CoRoT hat also ein seltsames Objekt entdeckt: 21 Jupitermassen schwer, aber dabei gerade so groß wie Jupiter.


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Stern oder Planet? Oder etwas dazwischen? Und wie unterscheiden wir das?

Sterne zeichnet vor allem eins aus: Sie erzeugen selbst Licht und Energie durch Kernfusion. Ein Planet dagegen gibt nur noch die Wärme, die er aufgrund der ganzen Kollisionen und Umwälzungen im Rahmen der Planetenentstehung bekommen hat, wieder ab.

Damit Sterne leuchten, müssen sie nicht unbedingt viel größer sein als ein Planet, also größer im Sinne von Ausdehnung und Radius, – weswegen die Unterscheidung zwischen Sternen und Gasriesen alleine anhand der Größe nicht verlässlich ist. Sie müssen vor allem kompakt sein. Die versammelte Masse macht es. Erst aufgrund der hohen Dichte im Inneren verschmelzen Atome miteinander: Kernfusion setzt ein und der Stern leuchtet und bläht sich aufgrund des Strahlungsdrucks im Inneren etwas auf. Strahlungsdruck und Gravitation; das Tauziehen zwischen diesen beiden Prozessen bestimmt von nun an das Leben des Sterns.

Die Massenuntergrenze für Sterne liegt bei etwa 70-80 Jupitermassen – je nachdem wie viel schweres Material das Objekt intus hat. (Ich hab auch schon 75-90 Jupitermassen als Grenzangabe gesehen.)

Die Massenobergrenze für Planeten liegt bei 13 Jupitermassen, weil ab da Deuterium fusioniert. Das ist zumindest ein Teil der Definition der “Working Group on extrasolar planets (WGESP) of the international astronomical union”.

Auch die Entstehungsmechanismen und die Reihenfolge ist eine andere. Zumindest sieht es bislang so aus.

Wie bereits früher mal erwähnt, entstehen zuallererst die Sterne in einem selbstverstärkendem Prozess in einem dichten Gas-/Staubnebel. Zum Glück ist Materie nie wirklich gleich verteilt, es gibt immer Stellen, die etwas dichter sind als der Rest und die daher auch eine stärkere Massenanziehungskraft auf den Rest ausüben. Die Gaswolke kontrahiert. Die Sternenkeime werden immer größer und größer bis die kritische Fusionsdichte erreicht ist.

Erst danach entstehen um diese Sterne aus den Resten, die der Stern übrig gelassen hat und die um den Stern eine Akkretionsscheibe bilden, die Planeten. Und während Sterne demokratisch aufgrund der Gravitation alles zusammenraffen, was ihnen in die Quere kommt, weswegen ihre Zusammensetzung i.A. die Zusammensetzung ihres Geburtsortes widerspiegelt, sind Planeten Gourmets. Ihre Entstehung wird durch das elekrochemisches/mechanisches Klumpen schwerer Staub- und Eispartikel eingeläutet. Das nennt sich dann Akkretion.

Wir haben also auf der einen Sternenseite Entstehung aufgrund von Kontraktion und auf der Planetenseite Entstehung durch Akkretion.

Jetzt klafft oben in dem Massenbereich, den ich angegeben habe, eine Lücke zwischen 13 und 80 Jupitermassen und das ist das Land der Braunen Zwerge.

CoRoT-Exo3b hängt mitten drin:

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Bild: Laboratoire d’Astrophysique de Marseille. Die schlammbraune Farbe von Corot-Exo-3b entspricht wahrscheinlich der Realität. Das Spektrum von früher entdeckten Braunen Zwergen lässt darauf schließen, dass diese Objekte braun sind und klein. In diesem Fall gilt: Nomen est Omen.

So lange wissen wir noch gar nicht von Braunen Zwergen. Obschon ihre Existenz längere Zeit vermutet wurde. Sie wurden etwa zur gleichen Zeit entdeckt wie extrasolare Planeten (1995). Sie scheinen nur aus irgendeinem mir völlig unerfindlichem Grund nicht so sexy zu sein. Dabei können wir aus diesen Objekten ziemlich viel darüber lernen, was einen Planeten jetzt von einem Stern unterscheidet und ob das eigentlich stimmt, was wir uns so zusammenreimen. Oder ob wir da irgendetwas Wichtiges übersehen haben.

Auf den ersten Blick scheint also klar zu sein, dass Corot-Exo-3b ein Brauner Zwerg ist, der irgendwo dazwischen liegt. Zumindest wenn man sich nicht für seine Entstehungsgeschichte interessiert und für die Frage, was es denn jetzt genau mit den Braunen Zwergen auf sich hat. Dann kann man hier aufhören.

Der Rest geht weiter: Entstehen Braune Zwerge durch Kontraktion, die irgendwie gestört wurde, also eher wie ein Stern? Oder entstehen Braune Zwerge eher durch Akkretion, sind also zu groß geratene Planeten?

Es ist noch nicht ganz klar, aber die Antwort, die sich allmählich rausschält, ist: Beides. Beides sollte möglich sein und beides passiert, wobei die untere Hälfte der Braunen Zwerge-Population (bis zu 25 Jupitermasse) von Superplaneten bewohnt ist und die obere Hälfte von zu kurz gekommenen Sternen.

Ein Hinweis auf diese Lösung ist die Wüste der Braunen Zwerge. Denn wie die beiden Bilder gleich zeigen, steht CoRoT-Exo-3b weit und breit ziemlich alleine da. Man findet kaum Objekte, die andere Sterne umkreisen in dem Bereich um die 20 Jupitermassen. Jedenfalls nicht in unmittelbarer Nähe des Sterns. Also innerhalb von 5 Astronomischen Einheiten. Es scheint sich also um Ausnahmeobjekte zu handeln. Das würde man von Superplaneten auch erwarten.

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Bild: Die Massen und Radien Extrasolarer Planeten und Brauner Zwerge. Corot-Exo-3b steht ziemlich alleine da und ist bislang der dichteste Kandidat seiner Art. Er liegt genau auf der Linie, die vorhersagt, dass solche Objekte in diesem Massenbereich zunächst einmal nur an Masse zulegen aber nicht an Radius.

CoRoT-Exo-3b scheint also auf der Planetenseite der Braunen-Zwerg-Wüste zu liegen und könnte ein Vertreter der Superplaneten sein. Um das zu entscheiden, brauchen wir aber noch mehr davon. Ad hoc, meine ich, dass der Zensus gerade bei Mitte 30 liegt. Dem gegenüber steht bereits die fast zehnfache Menge an extrasolaren Planeten. (312 und steigend.)

Obwohl Braune Zwerge mit ihren großen Massen leichter zu entdecken sein sollten als Planeten. Wenn sie denn um andere Sterne kreisen. Das gilt aber vermutlich nur für eine Untermenge der Braunen Zwerge. Denn wenn das “Es ist ein gescheiterter Stern”-Modell ebenfalls eine Untermenge ausmacht, dann ist es durchaus möglich, dass diese während der Entstehung z.B. durch den Vorbeiflug eines Sterns irgendwie rausgeschleudert wurden. Doppelsysteme mit Braunen Zwergen sollten demnach recht selten sein. Als Einzelgänger lassen sich diese Teile aber nur sehr schwer finden, denn die Deuterium-Fusion ist ziemlich ineffektiv. Ein Brauner Zwerg ist fast nur im Infrarot sichtbar und selbst da nur in “jungen Jahren”. Mit zunehmendem Alter werden sie kühler und damit quasi unsichtbar.

Besonders interessante Vertreter der Braunen Zwerge als verstoßene stellare Einzelgänger könnten die freifliegenden Jupiter sein, die vor ein paar Jahren in einem Sternenhaufen entdeckt wurden. Weil sie besonders klein zu sein scheinen. Sie haben zwischen 5-8 Jupitermassen. Nur ohne zu wissen, wo diese Viecher herkommen, ist es bislang unmöglich zu entscheiden: Superplanet oder gescheiterter Stern?

Ich kann dazu nur eins sagen: Gebt mir mehr Daten! Dann reden wir noch mal drüber. In 10 Jahren oder so 😉
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M. Deleuil, H. Deeg, R. Alonso, F. Bouchy, D. Rouan, T. Guillot et al. (2008). Transiting exoplanets from the CoRoT space mission.VI. CoRoT-Exo-3b: the first secure inhabitant of the brown-dwarf desert Astronomy and Astrophysics DOI: 10.1051/0004-6361:200810625

Kommentare (1)

  1. #1 Argent23
    Oktober 9, 2008

    Das Problem mit Sonnen- oder Planetenursprung für braune Zwerge war mir noch gar nicht bewusst – sehr spannend! Zumindest für mich sind sie jetzt gleich weniger langweilig. Anstatt eines “Naja, die sind halt weder Sonne noch Planet, nur irgendwas dazwischen” stellen sie ja wie du schön gezeigt hast einen Grenzfall dar. Und Grenzfälle sind in der Wissenschaft immer sehr spannend, weil sie uns zwingen, die unscharfen Grenzen des aktuellen Verständnisses eingehender zu betrachten.