Der Physiker Heinz-Dieter Zeh, einer der Mitbegründer der Dekohärenz-Theorie, hat sich in einem aktuellen Text unter dem Titel „Physik ohne Realität: Tiefsinn oder Wahnsinn?” mit der Frage der Realität in der Quantenphysik beschäftigt. Zweierlei ist an diesem Text interessant:
1. Was versteht Zeh unter „Realität” oder anders gefragt: Was macht nach Zeh eine realistische Theorie aus?
2. Wozu benötigt Zeh ein Konzept von Realität in der Quantenphysik?

Zeh hält es unter der Bedingung, dass „man bereit ist, den Realitätsbegriff unabhängig
von traditionellen Vorurteilen zu verstehen” für „möglich und konsistent” dass „die Wellenfunktion die Realität beschreibt”. Damit stellt er sich nach seiner eigenen Einschätzung gegen ein „verbreitetes Vorurteil unter Physikern” denn „die Wahrscheinlichkeitsinterpretation wird allen Physikstudenten als unumstößliches Dogma ins Gehirn gebrannt.”

Die übliche Ablehnung einer Realität in der Quantenphysik ist dagegen nur ein Verzicht auf Konsistenz der Beschreibung (umschrieben durch Vokabeln wie Dualismus, Unschärfe usw.).

Die begriffliche Konsistenz der Beschreibung

In diesem Satz äußert Zeh schon implizit seine zentrale Forderung an eine realistische Theorie: Konsistenz der Beschreibung. Das heißt für Zeh offenbar: die Theorie darf, um realistisch genannt zu werden, nicht auf verschiedenen, nicht logisch miteinander vereinbaren Formalismen (wie Partikel und Welle, oder Schrödinger-Dynamik und Kollaps) beruhen, die je nach Kontext oder Fragestellung oder Messsituation angewandt werden. Von einer realistischen Theorie verlangt Zeh einen einheitlichen, logisch konsistenten Formalismus, der insbesondere unabhängig von einem Beobachter, einer Messung die Vorgänge der Realität beschreibt. Eine Theorie, bei der abhängig von der Fragestellung des experimentierenden Forschers ein Formalismus zur Vorhersage der Messergebnisse ausgewählt werden muss, kann also keine Realität beschreiben. Darin stimmt Zeh genau besehen ja sogar mit den Anhängern der Kopenhagener Deutung überein: Für diese beschreibt die Quantenphysik ja gerade keine Realität, sie ist vielmehr eine Theorie über unser Wissen, über unsere Information, die letztlich die Frage, „Wissen worüber?” oder „Information wovon?” nicht beantworten kann.

Der Dissens besteht darin, dass die Kopenhagener und ihre heutigen Anhänger der Meinung sind, dass eine realistische Theorie, die begrifflich konsistent und vollständig ist, auch nicht möglich ist. Zeh hält diese Aussage in ihrer absoluten Form seit Bohms Theorie für widerlegt. Dass sie trotzdem noch immer unter den Physikern weit verbreitet ist, liegt nach Zeh zum einen an der anhaltenden Autorität Bohrs, zum anderen daran, dass die meisten Alternativvorschläge zusätzliche Annahmen enthalten.

Dabei spielt aber auch eine Rolle, dass die pragmatischen Regeln
der Kopenhagener Deutung es erlauben, den darin postulierten begrifflichen Inkonsistenzen systematisch aus dem Wege zu gehen. Wenn der Verzicht auf Realität denn Wahnsinn ist, so erfordert er jedenfalls Methode – und diese ist lehrreich.

Für Zeh muss eine realistische Theorie also begrifflich konsistent und vollständig sein. Konsistenz der Begriffe heißt, dass die Theorie über nur einen logischen Formalismus verfügt, und dass die Auswahl des Formalismus zur Beschreibung der Dynamik eines Systems nicht von irgendeinem Kontext abhängt. Bezüglich der Forderung nach Vollständigkeit darf wohl angenommen werden, dass Zeh diesen Begriff ganz im Sinne von Einstein, Podolsky und Rosen verstanden haben möchte: Wenn es möglich ist, für ein System ein Messergebnis mit Sicherheit vorherzusagen ohne dieses zu stören, dann muss die Theorie eine Eigenschaft für das System enthalten, die dem Messergebnis entspricht.

Heuristische Fiktionen

Wie kommt man nun zu realistischen Theorieansätzen? In seinem kurzen Gang durch historische Beispiele realistischer Theoriebildung (kopernikanisches Weltbild, elektromagnetisches Feld, Lichtäther) zeigt Zeh die zentrale Bedeutung des „als ob” für die realistische Theoriebildung auf: Planetenbewegungen werden zunächst so beschrieben „als ob” sie um die Sonne kreisen, das Licht verhält sich „als ob” es in einem Äther schwingt und elektrische Probeladungen verhalten sich so, „als ob” überall ein elektromagnetisches Feld vorhanden ist (interessant ist in diesem Zusammenhang die Position Nancy Cartwrights zum “als-wenn-Operator). Planeten, die um die Sonne kreisen, Äther und Feld sind zunächst nichts anderes als eine „heuristische Fiktion” – im Sinne des Descarteschen Dämons könnten sie uns im Extremfall auch nur vorgetäuscht sein.

Entscheidend ist, dass eine solche „heuristische Fiktion” einer realen Welt mit allen Erfahrungen im Einklang steht und keine überflüssigen Elemente enthält, die nicht aus Konsistenzgründen erforderlich sind.

Wenn das der Fall ist, dann sind wir über kurz oder lang bereit, eine Theorie, die auf einer heuristischen Fiktion basiert, als realistisch zu akzeptieren.

Warum Realismus?

Das Konzept, Theorien als logisch konsistente und beobachterunabhängige Formalismen zu konstruieren, deren heuristische Fiktionen mit allen Erfahrungen im Einklang stehen, ist nach Zeh ein in der Physikgeschichte äußerst erfolgreiches Konzept. Insofern sind diejenigen, die für die Quantenwelt die Möglichkeit einer realistisch konzipierten Theorie ablehnen, auch in der argumentativen Bringschuld für diese Unmöglichkeit.

Deutlich wird hier aber auch, dass „Realität” für Zeh nichts anderes ist als ein Design-Konzept für Theorien. Realistische Theorien weisen für Zeh unübersehbare Design-Vorteile auf: Begriffliche (logische) Konsistenz und Beobachterunabhängigkeit. Diese schließen offenbar, das sei nur am Rande angemerkt, Vollständigkeit und Determiniertheit ein.

Die Frage, ob eine realistische Theorie im Sinne Zehs die Realität tatsächlich (idealisiert und approximativ) beschreibt, wie sie ist, bleibt dabei unbeantwortet, ja, muss unbeantwortet bleiben, da Zehs Konzept sich ja ausdrücklich auf das Prinzip der „heuristischen Fiktion” stützt. Konsistenz und Beobachterunabhängigkeit sind nur notwendige Bedingungen dafür, dass eine Theorie realistisch gemeint sein kann sie sind nicht hinreichend dafür, dass die Theorie wirklich realistisch gemeint ist oder dass sie eine approximative und idealisierte zutreffende Beschreibung der Welt ist.

Wie viel Gemeinsamkeiten hat Zehs Realitäts-Konstrukt noch mit unserem alltäglichen, außerwissenschaftlichen Begriff von Realität? Auf den ersten Blick nicht viel: Im Alltag halten wir für real, was wir anfassen können, was unseren Bemühungen spürbaren Widerstand entgegensetzt, was seinen Ort nicht plötzlich und ohne Grund wechselt, was nicht verschwindet, wenn wir nicht hinsehen. Wenn man genauer hinsieht, dann muss man aber zunächst beachten, dass Zeh nicht von der Realität von Objekten, sondern vom Realismus der Beschreibungen spricht. Und da passen Alltagsbegriff und wissenschaftlicher Begriff recht gut zusammen: Auch im Alltag halten wir eine Beschreibung für unrealistisch, wenn sie begrifflich nicht konsistent ist und wenn ihr Gehalt von der Beobachtersituation oder -perspektive abhängt. Ob die Beschreibung dann auch zutrifft, ob sie mit der Realität „übereinstimmt”, ist eine ganz andere Frage.

P.S.: Mein Dank gilt Kim Boström, der mich auf diesen Text aufmerksam gemacht hat und mich mit der Aussicht auf eine anregende Diskussion zum Schreiben dieses Artikels motiviert hat.

Kommentare (188)

  1. #1 Michael M
    Juli 8, 2010

    Irgendwie will man hier den Realismus schönreden. Das kommt mir irgendwie so vor wie wenn jemand katholisch ist und sagt: Gott könnte auch nur als Idee existieren, Hauptsache wir leben nach katholischen Prinzipien

  2. #2 Kim Boström
    Juli 8, 2010

    @Michael M:
    Schönreden kann nur, was eigentlich hässlich ist. In welchem Sinne ist der Realismus hässlich? Und was soll der Vergleich mit dem Katholizismus? Geht es auch etwas substanzieller?

    Vielleicht sollte man der Vollständigkeit halber (und auch um die Diskussion noch etwas mehr anzuheizen) hinzufügen, dass Herr Zeh nicht nur ein leidenschaftlicher Verfechter des Realismus, sondern insbesondere auch der Everettschen Viele-Welten-Theorie ist. Seine positive Erwähnung der Bohmschen Mechanik ist ein Zeichen des Respekts vor einer konsistenten realistischen Deutung der QM, auch wenn er sie letztlich aus verschiedenen Gründen zugunsten Everetts ablehnt.

    Die Frage, ob eine realistische Theorie im Sinne Zehs die Realität tatsächlich (idealisiert und approximativ) beschreibt, wie sie ist, bleibt dabei unbeantwortet, ja, muss unbeantwortet bleiben, da Zehs Konzept sich ja ausdrücklich auf das Prinzip der „heuristischen Fiktion” stützt.

    Das gefällt mir gerade an Zehs Auffassung. Er stellt keine unerfüllbaren Forderungen auf, beharrt aber zugleich auf der Möglichkeit einer realistischen Beschreibung und gibt explizite Kriterien an (Begriffliche Konsistenz und Beobachterunabhängigkeit). Das nenne ich mal einen konstruktiven Ansatz, der sich erfrischend von der üblichen, pauschal destruktiven Einstellung dem Realismus gegenüber abhebt. Die Ablehner des Realismus sind seiner Auffassung nach in der Bringschuld. Allerdings haben auch sie durchaus schlagkräfige Argumente…

  3. #3 Webbaer
    Juli 8, 2010

    Wie kommt man nun zu realistischen Theorieansätzen?

    Indem man sie erstellt, Theorieansätze, auch “realistische”, sind immer anthropogen.
    Jedenfalls bisher noch (und den Bären lassen wir mal außen vor).

    Michael M. hat recht, wenn ihm die realistische Sichtweise “unreligiös religiös” vorkommt. Er hat damit auch die Frage nach dem Sinn der Überlegungen beantwortet. Und warum es Religionen gibt, natürlich. Sehr gut!

    Übrigens braucht es keine Doppelspalteffekte und Verschränkungen um zwischen dem Gegebenen und unsereins eine “realistische” (vs. realistisch) Schicht einziehen zu wollen; aber so fällt die Kommunikation der Maßnahme ein wenig leichter.

    “Die Frage, ob eine realistische Theorie im Sinne Zehs die Realität tatsächlich (idealisiert und approximativ) beschreibt, wie sie ist” scheint dem Webbaer bereits aus rein philosophischen Gründen sehr klar verneint werden zu müssen.

    MFG
    Wb

  4. #4 schnablo
    Juli 8, 2010

    @JF: Logische Inkonsistenz im Welle-Teilchen-Dualismus zu vermuten, scheint mir etwas harsch. Im Text ist dies eine Bsp. fuer Ihre Interpretation von Zehs Aussagen. Koennen Sie kurz darlegen, warum sie glauben beide “Formalismen nicht logisch vereinbar” sein sollen bzw. was Sie am QM-Formalismus fuer logisch inkonsisten erachten?

  5. #5 Jörg Friedrich
    Juli 8, 2010

    @schnablo: Ein Welle-Teilchen-Dualismus ist logisch inkonsistent wel sich Welle und Teilchen gegenseitig ausschließen. Sie können die Sätze: “Ein elektron ist eine Welle” und “Ein Elektron ist ein Teilchen” nicht so miteinander verknüpfen (über die Definitionen von Welle und Teilchen) dass sie beide wahr sind. Vielmehr müssen Sie außerhalb des Formalismus eine Entscheidung treffen, dass Sie in bestimmten Situationen den einen Satz als Wahr und damit den anderen als Falsch ansehen.

  6. #6 schnablo
    Juli 8, 2010

    Sicherlich, aber niemand behauptet ernsthaft ein Elektron waere ein klassisches Teilchen und eine klassische Welle. Da einfache Experimente klar zeigen, dass Teilcheneigenschaften und Welleneigenschaften vorhanden sind, beschreibt man das Elektron als etwas drittes und im Formalismus finden sich Wellen- und Teilcheneigenschaften. Wo ist der Widerspruch, wo die Inkonsistenz?

  7. #7 Jörg Friedrich
    Juli 8, 2010

    Es gibt in der Kopenhagener Deutung (um die es Zeh hier geht) nicht den Formalismus, in dem sich Welle- und Teilcheneigenschaften “finden”, es gibt nur zwei Formalismen, die sich logisch gegenseitig ausschließen. Und es gibt eine Wahl des Beobachters, ob er ein Teilchen oder eine Welle beobachten will, und von dieser Wahl ist abhängig, ob er ein Teilchen oder eine Welle beobachtet, ob er den einen oder den anderen Formalismus anwendet. Deshalb ist es vom Beobachter abhängig, was ein Elektron ist. Das bezeichnet Zeh als “Tiefsinn oder Wahnsinn”.

  8. #8 Jörg Friedrich
    Juli 8, 2010

    @Kim: Ich verstehe deine begeisterung für Zeh sehr gut aber ich bin weiterhin unzufrieden, auch wenn das meinem Text nicht unbedingt anzumerken ist. Schon Einstein, Podolsky und Rosen lösen für sich ja das Realitäts-Problem, in dem sie ein sehr ungewöhnliches Kriterium für “Realität” nennen, und Zeh tut es ihnen nach. (für EPR war übrigens Lokalität noch ganz selbstverständlich auch ein notwendiges Kriterium, so selbstverständlich, dass sie es gar nicht erwähnenswert fanden). Die Verbindung zu einem Vorverständnis von Realität, zu einer Ontologie, wird nicht für notwendig gehalten. Für Zeh ist Realität nur Theorie-Entwurfsmuster, und jedes Vorverständnis lehnt er doch letztlich als “liebgewonnenes Vorurteil” ab. Ob das für einen realismus, der den Namen verdient, reicht? Ist so eine “realität” nicht selbst nur Konstruktion?

  9. #9 schnablo
    Juli 8, 2010

    “Es gibt in der Kopenhagener Deutung (..) zwei Formalismen” Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht folgen. Welche sollen das sein? Die Kopenhagener Deutung ist doch eine Interpretation der (einen) QM. Und klar, man beobachtet ein Elektron nicht ein kl. Teilchen oder ein kl. Welle. Wenn man unbedingt eines der letzteren finden will hat man ein Problem. Das tut aber niemand und deswegen bleibt fuer mich die Frage nach dem logischen Widerspruch weiterhin offen.

  10. #10 Karl Mistelberger
    Juli 8, 2010

    Heinz-Dieter Zeh äußert sich wesentlich deutlicher als Jörg Friedrich: https://www.scienceblogs.de/arte-fakten/2009/09/das-naturbild-der-heutigen-physik.php#comment56678

  11. #11 Jörg
    Juli 8, 2010

    Damit stellt er sich nach seiner eigenen Einschätzung gegen ein „verbreitetes Vorurteil unter Physikern” denn „die Wahrscheinlichkeitsinterpretation wird allen Physikstudenten als unumstößliches Dogma ins Gehirn gebrannt.”

    Das ist ja gleich im ersten Satz derart katastrophaler Schwachsinn dass ich gar nicht weiterlesen brauch. Hätte er halt mal in einer Vorlesung seines TheoPhys-Kollegen in Heidelberg sitzen sollen der mir Quantenmechanik beigebracht hat. Von wegen Dogma, niemals habe ich, auch bei anderen Professoren, irgendetwas anderes gehört als dass das die gebräuchliche und handliche Interpretation sei.

  12. #12 Jörg
    Juli 8, 2010

    @schnablo: Ein Welle-Teilchen-Dualismus ist logisch inkonsistent wel sich Welle und Teilchen gegenseitig ausschließen. Sie können die Sätze: “Ein elektron ist eine Welle” und “Ein Elektron ist ein Teilchen” nicht so miteinander verknüpfen (über die Definitionen von Welle und Teilchen) dass sie beide wahr sind.

    Von Fourier-Trafos haben sie auch noch nie was gehört?

  13. #13 adenosine
    Juli 9, 2010

    Wie muss man sich die Absorption eines Photons in einem Atom genau vorstellen? Ist das Photon tatsächlich EM-Feld, hat es doch auch eine räumliche Verteilung. Wie verschwinden denn bei der Absorption die Feldanteile? Wenn dass EM-Feld bei der Wechselwirkung sehr lokal sein sollte, muss es sich doch aus einem riesigen Spektrum zusammensetzen?

  14. #14 MartinB
    Juli 9, 2010

    @georg, falls du mitliest
    Guck mal, man könnte die Qm vielleicht doch realistisch interpretieren, wenn man annimmt, dass „die Wellenfunktion die Realität beschreibt”.
    Und die zentrale Forderung an eine realitische Theorie ist die “Konsistenz der Beschreibung”.

    Mensch georg, warum sind *wir* bloß nicht auf solche Ideen gekommen?

  15. #15 Andrea N.D.
    Juli 9, 2010

    @Martin B.
    Du hast schon gefehlt :-).
    Eine wirklich “realistische” Diskussion findet gerade beim “realistischen” Bild der ewig gestrigen Physik statt, wo sich ein paar unrealistische Gedanken physikalisch auf den Bildschirm gebannt haben. Dort hat sich mittlerweile alles versammelt, was nicht verstanden werden will.
    Ich denke, das Grundproblem liegt ganz woanders. Ich habe gestern (leider nicht dabei) eine sehr schöne Beurteilung über das Dilemma der heutigen Philosophie gelesen (war allerdings nicht Thema des Aufsatzes): Sie hat Jahrzehnte, ja Jahrhunderte gebraucht, sich vom Idealismus zu lösen. Wenn Du nach nebenan guckst, wohnen manche noch im vorletzten Jahrhundert. Das erklärt auch die immer wiederkehrende Realismusproblematik:
    Das Naturbild der heutigen Physik – bildet die heutige Physik die Natur realistisch ab?
    Realismus als Fiktion?
    Realismus – eine offene Frage?
    Beschreibt die Quantenmechanik die Realität etc etc etc etc
    Ich wage eine höchst REALE Prognose: Fortsetzung folgt!

  16. #16 georg
    Juli 9, 2010

    @MartinB
    Es gibt eben Denker, die dieses Problem erkannt haben und hart daran arbeiten. Diese Fähigkeit ist nunmal nicht jedem gegeben.

    Interessant ist hier aber auch, was man mit dem Begriff “Konsistenz” noch so alles anstellen kann.

  17. #17 Jörg Friedrich
    Juli 9, 2010

    @Jörg: In jedem Falle ist ein verhalten wie Sie es hier zeigen, nämlich gleich einen ersten provokativen Gedanken als “katastrophalen Schwachsinn” abzutun und deshalb weitere Beschäftigung mit der vorgestellten Argumentation zu verweigern, ein typisches Merkmal für tief sitzende Dogmen.

    Wenn Sie weitergelesen hätten wären Sie auch auf die Stelle gestoßen an der Zeh darstellt, wie die Kopenhagener Deutung mit pragmatischen Regeln den postulierten begrifflichen Inkonsistenten systematisch aus dem Wege geht. Die Fourier-Transformation gehört hierher.

    @MartinB, georg: Ich beschäftige mich hier mit einem sehr interessanten Versuch, die Annahme, man könne realistische Interpretationen der Quantenmechanik finden, zu begründen. Interessant ist, dass dabei “Realität” selbst zu einem Konstrukt wird, einer “heuristischen Fiktion”. Inwiefern man dann noch von einem Realismus sprechen kann, ist für mich noch diskussionswürdig. Ob die Forderungen nach “begrifflicher Konsistenz” und “Beobachterunabhängigkeit” notwendige Attribute einer realistischen beschreibung sind, ist ebenfalls diskussionswürdig im besten Sinne des Wortes. Sie können sich an dieser Diskussion gern beteiligen.

  18. #18 Jörg
    Juli 9, 2010

    In jedem Falle ist ein verhalten wie Sie es hier zeigen, nämlich gleich einen ersten provokativen Gedanken als “katastrophalen Schwachsinn” abzutun und deshalb weitere Beschäftigung mit der vorgestellten Argumentation zu verweigern, ein typisches Merkmal für tief sitzende Dogmen.

    Ein erster provokativer Gedanke?? Das war eine eindeutige Sachaussage, nämlich dass seine Kollegen die Kopenhagener Deutung als ‘Dogma’ leeren. Dies ist sachlich falsch. Das ist kein Gedanke und kein gar nichts, das ist falsch und unverschämt. Und das weiß ich, weil ich in Heidelberg eine hervorragende Quantenmechanik-Vorlesung hatte.
    Und überhaupt, was soll dieses permanent “Dogma/Religion”-Herabrufen? Es geht mir einfach nur noch auf die Nerven. Alles ist nur noch Dogma und Religion. Wissenschaft ist die neue Religion. Atheismus ist die neue Religion. Alles zur Religion erklären ist die neue Religion. Das ist die pseudo-intellektuelle Version von Hitlervergleichen…

  19. #19 Andrea N.D.
    Juli 9, 2010

    Aus gegebenen Anlass hätte ich eine Anregung für eine Artikelserie:

    Was bringt uns die Konsistenz?
    Konstistenz – notwendig zum Leben mit der Mathematik?
    Braucht die Quantenphysik Konistenz?
    Konsistenz – was ist das eigentlich?
    Von der Notwendigkeit konsistenter Argumentationsgänge
    Warum Inkonistenz manchmal in der heutigen Physik von Vorteil sein kann
    Konsistenz als anerkannte wissenschafltiche Methode

    Daran anschließend – wie ich übrigens bereits seit Monaten fordere, könnte eine Artikelreihe folgen, die sich mit “Begriffen” beschäftigt – gerne kann hier exemplarisch auch der Begriff der Konsistenz dargestellt werden.

    Dann- und das wäre wirklich spannend – kommt die Artikelserie zur “begrifflichen Konsistenz”. Äh, was ist das eigentlich?

  20. #20 Jörg Friedrich
    Juli 9, 2010

    @Jörg: Ich kann Sie einerseits sogar verstehen, ein “Dogma”-Vorwurf oder ein “Religions”-Vorwurf hat immer auch eine Schärfe, die sachliche Diskussionen mit der Gegenseite schwierig macht. Andererseits muss Kritik auch zugespitzt formuliert werden, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Wenn ein erfahrener und anerkannter Physiker sich so äußert ist das für mich ein Zeichen, dass er in seinem langen Arbeitsleben vieles erlebt hat, was sich in diesem Urteil zusammenfassen lässt. Wenn Sie Zehs Artikel bei gelegenheit und in ruhiger Stimmung doch einmal weiterlesen kommen Sie an eine Stelle, die ich besser nicht zitiert habe, in der es kurz um Mechanismen wie peer review geht. Ich denke, man sollte an solchen Stellen immer innehalten und kurz nachdenken inwieweit das nicht eine zutreffende Diagnose ist, auch wenn sie unwillkommen ist.

    Aber im kern geht es Zeh ja um etwas anderes, nämlich um die Notwendigkeit eines Konzeptes von Realität in der Physik. Da Sie ja zu den Experten gehören würde mich natürlich interessieren, wie Sie zu dieser Frage stehen.

    @Andrea N.D.: Es gibt tatsächlich Themen, die einen Menschen mehr als einen Tag lang beschäftigen, und bei denen er im Laufe der Zeit die verschiedensten Perspektiven und Argumente durchdenkt. Sie haben völlig Recht, es wird weitere Texte von mir zum Realismus-Thema geben.

  21. #21 Andrea N.D.
    Juli 9, 2010

    @Jörg Friedrich:
    Das wäre schön. Allerdings wäre es für die Leser angenehmer, wenn Sie sich nicht ständig wiederholen bzw. im Kreis drehen würden. Dazu wäre beispielsweise notwendig, dass Sie Ihre diversen Positionswechsel kenntlich machen und erläutern, warum Sie jetzt plötzlich wieder genau das Gegenteil denken und schreiben (dazu lassen sich bestimmt auch Beispiele von Philosophen etc. finden). In diesem Dschungel kennt sich ja niemand mehr aus – und man verliert die Lust, in die Tiefe zu gehen.

    Sind Sie wirklich der Ansicht, dass Sie mit Provokationen wie “Deshalb ist Theologie auch als Wissenschaft anzuerkennen” so wahrgenommen werden, dass danach eine ernsthafte und gewinnbringende Diskussion möglich ist? Die Erfahrung in den letzten Monaten hat doch gezeigt, dass diese Grundprämisse, zumindest Ihrer Artikel, nicht funktioniert. Was allerdings funktioniert (und das scheint ja auch bei Zeh der Fall zu sein), ist, dass auf Polemik mit Polemik geantwortet wird. Und am Schluss wird keiner mehr Ernst genommen – schon gar nicht von den Laien. Das schadet der Wissenschaft definitiv.

  22. #22 Webbaer
    Juli 9, 2010

    Es geht mir einfach nur noch auf die Nerven. Alles ist nur noch Dogma und Religion. Wissenschaft ist die neue Religion. Atheismus ist die neue Religion. Alles zur Religion erklären ist die neue Religion. Das ist die pseudo-intellektuelle Version von Hitlervergleichen…

    Wow, so viel Freude kann eine spitze, vielleicht auch überspitzte, Formulierung bereiten. Vermutlich wars nicht das “Dogma”, gell, das ist harmlos, sondern das “ins Gehirn brennen”.
    Sogar Adolf war dabei, Reschpekt!

    Äh, zur Sache noch, “Denn die Wahrscheinlichkeitsinterpretation wird allen Physikstudenten als unumstößliches Dogma ins Gehirn gebrannt.” ist sachlich falsch oder zumindest sehr unsicher, gell?

    Mal an der Webkompetenz arbeiten, die braucht man heutzutage, wenn man sich nicht lächerlich und um Kopf und Kragen posten möchte. Danke.

    MFG
    Wb

  23. #23 Jörg Friedrich
    Juli 9, 2010

    @Andrea N.D. Wiederhole ich mich nun, drehe ich mich im Kreis oder widerspreche ich mir selbst? Nein, Sie müssen nicht antworten, ich wollte Ihnen nur zeigen, dass auch Ihre Aussagen nicht gerade als konsistent zu bezeichnen sind. Wer die Lust verliert, in die Tiefe zu gehen, wird entweder am Rand (an der Oberfläche) des Dschungels bleiben oder zukünftig Parks mit festen Wegen bevorzugen (und Arte-Fakten wohl meiden). Die anderen müssen sich halt darauf einstellen, dass der Weg nicht immer klar erkennbar ist. Man sieht die Linie nur wenn man sie zieht, und man erkennt einen Weg nur, wenn man ihn selbst geht.

  24. #24 Ulf Lorenz
    Juli 9, 2010

    @adenosine

    > Wie verschwinden denn bei der Absorption die Feldanteile?

    Die Wechselwirkung zwischen dem EM-Feld und der Wellenfunktion ist lokal, d.h. die Aenderung eines Feldes am Ort x haengt nur von den Werten der Wellenfunktion und des EM-Feldes am selben Ort ab (plus ein paar Ableitungen).

    > Wenn dass EM-Feld bei der Wechselwirkung sehr lokal sein sollte, muss es sich doch
    > aus einem riesigen Spektrum zusammensetzen?

    Intuitiv muss das EM-Feld sich lediglich auf einer raeumlichen Skala aendern, die der Ausdehnung der Wellenfunktion entspricht (und das Feld aendert sich auch durch die reine Oszillation einer einzelnen ebenen Welle!) In der Praxis wirst du immer Absorption sehen, wenn die Frequenz deines Feldes passt, d.h. die raeumliche Variation ist nicht weiter wichtig, die stellt sich von selber ein (Polarisation).

    Genauer kann ich es dir nicht erklaeren, weil ich hier an ein Problem stosse: Die Photonenabsorption von Licht durch Atome wird ueblicherweise in elektrischer Dipolnaeherung beschrieben (d.h. man hat ein raeumlich konstantes, zeitlich variierendes elektrisches Feld), allerdings erhaelt man diese Beschreibung erst, nachdem man die “reinen” Teilchen- und Feldfreiheitsgrade in einer bestimmten Weise mischt (Power-Zienau Transformation), und mit der “rohen” Wechselwirkung arbeite ich nicht so oft.

  25. #25 Andrea N.D.
    Juli 9, 2010

    @Jörg Friedrich:
    “@Andrea N.D. Wiederhole ich mich nun, drehe ich mich im Kreis oder widerspreche ich mir selbst? Nein, Sie müssen nicht antworten, ich wollte Ihnen nur zeigen, dass auch Ihre Aussagen nicht gerade als konsistent zu bezeichnen sind. ”

    Woran wollten Sie mir denn zeigen, dass meine “Aussagen nicht gerade als konsistent zu bezeichnen sind.” Irgendwo hatten Sie einmal konsistent mit konsequent verwechselt. Das scheint mir hier nicht der Fall. Aber Belege sollten Sie schon bringen, wenn Sie solche Behauptungen aufstellen.
    Und – falls Sie das meinen: Ja, manchesmal wiederholen Sie sich und bringen denselben Käse, der bereits auf 200 Kommentaren durchgekaut worden ist, wieder, oft widersprechen Sie sich (haben ich und andere sehr schön aufgelistet, ich glaube, danach machten Sie den Thread zu) und meistens drehen Sie sich mit Ihrem Denken im Kreis, weil Sie von Ihren Grundprämissen nicht weg kommen (Wissenschaft = Religion, Theologie = Wissenschaft etc. etc.). Jetzt konsistenter?

    “Die anderen müssen sich halt darauf einstellen, dass der Weg nicht immer klar erkennbar ist. Man sieht die Linie nur wenn man sie zieht, und man erkennt einen Weg nur, wenn man ihn selbst geht.”
    Ganz ehrlich, wollen Sie die Wege von IC gehen? Also ich nicht. Ich möchte ja nicht einmal “Ihre Wege” gehen. Diskutieren dagegen möchte ich schon, und da Sie bestimmt einiger philosophischer Regeln des Gesprächs mächtig sind, müsste Ihnen eigentlich klar sein, dass man mit Leuten, die nur einmal so vor sich hin schwadronieren, schwerlich ein Gespräch führen kann. Und wenn Sie diesen und andere Threads durchlesen und einmal ganz ehrlich zu sich sind, werden Sie mir Recht geben. Das Interesse der Leser erlischt bei einem IC-webbaer-Krabat-Monolog.

  26. #26 Jörg Friedrich
    Juli 9, 2010

    Das Interesse an Diskussionen erlischt grundsätzlich, wenn Kommentatoren sich dauernd wiederholen, das gibt auch für diese Aussage selbst.

    In diesem Artikel geht es um die Frage, ob der Zeh’sche Realismus-Begriff akzeptabel ist (und wenn ja,warum). Und es geht um die Frage, wozu ein solcher Realismus-Begriff gebraucht wird. Vielleicht können wir uns nun wieder darauf konzentrieren.

  27. #27 Webbaer
    Juli 9, 2010

    Dem Wb gefällt die Formulierung “Realität als Fiktion” ausgezeichnet.
    Allerdings rotieren diese Vorträge mit anschließender Diskussion idT ein wenig.
    Wozu wird denn so ein angepasster Realismus-Begriff gebraucht?

    Wb

  28. #28 perk
    Juli 9, 2010

    Wozu wird denn so ein angepasster Realismus-Begriff gebraucht?

    die frage die ich da sehe ist eher: “warum wird denn so ein angepasster realismus-begriff gebraucht” und die antwort ist: weil es keinen unangepassten gibt/geben kann

    das ist ja das problem dass sich durch die gesamte realismusserie hier auf arte-fakten zieht: jeder kommt mit seinem eigenen realitätsbegriff in die diskussion und tut so als wäre das der richtige.. und bisher ist jeder gescheitert die richtigkeit seines begriffs irgendwie argumentativ auch nur dünn zu unterfüttern

    es gibt bisher keinen allseitsanerkannten realitätsbegriff, und deswegen ist die frage “warum davon abweichen?” auch so großer käse.. in den wenigen diskussionen die ich bisher in der realismusserie gelesen habe sind mir mindestens 8 verschiedene realismusdefinitionen aufgefallen die erstmal in sich widerspruchsfrei formuliert sind und deswegen näherer betrachtung würdig..

    also wb: welcher ist denn aus ihrer warte der “unangepasste”?

    Ich denke, man sollte an solchen Stellen immer innehalten und kurz nachdenken inwieweit das nicht eine zutreffende Diagnose ist, auch wenn sie unwillkommen ist.

    . Damit stellt er sich nach seiner eigenen Einschätzung gegen ein „verbreitetes Vorurteil unter Physikern” denn „die Wahrscheinlichkeitsinterpretation wird allen Physikstudenten als unumstößliches Dogma ins Gehirn gebrannt.”

    *innehalt*
    *nachdenk*
    weder in quantenmechanik noch in den vorlesungen zu axiomatischer qft noch in den zu qft in der art ist mir sowas vorgekommen.. er erzählt offensichtlich totalen unsinn

    also warum an einer nachweislich falschen sachaussage festhalten und auf ihren denkanstoßwert verweisen: wenn dieser zu einem einfachen: “oh man was für ein schwachsinn” führen muss..

  29. #29 Webbaer
    Juli 9, 2010

    Der “unangepasste” Realismus ist derjenige, der meint, dass die Wissenschaften die Welt erkennen können oder bereits erkennen. Und zwar vollständig und “as is”.

    Der Wb ist dieser Sichtweise rein philosophisch stark abgeneigt, stellen Sie sich ein betriebenes System vor, dessen Systemteilnehmer über das Betreibersystem, das möglicherweise selbst betrieben wird, letzte Worte finden wollen.

    Der angepasste Realismus ist die Annahme der anthropogenen, allgemeinverständlichen und gut kommunizierbaren Sicht auf die Dinge [1], die aber falsch sein kann und unscharf sein muss. Was dann auch die Antwort auf die rhetorische Frage war: “Weils besser ist.”

    Die Realität ist das Gegebene, Realismus ein Ismus auf das Gegebene.
    Ismen können auch gar nicht wahr sein [2], soviel noch zum Sprachlichen.

    Das Problem bei der “realismusserie” scheint dem Wb die allgemeine Unverständigkeit bzw. die Täuschbarkeit zu sein. Höhö, aber der ist ja auch nur ein Bär.

    Zeh in diesem Punkt auf dem falschen Dampfer, gell, macht aber nüscht, ansonsten wars interessant. Wobei der Wb jetzt nicht gerade der Versteher von Verschränkung und Doppelspalteffekt ist. [3]

    MFG
    Wb

    [1] Das gibts auch im Wirtschaftsbetrieb, Geschäftslogik wird spekulativ verkürzt und es wird “realistisch” (angepasst realistisch, also nicht wirklich realistisch) gearbeitet.
    [2] ausserhalb selbst erdachter Systeme, die vollständiger Kontrolle unterliegen
    [3] Wie genau wird ausgeschlossen, dass die beiden erzeugten Photonen eine gleiche Attributisierung erhalten?

  30. #30 Grüzi
    Juli 9, 2010

    Wenn man die Viele-Welten-Theorie vertritt hat man mit Beobachterabängigkeit und der “begrifflichen Konsistenz der Beschreibung” keine Probleme mehr, oder?
    Also müsste die Viele-Welten-Theorie die Lösung für Zehs Probleme sein?

    @JF
    Wird ihre zweite Eingangsfrage
    “2. Wozu benötigt Zeh ein Konzept von Realität in der Quantenphysik?”
    eigentlich im Text wieder aufgegriffen?
    Könnten Sie bitte die Antwort auf das “wozu” nochmal für mich wiederholen?

  31. #31 MartinB
    Juli 9, 2010

    Ich versuche mal, ein paar Gedanken zu ordnen, vielleicht hilft es der Diskussion ja auf die Sprünge – leider wird der Text deshalb ziemlich lang.

    Eine Theorie ist realistisch, wenn (um die Begriffe von JF zu benutzen) den Entitäten der Theorie Objekte in der Realität entsprechen. (Das “entsprechen” ist dabei mit Leben zu füllen, siehe unten.)
    Ich denke, alle Diskussionsteilnehmer sind sich darüber einig, dass wir dies (wegen der matrix/des Descarteschen Dämons/des Solipsismus) niemals mit letzter Sicherheit wissen können.

    Insofern ist “eine Theorie ist realistisch” kein beweisbarer Satz. Theorien können aber (auch wieder mit den Worten von JF) “realistisch interpretierbar” sein oder eben nicht. Um diese eigenschaft zu prüfen, muss man jetzt den oben verwendeten Begriff des “entsprechens” mit mehr Leben füllen.
    Da wir “realistisch” als Eigenschaft nie beweisen können, bietet es sich an, zu schauen, wie wir “realistisch interpretierbar” beweisen oder widerlegen können. Und hier kann man unterschiedlicher Ansicht sein, je nachdem, welche a-priori-Annahmen man über die Realität macht. (Und diese Annahmen sind es dann letztendlich, die sagen, was “entsprechen” bedeuten.)

    Ich liste hier mal die Eigenschaften, die mir einfallen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber in der Reihe abnehmender Konsensfähigkeit (soweit ich sehen kann):

    1. Konsistenz (wie oben als Standpunkt von zeh beschrieben und auch sonst hier im Blog exzessiv propagiert). Wenn meine Theorie sagt, dass ein Wasserstoffatom aus einem Elektron und einem Proton besteht, wenn ich es mit Licht bestrahle, aber aus 3 Phantastinos, wenn ich es mit verteronpartikeln bestrahle, dann ist die Theorie nicht konsistent. Konsistent bedeutet, dass ein Objekt bestimmte Eigenschaften tatsächlich hat, also unabhängig von der Art des Experiments. Konsistent bedeutet somit auch, dass man mit derselben theorie (also denselben Entitäten) unterschiedliche Phänomene beschreiben kann.

    Damit allein kann man die QM nicht als nicht-realistisch einstufen – nicht-realistisch ist lediglich die Annahme, den klassischen Größen wie Impuls oder Ort käme eine realistische Bedeutung zu.

    In meinen Augen impliziert die Konsistenz die beobachterunabhängigkeit bereits, insofern führe ich die nicht nochmal extra an.

    2. Quantisierbarkeit. Eine Theorie muss quantitativ prüfbare Vorhersagen machen, nicht bloß qualitative Vorhersagen. Einzelnen Größen in der Theorie, die Eigenschaften der Entitäten beschreiben, müssen zahlenwerte zugeordnet werden können, die sich nach bestimmten Gleichungen verändern. (Siehe aber unten zum Thema “Determinismus”).
    (Ich beziehe mich hier explizit nur auf physikalische Theorien.)

    Ein Spezialfall dazu ist
    2a. Abzählbarkeit diskreter Entitäten. Falls die Theorie Entitäten enthält, die abzählbar sind (wie z.B. Elektronen in der QM im gegensatz zu einem elektrischen feld), dann muss diese Zahl ohne weitere Prozesse erhalten bleiben – wenn ich postuliere, dass ein helium-Atom zwei Elektronen hat, dann muss ich, wenn ich das Atom ionisiere, auch tatsählich zwei Elektronen messen und nicht plötzlich drei. Es ist allerdings nicht notwendig, dass eine Theorie tatsächlich abzählbare Entitäten besitzt.

    3. Stabilität der Entitäten. Die Entitäten der Theorie müssen zumindest eine beschränkte zeitliche Stabilität besitzen, damit ihre Entwicklung verfolgt werden und sinnvoll von ihrem Verhalten gesprochen werden kann. Eine Theorie, in der sich alle Entitäten ständig ineinander umwandeln, würden wir meiner Ansicht nach nicht als fundamentale Theorie akzeptieren – wahrscheinlich würden wir die Theorie so erweitern, dass wir eine fundamentalere Entität postulieren, die eine veränderliche Eigenschaft hat.

    Hier würde ich bereits den Schlusstrich ziehen – alles was nachstehend kommt, halte ich nicht mehr für zwingend notwendig oder sogar für unnötig, andere aber vermutlich nicht.

    4. Erhaltungsgrößen. Jeder von der Theorie beschriebene Prozess muss bestimmte Größen enthalten, die sich bei diesem prozess nicht ändern. (Vielleicht aber bei anderen Prozessen.) Andernfalls ist schwer vorstellbar, wie sich eine Zeitentwicklung gestalten kann.

    5. Lokalität. Es muss das Nahewirkungsprinzip gelten – Eine Veränderung an einem Ort kann sich auf einen anderen ort nur auswirken, indem sie sich durch den dazwischen liegenden Raum ausbreitet. Die Standard-Interpretation der Qm verletzt die Lokalität ganz eindeutig.

    6. Determinismus. Dieselbe Ursache muss immer dieselbe Wirkung haben. Wird definitiv von der Qm verletzt.

    7. Kausalität. Wirkungen können nicht ohne eine Ursache eintreten. (Hängt eng mit dem Determinismus zusammen). In der Physik ist die Kausalität z.B. dadurch verletzt, dass ein zerfallender Kern eine Halbwertszeit hat – es gibt keinen inneren Mechanismus, der bestimmt, wann der Kern zerfällt. Interessant ist übrigens, dass ein Zerfall mit einer exponentiell abnehmenden Rate (soweit ich sehen kann) der einzige Prozess ist der es ermöglicht, dass ein teilchen eine endliche lebensdauer hat, ohne eine innere Variable zu besitzen – nur in diesem Fall ist ja die Zerfallswahrscheinlichkeit zu jedem Zeitpunkt dieselbe.

    8. Lokalisierbarkeit. Objekte müssen im Raum lokalisierbar sein. Wird in gewisser Weise von den meisten Feldtheorien verletzt, ich führe es hier trotzdem an, weil zumindest Ockham diesen Punkt für entscheidend hält.

    Ein guter Teil der Diskussionen um die realistische Interpretation der QM hing sicherlich daran, dass unterschiedliche Teilnehmer unterschiedliche dieser Eigenschaften für zentral halten – z.B. JF die Kausalität, Ockham die Lokalisierbarkeit.

    PS: Ich finde übrigens nicht, dass das “als ob” oder der Begriff der “heuristischen Fiktion” die Sache wesentlich klarer macht – letztendlich sind es andere Worte, um das “entsprechen” zu umschreiben. Für mich stellt sich immer die Frage, wie ich die realistische Interpretierbarkeit einer Theorie konkret feststellen kann, d.h. welche der gelisteten 8 Punkte jeweils verletzt werden oder nicht.

    @Perk
    Wäre toll, wenn Sie Ihre 8 gefundenen Realismusbegriffe auch listen könnten – dann reden wir alle hier nicht mehr ganz so aneinander vorbei.

  32. #32 Jörg Friedrich
    Juli 9, 2010

    @MartinB: Nur ganz kurz (ich bekomme gleich Besuch und weiß noch nicht, was das Wochenende bringt): Danke für den tollen Kommentar, dem ich (auf den ersten Blick) voll zustimmen kann. Details folgen.

  33. #33 perk
    Juli 9, 2010

    mit den 8 unterschiedlichen realismusbegriffen bezog ich mich auf:

    Eine Theorie ist realistisch, wenn den Entitäten der Theorie Objekte in der Realität entsprechen.

    und genau die probleme die sie bei “entsprechen” und “realität” ausgemacht haben
    ok sie haben sogar noch deutlich mehr gefunden

    es gibt im einfachsten fall 2 positionen dazu ob lokalisierbarkeit, konsistenz und kausalität+determinismus teil des entsprechungs und realitätsverständnisses sein sollen
    aus den 3 kriterien und je 2 positionen (braucht man, braucht man nicht) ergeben sich 8 unterschiedliche realismusbegriffe
    und ich vermute mal sie glauben mir dass zu den 3 kriterien auch wirklich schon die jeweils unterschiedlichen meinungen vorgetragen wurden

    ich zum beispiel vertrete die ansicht dass für realismus nichtmal das von ihnen vorgeschlagene konsistenzkonzept zutreffen muss

    Wenn meine Theorie sagt, dass ein Wasserstoffatom aus einem Elektron und einem Proton besteht, wenn ich es mit Licht bestrahle, aber aus 3 Phantastinos, wenn ich es mit verteronpartikeln bestrahle, dann ist die Theorie nicht konsistent.

    in meinem konsistenzverständnis folgt dass erst wenn es möglich ist gleichzeitig mit licht und mit verteronpartikeln zu bestrahlen und einen unauflösbaren widerspruch zu erhalten
    solange ein teil der theorie dafür sorgt dass widersprüchliche aspekte eines objekts nie faktisch gleichzeitig wirken ist sie noch konsistent.. und bei welle und teilchen (quantenphysikalische begriffe nicht klassische) ist nichtmal die widersprüchlichkeit der aspekte wirklich gegeben, wenn man hier ein klassisches begriffsverständnis ansetzt um eine nichtklassische theorie zu beurteilen hat man eh schon verloren..

    Konsistent bedeutet, dass ein Objekt bestimmte Eigenschaften tatsächlich hat, also unabhängig von der Art des Experiments. Konsistent bedeutet somit auch, dass man mit derselben theorie (also denselben Entitäten) unterschiedliche Phänomene beschreiben kann.

    das ist mein problem mit diesem konsistenzbegriff: das was sie hier als experiment bezeichnen ist prinzipiell eine wechselwirkung innerhalb der theorie (meistens ein photonenaustausch) und dass ein system einer theorie von seinen wechselwirkungen mit der umgebung (die auch noch teil der gleichen theorie sind) abhängig ist, ist durchaus konsistent und naheliegend

  34. #34 perk
    Juli 9, 2010

    -s oh man.. das schleicht sich langsam ein..

  35. #35 MartinB
    Juli 9, 2010

    @perk
    “solange ein teil der theorie dafür sorgt dass widersprüchliche aspekte eines objekts nie faktisch gleichzeitig wirken ist sie noch konsistent”
    Ja, dem stimme ich zu, solange es in der Theorie einen Mechanismus gibt, der das bewirkt (so nach der Art “Wasserstoff wandelt sich in Phantastinos um, wenn ein nichtverschwindendes Verteron-Feld agiert”). Aber wenn man sozusagen nur mittels eines Formalismus’ entscheidet, welche Beschreibung gerade zutrifft, dann habe zumindest ich mit dem REalismus-Begriff Probleme – was *ist* es denn nun, ein Objekt aus Elektron und Proton oder ein Objekt aus drei Phantastinos? In dem Fall würde ich dann vermutlich annehmen, dass es eine grundlegendere Entität gibt, die sich – je nach Bedingungen – in der einen oder anderen Form äußert oder zwischen diesen umwandelt. Insofern kann man das vielleicht als “formale” Konsistenz bezeichnen (die Theorie liefert keine Widersprüche) aber meine Konsistenzforderung ist hier stärker – vielleicht brauchen wir noch einen extra-Begriff, der den Unterschied fasst.

    Den letzten Absatz hab ich leider nicht verstanden, deshalb kann ich dazu nix sagen…

  36. #36 Webbaer
    Juli 10, 2010

    “Konsistenz” kann nur die Theoriebeschaffenheit betreffen, nicht die Realität oder diesbezügliche Messungen. Wird anders gemessen, dann liegt ein Widerspruch vor, die Theorie bleibt weiterhin konsistent.
    Wird dann aber vermutlich weggelegt.

    MFG
    Wb

    PS: Konsistenz heisst Beschaffenheit oder Inhaltsmässigkeit. Jedenfalls metaphorisch. 🙂

  37. #37 Jörg
    Juli 10, 2010

    Wow, so viel Freude kann eine spitze, vielleicht auch überspitzte, Formulierung bereiten. Vermutlich wars nicht das “Dogma”, gell, das ist harmlos, sondern das “ins Gehirn brennen”. Sogar Adolf war dabei, Reschpekt!
    Äh, zur Sache noch, “Denn die Wahrscheinlichkeitsinterpretation wird allen Physikstudenten als unumstößliches Dogma ins Gehirn gebrannt.” ist sachlich falsch oder zumindest sehr unsicher, gell?
    Mal an der Webkompetenz arbeiten, die braucht man heutzutage, wenn man sich nicht lächerlich und um Kopf und Kragen posten möchte. Danke.
    MFG
    Wb

    Sagen Sie mal, Friedrich, hat der Webtroll mit seinen Sockenpuppen hier jetzt vollends das Kommando übernommen und kann tun und lassen was er will? Haben Sie den jetzt als Mentor angenommen? Das kann nur gut werden, ich meine in Aufgeblasenheit und Hinterfotzigkeit der falsch-freundlichen Seitenhiebe kann er noch viel von Ihnen lernen, aber im Ausmaß des Dunning-Kruger-Effektes wird der Lehrling wohl den Meister bald einholen…

  38. #38 Webbaer
    Juli 10, 2010

    @Jörg
    Der Wb hat Ihnen doch in der Sache recht gegeben, kommen Sie ruhig wieder zu dieser zurück. Wir kommunizieren hier ja nicht als Selbstzweck.
    Als JR der Scienceblogs sind Sie aber wirklich unübertrefflich! 🙂

    MFG + schönes WE noch
    Wb

  39. #39 Jörg Friedrich
    Juli 10, 2010

    @Jörg: Meine Einladung an Sie, sich inhaltlich an der Diskussion zu beteiligen, war ernst gemeint. Dass ich Kommentatoren, die gegenüber Ihnen kritisch oder angriffslustig sind, nachsichtiger bin, haben Sie sich selbst zuzuschreiben, ich erinnere Sie an Ihre Äußerungen mir gegenüber in Ihrem eigenen Blog. Ihr letzter Kommentar lässt leider nicht darauf schließen dass Sie inzwischen zu einer Diskussionsform gefunden haben, die hier als wünschenswert empfunden wird. Da mit mehrfach von Menschen, deren Meinung mir wichtig ist, mitgeteilt wurde, dass solche Äußerungen wie Ihre sie von einer Teilnahme an der Diskussion hier abschrecken, werde ich weitere Kommentare von Ihnen, die nicht den Mindestbedingungen einer konstruktiven Diskusssionskultur entsprechen, löschen.

  40. #40 Jörg Friedrich
    Juli 10, 2010

    @Grüzi: Auf die Frage, wozu Zeh den Realismus braucht, komme ich in dem Abschnitt “Warum Realismus?” des obigen Textes zu sprechen. Ich denke, Zeh sieht zum EInen die historische Erfolgsgeschichte realistischer Theoriekonzepte als Grund, an diesem festzuhalten. Zum Anderen ist Realismus eben ein Design-Konzept für Theorien, das eben mit der Konsistenz und der Beobachterunabhängigkeit große methodische Vorteile hat. Ich persönlich glaube, dass eine gute, empirisch adäquate Theorie, die auch noch sagen kann: “So ist die Welt, so ‘sieht sie aus’!” eine große Überzeugungskraft hat.

  41. #41 Jörg Friedrich
    Juli 10, 2010

    @MartinB: Ich werde mich schrittweise an Ihrem Beitrag abarbeiten. Hier zunächst ein allgemeiner Gedanke: Offen bleibt ja bei alledem, worauf wir die Auszeichnung der von Ihnen benannten Kriterien als “realistisch” stützen, wie wir das rechtfertigen. Das wird mich in den nächsten tagen wohl ganz besonders beschäftigen. Zieht man z.B. die Forderung nach Konsistenz daraus, dass im Alltagsverständnis realistische Geschichten ebenfalls wenigstens konsistent sein müssen? Das ist ein weites Feld.

    Ein weiterer Punkt: Ob Konsistenz und Beobachterunabhängigkeit nicht zusammengehören habe ich auch schon überlegt. Hier muss man aber wohl genauer fassen, was man mit Beobachterunabhängigkeit meint. Wenn man damit sagt, dass in der Theorie kein Beobachter vorkommen darf oder dass er für die Theorie wenigstens nicht notwendig sein darf, dann ist Beobachterunabhängigkeit in der Konsistenz nicht unbedingt enthalten. Sie können eine konsistente Theorie haben, in der für die Feststellung (im Sinne von Festlegung) von messergebnissen immer noch ein Beobachter gebraucht wird.

  42. #42 MartinB
    Juli 10, 2010

    @JF
    “Beobachterunabhängig” heißt für mich nicht, dass ein beobachter nicht vorkommen darf, sodnern nur, dass die Rolle des beobachters austauschbar sein muss – Sie und ich müssen dasselbe beobachten, wenn es zwei Messmethoden für etwas gibt, muss das Ergebnis mit beiden dasselbe sein etc.

  43. #43 Webbaer
    Juli 10, 2010

    Jörg, “Pöbeltrolle” aber auch nicht ganz unfähig; einfach mal locker machen, Friedenspfeife und so?

    Das Web ist bekanntlich nicht dafür da sich gegenseitig die Stimmung zu versauen, gelegentliche Spitzen, Sozialverhalten also, kommen vor, aber es gibt an einem längerwährenden Sozialaustausch kein bes. Interesse.

    Schöne Grüße!
    Wb

  44. #44 MartinB
    Juli 11, 2010

    @Jörg (nicht JörgF)
    Mein Gott, hier posten halt ein paar Leute, die man wegen Pöbelei oder Inhaltsleere besser ignoriert. Ist anderswo doch oft auch nicht anders. Trotzdem gibt es hier auch interessante Diskussionen mit georg, AndreaND, KimBoström et al. – als Physiker könntest Du doch auch was zu Deiner Ansicht zur Interpretation der QM sagen.

    @JörgF
    “Offen bleibt ja bei alledem, worauf wir die Auszeichnung der von Ihnen benannten Kriterien als “realistisch” stützen, wie wir das rechtfertigen.”
    Natürlich. Letztendlich machen wir immer *Annahmen* über die Realität, die vermutlich auch nicht zu rechtfertigen sind. (Wie denn auch, dank Dämon/Matrix etc.)
    Es könnte sich auch jemand hinstellen und sagen: In der Realtität gelten nicht mal die Regeln der Logik – ließe sich nicht endgültig widerlegen, aber eine entsprechende Theorie könnten wir natürlich nie so ausformulieren, dass wir mit ihr arbeiten könnten.

    Insofern glaube ich, dass wir diese Annahmen nicht wirklich rechtfertigen können, sie können aber umgekehrt als Definitionsversuch für “Realität” dienen.
    Das war hier eher mein Punkt – wir haben alle unterschiedliche Ideen, weil jeder andere der 8 (oder mehr) Punkte für zentral hält.

    Wir können anhand dieser Liste untersuchen, ob eine Theorie realistisch nach Kriterium 1,2,6 und 7 ist oder nicht, das vermeidet dann die endlosen Streitigkeiten nach dem Motto “Aber natürlich impliziert “realistisch” kausal, konsistent, Lokalisierbarkeit etc”.

  45. #45 Webbaer
    Juli 11, 2010

    Es könnte sich auch jemand hinstellen und sagen: In der Realtität gelten nicht mal die Regeln der Logik…

    Welcher Logik? Der vom Menschen entwickelten?

    Überhaupt, Logik (“denkende Kunst”) ist dort zu finden, wo denkende Kreaturen, also auch Menschen und nicht nur Bären, die Realität nachbauen. Modelle anlegen und Systeme erkennen oder zu erkennen meinen.

    Man ist ja jetzt in dieser Realismusdebatte davon weggekommen, dass eine realistische Theorie “as is” die Natur beschreibt, sehr gut.

    Andere Fragestellungen nach der Definition des oder eines (brauchbaren) Realismus, also eines nicht absoluten, sind dann natürlich schwierig und unterliegen – zurückkommend auf eine zentrale (hier: “lokale” 🙂 JF-These – idT einer immerwährenden sozialen Bearbeitung.

    MFG
    Wb

  46. #46 Jörg Friedrich
    Juli 11, 2010

    @MartinB: Es gibt ja noch mehr möglichkeiten, eine These zu rechtfertigen, als den logischen abchließenden Beweis. Z.B. kann man prüfen, ob eine Behauptung über Realität in den Wissenschaften mit der sonstigen verwendung des Begriffs zusammenpasst, oder man kann die Konsensfähigkeit einer Aussage prüfen (was wir ja hier gerade tun). Mein Interesse gilt deshalb der Frage, welche “Konfiguration” Ihres Kriterienkatalogs da die besten Chancen hat. Aber das muss nicht unbedingt heute oder morgen geklärt werden, ich kann mir Ihren Beitrag auch gut als vorläufigen Schlusspunkt der Diskussion vorstellen.

  47. #47 MartinB
    Juli 11, 2010

    @JF
    “Z.B. kann man prüfen, ob eine Behauptung über Realität in den Wissenschaften mit der sonstigen verwendung des Begriffs zusammenpasst”
    Das ist sicher in der Philosophie ein üblicher Ansatz, aber wir Physiker sind ja dafür bekannt, dass wir Alltagsbegriffe nehmen und ohne Rücksicht auf Verluste so umdefinieren, wie es uns passt, oder? 😉

    Was die Konsensfähigkeit angeht, denke ich, dass am interessantesten wäre zu sehen, ob eine Reihung der Kriterien so möglich ist, dass jeder, der Kriterium n akzeptiert, auch 1 bis n-1 akzeptiert – vermutlich geht das aber nicht universell (bei Ockham steht Lokalisierbarkeit ganz oben, andere leugnen die Quantifizierbarkeit).

    “ich kann mir Ihren Beitrag auch gut als vorläufigen Schlusspunkt der Diskussion vorstellen.”
    Eigentlich wollte ich ja Diskussionen anregen, nicht ersticken. Aber immerhin, wenn die nächste Realismus-Debatte losgeht, kann ich hierauf verweisen.

    @AndreaND:
    Du bist doch immer sehr für Definitionen von Begriffen. Ist meine Kriterienliste von deinem Standpunkt aus in dieser Richtung sinnvoll? Falls nein, wie könnte eine Definition von “Realismus” aussehen?

  48. #48 Webbaer
    Juli 11, 2010

    Falls nein, wie könnte eine Definition von “Realismus” aussehen?

    Ohne der Dame vorgreifen zu wollen, real ist das Gegebene, Realismus ist das Humankonstrukt um zu verstehen und natürlich um zu kommunizieren.

    Selbstverständlich dürfen in diesem Zusammenhang die Erfahrungen der Physiker prozedural einfliessen.

    Schönes WE noch!
    Wb

  49. #49 Andrea N.D.
    Juli 11, 2010

    @Martin B.
    Ich komme in nächster Zeit in die Bibliothek. Wenn mir Zeit bleibt, werde ich im entsprechenden Lexikon die geschätzten mindestens 50 Seiten zur historischen Entwicklung des Realismusbegriff kopieren – aber versprechen kann ich nichts, zumal ich auch der Auffassung bin, dass dies Aufgabe von JF ist, bevor er schreibt und ich mich gerade an einem anderen Thema abarbeite (auch wenn es Überschneidungen gibt, wie z.B. der kritische Rationalismus).

    Wenn ich die Artikel von JF und die anschließenden Diskussionen verfolge, sprechen wir hier vom wissenschaftlichen Realismus (auch wenn das von JF öfters mit anderen Arten von Realismus verwechselt bzw. durcheinander geworfen wird). Deinen Definitionsversuch würde ich ausschließlich auf den wissenschaftlichen Realismus beziehen wollen (damit fällt beispielsweise der empirische Realismus von Kant heraus; dem ich in seinen Erklärung oftmals geneigt bin zu folgen, da ich mich seit Jahren mit ihm beschäftige und immer, wenn ich glaube, ihn überwunden zu haben, weil er ja doch schon etwas älter ist und mittlerweile so viel Neues kam, ihn einfach nur genial finde). Diese Einschränkung ist zudem extrem notwendig, weil wir sonst überhaupt nicht mehr diskutieren können (nicht, dass das hier nicht öfters passieren würde).

    Also erstes Definitionskriterium: von welchem Realismus sprechen wir eigentlich, wenn wir von Realismus als Fiktion sprechen wollen– vom wissenschaftlichen Realismus. Dieser ist grundsätzlich dadurch gekennzeichnet, dass wissenschaftliche Realisten behaupten, dass die von Ihnen entwickelten Theorien in der „Natur“ annähernd zutreffen (wie Du in Deinem zweiten Absatz beschrieben hast = zweites Definitionskriterium). Statt philosophischer Spitzfindigkeiten im sprachlichen Bereich, wie von JF vorgeschlagen („entsprechen“ muss mit Leben gefüllt, interpretierbar muss interpretiert werden etc.), bin ich eher geneigt, mich auf den wissenschaftlichen Standpunkt zu stellen und zu sagen: Diese Theorie ist realistisch, weil sie für die praktische Arbeit der Wissenschaften notwendig und hilfreich ist. Dass jede Theorie immer nur eine Annäherung an die Wirklichkeit ist oder in der Historie falsifiziert werden kann, ist für mich dabei trivial und entbehrt jeder Diskussionswürdigkeit.

    Als dritten Komplex würde ich sämtliche Einwände entkräften; den ersten (Annäherung, Verdrängung durch bessere Theorien) habe ich bereits genannt. Am zweiten hat sich JF ebenfalls abgearbeitet, das ist der Punkt gewesen, den georg aufgebracht hatte, und zwar, dass JF bereits implizite Annahmen bzw. Voraussetzungen für seine Position machte. Dies gilt selbstverständlich auch für den wissenschaftlichen Realismus, bei dem ebenfalls behauptet wurde, es sei unmöglich, reine Beobachtungsdaten von ihrer theoretischen Interpretation zu trennen. JF sprach dies bei den Milben an. Die Frage war wohl nicht nach dem „unbewaffneten Auge“ (auch wenn diese Äußerung extrem naiv war), sondern dass derjenige, der da mit bewaffenten Auge guckt, ja bereits eine Idee haben muss, nach was er guckt. Ich finde, dies habt Ihr (georg und Du) sehr schön entkräftigt. Schließlich wird nicht alles auf diese Art erforscht – dann hätten die Wissenschaftler grundsätzlich bereits ein fertiges Bild der Welt in der Hosentasche. Deshalb halte ich auch Deine Äußerungen über die Konsistenz (und dass diese bereits Beobachterunabhängigkeit impliziert) für richtig und JFs nachfolgenden Kommentar für falsch. Ein weiteres Argument gegen den wissenschaftlichen Realismus ist die Behauptung, dass ein Sachverhalt mit mehreren Theorien erklärt werden kann. Hier sehe ich überhaupt keinen Widerspruch.

    Und dann würde ich mich Dir anschließen und versuchen die Eigenschaften, die eine Theorie haben muss, um als realistisch gelten zu können, zu nennen. Allerdings finde ich, dass dies tatsächlich in den Definitionsbereich einer „Theorie“ gehört, an dem sich JF ja auch erfolglos abgearbeitet hat, was vielleicht die vielen „inkosistenten“, aber konsequenten (:-)) Nachfolgeartikel erklärt. Eine Theorie, die nicht die von Dir genannten Eigenschaften besitzt, ist halt keine Theorie sondern ein Hirngespinst. Abgesehen davon bin ich bei „Erhaltungsgrößen“ und „Stabilität der Entitäten“ ausgestiegen, mein physikalisches Verständnis reicht leider nicht so weit, was aber nicht schlimm ist.

    Leider habe ich keine Literatur parat, weil das nicht mein Fachgebiet ist (außer den teilweise bereits genannten gängigen Autoren). Ich bitte Dich noch zu berücksichtigen, dass ich einen rein methodischen Vorgang mit ein paar Inhalten gefüllt habe. Ich habe keine feste oder abschließende Meinung zum wissenschaftlichen Realismus; allerdings ist mir schon klar, dass der zeitweise von JF vertretene naive Instrumentalismus keine für mich plausible Position darstellt.

    @Jörg Friedrich:
    Auch wenn Sie in anderen Blogs angegriffen wurden und deshalb meinen, hier schadenfroh zusehen zu müssen, wenn Ihr Webtroll „randaliert“ bzw. verbal entgleist, halte ich es für ziemlich daneben von Ihnen, wenn Sie Dinge wie „Sogar Adolf war dabei, Reschpekt!“ unkommentiert stehen lassen. Irgendwo sollten auch Sie eine Grenze ziehen, selbst wenn es sich um Ihr geliebtes Haustier handelt (Kanarienvogel oder Bär – das ist hier die Frage).

    „Zieht man z.B. die Forderung nach Konsistenz daraus, dass im Alltagsverständnis realistische Geschichten ebenfalls wenigstens konsistent sein müssen? Das ist ein weites Feld.“
    Selbstverständlich. Sonst sind sie eben nicht konsistent.

  50. #50 Webbaer
    Juli 11, 2010

    Adolf war schon in der Tüte:
    “Das ist die pseudo-intellektuelle Version von Hitlervergleichen…”
    => einen Kommentar darunter [1]

    MFG + schönes Rest-WE!
    Wb

    [1] Godwin’s Law, höhö, i.p. Webkompetenz zählt das Dämonisieren des Meinungs-gegners/-partners gemeinhin natürlich schon als Tiefpunkt und Bodenbildung [i]
    [i] leider ist das Setzen eines Permalinks auf Beiträge von Scienceblogs-Autoren hier nicht möglich, da das diesbezügliche Attribut ungünstig überladen worden ist – rein technisch formuliert

  51. #51 MartinB
    Juli 11, 2010

    @AndreaND
    Danke für den ausführlichen Kommentar.

    Ich bin aber nicht ganz sicher, ob ich alles richtig verstanden habe, zum Beispiel hier:
    “bin ich eher geneigt, mich auf den wissenschaftlichen Standpunkt zu stellen und zu sagen: Diese Theorie ist realistisch, weil sie für die praktische Arbeit der Wissenschaften notwendig und hilfreich ist.”
    Ist das nicht genau das, was JF als instrumentalistisch bezeichnet? So gibt es doch einige Hilfskonstrukte in der Physik, die nützlich und hilfreich sind, ohne dass man sie als Physiker für letztendlich “real” hält – manchmal ist es zum Beispiel praktisch und hilfreich, Atome als kleine harte Kugeln zu betrachten. Eine solche Theorie wäre dann doch eben genau nicht realistisch.

    “Ein weiteres Argument gegen den wissenschaftlichen Realismus ist die Behauptung, dass ein Sachverhalt mit mehreren Theorien erklärt werden kann. Hier sehe ich überhaupt keinen Widerspruch.”
    Bin nicht sicher, ob ich das richtig verstehe – heißt das, du siehst keinen Widerspruch, wenn es zwei vollkommen unterschiedliche Theorien gäbe, die beide denselben Sachverhalt korrekt beschreiben? Du würdest dann beide als realistisch bezeichnen, auch wenn sie ganz unterschiedliche Form haben sollten?
    Ich würde das als deutlichen Hinweis darauf sehen, dass es eine grundlegendere Theorie geben muss, die diese beiden Theorien umfasst. (So wie z.B. Hamilton oder Lagrange-Formalismus in der klassischen Mechanik beide auf unterschiedliche Weise direkt aus der Quantenmechanik abgeleitet werden können.)

    “Eine Theorie, die nicht die von Dir genannten Eigenschaften besitzt, ist halt keine Theorie sondern ein Hirngespinst. ”
    Aber irgendwo ist das doch der Knackpunkt – welche dieser Eigenschaften sind denn absolut notwendig? Und sind vielleicht einige der von mir angeführten Eigenschaften eigentlich unsere Denknotwendigkeiten, die wir nicht durchbrechen können? (Da könnte man dann wieder eine Querverbindung zu Kant ziehen…)
    Und könnte es nicht auch sein, dass wir einige Dinge für absolut denknotwendig halten (so wie Kant den absoluten Raum und die absolute Zeit), obwohl dies in Wahrheit gar nicht so ist? Immerhin haben wir in der Quantenmechanik auch den Determinismus aufgegeben (jedenfalls in der gängigen Interpretation), was auch etwas ist, was man vor 150 Jahren sicher für undenkbar gehalten hätte.

  52. #52 Andrea N.D.
    Juli 11, 2010

    @Martin B.
    Kant war ja nur ein Beispiel (das hat JF im anderen Thread nicht verstanden, als er seine unqualifzierte Bemerkung darüber machte, dass ich im 20.Jh. ankommen soll) für einen “anderen Empirismus” als den wissenschaftlichen. Wenn ich von “Realismus” allgemein spreche, kann ich auch über “Wissenschaft” sprechen. Das ist zu undifferenziert bzw. birgt viele Missverständnisse.

    “Diese Theorie ist realistisch, weil sie für die praktische Arbeit der Wissenschaften notwendig und hilfreich ist.”
    Ist das nicht genau das, was JF als instrumentalistisch bezeichnet? So gibt es doch einige Hilfskonstrukte in der Physik, die nützlich und hilfreich sind, ohne dass man sie als Physiker für letztendlich “real” hält – manchmal ist es zum Beispiel praktisch und hilfreich, Atome als kleine harte Kugeln zu betrachten. Eine solche Theorie wäre dann doch eben genau nicht realistisch.”

    Nicht ganz. Realistisch bedeutet ja nicht nur: “Ich kann das empirisch beobachten”, sondern auch “Der Inhalt dieser wissenschaftlichen Theorie” entspricht der Realität, d.i. sie erfasst die Phänomen der Natur weitgehend. Ist denn schon sicher, dass Atome keine kleine Kugeln sind? Bis man das weiß, würde ich sagen, dass die Theorie, die das besagt, realistisch ist und es ist hilfreich anzunehmen, dass es so ist.

    “Ich würde das als deutlichen Hinweis darauf sehen, dass es eine grundlegendere Theorie geben muss, die diese beiden Theorien umfasst”.
    Klasse, das nehme ich gerne als Ergänzung bzw. bessere “Theorie” meiner Entkräftigung des anti-realistischen Arguments auf.

    Dein vorletzter Absatz ist sehr spannend – aber auch menschlich. Letztlich kommen wir ja alle nicht aus unserem Denksystem aus und die Volksgruppe in Sibirien (glaube ich), die kein Wort für “nein” hat, hat sicherlich ganz andere Theorievorstellungen, wenn überhaupt (nicht wertend gemeint).

    Der letzte Absatz von Dir bezieht sich auf die Annäherung/Verdrängung durch bessere Theorie – das ist meiner Meinung nach kein Argument gegen den Realismus. Alles Wissen ist historisch, sonst würden wir uns ja schon auf vier Elefanten und eine Riesenschildkröte bewegen …

  53. #53 MartinB
    Juli 11, 2010

    @AndreaND

    “Ist denn schon sicher, dass Atome keine kleine Kugeln sind? ”
    Ja, ist es. Trotzdem ist die Annahme nützlich, wenn man z.B. Molekulardynamik-Berechnungen macht, wo man aus rechenzeitgründen nicht jedes Elektron mitsimulieren kann.

    Man kann so eine Theorie als “effektive Theorie” bezeichnen – das ist ein in der theoretischen Physik häufig verwendet begriff (jedenfalls bei meinem Doktorvater…). Eine effektive Theorie ist eine, deren Entitäten selbst nicht fundamental sind (so wie die Kugeln als Atome), die ich aber näherungsweise aus einer grundlegenderen Theorie ableiten kann. Machen wir eigentlich im Alltag auch immer – z.B. betrachten wir in einer Menschenmenge auch nicht jeden einzelnen individuell.

    “Der letzte Absatz von Dir bezieht sich auf die Annäherung/Verdrängung durch bessere Theorie ”
    Naja, aber hier ging es mir schon um etwas besonderes: Nicht nur die Theorien ändern sich, sondern sogar etwas, was man als absolute Denknotwendigkeit angenommen hat, kann sich ändern. Das finde ich schon ziemlich verblüffend, weitaus verblüffender als Theorie A einfach durch Theorie B zu ersetzen.

  54. #54 Andrea N.D.
    Juli 11, 2010

    @Martin B:
    “Effektive Theorie” gefällt mir gut, vielleicht könnten wir den “effektiven Realismus” daraus begründen? Aber es gibt bestimmt noch einen pragmatischen Realismus und vielleicht drückt der dies bereits aus.

    Okay, den zweiten Aspekt habe ich vernachlässigt; dies wollte ich mit der sibirischen Volksgruppe ausgedrückt haben. Es gibt Änderung der Denknotwendigkeiten nicht nur auf der Zeitschiene sondern auch geographisch. Trotzdem bleibt auch eine absolute Denknotwendigkeit (die Erde ist eine Scheibe) eine vorläufige, annähernde Theorie, von der wir (z.B. die Menschen in Europa) zu einem Zeitpunkt X annehmen, dass sie die Wirklichkeit am realistischen/besten abbildet. Bzw. eigentlich müsste ich sagen, dass es keine absoluten Denknotwendigkeiten gibt – ein sehr großes und umfassendes Problem der Philosophie. Dies bedeutet also 1., dass es keine absolute Denknotwendigkeit geben kann (da auch diese nur eine vorläufige Theorie ist; und ich hoffe, dass mich jetzt kein Philosoph steinigt) und 2. dass jede absolute Denknotwendigkeit als Theorie die Wirklichkeit/Natur nur immer zu einem bestimmten Zeitpunkt X (und Ort) abbilden kann (abhängig von der “denkenden” Gemeinschaft, die die Denknotwendigkeit denkt – ein etwas krummer Satz :-))

    Noch zur Frage der Eigenschaften: Ich finde die Liste Deiner Eigenschaften (soweit ich sie mit meinen beschränkten Physikkenntnissen nachvollziehen konnte) plausibel. Da müssten allerdings Fachleute heran, um sie zu beurteilen. Als Philosophin würde ich lediglich zu bedenken geben, dass eine solche Liste vermutlich niemals vollständig sein kann.

  55. #55 Jörg Friedrich
    Juli 11, 2010

    @Andrea N.D. Wenn Sie über den Zusammenhang von erkenntnistheoretischem Realismusproblem und wissenschaftstheoretischem realismusproblem nachdenken wollen dann lesen Sie bitte zuerst meinen Text Realismus – eine offene Frage. Ich muss Ihnen sagen, dass SIe leider einiges durcheinanderbringen. Erstens ist der wissenschaftliche realismus nicht vom erkenntnistheoretischen realismus zu trennen. Zweitens war Kant, sowohl in dem einen als auch in dem anderen Zusammenhang, alles andere als Realist – die Nicht-Erkennbarkeit des Ding an sich wird Ihnen sicher bekannt sein. Da er erkenntnistheoretisch keine realistische Position vertrat, kann man aus seinem Standpunkt niemals einen wissenschaftstheoretischen realismus stützen. Drittens ist Empirismus und realismus so ziemlich das Gegenteil voneinander: Der Empirismus stellt ja gerade das Primat der Wahrnehmung heraus, er beharrt darauf, dass wir eben nie wirklich über die Wahrnehmung hinaus und zur Realität kommen können.

    “Diese Theorie ist realistisch, weil sie für die praktische Arbeit der Wissenschaften notwendig und hilfreich ist.” Das nennen Sie einen “wissenschaftlichen Standpunkt”. In Wirklichkeit ist das der pragmatistische Standpunkt – gegen den Sie neulich, als ich ihn erläutert habe, so eifrig polemisiert haben.

  56. #56 Jörg Friedrich
    Juli 11, 2010

    Oh, während ich an meinem Kommentar gefeilt habe, sind zwei weitere Kommentare erschienen, da wollte ich eigentlich nicht stören. Wünsche weiterhin viel Spaß beim Erkenntnisgewinn.

    Eine Anmerkung noch zu meinem eigenen Kommentar: Der Standpunkt, den Andrea N.D. dort darstellt, ist natürlich noch nicht mal pragmatistisch. Was bedeutet es denn, dass eine Theorie für die praktische Arbeit “notwendig” ist? Kann man von irgendeiner Theore sagen, sie sei “notwendig”, d.h. genau ohne diese Theorie käme man nicht weiter?

  57. #57 Andrea N.D.
    Juli 11, 2010

    @JF
    Lesen Sie einmal hier ein bisschen. Kant ist mehr als das Ding an sich:

    https://www.textlog.de/32978.html

    Sie dürfen Ihre Definition (deshalb sind diese Dinger ja so wichtig!) von Realismus nicht mit der von Kant verwechseln. Sie dürfen aber Ihre Definition von Realismus auch gerne wieder ändern und sie Kant anpassen. Ich denke, dass ich es mir spare, im Einzelnen auf Ihre falsche Kant-Interpretation einzugehen.

    “Diese Theorie ist realistisch, weil sie für die praktische Arbeit der Wissenschaften notwendig und hilfreich ist.” Das nennen Sie einen “wissenschaftlichen Standpunkt”. In Wirklichkeit ist das der pragmatistische Standpunkt – gegen den Sie neulich, als ich ihn erläutert habe, so eifrig polemisiert haben.”

    Ich denke nicht, dass ich gegen den Pragmatismus im Allgemeinen “polemisiert” habe, sondern gegen Ihre (oftmals normativen) Gedanken dazu. Das würde ich als einen essentiellen Unterschied bezeichnen. Ich kann in Ihrem Blog gar nie gegen irgendeine grundlegende Position “polemisieren”, weil Sie selten eine Position klar darstellen. Ich habe noch nie “gegen” irgendwelche Begriffe mit außerordentlich langer Begriffsgeschichte “polemisiert”. Ich “polemisiere”, wenn überhaupt, gegen Ihre Äußerungen dazu.

    Zu Ihren weiteren Bemerkungen:
    https://webdoc.sub.gwdg.de/diss/2006/tschepke/tschepke.pdf

    Wenn Sie die ca. 600 Seiten durch haben, werden Sie feststellen, dass man eben mal nicht so
    “Realismus – wie ich ihn heute morgen verstehen will”
    schreibt. Zu mindesten nicht mit erkenntnistheoretischem Gewinn.

  58. #58 Jörg Friedrich
    Juli 11, 2010

    Ich kenne Tschepkes Dissertation, und wenn Sie selbst wenigstens bis Kapitel 2 gelesen hätten, würden Sie nicht Empirismus und Realismus verwechseln. Ich kenne auch Kant recht gut und deshalb versichere ich Ihnen nochmal: Im Sinne Ihrer eigenen Definition von Realismus können Sie Kant niemals für einen realistschen Standpunkt in Anspruch nehmen.

    Aber ich danke Ihnen für Ihre Probe Ihrer eigenen philsophischen Argumentierweise. Das ist doch mal hilfreich, wenn man weiß, wie sich Forderungen anderen gegenüber und eigene Vorgehensweise zueinander verhalten. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mich zu weiteren Ausführungen von Ihrer seite nicht äußere, es mag ja sein, dass andere Ihre Argumente plausibel finden, da will ich dann nicht mit meiner kleinkarierten kritk stören.

  59. #59 Ockham
    Juli 12, 2010

    Habe im Moment leider zu wenig Zeit um auf das hier gesagte einzugehen, zumal ich meine Definition von “real” bereits wiederholt gegeben habe und ich denke die meisten, die hier kommentieren in etwa wissen, wie diese Definition aussieht.

    “Ismen” sind ohnehin nie real, man sollte sich daher m.E. besser mit der Frage befassen, was “real” im Kontext der heutigen Wissenschaft bedeutet und warum es sinnvoll sein könnte, den Begriff eindeutig zu definieren. Die Forderung nach einer konsistenten Verwendung von Begriffen kann ich nur unterstützen, denn Konsistenz in Begriff und Beschreibung ist ein wesentliches Merkmal der wissenschaftlichen Methode.

    Wer Humor hat, der schaue mal hier:

    VORSICHT: dem Autor des Beitrages gefällt es, sein Empfinden in satirischer Form zum Ausdruck zu bringen. Ich werde keine Diskussion über die FORM der Präsentation mitmachen.

  60. #60 Andrea N.D.
    Juli 12, 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Im Sinne Ihrer eigenen Definition von Realismus können Sie Kant niemals für einen realistschen Standpunkt in Anspruch nehmen.”

    Ich denke Sie missverstehen hier ganz klar die Vorgehensweise. Sie beanspruchen offensichtlich den einen, wahren Realismus zu finden. Das tue ich nicht. Es gibt Kants empirischen Realismus, es gibt einen erkenntnistheoretischen Realismus und es gibt einen wissenschaftlichen Realismus. Das letzte, was ich tue, ist “Kant für einen realistischen Standpunkt in Anspruch nehmen”, da es schon etwas komplexer ist, was Kant genau darunter gemeint hat. Ihre einfache Schwarz-Weiß-Welt ist nicht die meine.

    Wollen Sie das ständig missverstehen oder können Sie dies aufgrund Ihrer verqueren Nicht-Methodik nicht verstehen? Wenn ich versuche, einen Begriffskomplex wie Realismus zu definieren, muss ich doch zuerst einmal gucken, was nicht unter meine Vorstellung fällt. Und während ich dies tat, habe ich den empirischen Realismus von Kant ausgeschlossen und beschlossen, dass wir hier wohl zuallererst vom wissenschaftlichen Realismus sprechen.

    Von Ihrem Missverstehen dann zu diesem Ergebnis zu kommen:
    “Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mich zu weiteren Ausführungen von Ihrer seite nicht äußere, es mag ja sein, dass andere Ihre Argumente plausibel finden, da will ich dann nicht mit meiner kleinkarierten kritk stören.”

    das meinte wohl Jörg mit “ich meine in Aufgeblasenheit und Hinterfotzigkeit der falsch-freundlichen Seitenhiebe kann er noch viel von Ihnen lernen.”

    Hätten Sie sich das nicht einmal sparen können? Zumal ich mich sowieso an der “Was denk ich heute, was denk ich vielleicht Morgen über Realismus-Diskussion” ohne Martin B.s Frage nicht mehr beteiligt hätte.

  61. #61 georg
    Juli 12, 2010

    @Jörg Friedrich · 11.07.10 · 13:01 Uhr

    @MartinB: Es gibt ja noch mehr möglichkeiten, eine These zu rechtfertigen, als den logischen abchließenden Beweis. Z.B. kann man prüfen, ob eine Behauptung über Realität in den Wissenschaften mit der sonstigen verwendung des Begriffs zusammenpasst, oder man kann die Konsensfähigkeit einer Aussage prüfen (was wir ja hier gerade tun). Mein Interesse gilt deshalb der Frage, welche “Konfiguration” Ihres Kriterienkatalogs da die besten Chancen hat. Aber das muss nicht unbedingt heute oder morgen geklärt werden, ich kann mir Ihren Beitrag auch gut als vorläufigen Schlusspunkt der Diskussion vorstellen.

    Ihre Instrumentalismusargumentation basiert zu einem guten Teil darauf, dass uns nicht klar ist, welche Kriterien Sie jeweils mit dem Begriff “realistisch” verbinden.

    Daran schließt sich dann die Frage an, ob und welche Apriorie-Annahmen Sie dabei über die Realität treffen.

    Als nächstes würde sich evtl. auch die Frage stellen ob Ihre Argumentation z. B. bzgl. der realistischen Deutbarkeit der QM, überhaupt dem entspricht, was man üblicherweise unter Instrumentalismus versteht.

    Der Kriterienkatalog von MartinB wäre ein guter Ausgangspunkt, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Und was sagen Sie dazu? Sie können Sich das als vorläufigen Schlusspunkt vorstellen …

    Ist es Ihnen vielleicht lieber, dass es im Ungefähren bleibt, was Sie unter “realistisch” jeweils gerade verstehen, zwecks der Flexibilität in der Diskussion?

    mfg georg

  62. #62 Jörg Friedrich
    Juli 12, 2010

    @Andrea N.D.:
    Wenn man vom erkenntnistheoretischen Realismus spricht, dann spricht man über eine Fragestellung, eine Debatte, ein Problem. Diese Debatte dreht sich um die Frage, wie wir rechtfertigen können zu behaupten, dass es in unserem Denken und Erkennen um die gegenstände der Realität geht, dass wir (oder besser gesagt: in welchem Sinne wir) sagen können, dass wir diese Dinge in unserem Denken haben. Der wissenschaftliche Relaismus ist ein teil dieser Debatte, dieses Problems.

    Kants empirischer Realismus ist hingegen ein Standpunkt innerhalb dieser Debatte, ein Standpunkt, der lange vor der Zeit formuliert wurde, zu der die Debatte ihren Namen bekam. Der empirische Realismus Kants ist kein Realismus neben dem wissenschaftlichen Realismus und dem erkenntnistheoretischen Realismus sondern ein Versuch, einen Standpunkt innerhalb der erkenntnistheoretischen Debatte zu formulieren – und dieser Standpunkt ist eher ein nicht-realistischer, weil er deutlich macht, dass eben nicht die Dinge der Welt Gegenstand unseres Denkens sind, sondern unsere praktischen Erfahrungen. Das Empirische ist das Reale. In dieser Tradition befindet sich (angewandt auf die Naturwissenschaft) gerade Heisenberg wenn er sagt, dass nicht die Natur selbst Gegenstand des wissenschaftlichen Denkens ist sondern die der menschlichen Fragestellung ausgesetzte Natur.

  63. #63 Andrea N.D.
    Juli 12, 2010

    @JF:
    Dem zweiten Absatz kann ich insofern zustimmen, als dass Kants empirischer Realismus sicherlich in die erkenntnistheoretische Debatte eingebettet ist.

    Nur in Kürze, weil ich mich gerne mit etwas anderem beschäftigen möchte als “Ihrem” Realismusproblem:
    Die Aussagen in Ihrem ersten Absatz halte ich nach wie vor für falsch. Ihre eigenen Artikel als Stütze für Argumente zu zitieren (wie weiter oben geschehen), ist da nicht wirklich hilfreich. “Etwas real in unserem Denken haben” ist nicht dasselbe wie zu prüfen, ob eine wissenschaftliche Theorie der Wirklichkeit entsprechen kann. Ich möchte vermuten (anhand Ihrer Artikelserien darüber), dass Sie hier ein grundlegendes Problem im Verständnis von Theorie und deren Anwendungen etc. haben. Sie haben von Anfang an einen anderen Theoriebegriff vorgelegt, als ihn die Wissenschaften haben. Das können Sie gerne tun, Sie müssen sich dann aber nicht wundern, wenn Ihnen keiner folgt. Aus diesem, der gängigen Meinung sehr differenten, Theorieverständnis entstehen dann solche Blüten wie “Deshalb ist Theologie auch als Wissenschaft anzuerkennen”. Wenn man eine religiöse Vorgabe als Theorie anerkennt (mit zumindest einigen den von Martin B. genannten Punkten), dann spricht man einfach von etwas ganz anderem als der große Rest der wissenschaftlichen Welt. In der Folge arbeitet man sich an Problemen wie dem “einzigen und wahren” Realismus ab. Mit den dauernden Meinungswechseln Ihrerseits ist das Folgen sehr mühselig. Ich würde mir einen Artikel wünschen, in dem Sie endlich diese Dinge einmal alle klarstellen; ich weiß beispielsweise immer noch nicht, ob Sie jetzt nach wie vor den Instrumentalismus im wissenschaftlichen Arbeiten behaupten.

  64. #64 Ockham
    Juli 12, 2010

    @ Andrea N.D.

    Wenn man eine religiöse Vorgabe als Theorie anerkennt (mit zumindest einigen den von Martin B. genannten Punkten),…

    Der Begriff Theorie ist von Wissenschaft vollkommen unabhängig. Eine Theorie ist eine Betrachtung, mithin eine Form von Meinung. Wahrsager haben Theorien, Kleinkinder auch.

    …dann spricht man einfach von etwas ganz anderem als der große Rest der wissenschaftlichen Welt.

    Nicht der Gegenstand macht die Wissenschaft sondern die Methode. Selbstverständlich kann man religiöse Fragen und Theorien mit der wissenschaftlichen Methode bearbeiten.

    Und schließlich: Wissenschaft IST eine, wenn auch gottlose, Religion – das hatten wir doch schon mal, oder? Die Frage nach einem Begriff von Realismus, der für die ganze Physik gelten kann, sollte spätestens an diesem Punkt jeden einigermaßen sonderbar anmuten, wenn nicht gleich absurd erscheinen.

    Die Frage nach Realität kann nur in der Realität beantwortet werden, nicht in den Gedankengebäuden der Wissenschaftler. Die Realität des fragenden Subjekts, des Menschens, ist begrenzt. Eine Begriff dessen was real ist, der diese offensichtliche Tatsache ignoriert oder versucht sie mittels Theorien ins Reich des Idealen zu entführen, ist im besten Falle nutzlos. Leider ist der beste Fall nicht eingetreten…

  65. #65 Webbaer
    Juli 12, 2010

    Wissenschaft IST eine, wenn auch gottlose, Religion – das hatten wir doch schon mal, oder?

    Die Wissenschaft unterscheidet sich von der Religion durch deren Falsifizierbarkeit, “gute” Religionen sind nicht falsifizierbar.

    Selbstverständlich aber ist die Wissenschaft auf mathematischen Modellen beruhend und tautologisch, sie passt sich aber an, wenn Messungen unpassend sind, hier gibts dann doch einen kleinen Unterschied zur Religion.

    Letztlich gibt es eine “Erkennungsspielstärke”, der eine wird damit und der andere damit glücklicher. Was weggeholzt wurde, war falsch.

    MFG
    Wb

  66. #66 Ockham
    Juli 12, 2010

    @ WB
    Jede Religion hat ihren gesonderen Schwerpunkt. Die Christen punkten mit Vergebung, die Buddhisten mit Respekt vor dem Leben, die Hindus mit der Vielfalt der Götter, die Shintoisten mit dem Versprechen man werde posthum göttlich, der Islam mit der absoluten Herrschaft des Mannes über alles ausser Gott und die Wissenschaft mit dem Versprechen stets mehr zu wissen als alle anderen (man erinnere sich: Wissen ist Macht). Die Anpassung des Wissens an den jeweiligen Stand der Forschung ist kein Argument gegen den religiösen Charakter der Wissenschaft – es ist ihr besonderer Vorzug anderen Religionen gegenüber.

  67. #67 georg
    Juli 13, 2010

    @MartinB· 09.07.10 · 19:44 Uhr
    Deine Auflistung ist ein wirklich guter Ansatz, mit dem es gelingen könnte den Kern der Meinungsverschiedenheiten offen zu legen, der letztlich darin besteht, welche Annahmen mit dem Begriff “realistisch” und damit ja auch mit der Realität selber verknüpft werden.

    Auch wenn JF offenbar nicht geneigt ist, sich in diesem Fred darauf einzulassen.
    (JF · 11.07.10 · 13:01 Uhr @MartinB: ich kann mir Ihren Beitrag auch gut als vorläufigen Schlusspunkt der Diskussion vorstellen.)

    Zwei Anmerkungen hätte ich aber noch

    1. Konsistenz
    Mit deiner Verwendung des Begriffs “Konsistenz” bin ich aber nicht ganz glücklich. (Das wurde auch schon angesprochen.) Üblicherweise versteht man darunter (logische) Widerspruchsfreiheit.
    Da kann man dann noch unterscheiden
    Interne Konsistenz – Verträglichkeit der Aussagen innerhalb der jeweiligen Theorie selbst
    Externe Konsistenz – Verträglichkeit der Theorie mit anderen bestätigten Theorien

    2. Quantisierbarkeit
    Der Begriff “quantisierbar” könnte den Eindruck erwecken, dass nur das sich “realistisch” nennen darf, was mathematisch beschreibbar ist. Für die Physik trifft das sicher zu.
    Für die Qualität einer Theorie (“Erklärungsmacht”) ist diese Kriterium sicher von Bedeutung. Als allgemeines Ausschlusskriterium finde ich das aber zu streng.
    Erinnere dich z. B.an die “Milbentheorie”. Da war ja noch nicht mal klar, wieviel Beine die hat (sagte JF).

    Wie gesagt sehe ich darin einen erfolgversprechender Ansatz herauszufinden wie tragfähig das Fundament von JFs Wissenschaftstheorie ist. Vorausgesetzt, JF lässt sich darauf ein, dessen Tragfähigkeit zu hinterfragen.

  68. #68 Ockham
    Juli 13, 2010

    @ georg
    “Konsistenz” eines Begriffes bedeutet, daß der Begriff stets das Selbe bezeichnet. In der Mathematik und damit in der mathematischen Physik sind wichtige Objekte (Punkt, Linie etc.) nicht definiert. Daher ist eine konsistente Verwendung dieser Begriffe/Objekte per Definition ausgeschlossen. Will man, völlig zu Recht, Konsistenz als Bedingung für “realistische Theorien” vorausetzen, dann ist Realismus in der mathematischen Physik solange unmöglich, wie die “Primitives” nicht definiert sind.

  69. #69 georg
    Juli 13, 2010

    @Ockham
    Es ist natürlich auch wichtig, dass man einen Begriff innerhalb einer Argumentation nicht mit wechselnden Bedeutungen verwendet wird ( “semantische Stabilität”). Dafür ist es nicht in jedem Fall unbedingt erforderlich dass der entsprechende Begriff umfassend definiert ist.

    Ich sprach aber nicht von der “Konsistenz” eines Begriffs, sondern von der allgemeinen Verwendung des Begriffs “Konsistenz”, unter dem üblicherweise Widerspruchsfreiheit verstanden wird.

  70. #70 MartinB
    Juli 13, 2010

    @georg
    Ja, die “Konsistenz” ist als Begriff schwierig – ich hatte ja oben im Kommentar an perk schon geschrieben, dass ich mehr meine als logische Konsistenz und dass man evtl. einen besseren Begriff braucht. Ich hänge deshalb ein wenig an dem Begriff, weil ich ihn in den bisherigen Diskussionen hier immer genau in dieser Weise verwendet habe (konsistente Beschreibung unterschiedlicher Phänomene etc.). Wenn jemand einen besseren Vorschlag hat (vielleicht trifft “Eindeutigkeit der Beschreibung” die Sache?), dann immer her damit.
    Logische Konsistenz gehört nicht wirklich auf die Liste – eine nicht logisch konsistente Theorie können wir ja nicht mal schlüssig denken.

    Was die Quantisierbarkeit angeht, bin ich im Zweifel – ich habe mich hier absichtlich extra auf die Physik beschränkt, damit die Liste einigermaßen handhabbar wird, aber auch da ist natürlich die Quantisierbarkeit, wie wir anderswo festgestellt haben, nicht etwas a priori angenommenes, sondern auch etwas Beobachtetes. Insofern ist das ein Punkt, der sicher diskussionswürdig ist, der aber für heutige physikalische Theorien sicher als Voraussetzung angenommen werden muss.

  71. #71 georg
    Juli 13, 2010

    @MartinB
    Das Problem, das ich sehe, ist weniger dass der Begriff “Konsistenz” schwierig ist, sondern, dass er zu Missverständnissen führt, weil er üblicherweise im formalen, logischen Sinne verstanden wird.
    Es muss ja auch nicht für alles den einen passenden Begriff geben. Adäquate Formulierungen werden sich schon finden lassen.

  72. #72 Ockham
    Juli 13, 2010

    @ georg

    Es ist natürlich auch wichtig, dass man einen Begriff innerhalb einer Argumentation nicht mit wechselnden Bedeutungen verwendet wird ( “semantische Stabilität”). Dafür ist es nicht in jedem Fall unbedingt erforderlich dass der entsprechende Begriff umfassend definiert ist.

    Solange ein entsprechendes Glossar mitgeliefert wird…

    Da kann man dann noch unterscheiden
    Interne Konsistenz – Verträglichkeit der Aussagen innerhalb der jeweiligen Theorie selbst
    Externe Konsistenz – Verträglichkeit der Theorie mit anderen bestätigten Theorien

    …ist das für die “interne Konsistenz” richtig, aber extern funktioniert es nicht. Daher würde ich in jedem Falle fordern, daß verwendete Begriffe IN JEDER HINSICHT konsistent verwendet werden. Voraussetzung dafür ist natürlich die Verwendung von EINDEUTIGEN Begriffen.

  73. #73 georg
    Juli 13, 2010

    @Ockham 13.07.10 · 08:49 Uhr

    @ georg
    In der Mathematik und damit in der mathematischen Physik sind wichtige Objekte (Punkt, Linie etc.) nicht definiert. Daher ist eine konsistente Verwendung dieser Begriffe/Objekte per Definition ausgeschlossen.

    Wenn schon die Begriffe der Mathematik nicht definiert sind, dann ist letztlich eh nichts definiert und alle Diskussion darüber sinnlos.

  74. #74 Andrea N.D.
    Juli 13, 2010

    @Ockham:
    “Der Begriff Theorie ist von Wissenschaft vollkommen unabhängig. Eine Theorie ist eine Betrachtung, mithin eine Form von Meinung. Wahrsager haben Theorien, Kleinkinder auch.”

    Ich präzisiere: Ich sprach von wissenschaftlichen Theorien. Ich dachte, das wäre selbsterklärend. Ich denke nicht, dass Kinder und Wahrsager derartige Theorien “haben”. Und schließlich reden wir ja hier nicht von Astrologie oder Kindergartenpädagogik.

  75. #75 Webbaer
    Juli 14, 2010

    @Ocki
    “Gute” Wissenschaft ist ja heute auch nicht mehr mess- und falsifizierbar, dennoch findet der Webbaer den Religionsvergleich nicht gut. Die moderne Wissenschaftlichkeit beruft sich zurecht auf die europ. Aufklärung und somit in gewissem Sinn postreligiös.

    Wir wollen ja nicht alles mit allem vergleichen oder gleichsetzen.

    Wb

  76. #76 georg
    Juli 14, 2010

    @MartinB

    Logische Konsistenz gehört nicht wirklich auf die Liste – eine nicht logisch konsistente Theorie können wir ja nicht mal schlüssig denken.

    Die Frage der logischen Konsistenz ist in der Realismus/Instrumentalismus-Debatte nicht ganz unwesentlich und speziell dieser Fred macht ja (logische) Konsistenz ausdrücklich zum Thema.

    Der Instrumentalismus hat nämlich weniger ein Problem mit Theorien, die sich gegenseitig widersprechen (externe Konsistenz), solange sie nur geeignet sind Beobachtungen vorherzusagen (empirische Adäquatheit).

    Nach JFs Verständnis ist ja sogar die Quantenphysik selbst in sich (logisch) widersprüchlich. Aus dem Haupttext:

    Die begriffliche Konsistenz der Beschreibung

    In diesem Satz äußert Zeh schon implizit seine zentrale Forderung an eine realistische Theorie: Konsistenz der Beschreibung. Das heißt für Zeh offenbar: die Theorie darf, um realistisch genannt zu werden, nicht auf verschiedenen, nicht logisch miteinander vereinbaren Formalismen (wie Partikel und Welle, oder Schrödinger-Dynamik und Kollaps) beruhen, die je nach Kontext oder Fragestellung oder Messsituation angewandt werden.

    Und Jörg Friedrich · 08.07.10 · 17:50 Uhr

    @schnablo: Ein Welle-Teilchen-Dualismus ist logisch inkonsistent wel sich Welle und Teilchen gegenseitig ausschließen. Sie können die Sätze: “Ein elektron ist eine Welle” und “Ein Elektron ist ein Teilchen” nicht so miteinander verknüpfen (über die Definitionen von Welle und Teilchen) dass sie beide wahr sind. Vielmehr müssen Sie außerhalb des Formalismus eine Entscheidung treffen, dass Sie in bestimmten Situationen den einen Satz als Wahr und damit den anderen als Falsch ansehen.

    JF vertritt scheinbar die Meinung dass die Physiker mit logisch inkonsistenten Theorien arbeiten. Das passt nahtlos zu der Aussage, dass Physiker Märchen erzählen.

    Wie siehst du das?
    Ist der Welle-Teilchen-Dualismus der Quantenphysik inkonsistent, d. h. logisch widersprüchlich? (Das ist eine rhetorische Frage)

  77. #77 Webbaer
    Juli 14, 2010

    JF vertritt scheinbar die Meinung dass die Physiker mit logisch inkonsistenten Theorien arbeiten. Das passt nahtlos zu der Aussage, dass Physiker Märchen erzählen.
    Wie siehst du das?

    JF – und nicht nur der – vertritt die Auffassung, dass Physiker mit Modellen arbeiten, die nicht zusammenpassen, also zusammen inkonsistent sind.

    Unbedingt mal am Text- und Sachverständnis arbeiten, von “Märchen” war bspw. nie die Rede.

    Mal die Schulmilch beiseite stellen und nicht immer anderen böse Dummheiten unterstellen (“mit logisch inkonsistenten Theorien arbeiten”); das fällt alles auf Sie zurück. Sie werden sich noch schämen, wenn Sie später zurückblicken.

    MFG
    Wb

  78. #78 Webbaer
    Juli 14, 2010

    Nachtrag:
    “Anscheinend” war gemeint, gell. Aber das macht den Braten auch nicht mehr fett…
    🙁

  79. #79 georg
    Juli 14, 2010

    @Webbaer
    Diejenigen, die angesprochen sind wissen schon wovon ich rede. Guckst du
    da

    Die Geschichten von den Teilchen, die da erzeugt oder umgewandelt werden, sind Märchen und daran ändert auch nichts, dass sie von denen, die sie erzählen, vielleicht selbst geglaubt werden.

  80. #80 Webbaer
    Juli 14, 2010

    Das hat aber nix mit dem zu tun, was Sie weiter oben geschrieben haben.
    “Märchen” (“Mar”, “sich ausmären” – “mittelhochdeutsch Maere = Kunde, Bericht, Nachricht”) sind hier (Sie verweisen entsprechend) natürlich genannt worden, um das Wesen von Theorien zu beschreiben, die nur noch sehr begrenzt als realistisch bezeichnet werden können.

    Natürlich sind Theorien Märchen oder Sichten, wenn man so will.

    Was verstehen Sie denn nicht, warum versuchen Sie denn jetzt wieder JF einen reinzuwürgen. Und das mit unzulänglichen Mitteln. Sie setzen hier Post nach Post ab und das tausendfach und dann kommt immer noch so etwas?

    MFG
    Wb

  81. #81 Webbaer
    Juli 14, 2010

    Ich akzeptiere erstmal, dass Sie damit an den Grenzen Ihrer Möglichkeiten angelangt sind und bedanke mich für die anregenden Diskussionen.

    Das passt zu Ihnen, kleiner georg, der Webbaer rät:
    Auf jeden Fall die Finger von den Naturwissenschaften lassen und nicht in die Produktion gehen, Geisteswissenschaftliches dagegen wäre dringend angeraten. Journalismus ginge auch.

  82. #82 georg
    Juli 14, 2010

    Ist schon wirklich gemein JF wortwörlich zu zitieren. Gelll?

    Ich erwarte dass JF zu seinen Aussagen stehen kann und steht, und bei Missverständnisen oder Nachfragen diese begründet oder etwas ausführlicher erläutert was er nun darrunter verstanden haben will.

    Nur warte ich darauf häufig vergeblich. Und zitiere daher gelegentlich auch mal ältere Aussagen, um damit vielleicht die eine oder andere Erläuterung oder Klarstellung zu provozieren.

    Im Übrigen brauchst du dir um JF keine Sorgen mochen. Der kann ganz gut für sich selber sprechen.

  83. #83 georg
    Juli 14, 2010

    Geisteswissenschaftliches dagegen wäre dringend angeraten

    Das Thema, um das sich diese Serie von Freds dreht heisst: “Realismus versus Instrumentalismus”. Das ist ein genuin philosophisches und damit geisteswissenschaftliches Thema. Da sind wir uns doch ausnahmsweise mal einig.

  84. #84 MartinB
    Juli 14, 2010

    @georg
    “speziell dieser Fred macht ja (logische) Konsistenz ausdrücklich zum Thema. ”
    Ich glaube, hier ist wirklich eine ziemliche Begriiffsverwirrung.
    Logisch inkonsistent im strengen Sinne wäre meiner Ansicht nach eine Theorie, die einander widersprechende überprüfbare Vorhersagen macht. So eine Theorie ist sicher undenkbar.

    Inkonsistent im hier gemeinten Sinne ist eine Theorie, die sagt: Entität X hat Eigenschaft A, wenn Versuchsanordnugn 1 benutzt wird und Eigenschaft nicht-A bei versuchsanordnung 2.

    Als ich oben schrieb, logische Inkonsistenz sei hier nicht das Thema, meinte ich die erste der beiden Definitionen. Und dann haben wir noch die von dir angeführte Unterscheidung intern-extern, insgesamt also mindestens drei Spielarten des Begriffs.

    Das hat doch bestimmt schon mal jemand sauber in unterschiedliche Begriffe aufgedröselt, oder? Weiß da jemand (Augenzwinkern Richtung Andrea…) was?

  85. #85 Webbaer
    Juli 14, 2010

    @georg

    Ist schon wirklich gemein JF wortwörlich zu zitieren. Gelll?

    Sie haben dieses Friedrichsche Zitat – “Die Geschichten von den Teilchen, die da erzeugt oder umgewandelt werden, sind Märchen und daran ändert auch nichts, dass sie von denen, die sie erzählen, vielleicht selbst geglaubt werden.” – auf unsachliche Art und Weise mit der Widersprüchlichkeit physikalischer Theorien in Verbindung gebracht und geschrieben, dass Herr Friedrich sagt, “dass die Physiker mit logisch inkonsistenten Theorien arbeiten” und “dass Physiker Märchen erzählen”.

    Solche grundsätzlich wissenschaftskritischen und irren Aussagen gab es von Herrn Friedrich aber nie zu lesen.

    Überhaupt ist dem Webbaeren völlig unklar, welches Problem Sie hier haben. Es scheint idT Ihr Text- und Sachverständnis zu sein, dass Sie zu einer permanenten Leser- und Kommentatorenschaft anregt. Aber Sie sind auf dem falschen Dampfer.

    Tun Sie uns allen den Gefallen und kommentieren nicht fortwährend, wenn Sie (fälschlicherweise) der Meinung sind, dass der Inhalteanbieter irrt und/oder dumm ist.
    Mal woanders lesen, greifen Sie bspw. zur ZEIT oder zum FREITAG oder zur SZ. Zum Feuilletonteil.

    Permanente Gegenrede leistet man nicht, selbst dann, wenn man recht haben sollte. Das hier ist eben nicht Ihr Schaffensgebiet, holzen Sie ruhig ein wenig, aberr lassen Sie es irgendwann auch gut sein.

    Das gebietet u.a. auch die Webkompetenz.

    MFG
    Wb

  86. #86 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    Moderationshinweis: Ich muss hier wieder einmal an die Regeln für Kommentatoren erinnern, dieses Mal insbesondere den Webbären: Formulierungen wie “Schulmilch wegstellen”, “kleiner georg” (bezieht sich natürlich nur auf den kleinen ersten Buchstaben, ich weiß) und “Ratschläge” für die weitere Berufsplanung sind einer konstruktiver Diskussion nicht förderlich.

    Im Übrigen habe ich mit Interesse die Diskussion der letzten 2 Tage verfolgt, allerdings mit wenig Neigung, mich zu beteiligen. Ich finde es ausgesprochen Interessant, einmal Proben der Argumentationsweise und Begriffsverwendung der großen drei Kritiker meiner bisherigen Artikel zu sehen. Zum Glück ist es nun wenigstens MartinB aufgefallen, dass hier eifrig Begriffsbedeutungen hin-und hergeschoben werden, damit die bisherige eigene Auffassung hinsichtlich des Realismus physikalischer Theorien nur nicht ins Wanken gerät.

    Die Forderung nach “begrifflicher Konsistenz der Beschreibung” hat ja bei Zeh für die Quantenmechanik eine klare und einfache Bedeutung und wer meine bisherigen Texte nicht nur mit der Zielsetzung gelesen hat, mir durch Spitzfindigkeiten Dummheit, Naivitiät oder Boshaftigkeit unterstellen zu können, sollte inzwischen wissen, wo das Problem liegt:

    Die Quantenmechanik in der Kopenhagener Verision hat zwei verschiedene Beschreibungs-Formalismen:

    1.die lineare, deterministische Schrödingergleichung für die Situation, in der das System nicht beobachtet wird, in der keine Messung durchgeführt wird.

    2. den stochastischen, hochgradig nicht-linearen “Kollaps” für den Messprozess.

    Die beiden könnte man nun natürlich konsistent zusammenbringen wenn man logisch eindeutig sagen könnte, was eine Messung ist und wann sie genau stattfindet. Das aber ist seit rund 75 Jahren ungeklärt.

    Deshalb versucht jede Alternative zu Kopenhagen, den Kollaps aus der Theorie rauszuschmeißen und die Schrödinger-Dynamik auf den Messprozess auszudehnen. Das spannende ist, dass dabei Theorien entstehen, die zwar konsistent sind, die wir aber irgendwie auch nicht als realistisch ansehen mögen (Bohm, Everett) auch wenn sie nach den Zeh’schen Kriterien realistisch sind. Many Worlds und “leere Zweige der Wellenfunktion” kann man nach Zeh natürlich realistisch finden. Aber das Unbehagen, was einen dabei erfasst, zeigt mir, dass Zehs Realismus-Konzept eben noch nicht ausreicht.

  87. #87 Webbaer
    Juli 14, 2010

    @JF
    Wie grundsätzlich ist denn Deine Wissenschaftskritik?
    Hier scheint es einen gewissen Erläuterungsbedarf zu geben, auch weil sich drastische Wissenschaftskritiker im Kommentarbereich bemühen…
    Ruhig auch mal einfache Worte finden, man muss ja nicht immer in die Kopenhagener Deutung, in Standardmodelleund die QM bemühen.

    MFG
    Wb

  88. #88 miesepeter3
    Juli 14, 2010

    In der darstellenden Kunst (Malerei) gab und gibt es eine Stilrichtung, die sich “Realismus” nennt. Vereinfacht gesagt, will dieser Realismus nur das darstellen, was da ist, ohne IIdealisierung oder Interpretation durch den Künstler, sozusagen die Vorwegnahme der Fotografie. Wer aber weiß, wie sehr die Kamera lügen kann, wird an diesem Realismus doch schon etwas zweifeln.
    Diesen Gedanken übertragen auf die Physik, stelle ich mir ähnlich vor: Berücksichtigung nur des Vorhandenen, ohne persönliche Meinung des Physikers. Ein lobenswerter Vorsatz. Aber ich bezweifle, dass eine völlige Ausschaltung der Meinung des Physikers möglich ist. Es bleibt immer eine Restsubjektivität zurück, auch wenn diese sehr gering sein kann. Und es zeigt sich bei nicht nur wissenschaftlichen Diskussionen, dass die Realität, was immer das ist, durchaus unterschiedlich erlebt und interpretiert werden kann. Die diskussion “Realität oder Nichtrealität” auch im Bereich Physik bleibt deshalb für mich immer ein bißchen der Streit um des Kaisers Bart. Die Frage ist nur, wire lang der Bart im Einzelfalle ist.

  89. #89 Andrea N.D.
    Juli 14, 2010

    @Jörg Friedrich:
    ” Zum Glück ist es nun wenigstens MartinB aufgefallen, dass hier eifrig Begriffsbedeutungen hin-und hergeschoben werden, damit die bisherige eigene Auffassung hinsichtlich des Realismus physikalischer Theorien nur nicht ins Wanken gerät.”

    Wie Sie zu dieser Aussage kommen, ist mir ein absolutes Rätsel. MartinB. bewegte sich meines Erachtens im Rahmen der potentiellen internen Inkonsistenz. Was die klare Struktur und Linie, die Georg immer wieder in dieses Durcheinander hier hineinbringt mit Hin- und Herschieben von Begriffsbedeutungen zu tun hat, erschließt sich mir auch nicht. Das ist doch eigentlich Ihre genuine Methode. Ich persönlich habe, ehrlich gesagt, überhaupt keine “bisherige eigene Auffassung hinsichtlich des Realismus physikalischer Theorien”, die “ins Wanken geraten könnte”. Ich habe nur etwas gegen Ihre Darstellungsweise wissenschaftlicher Sachverhalte und der dazu verwendeten Methode, vor allem wenn Morgen dies und Übermorgen das “im Brustton der Überzeugung” behauptet wird.

    Auf Ihre erneute Anspielung hin (“Ich finde es ausgesprochen Interessant, einmal Proben der Argumentationsweise und Begriffsverwendung der großen drei Kritiker meiner bisherigen Artikel zu sehen” etc.), die sicherlich nicht wohlwollend, sondern abschätzig gemeint ist (s. Kommentar weiter oben von Ihnen), habe ich zwei schöne Stellen aus Sekundärliteratur zu Kants “empirsichen Realismus” gefunden. Da dieses Thema jedoch sicherlich zu weit führt und so speziell ist, dass vermutlich nicht einmal Sie Interesse haben, dies durchzuackern, gebe ich jetzt keine Literaturhinweise. Wenn Sie nachlesen möchten, um Ihr Kantverständnis zu verbessern, können Sie mich gerne unter meiner Email-Adresse anschreiben. Darüberhinaus frage ich mich natürlich schon, warum Sie “den drei Kritikern” gegenüber immer wieder abschätzige Bemerkungen oder komplettes Ignorieren nötig haben. Allerdings spare ich mir Vermutungen darüber.

    @MartinB.
    Nein, ich werde keine Begriffsexplikationen mehr vornehmen. Ich habe jetzt über Monate und diverse Artikel JF versucht klar zu machen, dass er nie zu konsistenten Aussagen/Überlegungen/Gedanken kommen wird, wenn er die “Grundlagenarbeit” der (Geistes)Wissenschaften nicht beachtet. Heraus kommen immer katastrophalere Artikel. Wenn er die Bedeutung dieser Anregung bis jetzt noch nicht erkannt hat, wird das auch nichts mehr. Er ist weder lern- noch kritikfähig und ich habe keine Lust mehr, mir hier Beulen zu holen. Er schreibt über kleine Begebenheiten, wie in einem Käseblatt – na und? Und die, die sich den Bären (kein beabsichtigter Zusammenhang zu Haustieren) aufbinden lassen oder darauf anspringen sind ja auch immer dieselben, insofern wird schon niemand an den falschen Aussagen Schaden nehmen – auch nicht auf SB.

  90. #90 MartinB
    Juli 14, 2010

    @AndreaND
    Verstehe ich schon. Es hätte ja sein können, dass Du für uns “große Kritiker” einen kurzen Hinweis hast, wer sich schon mal philosophisch mit diesen Konsistenzbegriffen auseinandergesetzt hat. Dann könnten wir in Zukunft diese Begriffe verwenden.

    @JF
    “Zum Glück ist es nun wenigstens MartinB aufgefallen, dass hier eifrig Begriffsbedeutungen hin-und hergeschoben werden”
    Darauf, dass hier (nämlich in diesem Blog) seit Monaten Begriffsbedeutungen hin- und hergeschoben werden, weist normalerweise georg mit unendlicher Geduld hin.

    Ich habe eher darauf hingewiesen, dass die an der Diskussion beteiligten alle unterschiedliche Vorstellungen von “Realismus” (meine Kriterienliste) und “Konsistenz” haben bzw. dass man “Konsistenz” in unterschiedlicher Weise benutzen kann. Hin- und hergeschoben wurde hier in den Kommentaren meiner Wahrnehmung nach nichts, es haben halt nur unterschiedliche Leute unterschiedliche Begriffsverständnisse, das habe ich mit georg versucht, ein wenig aufzuklären.

    “Aber das Unbehagen, was einen dabei erfasst…”
    Seltsamerweise erfasst aber viele der an der Diskussion beteiligten dabei gar kein Unbehagen, das ist ein Problem einzelner. Analysieren lässt sich dieses problem vermutlich an Hand meiner (oder einer verbesserten) Kriterienliste – so wie Sie neulich ja neulich Probleme damit hatten, eine fundamental nicht-deterministische Theorie als “realistisch” anzusehen (ich weiß nicht, ob das Ihrem gegenwärtigen Standpunkt entspricht, dazu wechselt der zu schnell).
    Aus irgendeinem Grund scheint Sie diese konkrete Analyse ja nicht zu interessieren und Sie sehen meine Liste nicht als Start- sondern als Schlusspunkt einer Diskussion.

  91. #91 georg
    Juli 14, 2010

    @Jörg Friedrich

    Das spannende ist, dass dabei Theorien entstehen, die zwar konsistent sind, die wir aber irgendwie auch nicht als realistisch ansehen mögen (Bohm, Everett) auch wenn sie nach den Zeh’schen Kriterien realistisch sind. Many Worlds und “leere Zweige der Wellenfunktion” kann man nach Zeh natürlich realistisch finden. Aber das Unbehagen, was einen dabei erfasst, zeigt mir, dass Zehs Realismus-Konzept eben noch nicht ausreicht.

    Welchen weiteren Kriterien sollte eine Theorie denn Ihrer Meinung nach genügen, um keinen unbehaglichen Eindruck zu erwecken?
    Finden die sich in MartinBs Liste?

    Bie diesen Beispielen wäre es vielleicht auch besser, nicht von Theorien, sondern von Interpretationen zu sprechen.

    mfg georg

  92. #92 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    @MartinB: Sie haben in Ihrer Liste Kriterien aufgeführt und dargestellt, dass diese in unterschiedlichem Maße konsensfähig sind. Ich hatte ausdrücklich gesagt, dass ich das sehr hilfreich finde und sowohl der Liste als auch der Tatsache, dass die Kriterien sehr unterschiedlich priorisiert werden und dass es eben keine Übereinstimmung darüber gibt, welche als wesentlich angesehen werden müssen, ausdrücklich zugestimmt. Meines Erachtens ist es nun notwendig, zu klären, welche Begründungen man denn für diese Kriterien hat, wie die Kriterien überhaupt mit einem Verständnis von “Realismus” zu verbinden sind. Das haben Sie dann aber abgelehnt – ok – und haben sich statt dessen damit beschäftigt, gemeinsam mit georg und Andrea N.D. den klaren Zeh’schen Begriff von Konsistenz aufzulösen. Das Ziel hatten Sie ja bereits formuliert: Sie wollten, genau im Gegensatz zur Aussage Zehs, den Konsistenz-Begriff für die Quantenmechanik retten, weil eine nicht-konsistente Theorie für Sie nicht denkbar ist. Darin will ich Sie nicht stören, aber warum sollte ich mich daran beteiligen? Ist es nicht genug, dass ich Ihnen, georg und Andrea N.D. hier die Plattform bereitstelle. Und dass ich stillschweigend akzeptiere, dass das Thema, was Kim Bostroem und ich hier eigentlich diskutieren wollten, von Ihnen dreien zerredet wurde?

  93. #93 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    @georg: Können Sie vielleicht mal sagen, was für Sie der Unterschied zwischen einer Theorie und einer Interpretation ist? Ich schreibe zwar gerade an einem text darüber, aber so viel sei schon mal verraten:

    Allen … (ersetzen Sie selbst nach Belieben, wenn Sie meinen Kommentar gelesen haben, die drei Punkte durch “Theorien” oder “Interpretationen”) der Quantenmechanik gemeinsam ist die Schrödinger-Dynamik.

    Kopenhagen fügt, um zu den empirischen Ergebnissen zu kommen, den Kollaps der Wellenfunktion hinzu. Fragt man sie nach einer Interpretation, antworten die Kopenhagener: “Shut up and calculate” (der Satz wird oft Feynman zugeschrieben, stammt aber wahrscheinlich von David Mermin, der nachweislich schrieb: “If I were forced to sum up in one sentence what the Copenhagen interpretation says to me, it would be ‘Shut up and calculate!'”

    Bohm fügt die Bewegungsgleichungen für tatsächliche Teilchen hinzu und betrachtet die Schrödingersche Wellenfunktion als real existierende Führungswelle (eigentlich schon deBroglie)

    Everett verzichtet einfach auf den Kollaps und sagt, dass bei jedem Messvorgang neue Welten entstehen, die Schrödinger-Dynamik also auch beim Messvorgang gilt, wobei eben auch der Messapparat und der Beobachter in Superposition geraten.

    Das alles ist natürlich arg verkürzt und holzschnittartig, aber wie gesagt, jeder fügt der Schrödinger-Dynamik was hinzu, um zu den Messungen zu kommen.

    Ist nur die Schrödinger-Dynamik die Theorie? Warum sind das andere “nur Interpretationen”? Oder sind es nicht drei Theorien mit unterschiedlichen Grundannahmen?

  94. #94 MartinB
    Juli 14, 2010

    @JF
    “Das haben Sie dann aber abgelehnt”
    Abgelehnt hatte ich eigentlich nur den Ansatz, die Verwendung des Begriffs in anderen Zusammenhängen zum Ausgangspunkt dieser Analyse zu nehmen – mir ist nicht klar, warum die Alltagsverwendung hier besonders aufschlussreich sein soll. (Obwohl mir gerade einfällt, dass das vielleicht mit dem, was Sie mal eine “hinweisende Definition” nannten, zusammenhängt, aber das wäre mir hier noch zu schwammig.)
    Anderen Untersuchungen und Überlegungen zum Realitätsbegriff gegenüber bin ich sicher aufgeschlossen.

    “Das Ziel hatten Sie ja bereits formuliert: Sie wollten, genau im Gegensatz zur Aussage Zehs, den Konsistenz-Begriff für die Quantenmechanik retten, weil eine nicht-konsistente Theorie für Sie nicht denkbar ist.”
    Naja, hängt jetzt davon ab, welchen der drei identifizierten Konsistenzbegriffe man meint. So wie ich Zeh verstehe, ist es der zweite Begriff, den er meint: Die Eigenschaften einer Entität dürfen nicht von der Art des beschriebenen Phänomens abhängen. Welle-teilchen-Dualismus ist in dem Sinne nicht konsistent, weil ich eben sagen muss: Bei Absorption teilche, bei Ausbreitung Welle.
    Nimmt man die Wellenfunktion als Entität, hat man das problem zunächst nicht.
    Natürlich kommt dann der Kollaps der WF hinzu – aber falls wir davon ausgehen, dass man eines Tages genau wird spezifizieren können, unter welchen Bedingungen eine WF kollabiert, ist die Beschreibung dann auch wieder konsistent in diesem Sinne. (Und bis dahin ist sie konsistent, aber unvollständig, die Theorie hat noch eine Lücke.)

    Was ich nciht verstehe ist der Halbsatz “genau im Gegensatz zur Aussage Zehs,”
    Sie hatten doch oben geschrieben
    “Zeh hält es unter der Bedingung, dass „man bereit ist, den Realitätsbegriff unabhängig
    von traditionellen Vorurteilen zu verstehen” für „möglich und konsistent” dass „die Wellenfunktion die Realität beschreibt”.”
    Also kann doch laut Zeh die QM konsistent sein. Oder verstehe ich irgendwas falsch?
    Und interessant ist doch jetzt genau die Frage, welche traditionellen Vorurteile hier im einzelnen gemeint sind.

    “…von Ihnen dreien zerredet wurde?”
    Was soll denn das jetzt?
    Auf der einen Seite loben Sie meine Beiträge (zumindest teilweise), auf der anderen Seite beschuldigen Sie mich und andere des Zerredens?
    Im Übrigen ist es in Blog-Kommentaren auch nicht unüblich, dass mehrere Diskussionsstränge parallel laufen und dass man Kommentare, die einen nicht interessieren, ignoriert (mache ich inzwischen grundsätzlich bei einigen Kommentatoren). Niemand hindert Sie, nach herzenslust mit Kim zu diskutieren, und wenn Sie eine entsprechende Anmerkung machen, dass Kommentare zu dieser Diskussion von anderer Seite nicht gewollt sind, dann dränge ich mich sicher nicht auf.
    Kim Boström hatte sich allerdings aus dieser Diskussion anscheinend verabschiedet, bevor georg oder ich auch nur aufgetaucht waren.

  95. #95 georg
    Juli 14, 2010

    @Jörg Friedrich
    Eine physikalische Theorie ist empirisch testbar. Was darüber hinaus geht, ist Interpretation, so wie das auch in dem englischen Zitat verwendet wird.

    Dass MartinB es abgelehnt hätte, seinen Kriterienkatalog zu diskutieren ist mir aber entgangen und MartinB selbst wahrscheinlich auch.

    Und wenn Sie schreiben, dass wir “den Konsistenz-Begriff für die Quantenmechanik retten [wollen], weil eine nicht-konsistente Theorie für [uns) nicht denkbar ist”, dann ist mir erstens nicht klar was Sie damit aussagen möchten, und zweitens zeigt das doch deutlich auf, wie angebracht und notwendig eine Begriffsklärung zum Thema “Konsistenz” ist.

    mfg georg

  96. #96 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    @MartinB: Ich bezog mich mit “Das haben Sie aber abgelehnt” auf Ihre Kommentare vom 11.07. 9:15 und 14:45 Uhr.

    Für den Rest verweise ich Sie auf meine Antwort an georg von heute 12:21. Wie stellen Sie sich das vor, dass man “eines Tages” herausfindet, wann die Wellenfunktion kollabiert? Immerhin ist ja empirisch nicht unterscheidbar, ob es irgendwann vor oder während einer Zeigerbewegung des Messinstruments oder vielleicht erst im Kopf des Beobachters passiert.

    @georg: Die “Interpretationen” brauchen Sie immer um überhaupt von der Schrödinger-Gleichung zu den Messergebnissen zu kommen, zwischen Schrödinger-Gleichung und Messergebnis liegt immer entweder der Kollaps oder die Erzeugung einer neuen Welt oder die Bewegung der Teilchen auf einen neuen Zweig der Wellenfunktion.

    Übrigens habe ich nicht gesagt, dass MartinB die Diskussion seines Kriterienkatalogs ablehnt, was er ablehnt ist, die Kriterien zu begründen oder zu sagen, warum und wie sie mit einem Konzept von Realität zusammenhängen. Er will das per Definition festlegen.

  97. #97 georg
    Juli 14, 2010

    @Jörg Friedrich
    Was MartinB vorgeschlagen hat, war doch dass jeder erstmal die Kriterien benennt von denen er meint, das eine realistisch (deutbare) (physikalische) Theorie sie aufweisen müsse bzw. welche Kriterien dabei eine Rolle spielen können.

    Die Begründung, warum es dieses Kriterium sein müsse und ein anderes nicht, wäre dann der zweite Schritt.

    Und dabei stellt sich dann die Frage “warum und wie sie mit einem Konzept von Realität zusammenhängen”.

  98. #98 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    @georg: Zwei Sätze von MartinB: “Insofern glaube ich, dass wir diese Annahmen nicht wirklich rechtfertigen können, sie können aber umgekehrt als Definitionsversuch für “Realität” dienen.”und auf meine Anmerkung:
    “Z.B. kann man prüfen, ob eine Behauptung über Realität in den Wissenschaften mit der sonstigen verwendung des Begriffs zusammenpasst” schreibt MartinB:
    “Das ist sicher in der Philosophie ein üblicher Ansatz, aber wir Physiker sind ja dafür bekannt, dass wir Alltagsbegriffe nehmen und ohne Rücksicht auf Verluste so umdefinieren, wie es uns passt, oder?”

    Was das 😉 dahinter bedeutet, weiß ich nicht, will ich auch nicht wissen. Ich habe daraus geschlussfolgert, dass MartinB seine Liste nicht weiter begründen und ihre Verbindung mit einem Vorverständnis des Begriffes “Realität” ihn nicht interessiert. Deshalb halte ich mich aus der weiteren Diskussion heraus- sie ist nicht mehr meine Diskussion. Aus seinen Bemerkung über “Quantisierbarkeit” schlussfolgere ich übrigens, dass es ihm gar nicht um das Attribut “realistisch” sondern um das Attribut “physikalisch” geht – wahrscheinlich möchte er doch gern “realistisch” und “physikalisch” gleichsetzen – ein Wunsch, der Ihnen nicht fremd sein dürfte. Aber das ist meine Spekulation.

  99. #99 Webbaer
    Juli 14, 2010

    @JF
    Bitte einmal antworten, also die Fragen der Grundsätzlichkeit der Wissenschaftskritik betreffend.
    Es darf dann auch gerne in den Sandkasten mit den drei Kritikern zurückgekehrt werden.

    MFG
    Wb

  100. #100 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    @Webbär: Ich habe keine grundsätzliche Wissenschaftskritik. Aber die Frage hat mich zu einem Artikel angeregt, den ich gerade schreibe. Bitte um Entschuldigung, dass ich das nicht gleich mitgeteilt habe.

    Es gibt zum einen einfach Aspekte in der Wissenschaft, die sind einfach anders als es sich viele vorstellen. Z.B. das Realismus-Problem hat überhaupt nichts mit Kritik an der Wissenschaft zu tun. Da entsteht die Kritik ganz klar im Kopf des Lesers.

    Zum anderen gibt es Probleme im Wissenschaftsbetrieb, die es in der Tat zu kritisieren gilt. Manchmal hängen die mit Problemen der ersten Art zusammen, was sich z.B.im Dogmen-Vorwurf von Zeh zeigt.

    Zum dritten gibt es ethische Probleme, das ist ein Sektor, den ich hier bei Scienceblogs nur selten und nur ungern streife, weil die Diskussionen dazu wirklich schrecklich sind.

    Aber ich bin ein Freund der Wissenschaft, ich vertiefe mich gern z.B. in die Herausforderungen der Quantenmechanik. Leider habe ich es hier oft mit Kritiker(inne)n zu tun, die meinen, die Quantenmechanik gegen mich verteidigen zu müssen ohne sich (wie mir scheint) den Anstrengungen dieses Vertiefens auch nur andeutungsweise aussetzen zu wollen.

  101. #101 MartinB
    Juli 14, 2010

    @georg
    Danke, das war genau, was ich meinte.

    @JF
    Der Satz mit dem augenzwinkernden Smiley sollte sagen, dass ein Definitionsversuch, der sich am Alltagsverständnis orientiert, mir eher fremd ist.

    Vermutlich habe ich mich aansonsten ungeschickt ausgedrückt. “Sie können umgekehrt als definitionsversuch dienen” sollte genau das heißen, was georg sagt: Wir alle haben ein Realitätsverständnis, dass wir an einigen Kriterien festmachen. Jeder könnte also sagen (definieren): “Ich verstehe unter realistisch, dass die kriterien 1,3 und 7 erfüllt sind.” Dass ich selbst nicht alle der Kriterien auf der Liste für notwendig halte, sollte doch eigentlich schon deutlich machen, dass ich die Liste nicht mit dem begriff “realistisch” gleichsetze.

    Wenn wir uns dann geeinigt haben, ob die in Frage stehende Theorie tatsächlich 1,3, und 7 erfüllt, dann können wir weiterdiskutieren, warum wir diese Kriterien für notwendig halten oder eben nicht. Letztendlich bezweifle ich allerdings, dass das eine entscheidbare Frage ist.
    Der Sinn des ganzen ist, die Diskussion sinnvoller zu gestalten, indem wir die Frage, welche Kriterien eine Theorie erfüllt oder nicht, von der Frage trennen, ob und warum diese kriterien nun für eine realistische Theorie notwendig sind.

    “wahrscheinlich möchte er doch gern “realistisch” und “physikalisch” gleichsetzen”
    Nein. Deshalb habe ich ja auch gleich in Klammern dahintergeschrieben
    “(Ich beziehe mich hier explizit nur auf physikalische Theorien.)”
    Ich hatte die Befürchtung, dass wir uns vollkommen verzetteln, wenn wir womöglich auch noch die Frage diskutieren, ob beispielsweise ein “rationaler Agent” in einer wirtschaftswissenschaftlichen Theorie realistisch ist. Ich wollte mich auf Physik beschränken, weil wir doch hier QM diskutieren und verfolge keine weiteren finsteren Absichten. (Die Frage, ob letztendlich alles Physik ist, ist eine ganz andere.)

    Im übrigen verweise ich auf die Hinweise für Kommentatoren:
    “Geben Sie, wenn möglich, keine Urteile über … latente Ziele des Autors ab.”

  102. #102 Webbaer
    Juli 14, 2010

    Jörg, das meiste was ich hier lese, und gerne lese, ist aus meiner Sicht mehr oder weniger “Standard”. Ich freue mich über Vertiefungen und leide ein wenig unter Repetitionen und Rotationen.

    Wir sind uns doch einig, dass die mod. Wissenschaftlichkeit rundum zu begrüssen ist und dass Kritik – wie auch Herr Fischer gerne schreibt – dort ansetzt, wo es Sinn macht, äh, also überall, aber weniger im Grundsätzlichen, gell.

    Ethik und SB passen nicht, LOL, aber OK, gute Arbeit, weiterhin viel Erfolg!
    Wb

  103. #103 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    Tut mir leid ich muss doch noch mal “in den Sandkasten zurück”: Kann mir eigentlich irgendjemand mal einen Link gegen, wo und wann Andrea N.D. schon mal “eine Begriffsexplikation” gegeben hat. Nur weil sie sagt dass sie das nicht mehr tun wird (und weil MartinB “das versteht”). Ich kann mich nur erinnern, dass sie ständig von mir “Begriffs-Definitionen” fordert (ohne allerdings zu sagen, was sie damit eigentlich meint, was eigentlich eine Definition ist (eine spannende Frage, mit der ich mich hier im Blog schon mehrfach beschäftigt habe).

    Und, MartinB, warum haben Sie eigentlich Andrea N.D. nicht widersprochen, als sie sich für eine Unterscheidung von wissenschaftlichen Theorien und sonstigen Theorien stark gemacht hat? Hatten Sie nicht sonst immer darauf verwiesen, dass es da keinen grundsätzlichen sondern nur einen graduellen Unterschied gibt? Haben Sie eigentlich schon irgendwo geschrieben (wie Sie es von mir so gern verlangen) dass Sie Ihren Standpunkt da verändert haben? Oder was ist da Ihr “aktueller Standpunkt”?

    Sie sehen, ich habe heute meinen sarkastischen Tag. Die zwei Tage, in denen ich Ihre Debatte verfolge, haben dazu geführt.

    Noch eine inhaltliche Anmerkung: Eine Theorie muss sicherlich Ihr Kriterium der Quantisierbarkeit erfüllen um nach heutigen Maßstäben “physikalisch” zu sein, aber nicht, um “realistisch” zu sein. Die Tatsache, dass sie das Kriterium mit aufgenommen haben, lies mich vermuten, dass Sie physikalisch und realistisch gern gleichsetzen würden oder wenigstens den Satz: “Alle physikalischen Theorien sind realistisch, weil sie quantisierbare Angaben enthalten”, stützen wollen.Ansonsten bleibt von Ihrem Quantisierbarkeitskriterium nur “Physikalische Theorien sind physikalisch, weil sie quantisierbar sind” oder eine ähnlich selbstverständliche Aussage.

  104. #104 MartinB
    Juli 14, 2010

    “Und, MartinB, warum haben Sie eigentlich Andrea N.D. nicht widersprochen, als sie sich für eine Unterscheidung von wissenschaftlichen Theorien und sonstigen Theorien stark gemacht hat?”
    Damit sich die diskussion nicht verzettelt. Ich habe meinen Standpunkt nicht geändert, wollte aber in *dieser* Diskussion nicht *darüber* diskutieren – ist ja vielleicht auch besser, sonst beschwert sich noch einer, dass ich hier alles zerrede (soviel zum Thema Sarkasmus). *Hier* wollte ich explizit nur über physikalische Theorien, insbesondere QM, reden, weil ich der Ansicht war, dass die Kriterienliste uns diskussionstechnisch voranbringt.

    Obwohl es letztendlich vielleicht tatsächlich so ist, dass unser naives, in der Kindheit entwickeltes Theorieverständnis mitentscheidet, welche kriterien wir für “Realismus” voraussetzen – oder vielmehr unsere Fähigkeit und Bereitschaft, von diesem Verständnis abzuweichen (das hat ja auch Zeh im oben angeführten Zitat gesagt).

    Was die Explikation von Andrea angeht, schrieb sie sehr nett
    “Wenn mir Zeit bleibt, werde ich im entsprechenden Lexikon die geschätzten mindestens 50 Seiten zur historischen Entwicklung des Realismusbegriff kopieren”
    Ich verstehe schon (auch wenn ich es schade finde), dass sie sich nicht in der Lage sieht, dies blogtauglich zusammenzufassen, mehr habe ich nicht gemeint.

    “Die Tatsache, dass sie das Kriterium mit aufgenommen haben, lies mich vermuten, dass Sie physikalisch und realistisch gern gleichsetzen würden”
    Nein. Aber das habe ich in meinem Kommentar 13.07.10 · 10:24 Uhr eigentlich schon diskutiert. Falls es da noch Klärungsbedarf gibt, können wir das gern weiter besprechen.

  105. #105 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    @MartinB: In Ihrem Kommentar 13.07.10 · 10:24 Uhr (auf den ich mich auch bezog, den ich eben nur nicht wiedergefunden hatte) schreiben Sie zur Quantisierbarkeit: “Insofern ist das ein Punkt, der sicher diskussionswürdig ist, der aber für heutige physikalische Theorien sicher als Voraussetzung angenommen werden muss.” Darf ich fragen: Voraussetzung wofür? Wollen Sie sagen, dass im Falle physikalischer Theorien Quantisierbarkeit als Voraussetzung dafür zu gelten hat, dass die Theorie als realistisch gelten kann? Wenn ja, Warum? Oder ist nicht vielmehr Quantisierbarkeit einfach eine Voraussetzung dafür, dass die Theorie überhaupt physikalisch ist?

    Ich möchte gern an Ihrer Aussage

    Obwohl es letztendlich vielleicht tatsächlich so ist, dass unser naives, in der Kindheit entwickeltes Theorieverständnis mitentscheidet, welche kriterien wir für “Realismus” voraussetzen – oder vielmehr unsere Fähigkeit und Bereitschaft, von diesem Verständnis abzuweichen (das hat ja auch Zeh im oben angeführten Zitat gesagt).

    anknüpfen. Dem ersten Teil stimme ich zu. Vor der Fähigkeit und Bereitschaft von etwas abzuweichen muss aber erst einmal die Begründung dieser Abweichung stehen. Da sehe ich eben auch das Problem der Zeh’schen Argumentation.

    Weder das, was Einstein, Podolsky und Rosen als “Kriterium der Realität” vorgeschlagen haben, noch Zehs Kriterien knüpfen unmittelbar an ein Vorverständnis von “Realität” an. Diese Anbindung wäre erst einmal zu leisten.

    Für Zeh spricht allerdings, dass er bei seinem Durchgang durch die Geschichte darauf verweist, dass wir in der Physik so etwas wie seine Realitäts-Kriterien spätestens seit den klassischen Feldtheorien bereits akzeptieren – und dass seine Kriterien erst durch die Quantenmechanik in der Kopenhagener Version verletzt werden. Deshalb ist es natürlich schon verdienstvoll, eine Variante von Quantenmechanik zu entwickeln, die das, was zu Beginn des 20.Jhdt. als realistisch akzeptiert war, erst mal wieder erfüllt.

    Im Moment haben wir aber mit diesen Theorien dann neue Probleme, auch wenn offenbar niemand außer mir in dieser Diskussion mit “vielen Welten” und den “leeren Zweigen des Wellenfunktion” Probleme bezüglich des Realismus hat.

  106. #106 Andrea N.D.
    Juli 14, 2010

    @JF:
    Es besteht hier das klassische Problem der Fremd-/Eigenwahrnehmung. Die haben auch viel mit Realismus zu tun:
    “Es gibt zum einen einfach Aspekte in der Wissenschaft, die sind einfach anders als es sich viele vorstellen. Z.B. das Realismus-Problem hat überhaupt nichts mit Kritik an der Wissenschaft zu tun. Da entsteht die Kritik ganz klar im Kopf des Lesers.”

    “In der Wissenschaft” … wenn ich jetzt gleich etwas dazu schreibe, haben Sie DAS natürlich NICHT damit gemeint. Ich schreibe es trotzdem: Wenn Sie schreiben, dass Physiker Märchen erzählen und diese selbst auch noch glauben, hat das überhaupt nichts mit Kritik an der Wissenschaft resp. den Wissenschaftlern zu tun. Ja, WAS kritisieren Sie dann eigentlich nicht? Gehören die Wissenschaftler NICHT zu “in der Wissenschaft…”. Deshalb fordere ich eine etwas genauere Ausdrucksweise Ihrerseits, die gewaltig zu wünschen übrig lässt.

    Die Diskussion über Begriffsexplikationen und -geschichten (die Sie freundlicherweise auf Definitionen im Allgemeinen verkürzt haben, ein Faktum, das ich mir nur dadurch erklären kann, dass Sie nach wie vor noch nie Ihre Nase in eines der zahlreichen Begriffslexika gesteckt haben) fand ja nicht ausschließlich hier, sondern findet seit Monaten statt. Ich glaube kaum, dass jemand Lust hat, hier alles noch einmal aufzurollen, was SIE bisher eisern ignoriert haben. Unglücklicherweise holt Sie Ihre schwammige Ausdrucksweise und Wankelmütigkeit bezüglich dem Thema Begriffe jetzt selbst ein.

    Ich habe keine Mail von Ihnen erhalten. “Sie sehen, ich habe heute meinen sarkastischen Tag. Die zwei Tage, in denen ich Ihre Debatte verfolge, haben dazu geführt.” Aha. Sie verwickeln sich ständig in Widersprüche (und nein, ich werde diese geschätzten mindestens 100 widersprüchlichen Aussagen in allen Threads jetzt nicht listen; georg macht das häufiger, dies ignorieren Sie ja bekanntlich), werden dafür kritisiert und nehmen sich deshalb das Recht heraus, die Kommentatoren, die Ihnen diese Schwächen aufzeigen, kollektiv als Gruppe ungerechtfertigt anzugreifen oder gegeneinander auszuspielen? Haben wir jetzt hier “Sippenhaft”? Sehr überzeugend.

    Inhaltlich wurde doch bereits alles gesagt. Ist Ihnen eigentlich je der Gedanke gekommen, dass Sie auch von Kommentatoren lernen können, vor allem, wenn diese gleich mehrere sind? Vielleicht stimmt ja doch etwas nicht mit Ihrem Weltbild/Ihrer Argumentation/Ihrer Eigenwahrnehmung? Vielleicht ist diese ganz ganz weit von der Realität entfernt? Kann man diese Ihre Position eigentlich für den Instrumentalismus vereinnahmen? Realistisch kann sie ja kaum sein.

  107. #107 MartinB
    Juli 14, 2010

    @JF
    “Oder ist nicht vielmehr Quantisierbarkeit einfach eine Voraussetzung dafür, dass die Theorie überhaupt physikalisch ist?”
    Gute Frage. Z.B. gab es ja mal ein paper von Feynman zur Suprafluidität, dass (soweit ich mich erinnere) überhaupt nur eine einzige Formel enthielt und ansonsten nur qualitative Überlegungen. Das ist sicherlich Physik, und war auch eine Theorie bzw. ein Ansatz dafür, aber ohne quantitative Beschreibung würden wohl kein Physiker die Theorie als die Natur hinreichend beschreibend akzeptieren.
    Vielleicht haben Sie recht, die Quantisierbarkeit ist auch eigentlich im Nachhinein in die Liste gekommen – nachdem ich die Abzählbarkeit diskreter Entitäten geschrieben hatte, dachte ich, dies sei nur ein Spezialfall der Quantisierbarkeit. Vielleicht gehört sie nicht in die Liste sondern in eine andere Liste mit dem Titen “Forderungen an eine physikalische Theorie”.

    “Weder das, was Einstein, Podolsky und Rosen als “Kriterium der Realität” vorgeschlagen haben, noch Zehs Kriterien knüpfen unmittelbar an ein Vorverständnis von “Realität” an.”
    Ja und nein. Sie haben natürlich insofern recht, als dass dieser Realitätsbegriff nicht direkt an unsere Alltagserfahrung anknüpft. Wenn wir aber überlegen, wie wir zu unserem alltäglichen Realitätsbegriff gekommen sind, dann scheint es mir schon so, dass wir (unbewusst) aus unseren Beobachtungen auf dahinter stehende Entitäten schließen und unser Alltags-Weltbild solange verändern, bis wir ein Modell im Kopf haben, von dem wir annehmen können, dass die Welt “da draußen” sich so verhält wie unser Modell. Das Gleiche versuchen wir auch (mit teilweise anderen Mitteln) in der Physik.

    Ich hoffe, das war einigermaßen verständlich, die Hitze schlägt etwas auf die Formulierfreudigkeit…

  108. #108 Andrea N.D.
    Juli 14, 2010

    “Obwohl es letztendlich vielleicht tatsächlich so ist, dass unser naives, in der Kindheit entwickeltes Theorieverständnis mitentscheidet, welche kriterien wir für “Realismus” voraussetzen – oder vielmehr unsere Fähigkeit und Bereitschaft, von diesem Verständnis abzuweichen (das hat ja auch Zeh im oben angeführten Zitat gesagt).”

    DAS würde allerdings einiges erklären bzw. Gesagtes bestätigen. Um so wichtiger wäre es, dies bereits in der Diskussionsgrundlage zu klären.
    Ach, was rede ich. Sinnlos.

  109. #109 Jörg Friedrich
    Juli 14, 2010

    Wenn wir aber überlegen, wie wir zu unserem alltäglichen Realitätsbegriff gekommen sind, dann scheint es mir schon so, dass wir (unbewusst) aus unseren Beobachtungen auf dahinter stehende Entitäten schließen und unser Alltags-Weltbild solange verändern, bis wir ein Modell im Kopf haben, von dem wir annehmen können, dass die Welt “da draußen” sich so verhält wie unser Modell. Das Gleiche versuchen wir auch (mit teilweise anderen Mitteln) in der Physik.

    So ist es, das ist ein Realität-Begriff, der an das Alltagsverständnis anknüpft, und den übrigens auch miesepeter3 heute um 11:10 Uhr ins Spiel brachte. Aber wie hängt der mit Zehs Forderung nach begrifflicher Konsistenz und Beobachterunabhängigkeit (diese bitte im Zeh’schen Sinne verstanden) zusammen, wie hängt er mit EPR’s “Element of reality” zusammen (If, without in any way disturbing a system, we can predict with certainty (i.e., with probability equal to unity) the value of a physical quantity, then there exists an element of physical reality corresponding to this physical quantity). Und wie hängt er mit Ihrer Liste zusammen? Das ist doch die spannende Frage, vor der wir hier stehen!

  110. #110 roel
    Juli 14, 2010

    @Jörg Friedrich Bisher habe ich diese Diskussion nur lesend verfolgt. Was auffällt ist das einige Begriffe, wenn sie das erste Mal auftreten, definiert werden sollten. Was ist Realität, was ist Realismus, was ist Theorie, was ist Interpretation, was ist Konsistenz und was ist Element…?

    Welche Widersprüche zwischen Zeh, EPR und Altagsrealität sehen Sie? Im Moment ist das für mich miteinander vereinbahr.

  111. #111 MartinB
    Juli 14, 2010

    @JF
    Ja, aber um die spannende Frage zu beantworten, ist meiner Ansicht nach eben der erste Schritt, uns klar zu werden, welche Forderungen wir (jeder vielleicht anders) an eine “realistische” Theorie stellen.
    Die Untersuchung der unterschiedlichen Ansätze (und die jeweils gegebenen Begründungen) könnten zeigen, ob es vielleicht bei allen unterschiedlichen Standpunkten jeweils ähnliche Mechanismen gibt, auf denen wir zu diesen Standpunkten gelangen.

    Die Forderungen von Zeh sind doch
    1. “dass die Auswahl des Formalismus zur Beschreibung der Dynamik eines Systems nicht von irgendeinem Kontext abhängt. ” (Konsistenz)
    und
    2. “Wenn es möglich ist, für ein System ein Messergebnis mit Sicherheit vorherzusagen ohne dieses zu stören, dann muss die Theorie eine Eigenschaft für das System enthalten, die dem Messergebnis entspricht.”
    richtig?
    Ich denke, diese Elemente finden sich ähnlich auch in unserer naiven Theoriebildung. In unserem Alltagsweltbild gehen wir auch davon aus, dass Dinge eine Eigenschaft entweder haben oder nicht, unabhängig vond er Fragestellung – Eigenschaften, bei denen das nicht zutrifft, sehen wir mit Skepsis. (Deshalb besteht Konsens, dass Erdbeeren süß sind, aber nicht, dass sie lecker sind.) Und wir suchen in unseren Modellen nach Dingen, die unverändert sind – wir wissen z.B. das ein Kreis unter unterschiedlichen Winkeln nicht mehr kreisförmig aussieht, aber wir wissen auch, dass dies keine Eigenschaft des kreises selbst ist.
    Und Beobachtungen, die immer gleich sind, sehen wir als Eigenschaften der Dinge in der Realität an.

    Aber im Alltag stellen wir ja noch mehr Forderungen – Gegenstände haben eine Masse, sind lokalisiert, Dinge sind kausal etc. Interessant ist doch jetzt eben genau die Frage, warum wir bereit sind, einige dieser Forderungen fallen zu lassen, andere aber nicht, und warum unterschiedliche Personen hier unterschiedliche Forderungen stellen.

  112. #112 Ockham
    Juli 14, 2010

    @ JF

    So ist es, das ist ein Realität-Begriff, der an das Alltagsverständnis anknüpft

    Davon bin ich nicht überzeugt. Ich denke der Alltagsbegriff gibt sich größtenteils mit der Oberfläche zufrieden. Wie wärs mit: “…der möglicherweise an das Alltagsverständnis…”?

    then there exists an element of physical reality corresponding to this physical quantity

    Der Satz verwendet 3 Begriffe: “existence”, “reality” und “physical” einigermaßen synonym und sagt somit exakt nichts aus.

    QT hat mit Realität nichts zu tun. Die ganze Debatte dreht sich um ein Phantasiethema. Theorien haben keine Realität, sie sind eine Form von Idealismus. Die Experimente scheinen einen Widerspruch zu zeigen, aber WO genau existiert der? Doch wohl in den Theorien, nicht in der Natur – sonst würden wir den sogenannten Teilchen-Welle-Dualismus nicht beobachten. Der Natur sind unsere hübschen, kleinen Theorien schnuppe. Statt auf die Unvereinbarkeit von Theorie und Beobachtung einzugehen, also die alten Theorien in den Mülleimer zu werfen und mit einem unbeschriebenen Blatt von vorne anzufangen, wird mit inhaltsloser Mathematik versucht die alten Anschauungen über die Runden zu bringen. Und als ob das noch nicht genug wäre, soll dann auch noch “Realismus” dabei herauskommen.

  113. #113 Niels
    Juli 14, 2010

    Nachdem zahlreiche Teilnehmer die Liste von MartinB gelobt haben, wäre es doch ganz schön, wenn diese Teilnehmer einmal die ihrer Meinung nach wichtigen Eigenschaften aus dieser Liste aufzählen und wenn nötig ergänzen.
    Ich finde die Diskussion durchaus interessant, aber ich vermisse eine kurze Zusammenfassung der jeweiligen Standpunkte. (Auf die gegenseitigen Sticheleien könnte ich aber verzichten!)

    Könnte beispielsweise der Blogbesitzer Jörg Friedrich seine Vorstellungen einmal kurz zusammenfassen?
    Ich denke, das würde die Diskussion wieder befruchten und die gegenseitigen Vorwürfe wegen mangelnder Konsistenz und Klarheit der Aussagen beenden.

    Meine Überlegungen zur Liste für eine “realistisch interpretierbare” Theorie im Rahmen der Physik:
    1. Konsistenz
    Das bedeutet für mich nur, dass zwei Aussagen der Theorie sich nicht gegenseitig widersprechen dürfen. Von mir gefordert.
    2. Quantisierbarkeit
    Das würde ich lieber zu Falsifizierbarkeit ändern. Gefordert.
    Bei MartinBs 2a. Abzählbarkeit diskreter Entitäten, sehe ich Probleme mit den virtuellen Teilchen, oder ist das falsch?
    3. Stabilität der Entitäten
    Ebenfalls Probleme mit der Vakuumfluktuation, oder?
    4. Erhaltungsgrößen
    Würde ich durch die Forderung nach der Gültigkeit des CPT-Theorem ersetzen.
    Jeder Vorgang, der durch Vertauschen von Materie mit Antimaterie und zusätzlich spiegelbildlich und zeitumgekehrt aufgebaut wird, steht ebenfalls im Einklang mit den Gesetzen der Physik und ist damit möglich.
    Gefordert.
    5. + 6. Lokalität + Determinismus
    Ich könnte darauf verzichten. .-)
    7. Kausalität
    Würde ich fordern.
    Die Quantenmechanik ist im folgenden Sinne kausal: Nur wenn alle physikalisch möglichen Zustände ‘B’ in Abhängigkeit von Zustand ‘A’ abgeleitet werden können, kann man von Kausalität sprechen. Ergibt sich ‘B’ jedoch auch aus ‘C’, ist ‘A’ nicht die Ursache von ‘B’.
    8. Lokalisierbarkeit
    verzichtbar

    Ich fordere zusätzlich noch:
    9. Einfachheit
    Wenn ich eine empirische Beobachtung entweder sehr kompliziert durch so etwas wie Epizykel beschreiben kann oder aber weniger kompliziert, dann muss man die einfachere Beschreibung wählen.
    (Vielleicht zusammenfassbar als: möglichst wenig Axiome?)

  114. #114 Niels
    Juli 14, 2010

    Nachtrag zu
    2. Falsifizierbarkeit:
    Alle Dinge, die nicht falsifiziert werden können, nenne ich “Interpretationen” der Theorie.

  115. #115 MartinB
    Juli 14, 2010

    @Niels
    Falsifizierbarkeit eröffnet wieder einen ganzen Haufen probleme und hat im übrigen in meinen Augen auch nicht direkt etwas mit realistisch interpretierbar zu tun, sondern ist eine Forderung an jede physikalische Theorie.

    Die Abzählbarkeit virtueller Teilchen ist nicht gegeben, aber virtuelle teilchen sind ja auch nicht wirklich Teilchen sondern Anregungen des jeweiligen Quantenfelds – in einer Feldtheorie sind Entitäten eh nicht abzählbar.

    CPT-Theorem halte ich für völlig fehl am Platz – CPT ist eine Beobachtung, keine Forderung. Dass CPT gilt, ist eine spezifische Eigenschaft der QFT, keine allgemeine Forderung an physikalische Theorien. In der Qm selbst z.B. gibt es gar keine Antiteilchen. Bis in die 50er hinein hielt man auch P unt PT für unabdingbar, waren sie aber nicht.

    Kausalitätsdefinition
    “Ergibt sich ‘B’ jedoch auch aus ‘C’, ist ‘A’ nicht die Ursache von ‘B’.”
    Das ist ja dann nur monokausal. Das geht ja nicht mal im Alltag. Wenn ich gegen die Flasche auf de Tisch stoße, dann fällt sie um, aber das ergibt sich nicht nur aus meinem Gegenstoßen sondern auch aus der Tatsache dass die Schwerkraft wirkt und dass jemand die Flasche erstmal hingestellt hat etc. etc. Nach *der* Definition fällt mir kaum ein physikalischer Prozess ein, der kausal ist.

    Einfachheit
    Halte ich wieder für eine Forderung an physikalische Theorien generell, aber nicht bezüglich der Frage realistisch interpretierbar.

  116. #116 Niels
    Juli 14, 2010

    @MartinB
    Stimmt, Falsifizierbarkeit ist eine Grundforderung für physikalische Theorien.
    Dann kann man es aus der Liste streichen.
    Warum aber muss man “2. Quantisierbarkeit” denn extra fordern? Ergibt sich das nicht aus der Falsifizierbarkeit?

    “in einer Feldtheorie sind Entitäten eh nicht abzählbar.”
    Genau darauf wollte ich hinaus?
    Halten Sie 2a. Abzählbarkeit diskreter Entitäten also für unnötig oder sind Feldtheorien für sie nicht “realistisch interpretierbar”?
    (Oder habe ich eine dritte Möglichkeit übersehen?)

    Zu CPT:
    Bei Ihrem “4. Erhaltungsgrößen. Jeder von der Theorie beschriebene Prozess muss bestimmte Größen enthalten, die sich bei diesem prozess nicht ändern.” habe ich folgendes Problem:
    Erhaltungsgrößen sind doch häufig nur Beobachtungen.
    Oder meinen sie genauer: Die Theorie selbst muss zwingend Erhaltungsgrößen postulieren?

    Zur Kausalität:
    Da muss ich mir nochmal Gedanken machen. Allerdings wird durch die Quantenmechanik nur der Determinismus verletzt, oder?
    Ist es wirklich die allgemeine Ansicht, dass die Quantenmechanik die Kausalität verletzt?
    Ich glaube, da argumentiert man mit schwachem Kausalitätsprinzip usw. Damit muss ich mich aber noch beschäftigen.

    zur Einfachheit:
    In der Natur könnte doch durchaus die “Epizykel”-Lösung vorliegen, oder?
    Wir gehen aber stillschweigend davon aus, dass das nicht so ist.

  117. #117 MartinB
    Juli 14, 2010

    @Niels
    Ich hatte ja geschrieben “Falls die Theorie Entitäten enthält, die abzählbar sind”.
    Das ist in einer Feldtheorie so nicht der Fall, also trifft diese Klausel einfach nicht zu.

    Ob man Quantisierbarkeit fordern muss, weiß ich nicht, hatte ich ja auch heute nochmal was dazu geschrieben. Aber Quantisierbarkeit und Falsifizierbarkeit sind zwei ganz verschiedene Dinge – man kann auch nicht quantisierbare Theorien falsifizieren, z.B. in der Biologie oder sogar in Disziplinen wie Geschichtswissenschaft.

    “Oder meinen sie genauer: Die Theorie selbst muss zwingend Erhaltungsgrößen postulieren?”
    Jupp, das meinte ich. Ob das wirklich zwingend für realistische Theorien ist, weiß ich nicht, aber eine Theorie, bei der bei einem Prozess keine Erhaltungsgröße existiert, finde ich auch wieder schwer vorstellbar. (Ob die Erhaltungsgrößen universell gelten müssen oder vielleicht nur für einzelne Reaktionen, ist wieder ein anderes Paar Stiefel..)

    “Ist es wirklich die allgemeine Ansicht, dass die Quantenmechanik die Kausalität verletzt? ”
    Das hängt sicher von der genauen Definition ab, aber da es Prozesse gibt, die selbst ursachenlos sind, ist die QM mit dem gewöhnlichen Begriff von Kausalität nicht vereinbar, wo ja alles eine Ursache hat.

    “Wir gehen aber stillschweigend davon aus, dass das nicht so ist. ”
    Vielleicht besser gesagt: Wir versuchen immer erstmal, wie weit wir mit dieser Annahme kommen…

  118. #118 Niels
    Juli 14, 2010

    “Falls die Theorie Entitäten enthält, die abzählbar sind”
    Sorry, hab ich übersehen.

    Zur Quantisierbarkeit:
    Wir sprechen aber über physikalische Theorien. Da kann ich mir nur schlecht eine Theorie vorstellen, die falsifizierbar aber nicht quantisierbar ist.
    Beispiel?

    Zur den Erhaltungsgrößen:
    Das hängt meiner Meinung nach auch damit zusammen. Wenn eine Theorie quantisierbar und mathematisch beschreibbar ist, muss sie doch zwangsläufig Erhaltungsgrößen (wie kompliziert auch immer) haben. Sonst könnte man keine Gleichungen aufstellen, oder?

    zur Kausalität:
    Welche Prozesse in der QM gibt es denn, die keine Ursache haben?
    ” In der Physik ist die Kausalität z.B. dadurch verletzt, dass ein zerfallender Kern eine Halbwertszeit hat – es gibt keinen inneren Mechanismus, der bestimmt, wann der Kern zerfällt.”
    Dadurch ist doch nicht die Kausalität verletzt. Es gibt nämlich schon eine Ursache für den Zerfall. Und die Ursache kommt vor der Wirkung.
    Vielmehr ist dadurch eben der Determinismus verletzt.

    Dass die Gültigkeit der Kausalität von der Definition abhängt sollte nicht überraschen. 😉
    Ist schließlich bisher bei allen Begriffen das Problem gewesen.

  119. #119 georg
    Juli 15, 2010

    @Niels
    Zur Kausalität:
    Ich habe gerade zufällig gesehen, deine Kausalitätsdefinition kommt wohl aus Wikipedia 3 Mathematische Physik .
    Welche Ursache gibt es denn für den Zerfall?
    Das ist doch eine reine Hypothese. Es passiert etwas, also muss es dafür eine Ursache geben. Und für die Ursache wieder eine Ursache usw…

    Mehr als die Wahrscheinlichkeitsfunktion hat man doch nicht, oder?
    Ist die dann die “Ursache”?

  120. #120 MartinB
    Juli 15, 2010

    @Niels
    “Da kann ich mir nur schlecht eine Theorie vorstellen, die falsifizierbar aber nicht quantisierbar ist.”
    Ein Beispiel wäre vielleicht das oben kurz zitierte Feynman-paper, das ein Modell zur Suprafluidität enthielt aber nahezu keine Formeln. In dem wurde, wenn ich mich recht erinnere, auch nichts berechnet, trotzdem wäre das Modell falsifizierbar.
    Da letztlich *alle* physikalischen Theorien quantifizierbar sind, ist es natürlich immer schwer, sich eine vorzustellen, die das nicht ist, trotzdem würde ichd ie Begriffe schon trennen.

    “Wenn eine Theorie quantisierbar und mathematisch beschreibbar ist, muss sie doch zwangsläufig Erhaltungsgrößen (wie kompliziert auch immer) haben.”
    Das stimmt wahrscheinlich.

    “Es gibt nämlich schon eine Ursache für den Zerfall. ”
    Was ist denn die Ursache für den Zerfall z.B. eines Myons? Dass es existiert?

    “Ich habe gerade zufällig gesehen, deine Kausalitätsdefinition kommt wohl aus Wikipedia”
    Nö, meine Kausaldefinition ist von mir, aber wenn Wikipedia das auch so sieht, sagt das zumindest, dass ich damit nicht allein stehe.

    “Das ist doch eine reine Hypothese. Es passiert etwas, also muss es dafür eine Ursache geben. ”
    Stimmt. Deshalb sehe ich die Kausalität ja auch nicht als notwendig an, weil der Zerfall eines Teilchens nach allem was wir wissen, der Kausalität in diesem Sinne nicht genügt.
    (Die Liste oben enthält ja nicht alles, was *ich* für notwendig halte, sondern alles, wovon ich im Laufe der Diskussion den Eindruck hatte, das *irgendwer* es für notwendig hält.)

  121. #121 georg
    Juli 15, 2010

    @Martin
    Kann es sein dass du gerade zwei Personen verwechselt hast?

  122. #122 Jörg Friedrich
    Juli 15, 2010

    @roel: Zu den Begriffen Theorie, Interpretation, Formalismus und Experiment schreibe ich gerade (wenn ich mich nicht durch Kommentare wühle oder mein täglich Brot verdiene) einen gesonderten Text.

    @Ockham: Wenn Sie sagen, Theorien hätten nichts mit Realität zu tun, dann nehmen Sie Ihr Ergebnis der Problematik schon vorweg. Außerdem treffen Sie ein Pauschalurteil über alle Bemühungen um das wissenschaftliche Aufarbeiten quantenmechanischer Phänomene – und solche Urteile sind selten gerecht. Gerade Zehs Text zeigt ja, dass es auch Alternativen zur inhaltsleeren Mathematik gibt.

    @Niels: Mein Standpunkt ist, dass man zunächst einmal sagen muss, warum man irgendwelche Kriterien im Zusammenhang mit Realismus für relevant hält. Eine “Abstimmung” bei der jeder zu jedem Kriterium die Hand heben darf, halte ich für sinnlos.

  123. #123 georg
    Juli 15, 2010

    @Jörg Friedrich

    Eine “Abstimmung” bei der jeder zu jedem Kriterium die Hand heben darf, halte ich für sinnlos.

    Wenn sich die Diskussion darauf beschränken würde, würde ich Ihnen zustimmen.
    Die läuft aber darauf hinaus zuerst den Dissens bzgl. der Kriterien festzustellen, die man für relevant hält. Und dann stellt sich natürlich die Frage, warum der Eine ein Kriterium für relevant hält und der Andere nicht.

    Die Reihenfolge ist lediglich eine andere.

    mfg georg

  124. #124 MartinB
    Juli 15, 2010

    @georg
    Entschuldigung – wer lesen kann, ist mal wieder klar im Vorteil…

  125. #125 Jörg Friedrich
    Juli 15, 2010

    Ein Satz zum Thema “Erhaltungsgrößen”: Ich kann mir keinen Grund vorstellen, aus dem eine physikalische Theorie auf grund des Enthaltenseins oder Nicht-Enthaltenseins von “Erhaltungsgrößen” als realistisch oder nicht-realistisch anzusehen wäre. Die Definition von erhaltungsgrößen ist ein Entwurfsprinzip für Theorien, Erhaltungsgrößen sind immer Konstruktionen. Es gibt z.B. ja keine “Energie” irgendwie als etwas materielles, das in unterschiedlichen Erscheinungsformen auftritt. Und als die klassische Impulsdefinition in der relativistischen mechanik zur Verletzung des Impulserhaltungssatzes führte, hat man eben die definition von “Impuls” geändert. Erhaltungssätze dienen eizig dazu, einfache Mathematik zu bekommen.

  126. #126 MartinB
    Juli 15, 2010

    @JF
    Ja, ist ein guter Punkt – meine persönliche Liste oben endet ja auch vor den Erhaltungsgrößen. Dass bei jedem Prozess irgendwas erhalten bleiben muss, folgt wahrscheinlich direkt daraus, dass man diesen Prozess (Quantisierbarkeit vorausgesetzt) in eine Gleichung gießen kann – ich hatte ja auch geschrieben, dass eine Zeitentwicklung anders schwer vorstellbar ist.
    Die Physik zeigt, dass die Natur anscheinend so ist, dass (globale) Erhaltungsgrößen wichtig sind, und für mich ist schwer vorstellbar, dass man davon wieder abkommt, aber ob das wirklich ein Kriterium für “realistisch” ist, finde ich auch zweifelhaft.
    Es ist, wie wir sehen, nicht immer leicht zu trennen, ob ein Kriterium eins ist, das für die realistische interpretierbarkeit notwendig ist oder eins, dass wir generell an physikalische Theorien stelln.

    “Erhaltungssätze dienen eizig dazu, einfache Mathematik zu bekommen.”
    Meiner Erfahrung nach spiegelt einfache Mathematik immer ein grundlegendes physikalisches Prinzip wieder – z.B. ist das Prinzip der kleinsten Wirkung direkt aus dem Pfadintegral verstehbar, der mathematische “Trick” Vektorpotential äußert sich physikalisch im Aharanov-Bohm-Effekt usw. Im Studium haben wir gern gesagt “es gibt keine mathematischen Tricks”.
    Energie ist nicht materiell, aber real ist sie schon (in meinem Realitätsverständnis jedenfalls).

  127. #127 Ockham
    Juli 15, 2010

    @ JF

    Wenn Sie sagen, Theorien hätten nichts mit Realität zu tun, dann nehmen Sie Ihr Ergebnis der Problematik schon vorweg. Außerdem treffen Sie ein Pauschalurteil über alle Bemühungen um das wissenschaftliche Aufarbeiten quantenmechanischer Phänomene – und solche Urteile sind selten gerecht. Gerade Zehs Text zeigt ja, dass es auch Alternativen zur inhaltsleeren Mathematik gibt.

    “Vorwegnehmen” ist ein großes Wort für eine offensichtliche Tatsache. Eine Anschauung ist nie identisch mit dem Betrachteten, ist ein Gedanke, in Bild (Ideal), folglich haben Theorien keine Realität. Es bedarf keiner großen intellektuellen Klimmzüge um diesen Umstand zu erkennen. Doch es bedarf, diese Seiten zeugen davon, erheblichen Aufwandes den Irrtum zu verteidigen. Wer glaubt mathematische Logik kann das Problem lösen der irrt, denn so lange nur die Axiome entsprechend gewählt werden, kann man damit jede beliebige Aussage begründen. Die ganze QT ist eine Theorie mathematischer Physik, es darf bezweifelt werden, daß irgendeine Heuristik aus einer solchen Fata Morgana je etwas substantiell Wahres machen kann. Natürlich ist die Annahme unsere Welt existiere unabhängig von unserem Bewußtsein, als Methode, einer der Wege aus den Problemen, die der Solipzismus mit sich bringt, aber wenn man diese Annahme im Sinne einer Simulation/Fiktion versteht, dann entsteht wiederum nur Beliebigkeit (Herrschaft der Axiome) und es stellt sich die Frage, ob der Tag nicht befriedigender damit verbracht wäre, Fischen zu gehen…

  128. #128 MartinB
    Juli 15, 2010

    “es darf bezweifelt werden, daß irgendeine Heuristik aus einer solchen Fata Morgana je etwas substantiell Wahres machen kann.”
    Der Computer, auf dem Sie das tippen, ist also entweder nicht substantiell oder nicht wahr.

  129. #129 Ockham
    Juli 15, 2010

    @ MartinB
    Zuviele Posts von Ludmilla gelesen?

  130. #130 Ockham
    Juli 15, 2010
  131. #131 Jörg Friedrich
    Juli 15, 2010

    @Ockham (13:45): Wenn ich davon spreche ob eine Theorie realistisch ist, dann meine ich das zunächst in genau dem Sinne wie miesepeter3 es für Kunstwerke meint. Es geht dabei nicht darum, ob sie (die Theorien oder die Kunstwerke) selbst Realität sind, sondern ob sie – bezogen auf die Realität, von der sie handeln – realistisch sind. Wann sagen wir, dass ein Kunstwerk “realistisch” ist, dass es “Realität” abbildet? Diese Frage ist ungefähr genauso schwer zu beantworten wie die Frage, wann wir zurecht sagen, dass eine Theorie realistisch ist. Aber wir sind hoffentlch darüber einig, dass wir die Frage nach dem Realismus nicht beantwortet haben wenn wir darauf verweisen, dass es aus Leinwand und Ölfarbe besteht und damit “Realität ist”. Und ich hoffe, sie sagen vom Watzmann-Bild meines großen Namensvetters auch nicht, dass dieses nicht mit der Realität des Watzmann zu tun hat, da es ja nicht aus Kalkstein sondern aus Baumwolle und pigmengesättigtem Harz besteht.

    @MartinB: Das interessante an der Quantenmechanik ist doch gerade, dass sie eben offenbar nicht wahr sein muss, um praktisch erfolgreich zu sein. Warum wird diese faszinierende Tatsache immer wieder mit diesem dummen Totschlagargument vom Computer, der ohne Quantenmechanik nicht funktionieren würde, beseite gewischt?

    Übrigens hat noch niemand, der reflexartig dieses “Argument” vorbringt, mal gesagt, wo man die Quantenmechanik braucht um Computer zu bauen. Ich will nicht bestreiten, dass das so ist, aber ich wüsste gern mal, welche Ergebnisse der Quantentheorie Voraussetzung für den Bau eines Computers waren.

  132. #132 Niels
    Juli 15, 2010

    @Jörg Friedrich
    ” Wenn ich davon spreche ob eine Theorie realistisch ist, dann meine ich das zunächst in genau dem Sinne wie miesepeter3 es für Kunstwerke meint. Es geht dabei nicht darum, ob sie (die Theorien oder die Kunstwerke) selbst Realität sind, sondern ob sie – bezogen auf die Realität, von der sie handeln – realistisch sind.”
    Da steht meiner Meinung nach: Eine Theorie ist realistisch, wenn diese Theorie bezüglich der Realität realistisch ist?
    Können Sie das für mich etwas deutlicher ausführen?
    So ist das doch nur ein Zirkelschluss?

    Wenn Ihnen MartinBs Listenpunkte nicht gefallen, stellen Sie doch bitte eigene Punkte auf. Anschließend können Sie dann ausführen, warum Sie diese “Kriterien im Zusammenhang mit Realismus für relevant” halten.

    Jetzt haben sie außerdem noch einen neuen, verwirrenden Begriff eingeführt. 😉
    Die “Wahrheit” einer Theorie.
    Was bedeutet es für Sie, dass eine Theorie “wahr” ist? Ist das für Sie jetzt nur ein anderes Wort für Ihren Begriff “realistisch”?

    Inwiefern sind die anderen physikalischen Theorien “wahrer” als die QM?
    Wie entscheidet man, ob eine Theorie “wahr” ist?

    Antworten zur Notwendigkeit der QM für die Elektronik würden mich auch interessieren. Man kann doch Halbleiter verwenden, ohne dass man weiß, warum genau so funktionieren. Es reicht doch, dass sie funktionieren, oder?

  133. #133 Ockham
    Juli 15, 2010

    @ JF
    Sie müssen mich ja für ganz schön verschlafen halten, wenn Sie glauben ich wüßte nicht, wie Sie das Wort “realistisch” in etwa aufgefasst wissen möchten. Wenn Sie meine Kommentare zu dem Thema aufmerksam lesen, werden Sie feststellen, daß ich die “-istisch” und “-ismus” Variante vermeide, und meist “real” oder “Realität” verwende.
    Ich erinnere auch immer wieder daran, daß Sie “Realismus/-istisch” nicht definieren können, wenn Sie “real” offen lassen. Ohne eine Definition von “real” fehlen Ihnen die Kriterien um eine Abbildung auf “-ismus” zu prüfen.

    Das Dilemma liegt in der Natur der Dinge: Abbildungen enthalten keine Realität des Abgebildeten, es sein denn Sie beginnen Ihr Watzmann Bild als 3-dimensionale Skulptur, vorzugsweise mit Material vom original Watzmann, auszuführen. Was Kunsthistoriker und -theoriker unter “Realismus/realistisch” verstehen, interessiert mich an dieser Stelle eher weniger. Im wissenschaftlichen Sinne ist Ihr Watzmanngemälde nicht realistisch und Theorien können nicht realistisch sein, weil Sie Ideen sind! Wie weit muss Realität denn qualitativ noch von Anschauungen entfernt sein, damit die eigentümliche Forderung nach “Realismus” in Ideen aufgegeben wird? Realismus gibt es in der Realität – sonst nirgends.

  134. #134 MartinB
    Juli 15, 2010

    @JF
    “Das interessante an der Quantenmechanik ist doch gerade, dass sie eben offenbar nicht wahr sein muss, um praktisch erfolgreich zu sein. Warum wird diese faszinierende Tatsache immer wieder mit diesem dummen Totschlagargument vom Computer, der ohne Quantenmechanik nicht funktionieren würde, beseite gewischt?”
    ???
    Vielleicht ist die QM nicht die fundamentale Theorie, aber dennoch ist sie zunächst mal wahr, d.h., in hinreichend guter Näherung gültig. (Und lassen Sie uns jetzt bitte nicht noch ein “Was ist wahr”-Fass aufmachen…) Eine fundamentalere Theorie wird nach allem ,was wir wissen (EPR-Paradoxon, Verschränkung, keine verborgenen lokalen Variablen etc) dieselben Seltsamkeiten enthalten müssen wie die QM, auch wenn sie vielleicht auf so etwas wie das Messproblem eine Antwort gibt. (Wie z.B. Penroses Idee)

    “Übrigens hat noch niemand, der reflexartig dieses “Argument” vorbringt, mal gesagt, wo man die Quantenmechanik braucht um Computer zu bauen”
    Vermutlich weil Ludmilla (die das sonst gern sagt) genau wie ich davon ausgeht, dass das offensichtlich ist: Ohne QM kann man kein Bändermodell im Halbleiter berechnen (da geht das Pauli-Prinzip ein, die Schrödingergleichung im periodischen Potential oder wahlweise eine Tight-Binding-Näherung bzw. LCAO), ohne Bändermodell kann man keine Halbleiterbauteile auslegen. Als Startpunkt zum Verständnis empfehle ich den Ashcroft/mermin Kap. 28/29 oder jede andere Einführung in die Festkörperphysik.

    Und da es in der klassischen Physik überhaupt keine magnetischen Materialien geben kann (Beweis in den feynman-Lectures), geht im Magnetismus ohne QM gar nichts. Ohne Magnetismus haben Sie auch keine Festplatte. In die Speicherung in magnetischen Bauteilen geht dann letztendlich sogar der beliebte “Kollaps der WF” ein – ohne den gäbe es ja keinen eindeutigen Spinzustand.

    Das Wort “Totschlagargument” sollte man meiner Ansicht nach vermeiden: Eine Wahrheit ist nunmal ein “Totschlagargument” für eine das Gegenteil behauptende Falschheit.

    @Niels
    “Man kann doch Halbleiter verwenden, ohne dass man weiß, warum genau so funktionieren. Es reicht doch, dass sie funktionieren, oder?”
    Naja, man muss ja auch mal nen HL-Bauteil berechnen können, da muss man schon quantitativ verstehen, was da abgeht. Das geht ohne QM (im Endeffekt die Schrödingergleichung) nicht. Für Magnetismus gilt das gleiche, auch den kann man ohne Festkörperphysik nicht verstehen.

    @Ockham
    Ja, cargo cult science, den empfehle ich meinen Studis auch immer. Auf den cargo-cult-Flughäfen ist alerdings meist tote Hose, auf meinem Flughafen (Physik) landen aber Flugzeuge (in Form von Erkenntnis und technischen Entwicklungen).

  135. #135 Jörg Friedrich
    Juli 15, 2010

    @Ockham: Ich halte Sie nicht für verschlafen, ich wollte nur deutlich machen, dass wir uns hier halt für zwei ganz unterschiedliche Dinge interessieren, die allerdings von manchem, wie ich gerade lesen kann, immer wieder durcheinander gebracht werden.

    @MartinB: In solchen Momenten vergeht mir dann immer der Spaß an der Diskussion weil ich mich frage ob Sie uns nach all den langen Kommentar-Wechseln vielleicht doch nur verschaukeln wollen oder ob Sie tatsächlich manchmal alles durcheinanderbringen. Beides möchte ich eigentlich nicht glauben.

    Ich nehme mal das Beispiel Magnetismus, weil das jeder nachvollziehen kann: mit Ihrer Logik können die alten Seefahrer auf dem Weg nach Amerika vor mehr als 500 Jahren ja noch gar keinen Kompass gehabt haben, denn da gab es ja noch gar keinen Magnetismus, oder (abgeschwächte Variante Ihrer Argumentation) Sie können ihn zumindest nicht verwendet haben, weil sie ohne Quantenmechanik die Funktionsweise des Kompass ja niemals begriffen haben können.

    Auch für Halbleiter gibt es ganz normale phänomenologische Gesetze, die man aufstellen kann ohne etwas von Wellenfunktionen und Hilberträumen zu wissen. Aber das wissen Sie ja selbst und deshalb frage ich mich, warum Sie uns hier erzählen wollen, dafür bräuchte man die Quantenmechanik. Und bei allen Antwortvarianten, die mir einfallen, vergeht mir dann der Spaß an dieser Diskussion.

  136. #136 MartinB
    Juli 15, 2010

    @JF
    “In solchen Momenten vergeht mir dann immer der Spaß an der Diskussion ”
    Das kann ich zurückgeben. Nur weil Karl Drais ne Draisine ohne Mechanik bauen konnte oder nen alter Chinese einen Kompass qualitativ korrekt verwenden konnte, braucht man für die moderne Technik also keine Theorie?
    Ich frage mich, wer hier wen verschaukelt. Gucken Sie doch mal in ein Buch über Halbleiterbauelemente und erklären Sie mir die Grafiken darin ohne Quantenmechanik “rein phänomenologisch”.

    Und Sie glauben ernsthaft, dass man all diese Grafiken und Phänomene ohne solides theoretisches Fundament hätte aufstellen können? Nur durch rumprobieren ohne eine idee, was ein Bändermodell ist oder warum es intrinsische und dotierte halbleiter gibt etc. hätte man das alles mit rein phänomenologischen Mitteln rausbekommen können?
    Und der beweis dafür ist, dass das Navigieren mit einer Kompassnadel geht?

    Das ist so absurd, da vergeht jetzt *mir* der Spaß.

  137. #137 roel
    Juli 15, 2010

    @Jörg Friedrich Ich hatte den Beitrag von Martin B auch erst so verstanden. Es kann sich hier nur um die richtige Berechnung handeln. Natürlich können wir durchaus etwas verwenden, dessen genaue Funktionsweise noch unerschlossen ist und dessen Berechnung daher unmöglich ist. Das leben wir jeden Tag.

    @Martin B Cargo Cult Science kann auch Physik sein.

  138. #138 roel
    Juli 15, 2010

    @Martin B Ups, da hab ich Sie doch falsch verstanden. Es geht nicht darum Grafiken zu erklären, es geht nicht darum solide theoretische Fundamente aufgebaut zuhaben, bevor etwas in der Praxis funktioniert. Ich habe sehr viel Respekt vor Ihrem Fachwissen, aber es ist nicht zwingend notwendig im Vorfeld ein solides theoretisches Fundament zu haben. Dieses kann auch später entwickelt werden.

  139. #139 MartinB
    Juli 15, 2010

    @roel
    “es ist nicht zwingend notwendig im Vorfeld ein solides theoretisches Fundament zu haben”
    Bitte belegen Sie an Hand, dass dieser Satz für die Entwicklungen in der modernen Halbleitertechnologie zutrifft, d.h. dass man dort standardmäßig neue Bauteile ohne jedes theoretische Verständnis entwickelt hat oder entwickelt.
    Ein Computerchip ist doch geringfügig komplizierter als eine Draisine oder ein Magnetkompass…

  140. #140 MartinB
    Juli 15, 2010

    Kleiner Nachtrag:
    Ich empfehle einen Blick in die Nobelpreisrede von Bardeen oder Shockley 1956 (Nobelpreis für die Entwicklung des Transistors), dann wird vielleicht deutlich, dass die Theorie da eine nicht unbedeutende Rolle spielt:
    https://nobelprize.org/nobel_prizes/physics/laureates/1956/index.html
    Der für uns hier entscheidende Satz ist vielleicht der:
    “As we shall see, the discovery was but a step along the road of semiconductor re-
    search to which a great many people in different countries have contributed.
    It was dependent both on the sound theoretical foundation largely built up
    during the thirties and on improvement and purification of materials, partic-
    ularly of germanium and silicon, in the forties.”

  141. #141 hape
    Juli 15, 2010

    @roel

    Die Frage ist aber, ob es nicht doch Dinge gibt, die man erst mit genügend großem theoretischem Wissen herstellen kann, weil man sonst gar nicht erst auf die Idee kommen würde, sie auszuprobieren. Also ob die Herstellung eines Computers z.B. tatsächlich vollkommen ohne die Kenntnis von Quantenmechanik möglich wäre.

  142. #142 Niels
    Juli 15, 2010

    Ich kann mir Halbleiterelektronik durchaus bis zu einem gewissen Grad rein phänomenologisch, ohne QM, vorstellen.
    Die Frage ist dann eben, wie viele Jahrhunderte länger man braucht, um die Dinge zu erreichen, die mit Beihilfe der QM in Jahrzehnten erreicht wurden.

    @Jörg Friedrich
    “Mein Standpunkt ist, dass man zunächst einmal sagen muss, warum man irgendwelche Kriterien im Zusammenhang mit Realismus für relevant hält.”
    Welche(!) Kriterien halten Sie denn nun warum(!) für relevant?
    Könnten Sie das bitte kurz zusammenfassen oder auf einen Beitrag verweisen, wo Sie das schon getan haben?
    Vielleicht habe ich das ja übersehen, die Diskussion ist schließlich mittlerweile ziemlich unübersichtlich geworden. Dann bitte ich mein Nachhaken zu entschuldigen.

  143. #143 MartinB
    Juli 15, 2010

    @Niels
    “Ich kann mir Halbleiterelektronik durchaus bis zu einem gewissen Grad rein phänomenologisch, ohne QM, vorstellen.”
    Die von verschiedener Seite angezweifelte Aussage war, dass die Computer, die wir heute benutzen, ohne Quantenmechanik nicht existieren würden. Der Mit-Erfinder des Transistors bestätigt das und weist in seinem Nobel-Vortrag wiederholt auf die Wichtigkeit der Theorie für die Entwicklung des Transistors hin.

    Dass man sich mit ganz viel Phantasie eine Alternativrealität vorstellen kann, in der jemand den Bauplan eines Computers aus dem Kaffeesatz liest oder sonstwoher bekommt, tut da nichts zur Sache: Unsere hier real existierenden Computer zeigen, dass man mit Hilfe der QM funktionierende Geräte bauen kann. Das war der zu demonstrierende Punkt.

  144. #144 Niels
    Juli 15, 2010

    Wer hat den bestritten, dass man mit Hilfe der QM funktionierende Geräte bauen kann?
    Da bräuchte man doch unter anderem nur den Laser zu nennen?
    So eine Diskussion würde doch gar keinen Sinn machen!

    Von Jörg Friedrich
    “Übrigens hat noch niemand, der reflexartig dieses “Argument” vorbringt, mal gesagt, wo man die Quantenmechanik braucht um Computer zu bauen.”

    Hier wird doch vielmehr die Frage gestellt, ob es prinzipiell möglich sein könnte, einen Computer auch ohne QM zu bauen. Da bin ich mir nicht sicher, ob das mit genügend Zeit nicht doch möglich wäre.
    Die Halbleiterelektronik wurde schließlich erst nach Aufstellen der QM entwickelt.
    Wie hätte denn dann die QM nicht einfließen sollen? Natürlich ist das historisch nicht ohne QM gelaufen. Das hat doch niemand bestritten!
    Wie hape gesagt hat: Es ist eben die Frage, ob man auf bestimmte Dinge auch ohne diese Theorie kommen könnte, wenn man genügend herumprobiert.
    Wenn es historisch schon ohne QM passiert wäre, wäre die Frage doch beantwortet und müsste gar nicht gestellt werden.
    Natürlich ist das aber eine historische was-wäre-wenn Frage, die grundsätzlich nicht zu beantworten ist.

  145. #145 MartinB
    Juli 15, 2010

    @Niels
    Nein. Wenn es eine hypothetische Frage wäre, ob so etwas denkbar wäre, wäre die Diskussion ja nicht so absurd, sondern womöglich sogar interessant.

    Das ganze entsprang aber aus diesem Dialog zwischen Ockham und mir:
    O:”es darf bezweifelt werden, daß irgendeine Heuristik aus einer solchen Fata Morgana je etwas substantiell Wahres machen kann.”
    MB: Der Computer, auf dem Sie das tippen, ist also entweder nicht substantiell oder nicht wahr.

    Es ging also ganz konkret um unsere heutigen Computer in dieser Welt, nicht um hypothetische Computer in einer anderen Welt, die vielleicht irgendwer hätte entwickeln können.

    Und JF wollte wissen:
    “ich wüsste gern mal, welche Ergebnisse der Quantentheorie Voraussetzung für den Bau eines Computers waren.”

    Auf meine Erläuterungen zum HL-Physik kamen dann eher sarkastische Kommentare mit der Behautpung, das wäre ja alles auch phänomenologisch möglich ohne Kenntnis der QM. Das Argument (falls man dieses vollkommen anders gelagerte Beispiel wirklich ein Argument nennen kann) dafür war, dass man ja auch nen Kompass benutzen kann ohne was von Festkörperphysik zu verstehen.

    Das Zitat von Bardeen macht hoffentlich deutlich, dass die QM tatsächlich *in unserer realen Welt* Voraussetzung war, um den Transistor und damit den Computer zu entwickeln, der damit laut Ockham entweder nicht wahr oder nicht substantiell ist, denn aus der Qm kann ja laut Ockham nichts substantiell wahres folgern.

    Die Frage von JF
    “deshalb frage ich mich, warum Sie uns hier erzählen wollen, dafür bräuchte man die Quantenmechanik”
    können wir dann an Herrn Bardeen weiterreichen – warum will der uns bloß einreden, er hätte die QM benötigt, um den Transistor zu entwickeln?

    “So eine Diskussion würde doch gar keinen Sinn machen!”
    Natürlich nicht. Sie wurde hier aber explizit von Ockham provoziert und von JF gefordert.

  146. #146 roel
    Juli 15, 2010

    @MartinB· 15.07.10 · 19:55 Uhr Sie verstehen da etwas falsch. Es ist standdardmäßig nicht möglich neue Bauteile der modernen Halbleitertechnologie ohne theoretisches Verständnis zu entwickeln. Der Standard sieht halt anders aus. Natürlich ist eine fundierte Theorie ungemein hilfreich bei Entwicklung und Erfindung, aber nicht zwingend notwendig. Sie haben Recht, dass Computership für uns geringfügig komplizierter ist als ein Magnetkompass. Für die Erfinder damals war der Magnetkompass wahrscheinlich ähnlich kompliziert, wie für uns heute ein Computership. Und was damals erschwerend hinzu kam ist, dass man gar nicht wusste was Magnetismus eigentlich ist.

    Obwohl die Bestandteile des Atoms noch nicht bekannt waren konnten Atombomben und Kernkraftwerke gebaut werden. Es hat trotzdem geklappt. Wir suchen immer noch das Higgs boson, wir verstehen immer noch nicht die Halbwertzeit. Stellen Sie sich vor wir wären mit unserem Wissen jetzt schon so weit das wir beides kennen bzw. verstehen würden und würden jetst erst mit der Entwicklung von Atombomben und -kraftwerken anfangen. Wieviel effektiver wären diese? Aber ertmal gings auch ohne dieses Wissen.

  147. #147 roel
    Juli 15, 2010

    MartinB· 15.07.10 · 22:08 Uhr Ja, so ist das verständlich!

  148. #148 Joerg
    Juli 16, 2010

    Obwohl die Bestandteile des Atoms noch nicht bekannt waren konnten Atombomben und Kernkraftwerke gebaut werden. Es hat trotzdem geklappt.

    *quiek* Ne, oder? Es gibt ja wohl kaum ein besseres Beispiel für etwas, das nur möglich wurde wegen theoretischer Vorarbeit. Natürlich waren die Bestandteile des Atoms bekannt, den Nobelpreis für das letzte hat Chadwick 1935 bekommen! Wie meinst du hat man die Bombe gebaut, mit dem Hammer auf Uran gekloppt oder durch theoretische Berechnungen von Kernen und Wirkungsquerschnitten??

    Wir suchen immer noch das Higgs boson, wir verstehen immer noch nicht die Halbwertzeit.

    Was hat denn das Higgs-Boson mit der Halbwertszeit zu tun? Und natürlich verstehen wir die Halbwertszeit?!

  149. #149 Niels
    Juli 16, 2010

    @MartinB
    Mir hat heute jemand erzählt, bei der Bewerbung für die Studienstiftung wären ihm unter anderem die folgenden Fragen gestellt worden:
    “Warum zerfallen Teilchen? Warum zerfällt der Tisch nicht?”
    Gibt es darauf dann nur eine triviale Antwort?

    @roel
    Kernspaltung ist ein ganz schlechtes Beispiel.
    Für die Atombombe hat nämlich noch nicht einmal die Entdeckung des Neutrons gereicht.
    Zusätzlich musste man noch auf die Möglichkeit der Spaltung kommen.
    Bei der Bestrahlung von Uran wurden Transurane erwartet, keine Spaltung.
    Beim Experiment bekam man aber völlig unerwartete Ergebnisse.
    Für die Erklärung hat man dann zusätzlich Lise Meitner benötigt. Auf all das wäre man niemals ohne die Kenntnis der QM gekommen.

    Das Beispiel Higgs-Boson verstehe ich nicht. Schließlich liegt doch praktisch der gegenteilige Fall vor. Ohne die Theorie kämen wir gar nicht auf die Idee, mit einer so teuren Kiste wie dem LHC danach zu suchen.

    @Joerg
    Sie sind hier doch der Experte.
    Hier wurde gesagt, die Quantenmechanik verletze die Kausalität. Unter anderem würde man das daran erkennen, weil der Zerfall eines Teilchen keine Ursache hätte. Stimmt das so?
    Verletzt die QM die Kausalität?
    Ich würde mich wirklich freuen, wenn Sie etwas dazu sagen könnten!

  150. #150 georg
    Juli 16, 2010

    @ Jörg Friedrich· 15.07.10 · 09:09 Uhr

    @Niels: Mein Standpunkt ist, dass man zunächst einmal sagen muss, warum man irgendwelche Kriterien im Zusammenhang mit Realismus für relevant hält.

    Niels· 15.07.10 · 20:37 Uhr

    @Jörg Friedrich
    “Mein Standpunkt ist, dass man zunächst einmal sagen muss, warum man irgendwelche Kriterien im Zusammenhang mit Realismus für relevant hält.”
    Welche(!) Kriterien halten Sie denn nun warum(!) für relevant?
    Könnten Sie das bitte kurz zusammenfassen oder auf einen Beitrag verweisen, wo Sie das schon getan haben?
    Vielleicht habe ich das ja übersehen, die Diskussion ist schließlich mittlerweile ziemlich unübersichtlich geworden. Dann bitte ich mein Nachhaken zu entschuldigen.

    Ich fände das auch interessant. Ich glaube das könnte auch das eine oder andere Missverständnis aufklären.

  151. #151 georg
    Juli 16, 2010

    @Jörg Friedrich• 15.07.10 • 09:31 Uhr

    Ein Satz zum Thema “Erhaltungsgrößen”: Ich kann mir keinen Grund vorstellen, aus dem eine physikalische Theorie auf Grund des Enthaltenseins oder Nicht-Enthaltenseins von “Erhaltungsgrößen” als realistisch oder nicht-realistisch anzusehen wäre. Die Definition von Erhaltungsgrößen ist ein Entwurfsprinzip für Theorien, Erhaltungsgrößen sind immer Konstruktionen. Es gibt z.B. ja keine “Energie” irgendwie als etwas materielles, das in unterschiedlichen Erscheinungsformen auftritt. Und als die klassische Impulsdefinition in der relativistischen Mechanik zur Verletzung des Impulserhaltungssatzes führte, hat man eben die Definition von “Impuls” geändert. Erhaltungssätze dienen einzig dazu, einfache Mathematik zu bekommen.

    In den Erhaltungssätzen nur mathematische Formalismen zu sehen, verwundert mich ein bisschen, wenn man auf der Suche nach realistischen Theorien ist.

    Die Erhaltungssätze wurden, im Gegensatz z. B. zum “Kausalgesetz” (im Sinne der Determiniertheit jedes Einzelereignisses “Laplacescher Dämon”), durch die wissenschaftliche Entwicklung der letzten 100 Jahre nicht grundsätzlich in Frage gestellt, sondern allenfalls modifiziert (z. B.. die Äquivalenz von Masse und Energie).

    Der Energieerhaltungssatz gilt ja mittlerweile als so gesichert, dass Patentämter Erfindungen von “perpetuum mobile” ohne nähere Prüfung ablehnen (womit dann auch die Verbindung von physikalischer Theorie zur Realität in Form unmittelbar wahrnehmbarer Maschinen hergestellt ist).

    Zudem sind die Erhaltungssätze die konkrete Ausgestaltung eines alten philosophischen Prinzips, des “genetischen Prinzips” (Lukrez): Kein Ding kann aus dem Nichts entstehen oder ins Nichts verschwinden.

    Ich halte die Geltung des “genetischen Prinzips” für eine wesentliche Eigenschaft der Realität, und als eine geeignetes Kriterium, um Theorien, die dagegenn verstoßen von vornherein als nicht-realistisch bzw. nicht wahr (im korrespondenztheoretischen Sinne) zu bezeichnen.

    Aber abgesehen davon, ob die Erhaltungssätze eine wesentliche Eigenschaft der Realität zum Ausdruck bringen oder nicht, zeigt Ihr Argument doch, dass man jedes einzelne Kriterium hinterfragen kann und kaum eines beweisbar sicher ist.

    Und wenn es kaum ein eine wirklich sichere Eigenschaft der Realität gibt, ist es auch fragwürdig eine bestimmte Theorie z. B. die Quantenmechanik aufgrund des Fehlens einer speziellen Eigenschaft von vornherein als nicht-realistisch zu bezeichnen.

    mfg georg

  152. #152 roel
    Juli 16, 2010

    @Jörg “*quiek* Ne, oder?” Ich habe mich vielleicht etwas kurz gefasst. Obwohl niemand wußte wie sich Protonen, Neutronen, Elektronen aufbauen und somit deren Bestandteile nicht bekannt waren…
    “Was hat denn das Higgs-Boson mit der Halbwertszeit zu tun?” Wo habe ich hier Zusammenhänge behauptet. Und natürlich verstehen wir die Halbwertszeit?! Ja dann erklären Sie mir die bitte anhand eines Atoms.

  153. #153 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2010

    @Joerg: Nur, damit ich weiß, ob ich den Begriff, den Sie ja des öfteren verwenden, richtig verstehe: Sind Sie jetzt eine “Sockenpuppe”? 🙂

    @georg: Das “genetische Prinzip” ist eher ein Vorläufer des Kausalitäts-Prinzips oder des Determinismus als des Energieerhaltungssatzes. Aber indem ich genauer darüber nachdenke merke ich gerade, dass der Energieerhaltungssatz wahrscheinlich sogar auf das Kausalitätsprinzip zurückführbar ist.

    Stellen Sie sich vor, jemand würde eine Maschine bauen, die offenbar (nach unseren aktuellen Vorstellungen) ein perpetuum mobile ist. Was würden wir tun? Wir würden eine neue Energieform definieren, die dort offenbar in Arbeit und dann in Wärme umgewandelt wird. Dann würden wir nach dem Träger dieser Energie suchen und nach dem Umwandlungsmechanismus, eben weil wir (nach dem genetischen Prinzip im Gewande des Kausalitätsprinzips) für das beobachtete Phänomen der Arbeitsverrichtung eine Ursache vermuten würden, die wir nur noch nicht kennen.

    @MartinB, Niels, roel: Ich halte das Beispiel Kernspaltung für ein ganz ausgezeichnetes Beispiel: Hier hatte ja die Theorie die Forscher eben zunächst auf eine falsche Fährte gelockt – man vermutete, dass das, was da erzeugt wurde, ein Transuran sei. Die Theorie lies Hahn und Strassmann lange zögern, ihre Ergebnisse überhaupt zu veröffentlichen. In seinem Brief an Lise Meitner fragt Hahn sie, ob sie vielleicht eine “phantastische Erklärung” für die chemisch nachgewiesenen Barium-Isotope habe.

    Die Erklärung Meitners war dann übrigens keineswegs quantenmechanisch, sondern ganz klassisch. Der Kern wurde als instabiler großer Tropfen (wie ein Wassertropfen) vorgestellt, der in Schwingungen gerät, wenn er mit einem Neutron beschossen wird, und dann so stark schwingt, dass er zerplatzt. Die Erklärung ist falsch und kann vor allem die Halbwertzeit nicht erklären, aber sie war hilfreich um zu akzeptieren, dass ein Zerfall stattfindet.

  154. #154 Andrea N.D.
    Juli 16, 2010

    @Jörg Friedrich:
    Was ist denn das?!? “Auch für Halbleiter gibt es ganz normale phänomenologische Gesetze, die man aufstellen kann ohne etwas von Wellenfunktionen und Hilberträumen zu wissen. ”
    “Phänomenologische Gesetze” für Halbleiter? “quiek”!!!

  155. #155 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2010

    @Andrea N.D.
    Einfach mal googlen. Oder fragen, wenn man etwas nicht versteht.

  156. #156 Ireneusz Cwirko
    Juli 16, 2010

    @MartinB “Das Zitat von Bardeen macht hoffentlich deutlich, dass die QM tatsächlich *in unserer realen Welt* Voraussetzung war, um den Transistor und damit den Computer zu entwickeln,”

    So ein Schwachsinn!!!!

    Beim erzählen von Märchen sind die “möchtegerne Physiker echt spitze”
    Diese Vernebelungstaktik und Verdrehung der Tatsachen funktioniert nur weil sich kaum jemand für diese Lügengebäude (Physik) zurecht intersssiert.
    Die Einfluss der Theorien der Physiker auf die Entwicklung der Technik ist gleich Null bzw. behindert diese Entwicklung ungemein weil solche Theorien wie QM nur von den richtigen Lösungen ablenken.

    Unten ein Zitat zu der Entwicklungsgeschichte des Transistors.

    “Greenleaf Whittier Pickard erhielt 1906 das erste Patent für eine auf Silicium basierende Spitzendiode zur Demodulation des Trägersignals in einem Detektorempfänger[2][3]. Anfangs wurde im gleichnamigen Empfänger („Pickard Crystal Radio Kit“) dann meistens Bleiglanz als Halbleiter verwendet, wobei in den 1920er Jahren robustere und leistungsfähigere Dioden auf Basis von Kupfersulfid-Kupfer-Kontakten entstanden. Die Funktionsweise des auf einem Halbleiter-Metall-Übergang basierenden Gleichrichtereffektes blieb trotz technischer Anwendung über Jahrzehnte ungeklärt. Erst Walter Schottky konnte 1939 die theoretischen Grundlagen zur Beschreibung der nach ihm benannten Schottky-Diode legen.

    Das erste Patent zum Prinzip des Transistors wurde schon 1925 von Julius Edgar Lilienfeld (US-Physiker österreichisch-ungarischer Abstammung) angemeldet [4]. Lilienfeld beschreibt in seiner Arbeit ein elektronisches Bauelement, welches im weitesten Sinne mit heutigen Feldeffekttransistoren vergleichbar ist, ihm fehlten seinerzeit allerdings die notwendigen Technologien, Feldeffekttransistoren praktisch zu realisieren [5].”

  157. #157 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2010

    @Ireneusz Cwirko: Mäßigen Sie sich doch bitte. In Ihrer Wortwahl und in ihrem Pauschalurteil liegen Sie wenigstens genauso sehr daneben wie die, die Sie angreifen. So entsteht keine Diskussion, aus denen wirklich jemand etwas lernen kann.

  158. #158 georg
    Juli 16, 2010

    @Jörg Friedrich
    Über die Bezeichnungen möchte ich mich an dieser Stelle nicht streiten.

    Aber auch aus Ihrem perpetuum-mobile-Beispiel geht doch hervor, dass der Energieerhaltungssatz allgemein als gültig angesehen wird, selbst wenn einzelne Phänomene dem scheinbar widersprechen würden.

    Ich würde ihn daher als Kriterium für “realistische” Theorien fordern. Das ist eines meiner Kriterien.

  159. #159 Ireneusz Cwirko
    Juli 16, 2010

    @Jörg Friedrich, wie kommen Sie auf die Idee, dass es eine Disskusion möglich ist?
    Glauben Sie wirklich, dass man die Leute, die schon seit Jahrzehten mit Scheuklappen herum laufenos auf irgendwelcher Weise zum Nachdenken bringen kann. Meine Erfahrung sagt mir, dass das unmöglich ist.

  160. #160 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2010

    Wer immer nur Leute wahrnimmt, die Scheuklappen tragen, sollte sich schon einmal die Frage stellen, ob ihm selbst irgendwas die Rundsicht verstellt. Und wenn Sie eine Diskussion ohnehin nicht für möglich halten, sollten Sie Orte, die für Diskussion gemacht sind, vielleicht auch meiden.

  161. #161 Ireneusz Cwirko
    Juli 16, 2010

    Endlich eine Gute Idee von Ihnen.
    Noch viel Spass im Kreis der Idioten

  162. #162 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2010

    @georg, Niels: Ich muss Sie vertrösten. Solange ich nicht weiß, wie solche Kriterien mit einem Vorverständnis von Realismus verknüpft werden können, werde ich keine Favoriten unter den Kriterien nennen können. Aber diese Diskusssion hat mich schon wieder auf einige neue Ideen gebracht, wer weiß, vielleicht kommt ja irgendwann etwas sinnvolles heraus.

    Im Moment scheint es mir so, als ob solche Kriterien eine realistische Denkweise nur umkreisen, sozusagen bestimmte Sichtwinkel freigeben, aber das Ding selbst kommt nicht in den Blick. Merkwürdig ist doch, dass nach all diesen Kriterien Theorien möglich sind, die diese “Realismus-Kriterien” zwar erfüllen aber immer irgendwas enthalten, was wir (ok, nicht wir alle, MartinB meint ja, das sind sogar nur einzelne) nicht als “real” anerkennen können. Liegt das nur an den “traditionellen Realitäts-Vorurteilen”?) Ich glaube eher, dass da noch was entscheidendes fehlt.

  163. #163 Andrea N.D.
    Juli 16, 2010

    @JF
    Haben Sie den ersten Link von google gemeint?

    “Erklärung vs. Beschreibung und Wahrheit
    In ihrem Hauptwerk mit dem provokativen Titel How the Laws of Physics Lie (≈ Wie die Naturgesetze lügen) unterscheidet Cartwright zwischen theoretischen bzw. fundamentalen und phänomenologischen (i.e. empirischen) Gesetzen. Erstere sind explanatorisch, letztere deskriptiv. Cartwright behauptet, dass fundamentale Gesetze nur auf Kosten ihrer empirischen Adäquatheit explanatorisch sein können. Davon ausgehend, dass Wahrheit in der Wissenschaft äquivalent mit empirischer Adäquatheit ist, heißt das im Umkehrschluss, dass Gesetze nicht viel erklären, wenn sie wahr sind.”

    Ich denke, dass Ihnen schon klar war, dass ich als Philosophin einen Begriff von Phänomenologie habe. Diesen, so wie Sie, auf “Halbleiter” zu transportieren, fand ich einfach zum “”quieken”. Da Sie – WIE IMMER – keine Ahnung haben, wo der Begriff herkommt bzw. welche begriffliche Entwicklung dieser durchgemacht hat, kennen Sie wohl nur das Ende der Geschichte. Bei der freundlicherweise empfohlenen Googlesuche von Ihnen ist mir aufgefallen, dass Sie wohl einiges von den genannten Autoren abgeguckt haben.

  164. #164 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2010

    @Andrea N.D.: Google ist inzwischen personalisiert, was bei Ihnen an Position 1 ist, muss es bei mir nicht sein. Den Begriff “phänomenologisches Gesetz” gibt es in der Naturwissenschaft schon lange, und die meisten von denen, die hier mitlesen, dürften eher an die Gesetze z.B. der Thermodynamik denken als an Husserl. Immer im Kopf behalten, was eine bekannte Kommentatorin bei Arte-Fakten gern betont: Wir sind hier bei ScienceBlogs, hier geht’s um Wissenschaft, und hier geht’s wissenschaftlich zu 😉

  165. #165 Andrea N.D.
    Juli 16, 2010

    @Jörg Friedrich:
    “Wir sind hier bei ScienceBlogs, hier geht’s um Wissenschaft, und hier geht’s wissenschaftlich zu ;-)”
    Das wäre ja zu schön! Was soll dann das Geschwätz in Ihrem neuen Artikel? Ist da außer persönlichen Erfahrungen auf dem Fahrrad auch etwas Wissenschafltiches dabei?

    Sie sehen, selbst wenn Sie von einer Person fordern, dass sie alles wissen muss, widerlegt das noch nicht die Unwissenschaftlichkeit Ihrer Artikel. Das ist übrigens eine Argumentation Ihrerseits, die Jörg mit ….. bezeichnet hat. Sie ist nicht nur unlogisch sondern extrem unwissenschaftlich :-).

  166. #166 MartinB
    Juli 16, 2010

    @JF
    “Ich halte das Beispiel Kernspaltung für ein ganz ausgezeichnetes Beispiel:”
    Ach so. Sie werfen mir vor, Sie womöglich verschaukeln zu wollen oder alles durcheinanderzubringen und unterstellen mir spaßverderbende Absichten
    wegen der Aussage, ohne Qm gäbe es unsere heutigen Computer nicht. Nachdem ich das dann so begründe, dass Ihnen nichts mehr einfällt, wird das Computerbeispiel schnell unter den Teppich gekehrt und Sie suchen sich ein neues Beispiel, das besser zu Ihrer Meinung passt.

    Dazu möchte ich nur drei Dinge anmerken:
    1. Ich halte fest, dass die Belege zeigen, dass ohne QM die heutigen Computer nicht existieren würden – da hilft auch nichts, wenn IC irgendwo ein einzelnes Bauteil ausgräbt, das man entwickelt hat, ohne die Theorie zu verstehen. Ob Sie ohne Computer auch Spaß an der Welt hätten, ist da herzlich schnurz.

    2. Auch wenn Sie Popper nicht mögen – Gegenbeispiele gegen die eigene Meinung nicht anzuerkennen, sondern unter den teppich zu kehren, ist nicht gerade wissenschaftlich, “wir sind hier doch bei den scienceblogs”.

    3. Dieser Diskussionsstil ist nicht der meine – Andeutungen, unterstellungen und das X-te mal, das Sie mir vorwerfen, ich würde die Diskussion nicht ernsthaft genug betreiben, wie üblich ohne haltbare Argumente (Der Magnetkompass war fast so albern wie “Märchen sind nicht frei erfunden, wiel sie auf Erfahrungen beruhen”.). Nach der Widerlegung kein Zugeben, kein Zurückziehen, kein Wort der Entschuldigung für die Vorwürfe, sondern ein schneller Themenwechsel, sind ja zum Glück genügend Blogposts dazwischen, dass das schon keiner merken wird.

    Vielleicht steige ich in ein paar Wochen wieder ein, im Moment habe ich von Ihrem Diskussionsstil genug. (Tut mir Leid, georg, Andrea et al. – Ihr müsst eine Weile allein weitermachen, falls Euch die Lust nicht vergangen ist.)

    PS: Es ist mir s****egal, ob Sie den Wissenschaftlern dankbar sind oder nicht, relevant ist nur, dass die erfolgreiche Anwendung wissenschaftlicher Theorien als Bestätigung dieser Theorien dient.

  167. #167 georg
    Juli 16, 2010

    @Jörg Friedrich· 16.07.10 · 11:31 Uhr

    Ihr statement ist schon etwas seltsam für jemanden der Philosoph sein möchte und den Anspruch erhebt, Positionen kritisch zu hinterfragen. Die eigene möglicherweise aber lieber nicht?

    Im Moment scheint es mir so, als ob solche Kriterien eine realistische Denkweise nur umkreisen, sozusagen bestimmte Sichtwinkel freigeben, aber das Ding selbst kommt nicht in den Blick.

    Das “Ding an sich” wird auch nicht “in den Blick” kommen, oder wie stellen Sie sich das vor?.

    Ich glaube eher, dass da noch was entscheidendes fehlt.

    Ich fürchte, der Glaube hilft da auch nicht weiter.

    Liegt das nur an den “traditionellen Realitäts-Vorurteilen”?)

    Die eigenen Kriterien zu benennen und der Diskussion zu stellen, wäre ja vielleicht eine Möglichkeit gewesen das herauszufinden.

    Aber so können wir uns eben auf weitere Freds freuen, in denen dieses Thema rekapituliert wird. Das hat aber durchaus auch seinen Reiz.

    mfg georg

  168. #168 georg
    Juli 16, 2010

    @martinB
    So wie ich das sehe hat JF eh die aktuelle Diskussion bzgl. der Realismus-Kriterien von seiner Seite für beendet erklärt:

    JF · 16.07.10 · 11:31 Uhr
    @georg, Niels: Ich muss Sie vertrösten. Solange ich nicht weiß, wie solche Kriterien mit einem Vorverständnis von Realismus verknüpft werden können, werde ich keine Favoriten unter den Kriterien nennen können.

  169. #169 Jörg Friedrich
    Juli 16, 2010

    @MartinB: Das Beispiel Atomenergie kam nicht von mir und ich bezog mich dabei auch nicht unmittelbar auf Ihre Argumentation. Aber gut, Sie haben Recht, wir haben uns mit diesem Beispiel weit von Ihrem Computer-Beispiel entfernt. Das ist auch für mich unerfreulich, weil Sie damit eine Erläuterung Ihrer Behauptung “Und da es in der klassischen Physik überhaupt keine magnetischen Materialien geben kann (Beweis in den feynman-Lectures), geht im Magnetismus ohne QM gar nichts. Ohne Magnetismus haben Sie auch keine Festplatte.” vermeiden konnten.

    Wenn Sie Zuspitzungen Ihrer eigenen Argumente, das Durchdenken dieser Argumente in die letzte Konsequenz, als “sarkastisch” und “albern” bezeichnen ist das bedauerlich, aber nicht zu ändern.

    Ich möchte Ihnen noch einmal erläutern warum ich den Eindruck habe, dass Sie vielleicht einiges durcheinanderbringen. Der Satz “Im Magnetismus geht ohne Quantenmechanik nichts”. Scheint mir zwei Bedeutungsmöglichkeiten zu haben, und es ist irgendwie in Ihrer Argumentation nicht klar, welche Sie meinen. Meinen Sie, dass man den Magnetismus aus heutiger Sicht nur erklären kann, wenn man eine Theorie der Quantenmechanik hat? Oder meinen Sie, dass ohne quantenmechanische Theorie keine wissenschaftliche Beschäftigung und keine technische Nutzung des Magnetismus möglich ist? Nur wenn Sie das zweite annehmen, ist es sinnvoll zu sagen, dass ohne Quantenmechanische Theorie keine Computer möglich wären. Aber diesen zweiten Satz würde ich weiterhin bestreiten.

    Ich finde es überhaupt sehr erstaunlich, wie emotional Sie hier auf diese Frage reagieren. Dass Sie sich nun für einige Zeit zurückziehen wollen ist zwar bedauerlich, aber in so einer Pause liegt ja auch immer eine Chance, die eigenen Überzeugungen zu überdenken. Ich habe damit selbst auch schon des Öfteren gute Erfahrungen gemacht. Insofern: Bis bald.

  170. #170 Ockham
    Juli 16, 2010

    @ MartinB

    Das Zitat von Bardeen macht hoffentlich deutlich, dass die QM tatsächlich *in unserer realen Welt* Voraussetzung war, um den Transistor und damit den Computer zu entwickeln, der damit laut Ockham entweder nicht wahr oder nicht substantiell ist, denn aus der Qm kann ja laut Ockham nichts substantiell wahres folgern.

    Man sollte nicht auf seine eigene Propaganda hereinfallen. Es ist ein wenig wie mit etwas das unter einer Decke verborgen ist. Es gibt Stellen wo sich Konturen abzeichnen und Stellen an denen das nicht so ist. Dort wo wir glauben Konturen erkennen zu können, entwickeln wir Theorien, die für jenen kleinen Ausschnitt einigermaßen brauchbar sind und bilden uns ein diese Erfahrungen verallgemeinern zu können.

    Wie jede ordentliche Fata Morgana ist die QT eine verschwommene, flüchtige Abbildung, die nur unter bestimmten Bedingungen wahrnehmbar wird, von etwas das möglicherweise ausgesprochen solide, aber sehr weit entfernt ist.

    Im Übrigen ein bischen zur realen Welt: ich habe, als ich noch aktiv war, Teams von Wissenschaftlern und Ingenieuren koordiniert, stets mit dem Ziel ein ganz bestimmtes Stück Technik zu produzieren. Keine “Zufallsforschung”, sondern Anforderungskatalog gegen Theorie und Praxis. Die Ergebnisse von Grundlagenforschung und daraus abgeleitete Theorien waren in vielen Fällen Ausgangspunkt der Entwicklung, aber es waren stets die Erfahrungsdaten von Prototypen und Teilelementen die letztlich für das Endprodukt entscheidend waren. Theorien helfen Struktur in solche Prozesse zu bringen, wenn das Blatt noch weitgehend leer ist, sie helfen bei katastrophalem Versagen, Struktur in die Fehlersuche zu bringen, aber sie stehen abseits, wenn reale Produkte Gestalt annehmen, denn dann gelten die Regeln der Realität. Diese kann man leicht zusammenfassen: Trial and Error…

    Ich bezweifele, das Sie behaupten möchten ohne QT gäbe es keine Computer.

    @ JF

    Ich halte Sie nicht für verschlafen, ich wollte nur deutlich machen, dass wir uns hier halt für zwei ganz unterschiedliche Dinge interessieren, die allerdings von manchem, wie ich gerade lesen kann, immer wieder durcheinander gebracht werden.

    Ganz egal wofür Sie sich interessieren, kann ich nur wiederholen, was eigentlich ohnehin klar sein sollte: Ohne REAL definiert zu haben, können Sie in keinem Verständnis formulieren, was REALISMUS sein könnte und folglich auch weder Theorien noch Watzmanngemälde auf “Ihren” hin Realismus prüfen.

    Nun kann man noch hunderte Kommentare lang lavieren, was Realismus generell oder als “heuristische Fiktion” bedeuten könnte, ohne Definition von REAL, sind das alles Gefechte gegen Windmühlen.

  171. #171 schnablo
    Juli 16, 2010

    Meinen Sie, dass man den Magnetismus aus heutiger Sicht nur erklären kann, wenn man eine Theorie der Quantenmechanik hat? Oder meinen Sie, dass ohne quantenmechanische Theorie keine wissenschaftliche Beschäftigung und keine technische Nutzung des Magnetismus möglich ist?”

    Immer diese rhetorischen Fragen. Ich nehme an von Radio, Relais und Transformator hat MartinB gehoert, was mag er also wohl gemeint haben? Und als QM im Computer wurde Festkoerperphysik aufgefuehrt und nicht Magnetismus.
    Btw, ob man wohl auch Quantencomputer ohne QM erfinden koennte? Das waere dann ein echtes phaenomenologisches Meisterstueck.

  172. #172 Jörg
    Juli 16, 2010

    @Joerg: Nur, damit ich weiß, ob ich den Begriff, den Sie ja des öfteren verwenden, richtig verstehe: Sind Sie jetzt eine “Sockenpuppe”? 🙂

    Es war nur von Beiträgen löschen die Rede. Sie haben meinen Beitrag gelöscht und anscheinend mich gleich gesperrt, das aber nicht gesagt. Also gab es eine Möglichkeit zu testen ob die SB-Technik mal wieder spinnt (die auftretende Meldung hatte ich schonmal bei früheren Technikproblemen) oder ob ich gesperrt bin. Selbst nach meinem Kommentar gibt es wieder nur einen blöden Kommentar…

  173. #173 hape
    Juli 16, 2010

    @Jörg Friedrich

    ich denke, was MartinB mit seinem Magnetismus-Beispiel (mMn auch ziemlich offensichtlich) sagen wollte, ist, dass man zur Entwicklung einer Festplatte schon ein sehr genaues Verständnis von Magnetismus und Spins usw. haben muss. Ich kann nicht sagen, wie exakt die Entdeckung des GMR von Gruber/Fert damals verlief, aber ich kann mir schon denken, dass man ein wenig QM-Grundlagen braucht, um auf die Idee zu kommen, Spins in verschiedenen Schichten unterschiedlich auszurichten und die entstehenden Effekte zu messen. Wobei letztlich ja schon der Effekt selber noch den Grundlagenwissenschaften zuzurechnen ist. Die Anwendung kam erst 9 Jahre später (lt Wikipedia) zur Marktreife (und auch die Entwicklung der Anwendung kam nach der Entdeckung des Effektes). Also ein recht deutliches Beispiel, in dem erst Wissenschaft und dann Technologie kam.

  174. #174 Jörg Friedrich
    Juli 17, 2010

    @Joerg: Sie wissen wie ich, dass es keine wirksamen Sperren bei ScienceBlogs gibt. Das Unterbinden weiterer Kommentare mit identischem Namen und eMail-Daten sollte Ihnen nur Gelegenheit geben, Ihre Kommentare vor dem Absenden ein zweites Mal zu überdenken. Ich werde in Zukunft weiterhin so vorgehen, dass ich im Falle, ich muss wiedereinmal einen Kommentar von Ihnen sperren, den zugehörigen Benutzer mit sperre.

    Sie haben übrigens die zweifelhafte Ehre bisher der Einzige Kommentator überhaupt zu sein, der bei Arte-Fakten “gesperrt” wurde.

  175. #175 perk
    Juli 17, 2010

    wäre ja auch unerträglich ständig die ganzen fehler im eigenen qm-verständnis aufgezeigt zu bekommen, wenn man wieder über die märchen der physiker schimpft und sich kein stück von cranks distanziert, die die ganze physik der letzten 100 jahre als total falsche sackgasse ablehnen
    😉

  176. #176 Ockham
    Juli 18, 2010

    @ Perk
    “Fehler aufgezeigt” von J. Rings? Der hört doch den halben Tag Dio’s Geschichten von Magiern, Königen und Dämonen um dann, wie selbstverständlich, Kommentare gegen vermeintliche “Esos” und “Cranks” zu verfassen. Dabei zeichnen sich seine Kommentare meist dadurch aus, daß er die Aussagen gegen die argumentieren wollte, erst gar nicht verstanden hat und es daher vorzieht Strohmänner zu attackieren, daß dann aber gerne in einer Sprache die zwar auf Dio-Konzerten als normal empfunden wird, in einer Diskussion auf SB aber weniger gut ankommt.

  177. #177 Jörg Friedrich
    Juli 18, 2010

    @perk, Ockham: Ich kann mich zwar auch nicht erinnern, dass Jörg Rings irgendwo Fehler in meinem QM-Verständnis aufgezeigt hätte, vielmehr hat er eine Diskussion über Inhalte ja bisher grundsätzlich abgelehnt und statt dessen allgemeine Beschimpfungen in alle Richtungen verteilt. Spekulationen über sonstige Vorlieben sollten aber trotzdem unterbleiben, ich hoffe ja weiterhin auf Beiträge, die zum Thema gehören, und da sind solche Stellungnahmen sicher nicht hilfreich. Ein angenehmer Diskussionsstil im Internet ist nur möglich, wenn man sich nicht oder nur sehr selten provozieren lässt.

  178. #178 georg
    Juli 20, 2010

    @Ockham· 16.07.10 · 13:58 Uhr

    @ MartinB
    Ich bezweifele, das Sie behaupten möchten ohne QT gäbe es keine Computer.

    MartinB hat ja wohl deutlich genug gesagt, dass er von den heutigen Computern und deren Bauteilen spricht, auf denen aktuell diese Texte geschrieben werden. Offenbar scheint das von manchen wirklich schwer zu begreifen zu sein. Das Kompassbeispiel ist in diesem Zusammenhang wirklich nur albern.

    Ist ja zugegebenermaßen aber auch ein schwieriges Thema.

  179. #179 Ockham
    Juli 20, 2010

    @ georg

    Ist ja zugegebenermaßen aber auch ein schwieriges Thema.

    Finden Sie?

  180. #180 georg
    Juli 20, 2010

    Es scheint ja manchen Schwierigkeiten zu bereiten, zu verstehen, dass wenn MartinB von “heutigen Computern” spricht, er tatsächlich auch die heutigen Computer meint.

    Das meinte ich mit schwieriges Thema.

  181. #181 Jörg Friedrich
    Juli 20, 2010

    @georg: MartinB hat geschrieben “Und da es in der klassischen Physik überhaupt keine magnetischen Materialien geben kann (Beweis in den feynman-Lectures), geht im Magnetismus ohne QM gar nichts.” Diesem Satz hatte ich nachgefragt, nachdem ich mit dem Seefahrerbeispiel nur auf die absurden Konsequenzen dieses Satzes aufmerksam machen wollte. Wer einfach behauptet dass das Beispiel “albern” sei, muss erstmal erklären, warum die Albernheit des Beispiels nicht aus der Absurdität des zitierten Satzes folgt.

  182. #182 georg
    Juli 20, 2010

    @Jörg Friedrich
    Sie haben irgendwo mal gesagt, es gäbe eine philosphische Methode, die darin bestünde, den Gegner erstmal stark zu machen.

    Sie sind zu MartinB· (15.07.10 · 18:11 Uhr) aber nicht auf dessen zentralen Aussage zur Bedeutung der QM in der Halbleiterphysik eingegangen, sondern haben sich stattdessen einen Satz herausgegriffen, der ohne erläuternden Kontext in der alllgemeinen Form angreifbar ist, und damit ein im Vergleich zum Computer absurdes Beispiel konstruiert..

    Wenn man berücksicht, dass man in den Komentaren nicht den Anspruch erhebt ein druckreifes Lehrbuch abzuliefern, ist so etwas einer konstruktiven Diskussion nicht unbedingt förderlich.

    Und das Ganze haben Sie dann auch noch garniert mit dem Vorwurf, er wolle Sie veräppeln.

    Andere haben ja durchaus verstanden, worauf MartinB hinaus wollte, z. B.:

    hape· 16.07.10 · 21:14 Uhr
    @Jörg Friedrich
    ich denke, was MartinB mit seinem Magnetismus-Beispiel (mMn auch ziemlich offensichtlich) sagen wollte, ist, dass man zur Entwicklung einer Festplatte schon ein sehr genaues Verständnis von Magnetismus und Spins usw. haben muss.

    Andere haben das verstanden, Sie etwa nicht?

  183. #183 Jörg Friedrich
    Juli 20, 2010

    @georg: Mit dem Abstand einiger Tage sehe ich auch, dass ich dort überreagiert habe. Auch wenn ich mich damit entschuldigen könnte, dass MartinB dort eben eine unerfreuliche Argumentation zitiert hat, die man ja sofort “mitliest” wenn man Quantenmechanik und Computer in einem Satz findet (siehe auch Ockhams Reaktion) muss ich zugeben, dass meine Reaktion nicht angemessen war. Ich hoffe, MartinB wird es mir verzeihen und bei weiteren Diskussionen wieder dabei sein. Manchmal eskaliert ein Disput an der falschen Stelle, dann muss man ein paar Tage vergehen lassen und neu beginnen.

  184. #184 Andrea N.D.
    Juli 20, 2010

    Amen.

  185. #185 cubefox
    Juli 24, 2010

    Da Ockham hartnäckig fordert, “real” zu definieren bevor man von einer “realistischen Theorie” spricht, hier ein Vorschlag einer Begriffsbestimmung:

    “Real ist das Universum und seine Eigenschaften. Also Materie, Energie, Information (daher auch kognitive Vorgänge), Kräfte und die Raumzeit selbst.”

    IMHO ziemlich unspektakulär. Hinzufügen könnte man:

    “Real ODER nicht real sind außerdem Dinge, die wir wahrscheinlich nie falsifizieren oder verifizieren können werden. Etwa die Annahme dass wir in einem Multiversum leben.”

    Die Tatsache, dass wir von etwas nichts wissen oder sogar nicht wissen können, heißt nicht, dass dieses Etwas nicht trotzdem Bestandteil der Realität sein könnte. Die Definition kann auch statt mit “real” mit “Realität” formuliert werden.

    Daneben halte ich es aber (wie offenbar einige andere Kommentatoren auch) nicht wie Ockham für angebracht, den begriff “realistisch” zu vermeiden. Denn real und realistisch bezeichnen nicht das selbe. JFs Bild des Watzmann ist realistisch (d.h. bildet die Realität, also den Watzmann, relativ genau ab), aber “real” ist nur die Leinwand und die Farbe darauf, nicht aber der abgebildete Watzmann selbst. Wie man hier sieht, ist der Begriff “realistisch” auch steigerbar, im Gegensatz zum Begriff “real”.
    Auch ein Computerspiel wird üblicherweise als mehr oder weniger realistisch eingestuft (was bedeutet das die Grafikqualität hoch ist und sich die Figuren ähnlich wie Menschen bewegen etc.). Es als “real” zu bezeichnen ist aber nicht üblich und hätte hier eine ganz andere Bedeutung.
    Ähnlich wie ein Bild oder ein Computerspiel können auch Theorien eine unterschiedlich gute Annäherung an die Realität sein, also unterschiedlich realistisch sein. Niemand behauptet, dass QM und ART schon der Weisheit letzter Schluss sind, da sie noch nicht miteinander vereinbar sind. Dennoch sind sie IMHO schon deutlich realistischer als die Newtonsche Mechanik.
    Die Diskussion hier ist insofern zweckmäßig, als sie versucht möglichst sinnvolle Kriterien für realistische Theorien zu finden. Wer beispielsweise strengen Determinismus für notwendig hält, kann die Kopenhagener Interpretation der QM nur ablehnen, da sie einen “objektiven Zufall” enthält und damit indeterministisch ist. Die Bohmsche Mechanik und die Viele-Welten-Interpretation sind dagegen deterministisch.

  186. #186 MartinB
    August 6, 2010

    Nach zwei Wochen selbst verordneter Internetabstinenz möchte ich mich
    nun – mit deutlich niedrigerem Blutdruck – wieder zurückmelden.

    Erst mal @hape, georg, schnablo
    Danke für die Unterstützung – anscheinend war es also möglich, mich zu
    verstehen, das ist beruhigend.

    @JF
    “Mit dem Abstand einiger Tage sehe ich auch, dass ich dort
    überreagiert habe.”
    Na denn, das kann ich gern akzeptieren und singe den Schwamm-drüber-Blues…

    Für die Zukunft würde ich, wenn ich darf, mir von Ihnen etwas wünschen, damit unsere
    Diskussionen nicht mehr ganz so heftig explodieren (für Gegenwünsche bin ich auch gern offen): Es ist jetzt meiner Erinnerung nach das dritte (oder sogar vierte?) Mal, dass Sie mir im Verlauf einer Diskussion plötzlich (und in meinen gaaaaanz unparteiischen Augen relativ unbegründet) mangelnde Ernsthaftigkeit und Desinteresse an den eigentlichen Fragen vorwerfen. Zum Glück ging es nach einer kurzen Abkühlpause dann meist ja doch ganz vernünftig weiter, trotzdem wäre ich froh, wenn Sie darauf in Zukunft verzichten könnten. Es sorgt (vermutlich auf beiden Seiten) für Ärger, Unwillen, und bringt die Diskussion nicht voran.

    Festhalten möchte ich noch einmal, dass das Argument, ohne die QM gäbe
    es unsere Computer nicht, nicht widerlegt werden konnte und somit in Zukunft
    als gültig angeführt werden kann, wenn mal wieder jemand über die
    Quantenmechanik oder die Physik nörgelt und uns erzählt, dass seien
    alles nur nutzlose Märchen. Ich werde dann freudig auf diesen Eintrag
    verweisen.

  187. #187 krabat slalom
    August 7, 2010

    @ mb:

    …mangelnde Ernsthaftigkeit und Desinteresse an den eigentlichen Fragen vorwerfen…

    krabat hofft, es kommt nicht zu einer explosion irgendwelcher art, wenn er sich an diese stelle einmischt. aber es könnte hilfreich sein zu fragen, was denn die eigentlichen fragen sind, die den herrn fridrich hier umtreiben.
    nach krabats bescheidener meinung nun, kreist herr fridrich um die frage nach den bedingungen und grenzen (natur-)wissenschaftlichen denkens, also darum, was wir eigentlich machen, warum wir das machen können und warum wir es gerade so machen wie wir es machen, wenn wir uns ein wissenschaftlichliches weltbild schaffen.
    also keine kritik pysikalischer theorie im engen sinne a la irineus czwirko, der sitzt eigendlich demselben missverständniss auf wie du; keine fragen nach der physik der welt, sondern fragen nach dem denken, das diese physik schafft.
    diese fragen sind keine physikalischen, sondern eben philosophische fragen.
    deshalb laufen deine physikalischen antworten auf herrn fridrich an ihm vorbei. als physiker mußt du dir diese fragen nicht stellen, als physiker kannst allerdings auch keine antworten darauf geben.
    das problem freilich ist auch, das der herr fridrich selbst immer noch so sehr physiker(wenn auch “nur” meteorologe) ist, daß er, nach krabats dafürhalten, die antworten auf seine fragen immer noch innerhalb der physik zu finden hofft.
    das freilich ist sein problem, nicht deines.

    krabat hofft mit diesem ungefragtem einwurf etwas zur vermeidung weiterer mißverständnisse beigetragen zu haben.

    gelebt und gestorben bruder

  188. #188 MartinB
    August 7, 2010

    @krabat
    Danke. Da ist sicher viel Wahres dran – ich versuche mal, das im Hinterkopf zu behalten, auch wenn ich glaube dass es den Kern nicht vollkommen trifft. Ich würde das hier aber in Abwesenheit von JF nur ungern weiter diskutieren, das hätte einen komischen Beigeschmack.