Ehe ich zum eigentlichen Thema komme, erst mal eine Erklärung in eigener Sache: Da mein eigener Korrespondenten-Arbeitsplatz dereinst dem (vermeintlichen) FOCUS-Profit geopfert wurde, bin ich bei Themen wie dem Folgenden, in dem es um die Kosten und Nutzen vor Arbeitskräften geht, natürlich nicht unparteiisch. Aber ich bin mir sicher, dass ich auch ohne die persönlichen (schlechten) Erfahrungen die gleichen Betrachtungen angestellt hätte.

So, worum geht’s also? Ganz einfach darum, dass es gut fürs Geschäft ist – sein kann, genauer gesagt, wenn man’s richtig anfängt – viele gut bezahlte Arbeitskräfte zu haben. Was ja erst mal jeder scheinbaren Unternehmensberater-Logik ebenso widerspricht wie dem aktuellen Trend in der westlichen Wirtschaftswelt, Arbeitskräfte sowohl quantitativ als auch qualitativ (= schlechter ausgebildet und daher zu billigeren Löhnen zu kriegen) abzubauen. Das Paper Why Good Jobs Are Good for Retailers, das in der Januar/Februarausgabe der Harvard Business Review erschienen war (sorry, bin erst jetzt drauf gestoßen), belegt für vier große US-Einzelhandelsunternehmen, dass besser bezahlte und in ausreichender Menge angeheuerte Mitarbeiter nicht nur nicht dem Geschäft schaden, sondern im Gegenteil die Profite steigern.

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Woa. Muss man erst mal sacken lassen. Gerade im Einzelhandel, wo Billiglohnkräfte die Regale füllen und die Kunden immer häufiger selbst noch an der Kasse zur Selbstbedienung aufgefordert werden – da soll in Wirklichkeit der Profit mit der Zahl und den Gehältern der Angestellten steigen? Und das nicht etwa bei den Hochpreis-Unternehmen, sondern bei Discountern wie beispielsweise Trader Joe’s (US-Schwesterunternehmen von Aldi Nord), dem Großhandelsdiscounter Costco oder der spanischen Supermarktkette Mercadona? Die Autorin des Papers, Zeynep Ton von der MIT Sloan School of Management hat sich mal die Zahlen dieser Unternehmen angeschaut, und die sprechen tatsächlich Bände:

Trader Joe’s beispielsweise zahlt seinen Mitarbeitern Einstiegsgehälter zwischen 40.000 und 60.000 Dollar im Jahr, das etwa das Doppelte des Branchendurchschnitts. (Und nicht nur an den Gehältern, auch an der Kopfzahl wird nicht gespart – dafür habe ich zwar keine Vergleichszahlen parat, aber ich kann dies aus eigener Erfahrung bestätigen.) Die gute Laune der Mitarbeiter lässt sich zwar nicht ganz so einfach messen, ist aber – auch das ist eine subjektive, aber konsistente Erfahrung – spürbar. Und für das Unternehmen zahlt sich’s aus: Der Umsatz pro Mitarbeiter liegt um 40 Prozent über dem Durchschnitt der US-Supermärkte, der Umsatz pro Quadratmeter Ladenfläche sogar beim Dreifachen des US-Durchschnitts. Ähnliche Zahlen ergeben sich für die anderen untersuchten Einselhandelsunternehmen.

Hm, vielleicht spielen ja andere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel das Warensortiment? Vielleicht ein bisschen, aber eine andere Studie, die bereits 2006 von Forschern der Wharton School der University of Pennsylvania gemacht wurde, kam zu einem ähnlich frappierenden Ergebnis: Jede Erhöhung der Personalkosten um einen Dollar brachte den darin untersuchten Einzelhandelsunternehmen eine Umsatzsteigerung zwischen 3,94 und 28,01 Dollar.

Einer der Gründe für diesen Mehrwert ist, dass gut motiviertes Verkaufspersonal den Kunden hilft, “versteckte” Waren zu finden (die Logik des Supermarktsortiments erschließt sich nun mal nicht jedem); es füllt leere Regale schneller auf und weiß, wann vergriffene Ware nachgeliefert wird. Kunden-Dienst im wörtlichen Sinne, also. Das baut nicht nur auf lange Sicht eine Stammkundschaft auf – es hilft auch, das Sortiment schneller umzuschlagen und jene “Phantom-Produkte”, die irgendwie keiner finden kann (vor allem US-Baumärkte scheinen voll davon zu sein), unter die Leute zu bringen.

Na gut. Aber ist das nicht einfach nur eine Frage der übersichtlichen Organisation? Vielleicht auch, aber wer sich anschauen will, wie es Einzelhandelsketten gehen kann, die den gegenteiligen Weg einschlagen und drastisch Personal abbauen, um ihre Bilanzen aufzubessern, dem lege ich mal das Schicksal der Elektronik-Großmarktkette Circuit City ans Herz, die sich eher als Leuteschinder und -Ausbeuter profiliert hatte und trotz dieser knauserigen Personalpolitik 2009 in Konkurs ging. Sie fielen dem zum Opfer, was Zeynep Ton als den “Teufelskreis” (Vicious Cycle) des Einzelhandels bezeichnet: Niedrige Löhne ziehen unmotiviertes und unqualifiziertes Personal an, das seinen Job dann ohne Qualität erledigt, was die Umsätze und Gewinne senkt, was wiederum zu weiteren Einsparungen bei Personalkosten führt. Umgekehrt ist auch ein “Virtous Cycle” denkbar: Hohe Personalbudgets, die das Anheuern von gut geschultem und motiviertem Personal in ausreichender Zahl erlauben, das den Laden in Schwung hält, was die Umsätze und Gewinne steigert und wiederum ein höheres Personalbudget erlaubt. Klingt vielleicht naiv, aber die Zahlen sprechen offenbar doch eine eigene (überzeugendere) Sprache.

Aber damit ich hier nicht falsch verstanden werde: Es mag von Unternehmen zu Unternehmen immer ganz unterschiedliche Sachlagen geben, und für manche ist selbst mit höheren Personalausgaben kein besseres Resultat zu erwirtschaften, während andere tatsächlich mit Erfolg ihre Personalstruktur straffen können. Aber in jedem Fall ist es mir hier wichtig, mal darauf hinzuweisen, dass dieser Automatismus von “Geschäft geht schlecht -> Leute rausschmeißen” nicht die wirtschaftliche Gesetzmäßigkeit ist, für die sie Unternehmensberater (auch nicht alle, aber leider viel zu viele) und Vorstandsvorsitzende so gerne halten.

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Kommentare (33)

  1. #1 Joseph Kuhn
    2. April 2012

    Der “Teufelskreis des Einzelhandels” erinnert etwas an die alte Theorie der Arbeitsmotivation von McGregor. Er unterschied zwischen Theorie X und Theorie Y, wobei Theorie X dafür stand, dass die Leute faul seien und man sie kontrollieren und antreiben müsse. Mit dem Effekt, dass sie sich irgendwann auch so benehmen.

    Zur Lohnfrage wäre noch die volkswirtschaftliche Perspektive zu ergänzen: Schon Henry Ford wusste: “Autos kaufen keine Autos.” Löhne sind wie Gewinne zugleich Nachfrage, letztere immer öfter leider nur nach rentabler Finanzanlage.

  2. #2 Uli
    2. April 2012

    Tja, das ganze neoliberale Gedankengebäude ist eben von vorne bis hinten völlig dysfunktional.

    Wer soll denn die Produkte kaufen, wenn alle arbeitslos geworden sind?

    “Die Industrie” produziert doch nicht zum Selbstzweck (Militär mal abgesehen). Bei zivilen Produkten steht am Ende immer ein “Verbraucher”, der das kaufen muss. Direkt oder indirekt.

    Siet der Euro-Einführung sind die Preise um 50% raufgegangen. Die Einkommen der normalen Bevölkerung aber nicht. Wovon sollen die Leute denn den ganzen China-Schrott kaufen?

  3. #3 UMa
    2. April 2012

    Wie ist das eigentlich im Vergleich dazu im Sport? Z.B. im Profifußball.
    Versucht man da auch durch Billiglohnfußballer den Gewinn zu steigern? Oder versucht man für viel Geld möglichst gute Spieler zu bekommen?

  4. #4 Statistiker
    2. April 2012

    Tja, die Erfahrung habe ich auch schon gemacht. Im Schlecker. Ich wollte an sich nur einen Entkalker für die Kaffeemaschine im Büro und hab mich totgesucht danach und gerade eben gefunden, bevor mein nächster Bus fuhr. Hätte ein Verkäufer/eine Verkäuferin mir bei der Suche geholfen, hätte ich die verbleibende Zeit bestimmt für weitere Käufe genutzt…. 4-lagiges Klopapier kann man ja immer brauchen, und dem edelsten Körperteil nur das Beste….

    @ Uli: haben Sie Belege für Ihre Behauptungen (Siet [sic] der Euro-Einführung sind die Preise um 50% raufgegangen) oder sind Sie Esoteriker und glauben nur einfach alles?

  5. #5 afx
    2. April 2012

    @Uli
    meine rede. aber irgendwie rallen die menschen das nicht, mit denen man sich darüber unterhält. wenn ich sage, dass (im polemischen extremfall) irgendwann mal alle unsere jobs in billiglohnländer wegrationalisiert sind, wer soll den kram dann bitte kaufen? im “reichen” westen haben die wenigsten dann das nötige geld, die konsumgesellschaft weiter zu betreiben, in china verdienen die arbeiter aber zu wenig. wo und an wen soll dann das zeug verkauft werden? spätestens ab da machen die gesprächsteilnehmer die schotten dicht “das wäre doch quatsch”.
    verhält sich ähnlich zur diskussionen über schulden- und wachstumspolitik …

  6. #6 Dr. Moegebier
    2. April 2012

    “in china verdienen die arbeiter aber zu wenig.”

    das ist nur noch eine Frage der Zeit. Der WESTEN hat fertig!

  7. #7 Spoing
    2. April 2012

    @Uli:
    Die Realkaufkraft ist etwa auf dem Niveau von 2001 und nicht auf 75%.
    Die gefühlte Inflation liegt zwar weit höher aber einen Kaufkraftverlust hat es (auch trotz häufiger anderslautender Polemik nicht, oder nur in manchen Bereichen gegeben)
    Der Euro ist kein Teuro.

    Ach so:
    Das “neoliberale Gedankengebäude” wird wohl eher ein Kampfbegriff sein, als eine objektive Diskussionsgrundlage

    Ansonsten überrascht mich der Artikel wenig. Auch wenn ich Maschbauer bin und kein Wiing wurden selbst uns solche Dinge in manchen Vorlesungen vermittelt. Überraschend finde ich höchstens, dass dies selbst im Einzelhandel so gravierende Auswirkungen hat.
    In der herstellenden Industrie machen die Lohnkosten nur einen so geringen Anteil an den Gesamtkosten aus (häufig unter 5%) das der Qualitätsverlust durch Gehaltskürzungen den Zusatzgewinn mehr als vernichtet.
    Gehalt wird schon lange nicht mehr als alleinstehender Kostenfaktor gesehen.

  8. #8 BreitSide
    2. April 2012

    Noch ein paar Bonmots dazu:

    – If you pay peanuts, you get monkeys,
    – Man soll dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.

    Robert Bosch soll das mal so ausgedrückt haben: “Es ist nicht so, dass ich meine Leute gut bezahle, weil ich viel verdiene, sondern ich verdiene viel, weil ich meine Leute gut bezahle.

    Das mit dem nicht-Nachräumen der Ware war meiner Frau beim Schlecker (wir haben keinen DM oder anderen in der Nähe) schon länger aufgefallen. Man musste die meisten Produkte immer auf Vorrat kaufen, wenn welche da waren. Es konnte Wochen dauern, bis was nachgefüllt wurde.

    Und das mit den verschieden zufriedenen Mitarbeitern kann man auch in D bei Aldi vs Lidl sehr deutlich sehen.

  9. #9 Dr. Moegebier
    2. April 2012

    https://www.welt.de/wirtschaft/article106147102/Arbeitslosenquote-in-Euro-Zone-erreicht-Rekordwert.html

    Und es kommt leider, noch viel viel schlimmer! Mit den Ursachen haben aber weder böse Inder, Chinesen oder sonstige Verdächtige zu tun.

  10. #10 Dr. Moegebier
    2. April 2012

    Übrigens:
    die Chinesen bekommen in Kürze selbst ein Riesenproblem. Ca. 9oo Millionen Chinesen arbeiten in der Agrarwirtschaft. Durch Modernisierung der Produktionsmöglichkeiten etc.pp. fallen dort in Bälde rd. 300 Millionen arbeitslose “Bauern” an….

  11. #11 Uli
    2. April 2012

    @Statistiker: “@ Uli: haben Sie Belege für Ihre Behauptungen (Siet [sic] der Euro-Einführung sind die Preise um 50% raufgegangen) oder sind Sie Esoteriker und glauben nur einfach alles?”

    Nutella 2002: €1,35
    Nutella 2012: €1,99
    => 47,4%

    Superbenzin 2002: €0,94
    Superbenzin 2012: €1,71
    => 81,9% (inklusive einiger Steuererhöhungen)

    Wer ein Gedächtnis hat, ist klar im Vorteil…

  12. #12 Martin Haug
    2. April 2012

    @Uli: Es war nach einem Beleg gefragt, nicht nach ihrem subjektiven Gedächtnis. 😉

  13. #13 Uli
    2. April 2012

    Oh, tut mir leid, da muss ich zuhause nochmal nachsehen, ob ich ein paar Quittungen von damals wiederfinde! 😉

    Der “offiziellen” Inflationsrate traue ich keinen Mikrometer über den Weg. Der Warenkorb, der zur Berechnung benutzt wird, wird ja öfters mal geändert und da sind auch Sachen drin, die Otto Normalverbraucher nicht zwingend und nicht oft braucht.

    Sprit und Essen braucht aber jeder. Joghurts kosten umgerechnet mehr als eine Mark pro Becher (Markenware), Zigaretten 10DM proPackung (aber die werden immer noch wie blöde gekauft)…

  14. #15 Jürgen Schönstein
    2. April 2012

    @Uli
    Speziell bei den Treibstoffpreisen sind garantiert noch einige andere Mechanismen im Spiel als der Euro, ebenso bei den Zigaretten (Steuern, beispielsweise, oder die Weltmarktpreise in US-Dollar – die durch den immer noch vergleichsweise starken Euro sogart eher gemildert werden). Die zu Grunde liegende Frage ist doch, ob die Inflationsrate anders aussaehe, wenn die Waherung noch Deutsche Mark waere, statt Euro – und diesen Beweis kann man nicht einfach nur mit dem Hinweis auf die Preissteigerungen erbringen. Es ist halt das alte Problem, zwischen Korrelation und Kausation unterscheiden zu muessen.

  15. #16 Christian Mai
    2. April 2012

    Früher gab es mal auf destatis.de eine einfache Übersicht über den Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten der Unternehmen. Es gab zwei Gruppen, die eine war Hotel- und Gaststättengewerbe, die andere der Rest. Damals (ich weiß nicht mehr wie lange das her ist – schätzungsweise Anfang 2000) lagen danach die Personalkostenanteile im Hotel- und Gaststättengewerbe bei 33,x % (x weiß ich nicht mehr genau), beim Rest lag er so um 25 %.

    Heute muß man sich das mühsam zusammensuchen und scheint auch nicht für alle Wirtschaftsbereiche aufgeführt zu sein. Gefunden habe ich nach einer halben Stunde Suche auf https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/IndustrieVerarbeitendesGewerbe/IndustrieVerarbeitendesGewerbe.html einen Personalkostenanteil von 20 % für Industrie und verarbeitendes Gewerbe und auf https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/Bauen/Baugewerbe/Tabellen/GesamtumsatzKosten.html?nn=50870 einen Personalkostenanteil von 30 % im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe.

    Wenn also ein Industriebetrieb mit 20% Personalkosten 10% Personal einspart, spart er 2% der Gesamtkosten. Erstens ist das nicht viel, zweitens würden bei 10.000 Beschäftigten 1000 Beschäftigte in die Arbeitslosigkeit entlassen, und drittens: was haben diese 1000 Menschen getan? Däumchen gedreht? Oder warum sind sie entbehrlich? Ist der Rückgang des Auftragseingangs wirklich der Grund?

    Hier in Bonn gibt es einen großen Süßwarenhersteller. In einem Interview gab der Inhaber dieser Firma einmal an, dass seine Firma keine Schulden hat, weil er in den 50er Jahren schlechte Erfahrungen damit gemacht hatte. Also ist anzunehmen, dass sein Personalkostenanteil hoch ist, trotzdem sind Arbeitstellen da sehr sicher und sehr gut bezahlt.

  16. #17 rolak
    2. April 2012

    Hier in Bonn

    Kann der Werbung kein Riegel vorgeschoben werden? 🙂

    Das auf/ab-Zyklus-Modell aus dem post klingt ziemlich einleuchtend, kann ich aber nicht viel zu sagen.
    Ganz im Gegensatz zu den Preissteigerungen: Die belaufen sich (ohne Energiekosten, die steigen aus anderen Gründen) für meinen Haushalt (male single) auf ziemlich genau In­fla­tionsniveau (Buchhaltung ist manchmal nützlich ;-). Aller­dings greife ich auch äußerst wenig auf Dienstleistungen zurück – wäre dies anders, dann sähe das (wie bei einer guten Bekannten von mir zu sehen) deutlich schlechter aus. Von Kopf bis Fuß extern gepflegt (also Coiffeur..Podologe) und im Café das zweite Wohnzimmer, dieser Lebensstil ist ab 2002 deutlich teurer geworden. Verständlich, wenn geargwöhnt wird, die Anbieter hätten die Gunst der Stunde genutzt und nur das Währungszeichen ausgewechselt…

  17. #18 doublemoth
    2. April 2012

    Als Wirtschaftsingenieur und mitlerweile Unternehmensberater muss ich erst einmal widersprechen, dass es nicht Unternehmensberaterlogik ist möglichst viele Leute zu feuern und wenig Lohnkosten zu bezahlen. Der Grund, warum häufig Leute gefeuert werden, wenn ein Unternehmensberater ins Unternehmen kommt ist, weil die Manager bzw. Unternehmensbesitzer oft Angst bzw. ein schlechtes Gewissen haben Leute zu feuern obwohl es schon beschlossene Sache ist. So werden dann die Unternehmensberater als Begründung genommen bzw. sie schreiben sogar die Kündigungen im Auftrag des Unternehmens.

    Eigentlich sollen Unternehmensberater die Effizienz und Effektivität steigern im Unternehmen, die sich dann später durch Kennzahlen wie z.B. dem ROI ablesen lassen können. Wenn durch eine höhere Bezahlung mehr Gewinn erwirtschaftet werden kann, dann würde es jeder Unternehmensberater versuchen durchzusetzen.

    Dabei werden gerade für Fachpersonal auch gerne höhere Gehälter bezahlt.

    Jedoch stimmt es auch, dass Unternehmen gerne Personal durch Maschinen ersetzen oder lieber erst einmal zu Beginn niedrigere Löhne bezahlt werden. Dies liegt hauptsächlich daran, dass Lohnkosten, vor allem in Deutschland, durch die Arbeitsschutzgesetze, als Fixkosten behandelt werden. Und Fixkosten sind grundsätzlich schlechter als variable Kosten. Denn Fixkosten machen ein Unternehmen träge und es kann nicht mehr so schnell auf konjunkturelle Schwankungen reagieren. So nimmt man lieber höhere variable Kosten z.B. durch Zeitarbeiter auf sich, die dem Unternehmen z.T. sogar noch mehr kosten als Festangestellte, damit sie flexibler sind und schneller reagieren können.

    Letztendlich sollte das Gehalt so gewählt werden, dass er nicht mehr als Hygienefaktor wahrgenommen wird. Als Motivator ist er schlecht für einen längeren Zeitraum geeignet. Vereinfacht ausgedrückt: Das Gehalt sollte gerade so hoch sein, dass der Angestellte es nicht als Belastung ansieht. Das ist aber leider sehr individuell, so wird versucht mit Hilfe der Stochastik ideale Werte zu berechnen.

  18. #19 A.P.
    2. April 2012

    @Jürgen Schönstein: “Auf Deutsch” heißt das Wort “Kausalität”. “Kausation” wäre mir – auch nach Konsultation mehrerer Wörterbuch – unbekannt. Mein Duden kennt bspw. “Kausativ” als “veranlassendes Verb” (und “kausativ” als “als Kausativ gebraucht”). Jedenfalls, das zu “kausal” gehörende Substantiv wäre “Kausalität” (=Ursächlichkeit)…

    Abgesehen davon ist es eigentlich unerheblich, ob der Euro nun ursächlich ist oder nicht. Wenn man “seit der Euroeinführung” einfach als temporale Bestimmung auffasst (und so war es meiner Meinung nach gemeint), dann bleibt einfach die Tatsache, dass die Realeinkommen in den letzten Jahren nicht/wenig gestiegen sind im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten.

  19. #20 A.P.
    2. April 2012

    @Jürgen Schönstein: “Auf Deutsch” heißt das Wort “Kausalität”. “Kausation” wäre mir – auch nach Konsultation mehrerer Wörterbuch – unbekannt. Mein Duden kennt bspw. “Kausativ” als “veranlassendes Verb” (und “kausativ” als “als Kausativ gebraucht”). Jedenfalls, das zu “kausal” gehörende Substantiv wäre “Kausalität” (=Ursächlichkeit)…

    Abgesehen davon ist es eigentlich unerheblich, ob der Euro nun ursächlich ist oder nicht. Wenn man “seit der Euroeinführung” einfach als temporale Bestimmung auffasst (und so war es meiner Meinung nach gemeint), dann bleibt einfach die Tatsache, dass die Realeinkommen in den letzten Jahren nicht/wenig gestiegen sind im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten.

  20. #21 rolak
    2. April 2012

    /Kausation/ think bilingual, A.P..
    btw: Realeinkommen ist das um die Inflationsrate korrigierte Einkommen relativ zu einem festen Zeitpunkt, Lebenshaltungskostenanstieg ergibt sich durch die Inflationsrate seit demselben Zeitpunkt. Insofern ergibt Dein letzter Satz nur dann Sinn, wenn er nach ‘sind’ gekappt wird.

  21. #22 jitpleecheep
    2. April 2012

    @rolak:
    “Ganz im Gegensatz zu den Preissteigerungen: Die belaufen sich (ohne Energiekosten, die steigen aus anderen Gründen) für meinen Haushalt (male single) auf ziemlich genau In­fla­tionsniveau”

    Tja, das nennt man dann wohl wahrgenommene Inflation. 🙂

    In meinem Fall sollte die Preissteigerung wohl sogar rückläufig sein:
    Anschaffung meines ersten Notebooks 2002: €2’200,-
    Anschaffung meines MacBookPro 2009: €1’100,- (inkl. “kostenlosem” iPod)
    (Theoretische Anschaffung eines Notebooks vergleichbarer Qualität & zeitgemäß angep. Features wie ’02 anno ’09: ca. €600,-)

    Meine Telefonrechnung heute hat auch nicht mehr viel mit dem zu tun, was ich zu DFÜ-Zeiten vor meinen Eltern zu verantworten hatte… ;-D

    “Von Kopf bis Fuß extern gepflegt (also Coiffeur..Podologe)”

    Kann ich so auch nicht nachvollziehen. Mein letzter Haarschnitt in DM betrug 28,-, heute zahl ich €18,-. Beides bei einem selbstständigen Friseur, keine Franchise-Kette. Podologen frequentier ich aber auch eher selten… 🙂

  22. #23 JK
    2. April 2012

    @ jitpleecheep

    Mein letzter Haarschnitt in DM betrug 28,-, heute zahl ich €18,-.

    jaja, so hat man wenigstens etwas vom Haarausfall.

  23. #24 michael
    2. April 2012

    @J.Kuhn

    Die Ford Anekdote kenn ich anders.:

    AN APOCRYPHAL tale is told about Henry Ford II showing Walter Reuther, the veteran leader of the United Automobile Workers, around a newly automated car plant. “Walter, how are you going to get those robots to pay your union dues,” gibed the boss of Ford Motor Company. Without skipping a beat, Reuther replied, “Henry, how are you going to get them to buy your cars?”

    siehe hier

  24. #25 rolak
    2. April 2012

    Nu ja, jitpleecheep, mit fast einem Drittel liegt der Friseur auch über den in 10 Jahren aufgelaufenen inflationären mittleren gut 18%. Wenn auch nicht 1:1 erhöht, das war aber auch nur ein ‘gefühlter’ und des öfteren kolportierter Wert. Der nur selten zutrifft, wie z.B. bei nem halben Weizen, das kostet so ca ab 3,50 – ’01 in DM und jetzt in €.

    Zu der gefühlten Inflation: Mit den Haushaltskosten meinte ich nicht eine Auswahl größerer Anschaffungen, sondern die Summe aller Ausgaben pro Jahr, größere Anschaffungen auf­ge­teilt auf die Lebenszeit der Vorgänger, exklusive einige Hobbies, Heizung, Strom und Sprit.

  25. #26 jitpleecheep
    3. April 2012

    @rolak: Hm, ich verorte die restl. 12% eher darin, dass ich jetzt nicht mehr in einer kleinen Provinzstadt wohne, sondern in einer Großstadt, und dass meine Ansprüche an “einen guten Schnitt” eher gestiegen sind.
    (Und nicht in mangelnder Haarpracht, danke @JK :-P)

    Davon abgesehen: ich fand das schon etwas befremdlich, als mir eine der Friseurinnen neulich locker flockig erzählte, dass sie am WE als “Tänzerin” moonlighten geht um ihren Unterhalt bestreiten zu können…

    “Mit den Haushaltskosten meinte ich nicht eine Auswahl größerer Anschaffungen, sondern die Summe aller Ausgaben pro Jahr, größere Anschaffungen auf­ge­teilt auf die Lebenszeit der Vorgänger, exklusive einige Hobbies, Heizung, Strom und Sprit.”

    Schon klar, aber gerade was sog. “Unterhaltungselektronik” angeht, leben wir heut so dermaßen im “digital Wonderland”. Wenn du mein Notebook von ’02 auf vier Jahre abschreibst*, kriegst du dafür heute _alle anderthalb Jahre_ ein neues.

    Mal davon abgesehen, dass ich zu der Zeit auch noch nebenher einen Desktop-Rechner + Röhre hatte, weil das Notebook eben nicht gereicht hat.
    Plus eine Glotze mit DVD-Player, plus eine Stereo-Anlage.
    In einer WG: Das alles pro Person, plus einen alten Linux-Plattenserver für die WG…

    Heute hast du da ein Notebook, ein iPhone, ein kleines 2.1-System und einen kleinen Mediaserver. Optional ein größeres Display nach Belieben.

    Ich hab _noch nie_ so geringe monatl. Abschläge für Strom gehabt wie heute. Und das obwohl ich bei einer zertifizierten Oberhippieatomfreiökostrombude zahle.

    *) Danach hatte es übrigens einen Displayschaden und Überhitzungsflecken im Gehäuse — ich hab im Tausch eine externe 2,5″ 80GB-HD bekommen, und das war noch fair…

  26. #27 Sven Türpe
    3. April 2012

    Wenn das so ist, kehre ich mal meine soziale Ader raus und fordere eine kräftige Gehaltserhöhung für Scienceblogger. Dann werdet Ihr netter zu Euren Lesern sein und Euer Ausbeuter steigert seinen Gewinn. Oder?

  27. #28 michael
    3. April 2012

    @Sven

    > Wenn das so ist, kehre ich mal meine soziale Ader raus und fordere eine kräftige Gehaltserhöhung für Scienceblogger.

    Mach, Mach! Wollen nämlich a) mal Deine Soziale Ader sehen und b) wissen, ob sich die Arbeitgeger der ScienceBlogger für Deine Forderungen interessieren.

    PS. Was mach die Fastenkur?

  28. #29 Spoing
    3. April 2012

    Ein Denkansatz sei nochmal die Zahlen bei der Gehaltserhöhung von 1$ eine Umsatzerhöhung von 4 bis 28$
    Da diese Ausgaben eins zu eins mit Gewinn wieder aufgerechnet werden müssen und nicht mit Umsatz, lohnt es sich also für Unternehmen mit “Margen”*1 ab 3,5% die Gehälter zu erhöhen. (Nach dieser Studie) Interessant wäre auch mal der Kostenanteil an Lagerfläche der einzelnen Unternehmen an den Gesamtkosten. Denn wenn Durch Lohnerhöhungen im gleichen Maße Lagerkosten entfallen. So wirds Zeit das da mal ein Unternehmensberater aufräumt.
    Aber man glaubt eh nicht wie schlecht gerade manche Großunternehmen geführt werden. Wobei da doublemoth bestimmt noch bessere Anekdoten als ich auf Lager haben wird.
    Das ist ja auch das fiese an Unternehmensberatern, müssen nicht allzu viel wissen. Der Arbeitsumfang ist vergleichsweise gering aber die Wirkung kann enorm sein. (Nicht persönlich gemeint, aber so ziemlich das beste Beispiel um über gerechte Entlohnung zu reden) Wie entlohnt man so jemanden also gerecht? Nachdem was er dafür können musste? Nach dem was er dafür Arbeiten musste oder nachdem was tatsächlich an Zusatzleistung generiert wurde wurde (Was in schlecht geführten unternehmen Enorm sein kann)

    *1 “Marge” ist zwar kein wirklich passender Begriff, aber mir fällt nicht ein, wie ich das besser ausdrücken kann. Hoffe der Sinn ist trotzdem verständlich.

  29. #30 Michael
    4. April 2012

    Letztens noch eine Äußerung eines Professors gelesen. Seine Studierenden (BWLis) glauben nach wie vor, die Lohnkosten seinen Höchstfaktor im produzierenden Unternehmen. Aber da die BWLis selbst wenig Energie haben, kennen sie die Preise dafür wohl auch nicht. Aber warum kommen doch so viele von denen auf den Markt? Wg. der berühmten Statistik.

  30. #31 doublemoth
    5. April 2012

    @Spoing:
    Ich berate nur KMUs.^^ Aber ich muss dir leider auch widersprechen. Unternehmensberater müssen/sollten viel wissen. Sie müssen nur nicht so detailliert wissen. Ein Unternehmen ist ein sehr komplexes und dynamisches System. Wenn man hier eine Schraube verstellt, kann sich alles ändern, da sollte man schon wissen wie sich etwas zumindest ändern kann, um negative Effekte abzufedern. Man braucht dabei aber z.B. nicht so viel Ahnung vom Produkt des Unternehmens, wobei das auch wieder zu einfach gesagt ist.

    Erzählen könnte ich viel: von Chefs, die “etwas” geändert haben wollen, dann aber sagen, dass wir “das” nicht ändern, weil wir “das” schon seit 20 Jahren so machen. bis hin zu Unternehmensberatern, die einfach nur stur radikal die Kosten kürzen und weder nach links noch nach rechts schauen.

    Dabei habe ich erst vor kurzem angefangen.

  31. #32 rolak
    5. April 2012

    moin jitpleecheep, zu der genaueren Entstehungsgeschichte meiner Aussage fühlte ich mich nur ‘genötigt’, um ein wenig gegen die Einsortierung ‘wahrgenommene Inflation’, also der subjektiven Bewertung nach einzelnen High- oder Lowlights anzustinken 😉

  32. #33 threepoints...
    8. April 2012

    Und der Name “Schlecker” kam im Artikel nicht mal vor – wo er doch gerade so aktuell ist.

    Im Baumarkt (in jedem) komme ich mir regelmässig etwas blöd vor. Riesige Hallen voller Ware in für den Kunden nicht immer logischer Ordnung kann ich regelmässig keinen Mitarbeiter weit und breit sehen. Und wenn doch einmal, dann ist der mit irgendeinem Kunden beschäftigt.

    Ich stellte mich also in der Folge immer darauf ein, meinen Kram selbst zu finden….