Ich muss gestehen, ich kannte Volker Pispers bisher noch gar nicht. Was habe ich versäumt!

Ja, mir blieb zwischendurch das Lachen im Halse stecken. Ehrlich und zynisch bis zur Schmerzgrenze. Genau wie ich es mag 😉

Danke an Jörg vom Timeblog für den Tipp.

Anlass war eine Diskussion zu diesem Beitrag. Was da für ein Lehrer- und Schulbild von einem Kommentator kolportiert wurde. Ich bin entsetzt!

Ich hab es überhaupt erst meinen Lehrern zu verdanken, dass ich heute Wissenschaftlerin bin.

Mein Biologielehrer in der 5. Klasse, Landesbeauftragter für “Jugend forscht”, sammelte damals einfach mal einige Schüler für ein Projekt ein. Er setzte sich sogar nachmittags mit mir hin und half mir, meinen allerersten Experimentier-Bericht auf einer altertümlichen Schreibmaschine zu schreiben.

Mein Physiklehrer fuhr mich in der 8. Klasse völlig überstürzt zu “Schüler experimentieren”, nachdem die Wettbewerbsleitung in meiner Schule angerufen hatte, um nachzufragen, wo ich denn bliebe. Meine Eltern hatten die Einladung zum Wettbewerb verschlunzt.

Mein Mathelehrer in der 10. Klasse trainierte mich für die Matheolympiade und versuchte, mich für ein Mathematikstudium zu begeistern. Na ja, Physik und Mathe liegen nicht so weit auseinander 😉

Mein Geschichtslehrer in der Oberstufe überredete mich dazu, noch eine Nachprüfung anzusetzen, um meinen Abiturdurchschnitt zu heben. Seiner Meinung nach hätte ich übrigens das Zeug zu einer guten Lehrerin gehabt. Ich glaubte selbst aber nicht, dass ich gut genug dafür wäre. Weil ich vor dem Lehrerberuf einen Heidenrespekt hatte – und bis heute habe.

Kommentare (17)

  1. #1 Chris
    November 25, 2008

    Es wäre so lustig, wenn es nicht so wahr wäre. Viel zu viel ist ganz normaler Alltag.

  2. #2 Joerg
    November 25, 2008

    Ich würde mir noch wünschen, dass er noch rabiater mit seinem Publikum umgeht, und noch ein paar Sprüche richtet an die die trotzdem lachen wo sie sich grad schämen müssten…ein Schuss Hagren Rether dazu.
    Aber egal, ich hab Pispers ganz gesehen, zweieinhalb Stunden auf dem Niveau, fast alles was er gesagt hat war gut. Mehr als an dem Abend hab ich lange nicht gelernt und gelacht. Der Mann ist einfach großartig!

  3. #3 TSK
    November 25, 2008

    Ziemlich böse, der Herr Pispers….

    Da ich annehme, dass ich der fragliche Kommentator bin, eine kleine Korrektur:
    Es sollte nicht heißen “Was da für ein Lehrer- und Schulbild von einem Kommentator kolportiert wurde”, sondern “Was ich glaube, was der Kommentator für ein Lehrer- und Schulbild kolportiert hat”. Bitte lies Dir noch einmal den Text durch und *frage* erst, was ich damit genau gemeint habe.

    Es ging nämlich *nicht* darum, ob eine Schule sinnvoll ist, ob hier ein hohes Niveau herrscht, ob Schulpflicht sinnvoll ist oder nicht. Es ging darum, warum Schüler, die in der Bildkolumne als “Klugscheißer” verschrien worden sind, in der Schule oft gemieden und gemobbt werden. Warum es nicht möglich scheint, sich Anerkennung in der Klasse durch gute Noten >>allein<< zu erkaufen. Ich habe versucht zu erklären, welche sozialen Mechanismen in Gang sind und wie es möglich ist, die Feindschaft einer Klasse zu minimieren. Und vor allem: Das die Position in der Klasse nichts, aber auch gar nichts damit zu tun hat, welche soziale Position man nach der Schule einnehmen wird. Dass gute Lehrer helfen können und sogar (schluck) in Anspruch genommen werden sollten, habe ich schon im ersten Beitrag erwähnt. Die Aufzählung, was Deine Lehrer alles für Dich getan haben; was sollte die also sagen, was nicht in meinem Kommentar drinstand ?

  4. #4 Ludmila
    November 26, 2008

    @TSK: Na, es kam schon echt hart rüber, was Du da erzählt hast. Eine richtige Bunkermentalität. Als ob die Schulzeit ein Kriegszustand wäre.

    Siehe es einfach so. Deine Kommentare waren für mich der Anlass, auf ein Herzensthema hinzuweisen: Wie wichtig Schulen und vernünftige Lehrer sind und dass die Schule von mindestens drei Parteien gemacht wird – und nicht von nur einer.

    Da sind die Lehrer, die Schüler und die Eltern, die unmittelbar gemeinsam dafür verantwortlich sind, dass das Projekt Schule gelingt. Die Eltern entschuldigen sich damit, dass sie keine Zeit haben, die Schüler sagen: “Wir sind halt noch Kinder/zu jung. Wo sollen wir Verantwortung übernehmen?” Ach, Blödsinn. Kinder können viel mehr, als man ihnen zutraut. Fördern und fordern. Außerdem sind nicht wenige Schüler 20 Jahre alt, wenn sie Abitur machen. Es kann mir keiner was in der Oberstufe was von “Es sind halt noch Kinder” erzählen.

    Drumherum sitzt die ganze Gesellschaft, schüttelt angewidert den Kopf und fühlt sich wie so oft ansonsten nicht angesprochen. “Die Politik” soll es mal wieder richten. Und natürlich vor allem die Lehrer.

    Lehrer sein, war noch nie ein wirklich leichter Beruf. Heute ist es zugleich ein verachteter. Wir vertrauen Menschen, die wir verachten, das Wertvollste an, was wir haben? Unsere Kinder?

    Es gibt nur ein Beruf, der noch verachteter ist: Der Politiker. Aber dem vertrauen wir auch nur unsere Freiheit an und lassen ihn uns regieren.

  5. #5 Jane
    November 26, 2008

    Ich hab mir TSKs Kommentare durchgelesen und muss ihm leider Recht geben. Klar, es gibt auch engagierte Lehrer, ein paar habe ich auch kennengelernt.

    Die Mehrheit ist m.E. eine Zumutung. Studien haben es ja bestätigt. Wer wird Lehrer? Die eher nicht so Schlauen, nicht so Leistungsbereiten und die mit Komplexen, die im richtigen Leben (sprich außerhalb des wohlbehüteten Biotops Schule) keine Chance hätten.

    An genau diese Sorte kann ich mich gut erinnern. Wehe, man fragt etwas, das nicht ins vorgefertige Unterrichtskonzept passt. Dann gibts keine Antwort und einen Rüffel obendrein. Auswendig Lernen ja, selber Denken und, oh Graus, eine eigene Meinung haben, nein. Dann wird man später nämlich “RAF-Terrorist”.
    Schüler, die Probleme in einem Fach haben auch mal ermutigen? Fehlanzeige. Immer nur brüllen, schimpfen, niedermachen, am besten vor der ganzen Klasse an der Tafel. Irgendwelche anderen Methoden als Frontalunterricht? Um Himmels Willen, könnte ja Extraarbeit bedeuten!

    Hat der Lehrer Frust im eigenen Leben, dann lässt er es an den schwachen Schülern, den Außenseitern aus. Nichts macht mehr Freude, als einen ohnehin verunsicherten Teenager mal so richtig vor versammelter Mannschaft zu demütigen. Was war ich nicht alles: Blöd, faul, unverschämt, hässlich, zu dumm fürs Gymnasium, ich hätte endlich mal die Schnauze zu halten, nicht so blöd zu gucken, würde unter der Brücke landen (das sind Zitate). Besonders schön (in Chemie): “Du hast ne Eins in der Ex, dass hätte ich Dir ja nicht zugetraut, dass Du ausnahmsweise mal was kannst”. Danke!

    Man nehme dazu noch eine angepasste Klassengmeinschaft aus Ja-Sagern und Schleimern, also echten Strebern (Menschen die nicht aus Leidenschaft lernen sondern aus Gehorsam und die damit sofort aufhören, wenn es ihnen keiner befiehlt). Und fertig ist die Horrorshow.

    Mittlerweile bin ich selbst in der Lehre tätig, aber an einer Uni. Für den Bruchteil des Gehalts eines Lehreres versteht sich. Promoviert wird nebenher. Da kommt locker eine 60-70 Stunden Woche zusammen. Ich machs gerne, aber wenn ich an die hochbezahlten, unterqualifizierten und faulen Lehrer aus meiner Schulzeit denke kriege ich einen regelrechten Hass.

    Um den Lehrerberuf wieder zu einem angesehenen Beruf zu machen: Beamtenstatus abschaffen, wer unfähig ist fliegt. Ich könnte mir theoretisch gut vorstellen als Lehrerin zu arbeiten, aber NICHT mit diesen Kollegen! Ich denke so geht es vielen. Warum soll ein guter Akademiker sich so ein Arbeitsumfeld antun, umgeben von faulen Versagern, die jeden Schüler der nicht 100% spurt als Zumutung empfinden?

    *geiferausdemgesichtwisch*
    Sorry, beim Thema Schulzeit kommts mir mehr als 10 Jahren später immer noch hoch.

  6. #6 Ludmila
    November 26, 2008

    @TSK, Jane: Ich seh schon. Ihr scheint das Opfer der von Pispers erwähnten (optimistisch geschätzten) 1/3 der Lehrer geworden zu sein, die ihren Schüler das Leben zur Hölle gemacht haben. Das tut mir herzlich leid und klar, wenn sich ein ganzes Kollegium von solchen Typen zusammenrottet, dann ist das übel.

    Wenn ich nur an solche Lehrer geraten wäre, dann hätte ich mich vermutlich aufgehängt. Lehrer können einem eben auch das Leben versauen, wenn es richtig schlecht läuft. Kinder, Jugendliche sind ja sehr formbar und auch unsicher. Red jemandem lang genug ein, dass er schlecht und faul ist, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass dieser Fall auch eintritt.

    Letztendlich unterstreicht das die Kernaussage dieses Posts. Ich denke, da sind wir uns wohl einig. Wir brauchen mehr gute Lehrer und eine vernünftige Bewertung und Bezahlung derselben. Damit die Lehrer, die sich bemühen, auch dafür belohnt werden.

    Dann wird auch das Klugscheißer-Problem weniger.

  7. #7 Rincewind
    November 26, 2008

    Ich habe die Schulzeit ähnlich wie Jane empfunden – allerdings hatte ich wenigstens zwei Lehrer, bei denen ich wirklich gelernt habe – erstmal nicht für mich, sondern für sie. Ich wollte sie nicht enttäuschen. Solche Lehrer brauchen wir.

    Pispers hat das ja sehr schön verglichen: Man bildet ja auch nicht jahrelang Bäcker theoretisch aus, um dann festzustellen, dass sie eine Mehlallergie haben. Beim Medizinstudium ist die Problematik ähnlich, nur kann der Mediziner, der feststellt dass er mit Patienten nicht umgehen kann, immer noch ein vorzüglicher Chirurg werden. Bei Lehrern geht das nicht. Die Ausbildung ist dringend, wie das ganze System, reformbedürftig.

    Ich mag den Pispers nicht in allem, was er sagt, aber die beiden Videos sind einfach nur gut, und treffen 100% zu.

  8. #8 TSK
    November 26, 2008

    > Als ob die Schulzeit ein Kriegszustand wäre.

    Das *war* Krieg. Einer gegen alle.
    Ich zitiere mal meine Zeugnisse:
    1. Klasse
    “Doch bemühte er sich immer wieder, die Regeln und Vereinbarungen der Klassengemeinschaft einzuhalten”.
    Ja, Fräulein X, sie mochten es nicht, wenn man nach dem Sinn und Zweck der Regeln fragt und woher genau die kommen ?

    2. Klasse
    “Er hatte Schwierigkeiten, Beziehungen zu seinen Mitschülern aufzubauen, da er nicht immer Rücksicht auf das durchschnittliche Lerntempo der Klasse nahm und überempfindliche Reaktionen zeigte, wenn nicht alles nach seinem Wunsche verlief.”
    Ja, da kann man leider nichts machen. Wenn ich gewisse Sachen nicht verstehe und man es mir nicht erklären kann, dann reagiere ich “überempfindlich”.

    Gutachten nach der 4. Klasse
    “Es fällt ihm nicht immer leicht, präzise Arbeitsanweisungen und organisatorische Regelungen des Unterrichtes zu begreifen oder einzuhalten”.
    Ja, an wem liegt das wohl, dass ich die nicht begriffen habe ? Woran könnte das wohl liegen ? Nein, es liegt sicher nicht daran, dass sie sich hinter “organisatorische Regelungen” verschanzen, wenn ich ihnen widersprochen habe. Es liegt nicht daran, dass sie nicht in der Lage sind, sie zu vermitteln. Nein, es liegt nicht daran, dass die “präzisen Arbeitsanweisungen” entweder sinnlose Fleißarbeit sind oder das sie nicht damit zurechtkommen, wenn ich Aufgaben nicht nach Schema F löse und sie den Lösungsweg nicht kapieren.

    Fazit: Als Kind war es mir egal, welche guten Gründe Erwachsene für eine Schule haben. Wenn man gut mit der Schule zurechtkommt, merkt man nicht, dass da Gitterstäbe vor dem Fenster sind. Wenn man nicht damit zurechtkommt, werden die Gitterstäbe nur allzu deutlich. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich nicht ganz koscher gewesen bin, ich hatte wirklich ziemlich viele soziale Macken.

    Das Problem waren nicht die Lehrer. Das Anpassen an die Lehrer war (für mich) kein Problem: Sie können einem nichts tun und das, was man lernen soll, ist bewältigbar. Das Problem waren die Schüler: Wenn man einmal auf die Außenseiterposition gerutscht ist, dann ist es fast unmöglich, da wieder herauszukommen. Der Grund, warum ich die Schule nicht gewechselt habe, war die Horrorvorstellung, dass es nichts geändert hätte. *Das* hätte mich wirklich fertiggemacht.
    Einer aus der Nachbarklasse, der sogar besser als ich war, hat das Kunststück geschafft, in seiner Gemeinschaft akzeptiert zu werden. Hätte ich ihn gebeten, mir da zu helfen, wer weiß, aber dazu hatte ich nicht die soziale Reife. Deshalb ist es mir ein Anliegen, das andere nicht denselben Fehler machen und kapieren, warum sie da hineingeraten sind und was sie dagegen tun können.
    Selbst gute Lehrer ändern nämlich nichts an der Klasse. Ich habe herausgehört, dass Deine Lehrer, die Dich ja anscheinend mochten, auch nicht in der Lage waren, zu verhindern, dass du gemobbt und geschnitten wurdest. Lehrer können keine wirklichen Freunde sein, da sie durch Ihre Autorität gebunden sind. Es ist bezeichnend, dass sich in der Schule gemobbte oder zu Hause mißhandelte Kinder sehr häufig lieber eine Schlinge knüpfen als einen Lehrer um Hilfe zu bitten. Das ist eben so.

  9. #9 Ludmila
    November 26, 2008

    @TSK: Ich habe herausgehört, dass Deine Lehrer, die Dich ja anscheinend mochten, auch nicht in der Lage waren, zu verhindern, dass du gemobbt und geschnitten wurdest.

    Die ersten Jahre nicht. Aber dann durfte ich auf Betreiben der Lehrer die Klasse wechseln. Und auf einmal ging es. Komplett anderes Klima. Ich wurd jetzt nicht der Liebling der Klasse, aber ich war auch nicht mehr der Paria, der zum Abschreiben gerade gut genug war. Ich hab von einigen Leuten auf der Uni gehört, dass ein Schulwechsel durchaus helfen kann. Schlimmer geht es in so einer Situation auch kaum.

    Aber klar, dem Lehrer anvertrauen tun sich die wenigsten. *Ist ja der Feind*

    Zum Glück gibt es heute Internet. Da können sich gemobbte Schüler viel besser Hilfe und Überlebenstipps holen, als wir damals.

    Mobbing in der Schule. Ja, das ist sowieso immer ein heißes Thema. Es ist nicht immer nur der kluge, sondern auch der arme, der pummelige, der nuschelnde, der stotternde, der etwas klein geratene oder sonstwie andere Schüler, der ins Visier der Klasse oder eben wie Jane es erzählt sogar des Lehrers rutschen kann.

  10. #10 Jane
    November 26, 2008

    @Ludmilla: Das sind wir uns tatsächlich einig. Wir brauchen gute Lehrer. Theoretisch wäre das ein Beruf gewesen, für den ich mich hätte begeistern können. Eine strengere Auswahl und bessere Kontrolle könnte m.E. dazu beitragen, dass die Schulzeit keine Horrorerinnerungen weckt, sondern dort die Grundlage für Begeisterung an Wissen und die Bereitschaft für lebenslanges Lernen gelegt wird.

    Solche Lehrer gibt es ja durchaus. Mein LK Sozialkundelehrer war so einer.

  11. #11 Christian Reinboth
    November 26, 2008

    Naja, der Pispers hat auch leicht forschungsfeindliche Tendenzen, beispielsweise wenn es darum geht, die Ängste der Menschen vor der Gentechnik zu schüren:

    https://de.youtube.com/watch?v=yC_5OvfELD0&feature=related

    Abgesehen davon ist mir der Hinweis auf die “akademische Ausbildung” der Erzieherinnen in den Ostblock-Staaten suspekt. Hier wird nämlich leider ausgelassen, was im Erziehungswesen des Ostblocks alles abgelaufen ist und welchen Unfug man den Pädagogen im Laufe ihrer “akademischen Ausbildung” eingetrichtert hat.

  12. #12 GeMa
    November 26, 2008

    Ich kann von einer ähnlichen Schulzeit berichten wie Ludmila. Fordern und fördern. Matheolympiaden, Physikwettbewerbe, sind mir noch bestens bekannt. Vorn mit dabei – immer Mädchen. Das Mädchen das nicht können, habe ich 15 Jahre später zum ersten Mal gehört. Von einem Physiklehrer.

    Einziger Unterschied war, dass es kein Mobbing gegen gute + sehr gute Schüler gab, die waren nie Parias. Es war einfach nicht “cool” nicht zu lernen oder sich nicht zumindest zu bemühen. Umgekehrt war es peinlich. Man wurde aber auch nicht gegeneinander so ausgespielt wie heute, sondern es wurde von uns verlangt, den weniger guten zu helfen. Heute gibt es für brave Grundschulmädels schon mal Schokolädchen vor der versammelten Klasse, weil sie so gut (und die anderen so doof) sind. Was soll das für eine Pädagogik sein?

    In meiner Klasse waren 5 mit einem Notendurchschnitt von 1,4 bis 1,1 (was aber keine absolute Seltenheit war) – davon gab es nur eine Außenseiterin. Klugscheißend ;-), schleimend und ihren Mitschülern gegenüber immer unsolidarisch. Es hatte also nichts mit dem Lernenwollen zu tun. Alle anderen Einser waren selbst bei jedem Blödsinn mit vorn dabei, keine Chorknaben und trotzdem Lust an der Leistung. Das man nur etwas lernen kann, wenn man heftig angepaßt ist (Frage ist an was?) stimmte (damals) einfach nicht. Etwas anderes habe ich darüber auch nie gehört, bspw. aus der in etwa gleichaltrigen Verwandschaft, die also zu meiner Zeit in der Schule waren.

    Was mir noch auffiel – ich kenne keinen Lehrer aus dieser Zeit, der so stark auf persönliche Sympathien/Antipathien reaktiv gewesen wäre, wie ich das heute ständig mitbekomme (3 Schulkinder). Diese Freiheit und die, eigenen persönlichen Frust oder Unzulänglichkeiten derart und unverblümt auf Schülern abzuladen – zum Teil schon bar jeder Hemmschwelle, also die ist mir erstmals begegnet, seit ich Schule von meinen Kindern und deren Freunden kenne. Und Lehrer, die (Zitat) “sich mal richtig auskotzen wollen” über xy, haben von mir auch nur Unverständnis zu erwarten und sei es nur über die unterirdische Art der jeweiligen Wortwahl.

    Mal nicht, dass es nicht auch bei unseren Lehrern keine Vorlieben oder Antipathien gegeben hätte – nur irgendeinen Einfluß auf die Notengebung hatten die nicht in der massiven Form. Mein Bruder wurde von seinem Mathe-/Physiklehrer regelrecht gehasst – die 1 hat er trotzdem jedes Jahr bekommen. (davon hätte ich noch mehr Beispiele) Eltern hatten da auch noch nicht soviel Angst vor kleinlichen Racheaktionen seitens der Lehrerschaft. Heute erlebe ich sogar Fälle eklatantester Faul- und Dummheit – bei der Eltern nicht widersprechen, weil sie die nächste Notenvergabe befürchten. Ein D. bekommt in Mitarbeit eine glatte 5 (fließt auch in die Zeugnisnote so ein) – zufällig passt es D. nicht länger, ständig von diesem Lehrer mit S. angeredet zu werden (nach nur 2 Jahren Unterricht bei ihm) – so kommt heraus, dass die 5 eigentlich zu S. gehörte, der “leider” die 2 von D. bekam. Reine Nervensache eben. Ignoranz und Desinteresse wohl eher. Wirklich bemerkenswert fand ich daran aber auch nur, dass Ds Eltern verzichtet haben, die Änderung der Zeugnisnote zu verlangen, weil der Lehrer unverhohlen durchblicken ließ, dass dieses bürokratische Ungemach sicher Folgen für D im nächsten Schuljahr haben wird. Da kommt man durchaus ins Grübeln.

    Von anderen Dingen braucht man gar nicht anfzufangen – Beleidigungen, Erniedrigungen, davon haben die anderen schon geschrieben. Da müssen Schüler heute eben durch, damit hat man sich längst abgefunden. Übrigens auch Eltern, die dann lieber raten, das zu schlucken, um bloß nicht mit einer Meinung aufzufallen.

    Was TSK und Jane schreiben – kann ich nur bestätigen. Sehr wenige engagierte Lehrer, die auch wissen, was in ihrem Fach los ist und das vermitteln können. Eine Überzahl an falschen Leuten an so einem wichtigen Ort wie Schule.

    Das schlechte Image kommt nicht von selbst geschlichen und auch nicht ausschließlich daher, weil alle Eltern ihren eigenen Teil Verantwortung nur auf die Lehrer abwälzen. Was heute Lehrer werden möchte und warum, da kann ich die Vorschreiber auch bestätigen aus eigenem Erleben. Es ist schon beängstigend, wenn man die künftigen Lehrer so ganz privat kennenlernt und deren ungeschminkte Meinung und Fähigkeiten so zur Kenntnis nehmen muß. Jammernd, bevor es überhaupt losgeht im Beruf (über umögliche Bratzen = Schüler), ängstlich, Depressionen Arztbesuche weil die Diplomarbeit über Harry Potter nicht recht vorangeht, empört weil der Beamtenstatus nicht so ganz aalglatt gesichert zu sein scheint (gesundheitliche Probleme, der Streß halt) – das alles vor dem 1. Arbeitstag. Und dann noch dieses ganze hirngespülte : Pendeln, Kartenlegen, Engel”s” hören, mit Bäumen sprechen, gute Energie an das Universum schicken. Bemerkenswert, wie sie sich gegenseitig ihres Verständnisses versichern, auf die häßliche Leistungsgesellschaft schimpfen und sich gute kosmische Energien schicken.

    Man kann nur hoffen, das sowas in dieser ganzen Pracht wirklich die Minderheit darstellt. Ernst nehmen kann ich solche Leute jedenfalls nicht.

    Merkwürdigerweise gibt es aber immer noch Lehrer, die fordern und fördern, die wirklich etwas können – und die nun nicht gerade alle bei den Kids beliebte Eigenschaften haben. Deren Unterricht tut das keinen Abbruch, sie werden nicht geliebt, aber respektiert und dort wird verstanden und gelernt. Die sollte man auch unterstützen, und sei es nur durch Feedback.

    Der Gerechtigkeit halber will ich aber trotzdem anfügen, dass heute trotzdem lernen möglich sein kann. Ohne sich einzuschleimen oder in der Klasse gemobbt zu werden, weil man lernt. Es gibt auch schon eine Menge Schüler, die sich rausreden. Nicht jede schlechte Zensur ist unverdient oder aus persönlichen Vorbehalten gegen unangepasstes Verhalten vergeben worden ;-). Dazu gehört heute aber mehr denn je Rückgrat, auch der Klassenmenge gegenüber und so richtig Wille, etwas zu lernen. Aber Rückgrat und Selbstbewusstsein ist glaube ich fast am Wichtigsten.

  13. #13 Martin
    November 27, 2008

    Wie TSK schon sagte, die Unkündbarkeit von Lehrern ist das Grundübel schlechthin. Solange die Lehrergewerkschaften sich eisern dagegen wehren, dass Lehrer nicht mal bei offensichtlicher Unfähigkeit gekündigt werden können, verdienen sie meiner Meinung nach jede öffentliche Kritik. Klar gibt es hervorragende Lehrer – aber negative Erlebnisse wirken nun mal stärker als positive.

    Überhaupt sind Schulen sehr seltsam organisiert. Eine Schule wäre eigentlich ein – wie eine Anwaltskanzlei, eine Unternehmensberatung oder ein Krankenhaus – eine Expertenorganisation, sprich die Qualität steht und fällt mit den Mitarbeitern. Eigentlich sollte in solchen Organisationen die Personalentwicklung (anwerben, ausbilden, halten, etc) erste Priorität haben (siehe zB den Aufwand, den McKinsey bei Recruiting an den Unis betreibt, obwohl die nur 100-200 Leute pro Jahr im ganzen deutschsprachigen Raum einstellen).

    Statt dessen macht man Mitarbeiter gleich mal unkündbar und hat (zumindest bei den AHS-Lehrern in Österreich) ein unglaublich ineffizientes Selektionssystem (Ausbildung auf der Uni ohne Praxis, danach 1 Jahr Praktikum in einer Schule mit 98% Erfolgsquote (wer will schon einem jungen Kollegen die Karriere zerstören?)). Lehrer wird, wer lang genug auf einen Platz wartet (zum Glück ändert sich das jetzt ein wenig).

    Alles in allem muss einen das Ergebnis also nicht wundern.

  14. #14 Ludmila
    November 27, 2008

    @Christian Reinboth: Gut zu wissen, Dein Kommentar zur Gentechnik. Werde ich im Hinterkopf behalten.

    Was die akademische Ausbildung der Kindergärtner im Ostblock angeht. Ich stamme ja zur Hälfte aus einem Land, das selbst innerhalb des Ostblockes eine Sonderstellung einnahm und hab dort auch eine Zeitlang gelebt. Es gibt einen guten Grund, warum der Fall der Mauer in allen Ländern ziemlich unblutig ablief – nur eben in Rumänien nicht. Will sagen: Die wussten ganz genau, dass man erst mal die Kleinkinder auf Kurs kriegen muss, um hörige Bürger zu kriegen. Dafür war ihnen das beste gerade gut genug. Daher eben die akademische Ausbildung. Die natürlich im Ostblock nichts mit Freiheit zu tun hatte.

    Das gleiche gilt allerdings umgekehrt auch für mündige und wissbegierige Bürger. Du musst sie früh fördern. Ich hoffe, das hört sich jetzt nicht allzu sehr nach Gehirnwäsche an 😉 Gerade damit scheinen wir aber paradoxerweise oder vielleicht zwangsläufig (als Ausdruck der Freiheit ?) ein Problem zu haben.

    @alle: Ok, ich kenne auf der anderen Seite einige engagierte junge Lehrer, wobei ich vermutlich einem Auswahleffekt unterliege: Wer ehrenamtlich in einem Schwimmverein arbeitet, der ist auch als Lehrer engagiert. Desweiteren sind einige ehemalige Kollegen nach ihrem Doktor in die Schule gegangen und da muss ich sagen: Na ja.

    Die Mehrheit der ehemaligen Kollegen traue ich das durchaus zu. Seltsamerweise sind gerade die mit einer ausgebildeten Lehrerin verheiratet. Hmm, wie kommt das wohl?

    Dann kenn ich aber auch Fälle von Leuten, welche die Schule als Fallschirm aus der Forschung benutzt haben und von deren pädagogischen Fähigkeiten ich nicht so überzeugt bin. Klar, man sucht händeringend Physiklehrer. Aber ein schlechter Physiklehrer, weil pädagogisch überfordert und fachlich unterfordert ist nicht besser als gar keiner.

    Der Lehrermangel ist eine selbst verstärkende Abwärtsspirale. Aus lauter Not, um überhaupt so etwas wie Unterricht machen zu können, sammelt man alles ein, was man kriegen kann: Erhält allerdings so auch viel Ausschussware. Und hier reden wir von den Gymnasien. Was bei den anderen Schulformen los ist, will ich lieber gar nicht erst wissen.

    Und wir wundern uns dann an der Uni, wenn bei uns Studenten landen, die grundlegendste Dinge nicht können und im Extremfall nicht wissen, wie man sich etwas selbst erarbeitet, vernünftig nachschlägt und mit Rückschlägen umgeht. Das mit den grundlegendsten Kenntnissen kann man schnell beheben, aber Lernen, Recherchieren und Beharrlichkeit auf der Uni zu lernen ist viel zu spät.

  15. #15 GeMa
    November 27, 2008

    Da wir beruflich öfter einmal umziehen müssen, kenne ich mittlerweile auf unsere 3 Kinder verteilt 11 Schulen von Grund-, Orientierungsstufe, bis Gymnasium. Es gibt nicht nur junge, sondern auch ältere engagierte Lehrer. Für jeden einzelnen ist man doppelt dankbar ! Ganze Klassen beneiden sich gegenseitig, DEN Lehrer im Kurs zu haben. Es herrschen ziemliche Ängste, einen Lehrer zu erwischen, auf den man in Fächern, wo ohne echte Lehrbefähigung gar nichts läuft besonders angewiesen ist. Den naturwissenschaftlichen Fächern.

    Fraglich wie lange man sich das noch leisten will, nach diesem Lotterieprinzip ausgebildeten Nachwuchs an Unis und Ausbildungsstellen zu entlassen.

    Über Pispers, der diesen Text schon länger bringt, habe ich mich kaputtgelacht. Nur geschämt für die Schelte – nein. Auf 70% trifft es sicher zu, ist das schlechte Image redlich verdient worden. Es schwankt lediglich noch auffallend von Schule zu Schule, wieviel oder wenig Ausschuss sich dort versammeln durfte. Oftmals ist der echte Feind des engagierten Lehrers das eigene Kollegium. Dort wird eher abgeschliffen, als durch die vermeintlich unbeschulbaren Horden der heutigen Schüler.

  16. #16 Iris
    Dezember 5, 2008

    Aber klar, dem Lehrer anvertrauen tun sich die wenigsten. *Ist ja der Feind*
    Also ich habe in der vierten Klasse versucht mich meiner Lehrerin anzuvertrauen, das Resultat war dann, dass sie gesagt hat, dass ich nicht aufs Gymnasium gehen soll, weil ich da ja keinerlei Chance habe und spätestens in der 6. Klasse nur noch Fünfen und Sechsen haben werde, weil ich ja in meiner sozialen Entwicklung nicht weit genug bin. Glücklicherweise hatten meine Eltern unendliches Vertrauen in meine Fähigkeiten, meine Noten waren gut und die Lehrerempfehlungen in Bayern sind nicht verbindlich, also bin ich doch aufs Gymnasium gekommen. Da gings dann erstaunlicherweise sofort besser. Ich habe danach allerdings bis zum Studium Lehrern eher misstraut, auch weil ich in meiner Schullaufbahn oft gesehen habe, wie Lehrer ihre Autorität gegenüber den Schülern missbrauchen.
    Bei uns haben teilweise sogar die Lehrer die guten Schüler gemobbt. In Bayern gibts ein Stipendium, bei dem alle Abiturienten über einem gewissen Schnitt nochmal einen Test machen, und das dann bekommen können. Dafür müssen die Lehrer der betreffenden Schüler dann genau auflisten, was sie denn alles in der Oberstufe gemacht haben. In unserem Jahrgang waren da mehrere Leute, die dafür Kandidaten waren, die auch im selben Deutschgrundkurs waren. Der Deutschlehrer hat sich dann vor der ganzen Klasse beschwert, dass er ja jetzt nur wegen diesen Schülern noch ein drittes Buch mit uns lesen muss, weil das ja so im Lehrplan steht(!!) Daraufhin kamen dann natürlich von den anderen Schülern auch noch Kommentare wie: also wegen euch müssen wir jetzt dieses scheiß Buch noch lesen? Von dem Lehrer kamen öfter Kommentare nach dem Motto, na die schon wieder, die Denken ja eh sie sind was besseres über die besseren Schüler.

    Und ja, wir sind uns hier schon alle irgendwie einig, bessere Lehrer braucht das Land. Ich freue mich für dich, dass du anscheinend einige sehr gute Lehrer hattest, das scheint ja bei dir auch wirklich nötig gewesen zu sein. Ich hatte wenigstens immer Unterstützung und Förderung durch meine Eltern, ohne sie hätte ich es aber wahrscheinlich nicht gepackt, dazu waren meine Lehrer nicht gut genug.
    Ich hoffe, dass das die Qualität der Lehrer bald verbessert wird, auch wenn es gerade nicht so aussieht. Lehrer sollten meiner Meinung nach auf jeden Fall gekündigt werden können, und sie sollten auch z.B. öfter Fortbildungen machen, und die Qualität des Unterrichts sollte insgesamt besser kontrolliert werden.

  17. #17 Stefan
    Dezember 7, 2008

    Jürgen Pispers hat sicherlich Recht, wenn er sagt, dass ein Drittel der Lehrer eigentlich nichts an einer Schule verloren haben — Lehrer, deren Unterricht aus dem Vorlesen der Lektürenhilfe besteht oder die die Unterrichtstechnik des 10-Minuten-später-kommen-dafür-15-Minuten-früher-in-die-Pause anwenden. Sicherlich, eine idiotensichere Arbeitsplatzsicherheit lockt solche Leute sicherlich in den Schuldienst, aber auch die Politik hat ihre Schuld. Jahrelang gab es mehr oder weniger einen Einstellungsstopp für Lehrer, bis “plötzlich” entdeckt wurde, dass ganze Kollegien innerhalb weniger Jahre in die Rente gehen würden — zur Illustration: Ich (Abi 1999) hatte zum grossen Teil noch die Lehrer, die schon meine Mutter (Abi 1971) hatte… Nun, muss(te) innerhalb weniger Jahre eine Menge neuer Lehrer gefunden werden, und wie macht man das? Indem man alle Qualitätsstandards fahren läßt und praktisch jeder, egal welche Befähigung oder Notenschnitt, hat bei “passender” Fächerkombination (z.B. Mathe/Physik) eingestellt wird.

    Das schlimme finde ich, dass unter den 30%, 40% oder wie viele Prozent auch immer schlechten/unqualifizierten Lehrer, die wirklich engagierten Lehrer leiden. Und die gibt es. Meine Englisch- und Lateinlehrer, die “Sonderstunden” in den Ferien abhielten, als es auf Abitur bzw Latinum zuging. Oder mein Chemie-Lehrer, der mich und viele andere erst durch eine (ausserunterichtliche) Chemie-AG erst zu den Naturwissenschaften brachte. Dass solche Lehrer nicht durch ihre faulen/unqualifizierten Kollegen nicht frustriert werden, verwundert mich und verdient Bewunderung.