerdings, das Problem mit den Pillen ist einfach die Gefahr der Überdosierung, die man vielleicht früher eher unterschätzt hat.

  15. #15 Sadun Kal
    November 14, 2008

    @Ludmila

    Ich sehe Milch auch nicht wirklich als eine natürliche Nahrung für uns Menschen. Dass wir etwas ertragen können heißt nicht unbedingt dass es die gesundste Nahrung ist, und es heißt auch nicht dass unsere Körper sich dafür angepasst hat nach meiner Meinung. Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube schon dass bestimmte Nahrungsarten wirklich die Angenehmsten für unsere Körper sind; also womit wir am effiziensten leben können.

    “Was bitte stand im Lebensmittelregal so vor 100 000 Jahren als Lebensmittel zur Verfügung?”

    Wahrscheinlich recht viel mehr rohe Früchte…

  16. #16 ali
    November 15, 2008

    @Sadun Kal

    Ich glaube Ludmila wollt darauf hinweisen, dass wir Milch zu unserer ‘natürlichen’ Nahrung gemacht haben (und nicht die Kühe und Ziegen angefangen haben, diese für uns zu prodzuieren) aber kaum, dass es ‘unnatürlich’ sei Milch zu konsumieren (eher das Gegenteil, aber was heisst schon ‘unnatürlich’). Die gängige Annahme ist, dass man so Flüssigkeitszunahme mit geringerem Risiko (schmutziges Wasser) sichern konnte.

  17. #17 Helga
    November 16, 2008

    Unser Gemüse wächst sehr wohl mit uns und für uns. Wir müssen es beobachten, pflegen, ernten und zubereiten. Wenn wir dabei nicht aufmerksam sind, verdorrt es. Ich glaube, es war Paracelsus, der sehr ernsthaft der Meinung war, dass unsere Nahrung unser Heilmittel sein sollte. Und wer selbstgezogenes Gemüse isst, weiß, dass Essen auch außerhalb von Sternerestaurants ein Erlebnis sein kann.

    Gemüse, Früchte, Getreide und auf höherer Ebene das Fleisch sind unsere Nabelschnur zur Mutter Erde. Dies ist ein Bezug, den die meisten von uns vollständig vergessen haben, weil wir uns daran gewöhnt haben, alles zu delegieren, und uns weiter nicht dafür zu interessieren.

    Wenn wir mit Ernst Bloch oder Canetti Philosophen zum Thema bemühen wollen, (Cross over ist vielleicht noch aktuell) wissen wir, dass alles Bestehende miteinander geworden ist. Es gibt nichts, was aus sich heraus und isoliert wächst, nicht Kunst und nicht Medizin und auch nicht der Apfel.

    Es wird Zeit, sich zu entschleunigen und mal genau hinzugucken.

  18. #18 Peter Artmann
    November 17, 2008

    Einspruch.
    Zwar ist eine Prävention mit Vitaminen sinnlos.

    Aber im Krankheitsfall wirken viele Antioxidanten unterstützend auf den Körper.

    Ich würde daher dringend von einem Verbot abraten.

    http://www.scienceblogs.de/medlog/2008/04/sind-vitamine-schadlich.php

  19. #19 Bert Ehgartner
    November 17, 2008

    @ tammy
    gerade die werdenden Mütter werden mit Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln regelrecht traktiert. Von Folsäure bis zu Eisen.
    Mit den Belegen für die Sinnhaftigkeit dieser Präparate sieht es hingegen recht dürftig aus. Siehe z.B. diese Übersicht der Cochrane-Gruppe:
    http://www.cochrane.org/reviews/en/ab004736.html

    @ Peter
    Zur Prävention sind Antioxidantien sinnlos, im Krankheitsfall hingegen unterstützend?
    Wie das? Hast Du irgendwelche Belege, dass sich der Organismus im Krankheitsfall diesbezüglich verändert? In der von Dir im Artikel zitierten Cochrane Arbeit klingt das nicht so – und hier wurde auch die “secondary prevention” mit ein bezogen.

    Und Hans Konrad Biesalski in Ehren. Doch worauf bezieht sich der Mann konkret? Auf seine Life-Style-Ratgeber bzw. seine eigene – wissenschaftlich recht dürftige – Vitamin-Fibel? Ich kenne ihn nicht wirklich, seine diversen Arbeiten und Statements lesen sich jedoch wie die vor mehr als 10 Jahren moderne Antioxidantien-Euphorie.

    Ich halte es hier im Zweifel lieber mit den von Dir zitierten Conclusions der Cochrane Review:

    We found no evidence to support antioxidant supplements for primary or secondary prevention. Vitamin A, beta-carotene, and vitamin E may increase mortality. Future randomised trials could evaluate the potential effects of vitamin C and selenium for primary and secondary prevention. Such trials should be closely monitored for potential harmful effects. Antioxidant supplements need to be considered medicinal products and should undergo sufficient evaluation before marketing.

  20. #20 Peter Artmann
    November 18, 2008

    Natürlich habe ich Belege, dass sich der Körper im Krankheitsfall verändert, sonst wäre er doch nicht krank.

    Und die Cochrane-Studie ist doch Müll, als derselbe Stuss im JAMA kam gab es kurze Zeit später ein Erratum.
    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17327526?ordinalpos=11&itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsPanel.Pubmed_RVDocSum
    “When all low- and high-bias risk trials of antioxidant supplements were pooled together there was no significant effect on mortality”
    uffz. Also ganze Arbeit für die Tonne.

    Es gibt jedenfalls viele gute Gründe sich im Krankheitsfall bewusster und vitaminreicher zu ernähren. Auch die berühmte heiße Zitrone bei Erkältung gehört dazu!

    Und wenn deiner Ansicht nach Vitamine immer nur schlecht und gefährlich sind und vom Körper nicht verwertet werden können, wie erklärst Du dann das?
    http://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/krebs/news/tumorbremse-vitamin-c-spritze-gegen-krebs_aid_322497.html

  21. #21 Konrad
    Oktober 16, 2009

    Seit einigen Jahren wettert nun Dr. Rath gegen die Pharmakonzerne. Sie sollen daran interessiert sein, Krankheiten unter der Bevölkerung zu verbreiten bzw. ihre Ausmerzung zu verhindern. Alle möglichen hochrangigen Politiker sollen sie in der Tasche haben, die ihnen sämtliche Freifahrtscheine für ihre skrupellosen Geschäfte beschaffen. Daher frage ich mich schon seit langem, wie kann eine solche mächtige Industrie, die laut Dr. Rath selbst vor Kriegen zur Durchsetzung ihrer Interessen nicht zurückschreckt, nicht in der Lage sein, ihn aufzuhalten? Liegt das eventuell daran, dass sie zusammenarbeiten? Muss es zwischen Gut und Böse nicht immer ein Gleichgewicht geben und schafft man sich deshalb nicht auch Feindbilder, die später als Sündenböcke herhalten müssen. Bei meinen Recherchen habe ich erfahren, dass Rath vor Gericht oft oder vielleicht immer von einem Rechtsanwaltsbüro Kleiner vertreten wird. Erstaunlicherweise vertritt dieser Rechtsanwalt auch ganz gerne Pharmafirmen. Sicherlich ist das in der Branche nicht unüblich. Aber kann sich ein Mann im Kaliber von Dr. Rath, der etliche Gerichtsprozesse schon hinter sich hat und die größten Politiker dieser Welt an den Pranger gestellt hat, nicht einen eigen Anwalt im Hause leisten? Warum geht er das Risiko ein, sich einen Anwalt mit seinen Erzfeinden zu teilen, die ja so mächtig sind? Ich wäre gerne über Meinungen von anderen interessiert.