i-a89f206982f3f488ca0af954b0bbf381-Leibniz-thumb-220x157.jpg

Was glauben Sie ist wahr, ohne es beweisen zu können? Wenn diese Frage genialen Wissenschaftlern gestellt wird, hofft man auf clevere Zukunftsvisionen. Wenn man sie einer renomierten Wissenschaftsjournalistin stellt, erwartet man zumindest keinen Blödsinn. Margaret Wertheim philosophiert reduktionistisch über eine vereinheitlichende Weltformel und scheitert an der Frage.

Im Wissenschaftsteil von Spiegel-Online wird gerade Content des Online-Magazins Edge recycelt. Der aktuelle Artikel ist eine Übersetung eines Beitrags der renomierten Wissenschaftsjounrnalistin Margaret Wertheim aus dem Jahr 2005. Ihr wurde die Frage gestellt: “What do you believe is true, even though you cannot prove it?

Diese Frage, an Wissenschaftler gestellt, ist aus zwei Gründen interessant:
Zum einen geht es um den Wortlaut der Frage. Für einen Wissenschaftler ist “believe” hier gleichbedeutend mit “educated guess”, also in keinster Weise etwas, das mit “Glauben” im religiösen Sinne zu tun hat. Es ist notwendig, daran zu erinnern, auch wenn diese Interpretation aus wissenschaftlicher Sicht selbstverständlich ist.

Zum anderen ist natürlich die Antwort interessant. Was denken führende Wissenschaftler, wohin sich die Forschung entwickeln wird und welche Fragen auftreten werden, aber aktuell noch nicht gelöst werden können? Der Frage zu Grunde liegt das Bild des Wissenschaftlers als kreatives Genie, so geprägt vom Aufklärer Didier Diderot, aber auch von Gottfried Wilhem vom Leibnitz (Bild oben).

Margaret Wertheim: “What do you believe is true, even though you cannot prove it?

Ihre Antwort, die der Weltformel gleich kommt: “Ich glaube, kann es aber nicht beweisen, dass es immer Dinge geben wird, die wir nicht wissen“. Wahnsinn. 42. Und da sie schon mal solch einen bedeutsamen Satz abgesondert hat, geht sie auch gleich mit der Forschung an der tatsächlichen Weltformel hart ins Gericht. Sie postuliert mit tiefer Einsicht: “Eine Theorie von Allem (Weltformel) würde nicht einmal erklären, wie Schneeflocken zustande kommen“.

Das ist auch nicht weiter verwunderlich, beschäftigen sich doch Physiker, die an der sogenannten “Weltformel” arbeiten mit der Vereinbarkeit der vier Grundkräfte: Gravitation, Elektomagnetismus, starke und schwache Wechselwirkungen, und nicht mit Kristallorgrafie.

Sie schreibt weiter: “Doch eine solche Theorie würde […] nichts darüber besagen, wie sich Proteine bilden oder wie die DNA entstand“. Richtig, dafür gab es auch schon 2005 Lehrbücher der Genetik, Biochemie und Molekularbiologie. In jeder gut sortierten Buchandlung.

Ihre Reduktion verschiedenster Facetten und Diziplinen der Wissenschaft auf die eine und alles erklärende “Weltformel” zeugt nicht unbedingt von Verständnis, wie Wissenschaft funktioniert. Ist es Naivität? Margaret Wertheim behauptet fälschlicherweise am Anfang des Artikels, die Wissenschaft selbst basiere auf der Überzeugung am Ende alles wissen zu können. Durch die folgende Aufzählung offener wissenschaftlicher Fragen unterstellt sie indirekt der wissenschaftlichen Methode das Scheitern. Ähnlich argumentieren Kreationisten und sonstige Wissenschaftsgegner auch.


Spiegel-Artikel Debatte über Weltformel: Warum wir niemals alles wissen werden
Originalartikel von Margaret Wertheim in dem Onlinemagazin Edge von 2005
Bild: Ausschnit von Gottfried Wilhelm von Leibnitz von Bernhard Christoph Franke

Kommentare (14)

  1. #1 buchstaeblich
    7. November 2008

    Hmmmm … ich würde ja glatt sagen: Die hat das Wort nicht verstanden.
    😉

  2. #2 Tolya Glaukos
    7. November 2008

    auf:

    “Ich glaube, kann es aber nicht beweisen, dass es immer Dinge geben wird, die wir nicht wissen.”

    lasse ich zu anfang donald antworten:

    “Reports that say that something hasn’t happened are always interesting to me, because as we know, there are known knowns; there are things we know we know. We also know there are known unknowns; that is to say we know there are some things we do not know. But there are also unknown unknowns – the ones we don’t know we don’t know.”

    ich habe den artikel (auf spiegelonline) mit sehr viel vergnügen gelesen, mit größerem noch als die vorangegangenen fröhlichen mutmaßungen der damen und herren wissenschaftler.
    frau wertheims ansichten haben mir gefallen – ich habe ihre argumentation anders dechiffriert als der latent polemische commentschreibende hier … die schneekristalle sind für mich lediglich metapher für die rumsfeldianischen known unknowns.

    frau wertheim scheint mir recht zu haben: was nützt mir einsteins e=mc², wenn ich die funktion des menschlichen geistes zu analysieren versuche? obgleich die formel auch ihren einfluss auf das menschliche denken haben würde, wenn sie korrekt wäre (sie gilt bislang als nicht schlüssig widerlegt und deshalb gültig), hätte sie mit dem phänomen geist nur wenig zu tun oder wäre gar absolut uninteressant für einen hirnforscher …

    eine formel, die alles erklären möchte, halte ich für ein post-religiöses relikt. viele wissenschaftler (wie hawking) können so ihren spirituellen neigungen einen quasi-wissenschaftlichen ausdruck verleihen. letztendlich kann solch ein satz (oder meinetwegen 42) nur klischee sein; wie wäre es mit einem:

    KREIS=RUND

    ?

    das wäre doch eine hübsche weltformel.

    (und selbst wenn sie die vier grundkräfte in einer formel harmonisieren – was haben sie dann erreicht? das beantwortet (noch) nicht die frage, wie diese grundkräfte entstanden sind, warum sie so sind und nicht anders, usw.. )

  3. #3 klaus
    7. November 2008

    @ Tolya Glaukos
    Einstein hatte auch nicht vor, den menschlichen Geist zu erklären oder eine Weltformel aufzustellen. Sein Thema lautete “Zur Elektrodynamik bewegter Körper”, und die wird in dem Aufsatz, in dem unter anderem auch E=mc² vorkommt (allerdings in einen längeren Term eingekleidet), recht gut erklärt. So ist das eben im wissenschaftlichen Tagesgeschäft, mitunter befasst man sich nicht ständig mit Weltformel, Geist usw. Die Neurobiologie, die durchaus einmal etwas zum Thema “Geist” wird sagen können, dürfte vermutlich auch nicht gerade relativistische Physik dazu benötigen.

    Wertheim hat m.E. auch nur eine Frage etwas umformuliert, an der, wie wir heute wissen, Kant scheiterte: gibt es synthetische Urteile a priori? Kant meinte ja und berief sich auf die Gültigkeit der euklidischen Geometrie. Schon sein Zeitgenosse Gauß hätte ihm da heimleuchten können…also nur alter Wein in neuen Schläuchen.

  4. #4 Tolya Glaukos
    7. November 2008

    hallo klaus,

    ich bin mir bewusst, dass einstein in seiner formel keine ultimative weltformel gesehen haben kann … ich habe seine formel nur herangezogen, weil sie derzeit die bekannteste formel ist; mir ging es um die formel an sich. denn was ist eine formel?
    sie setzt parameter in beziehung, bildet verhältnisse ab.

    mit a-priori-synthetischen-urteilen habe ich mich bisher nicht befasst und kann ohne erläuterung selbiger leider nichts dazu sagen.

    herzliche grüße!

  5. #5 Ludmila
    10. November 2008

    Hmm. Mir gefällt die Reduktion der Wissenschaft auf Formeln auch nicht. Und die eine alles erschlagende Formel gab es noch nie und ich kenne keinen Wissenschaftler, der danach strebt. Könnte das so ein typischer Übersetzungsfehler Wissenschaftler< ->Laie sein?

    Wissenschaft in erster Linie zu verstehen, was diese Formeln bedeuten. Wie die Formeln zusammenhängen und wie man sie anwendet. E=mc2 ist erst einmal nur eine Aneinanderreihung von Buchstaben. Wenn man sie aber versteht, kann man erklären warum die Sonne leuchtet.

    Im Übrigen kann man das mit den Schneeflocken auch erklären. Man kann sogar Schneeflocken am Computer nachmachen: Bitte mal schnell nach “Schneeflocke” und “fraktaler Geometrie” googeln. Wissenschaft bietet also schon jetzt Erklärungen für die Schneeflocke und die Eigenschaften der Sonne.

    Irgendwie scheint es mir so, als ob hier die Autorin versucht über etwas zu philosophieren, dass sie nur aus dem Hörensagen kennt. Das merkt man doch immer wieder, dass hier Leute mit ihren persönlichen Vorstellungen von der Wissenschaft aufschlagen, die aber kaum mit dem übereinstimmt, was wir über Wissenschaft verstehen.

  6. #6 Tobias
    10. November 2008

    @Ludmila: Margaret Wertheim ist aber eine renomierte Wissenschaftsjournalistin, also die Erklärung, die Autorin schreibt über irgend was, das sie nur vom hören sagen kennt, gilt glaube ich nicht. Ein Übersetzungsfehler ist es auch nicht, ich habe das Orignial gelesen (im Artikel verlinkt).

    Mir scheint, der Artikel von Wertheim ist einfach nur flüchtig geschrieben, da keine Lust oder Zeit gehabt was anständiges zu verfassen. Falls nicht, ist ihre reduktionistische Sicht durchaus bedenklich, und der einleitende Satz, dass es der Wissenschaft darum ginge “alles zu verstehen”, im Zusammenhang mit dem dann aufgezeigten Scheitern (nicht mal wie eine Schneeflocke funktioniert verstehen sie) ein typisches Argument wie man es von Wissenschaftsgegnern aller coleur findet.

  7. #7 tolya glaukos
    12. November 2008

    schneeflocke hin oder her – der glaube, die welt jemals bis ins letzte detail verstehen zu können, erscheint mir als irrglaube. wenn man sich die wissenschaftsgeschichte näher ansieht, dann stößt man immer wieder auf euphorische jubelschreie, dass mit dieser neuen theorie nun gewiss alle rätsel gelöst werden … wie war es mit watsoncricks DNA-modell? man hatte den erbkristall gefunden und glaubte sich dem ziel der träume nahe: man könne nun verstehen, wie das leben technisch funktioniere. nur dass man heute mehr fragen hat als damals … so, wie das wissen wächst, wachsen auch die fragen …

    ich würde wissenschaft so definieren: auf fragen antworten zu suchen.

    wertheim muss sich gefallen lassen, wenn man ihre äußerungen als demotivierend empfindet. selbst wenn man heute schneeflocken selbst mit iterativ-fraktalen methoden noch nicht überzeugend nachmodellieren kann, eines tages wird man es so gut können, dass zumindest dieses rätsel gelöst sein wird …

    ich freue mich immer über neue erkenntnisse, aber ich halte auch skepsis für angebracht, wenn jemand dann proklamiert, man habe nun den gordischen knoten gelöst, das klingt so schrecklich angeberisch …

  8. #8 Tobias
    12. November 2008

    @toyla glaukos
    Ja, wie war das damals, als Watson und Crick die Struktur der DNA beschrieben haben. Ich weiss es nicht genau, da ich 1953 noch nicht geboren war. Was ich aber weiss, ist das in der Originalpublikation in Nature nirgendwo von irgendeinem Erbkristal die Rede ist.

    Ich habe auch den Eindruck, die von Ihenn zitierten Jubelschreie, über die Lösung aller Probleme mit dieser oder jener neuen Theorie entspringen ihrer Phantasie. Ich jedenfalls habe noch keine solche Schreie vernommen.

    Es geht um Wertheims Satz, die Wissenschaft selbst basiere auf der Überzeugung am Ende alles wissen zu können. Das ist nicht richtig. Wissenschaft basiert auf logischen Gedankengängen testbaren Hypothesen, und nicht auf irgend einem Absolutheitsanspruch.

  9. #9 tolya glaukos
    12. November 2008

    lieber tobias,

    möchtest du jetzt also mein fantasievermögen wissenschaftlich erforschen? viel spaß, einen größeren fiktionsraum wirst du nur selten in einem menschenhirn finden 😉

    eines wirst du nicht leugnen können, dass neue wissenschaftliche erkenntnisse hochgejubelt oder – im heutigen medienzeitalter: hochgejazzt – werden. du kannst natürlich fragen, von wem und wo und wieso.

    anbei:
    ich habe nicht geschrieben, dass watson oder crick öffentlich gejubelt haben (außer natürlich, als sie die codierung gefunden haben, in ihrem arbeitsraum …), aber man hat sie bejubelt.
    ob sie den begriff erbkristall geprägt haben, kann ich dir nicht sagen.

    hat wertheim das so formuliert: dass wissenschaft darauf basiert, einmal alles wissen zu können? so hatte ich sie nicht verstanden. ich zumindest hatte den eindruck, sie wolle vermitteln, dass der wissenschaftler bescheiden bleiben soll, und an bescheidenheit kann ich – generell wie speziell – nichts schlechtes finden.

    ihren schlusssatz kann ich nur beipflichten.

  10. #10 Joerg
    12. November 2008

    Wissenschaftliche Erkenntnisse werden hochgejubelt? Im Gegenteil, das Desinteresse an Wissenschaft ist maximal, und nur wenn man Erkenntnisse in fürchterlich aufreißersiche Verpackungen steckt liest überhaupt jemand drüber…da jubelt niemand…

  11. #11 Werner Hahn
    20. November 2008

    Kommentar gelöscht, da Eigenwerbung und ohne Bezug zum Artikel.

  12. #12 Peter
    18. Januar 2009

    Weltformel

    Selbst wenn die Weltformel gefunden wird, – bzw enteckt wird, wen kommt es zu gute, sicherlich nur solchen, die sie gefunden haben, doch der rest der Menschheit hat sicherlich kein wahren Nutzen davon.

    Wissenschaftler in der ganzen Welt mögen noch so vieles entdecken besonders was das Universum angeht, welche sich darauf spezialisiert haben, die Weltformel zu entgecken, die schließlich alle Fragen beantwortet.

    Der Mensch an sich ist nicht vollständig erforscht, sowie Pflanzen und Tiere von den unendeckten Tieren ganz zu schweigen, bestimmte Wissenschaftler haben es sich zur Gewohnheit gemacht 3 Schritte vor dem ersten zu nehmen, ohne dabei die anderen Schritte tun zu müssen, – während vieles andere mehr noch nicht erforscht wurden ist.

    Das wir Menschen nicht die einzigen sind im Universum ist längst nichts neues aber, das es noch höhere Wesen gibt in der Unendlichkeit ist so gut wie sicher und vieleicht haben diese schon die Weltformel, in der Unendlichkeit ist alles möglich.

  13. #13 Tobias
    18. Januar 2009

    @Peter: Gefasel.

    …das es noch höhere Wesen gibt in der Unendlichkeit ist so gut wie sicher…

    Was?

  14. #14 Torben
    18. Januar 2009

    Zitat: “Das wir Menschen nicht die einzigen sind im Universum ist längst nichts neues aber, das es noch höhere Wesen gibt in der Unendlichkeit ist so gut wie sicher und vieleicht haben diese schon die Weltformel, in der Unendlichkeit ist alles möglich.”

    Ja und die Beweise wurde seit dem Jahr 1966 mehrfach einem millionen Publikum vorgestellt.

    “der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreien das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer der Raumschiffes Enterprise, dass mit seiner 400 Mann starken Besatzung 5 Jahre lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisation. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt……..”
    – Bereits die erste Sendung der 1. Staffel hat uns mit der Geschichte um ein extraterrestrisches Lebewesen, das Salz zum Überleben braucht, in der Gestalt von McCoys Jugendliebe erscheint, und schließlich in seiner Verzweiflung mehrere Mannschaftsmitglieder ermordet – eindrucksvoll gezeigt wozu höhere Wesen aus der Unendlichkeit fähig sind.
    – Ich würde eher sagen bei Gene Roddenberry ist alles möglich…..