Man möchte jeden der fünf Richter des höchsten US-Gerichts persönlich zu seiner Entscheidung beglückwünschen. In einem von Juristen als spektakulär bezeichneten Urteil, hat gestern der Oberste Gerichtshof festgestellt, daß auch die Insassen des umstrittenen Militärlagers auf Kuba das Recht auf Zugang zu ordentlichen US-Gerichten haben.

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Daß dieses Urteil mit knapper Mehrheit von fünf zu vier Stimmen gefällt wurde, ist nebensächlich. Denn diese fünf Richter erteilten damit der seitherigen Praxis der Bush-Regierung eine Absage, die für Inhaftierten auf Guantánamo eigens installierte Militärtribunale vorsah.

Auch Guantánamo-Häftlinge verdienen ein faires Verfahren

Stattdessen wurde nun nochmals explizit festgestellt, daß auch die Guantánamo-Insassen diesselben unveräußerlichen Verfassungsrechte besitzen, wie alle anderen Bürger der USA. Und zu diesen verbürgten Rechten zählt nunmal die Möglichkeit, sich gegen die eigene Inhaftierung zur Wehr zu setzen: nämlich auf dem Weg einer Klage vor einem US-Zivilgericht.

Genau diese Möglichkeit hatte freilich die Bush-Regierung den Gefangenen von Guantánamo verwehrt. Im “Military Commissions Act“, den die Bush-Administration 2006 erlassen hatte, wurden US-Gerichte für nicht-zuständig erklärt. Diese Beschneidung des Zuständigkeitsbereichs nimmt das aktuelle Urteil des Obersten Gerichtshofs wieder zurück.

Sieg des Rechtsstaats über die Willkür?

Es ist absolut begrüßenswert, daß wenigstens die Richter in Washington sich der Tatsache erinnern, daß Menschen (selbst wenn sie schwerer Verbrechen verdächtigt werden) vor Willkürakten des Staates zu schützen sind. Und die Logik, die das “System Guantánamo” prägt, kannte eben leider keine gleichen Rechte für alle – man sprach den Inhaftierten gar den Status als Kriegsgefangene ab, nur um sie als “unlawful enemy combatants” (“ungesetzliche feindliche Kombattanten”) zu etikettieren.

Es ist zu hoffen, daß die Richter damit das letzte Wort in der Guantánamo-Frage gesprochen haben und nun zügig und nach halbwegs transparenten rechtsstaatlichen Kriterien über die Inhaftierten befunden wird.

Bush verärgert über den Richterspruch

George W. Bush zeigte sich während seiner Europareise dezent verärgert über das Urteil, das wenig anderes als eine Ohrfeige für ihn ist. Spannend wird sein, wie sich Barack Obama und John McCain zu diesem Richterspruch positionieren.