Noch einmal Kroto. Am Dienstag fand ein Pressegespräch mit Sir Harold Kroto, Bora Zivkovic von PLoS und Jason Wilde von Nature statt. Da alle drei Teilnehmer recht viel geredet haben und die Zeit mit einer Stunde recht knapp bemessen war, stieg die Unterhaltung nicht besonders tief in die Materie ein.

Die meisten von euch werden wissen, dass die Open Access Bewegung versucht das Missverhältnis zu beheben, dass öffentliche Forschung in Zeitschriften erscheint, die von der Bevölkerung im allgemeinen nicht gelesen werden können, ohne riesige Summen zu investieren. Die Idee ist, dass wissenschaftliche Ergebnisse und Artikel die darüber geschrieben werden mit ihrer Veröffentlichung frei zugänglich sind. Dabei gibt es verschiedene Ansätze. Natures Veröffentlichungsploitik erlaubt es den Autoren, die bei ihnen veröffentlichen, inzwischen ihre Artikel nach sechs Monaten auf eine eigene Webseite oder in ein Universitäres Archiv zu geben. PLoS geht noch weiter und ist komplett zugänglich.

Beide Magazine haben aber unter dem Strich das gleiche Problem: Selbst wenn man nur online veröffentlicht gibt es Kosten für Redakteure, Server, etc. Diese Kosten müßen getragen werden. Es gibt mehre Methoden dieses Geld zu erlangen; Abonnements, Werbung, Autorenbeiträge und externe Finanzierung. Da der Open Acess Bewegung vor allem die Abonnements ein Dorn im Auge sind, versuchen sich Magazine wie PLoS über die anderen drei Methoden zu finanzieren.

Ein Vorwurf der Open Access Magazinen oft gemacht wird ist, dass sie sich nicht an den von der wissenschaftlichen Gemeinschaft anerkannten Peer-Review Prozess halten. Dabei werden Artikel anonymisiert anderen Wissenschaftlern gegebenn um sie auf Plausibilität und Wissenschaftlichkeit zu überprüfen. Da wir es auch hier vor allem mit Menschen zu tun haben, gibt es andererseits sehr viel Kritik an diesem Prozess. Bora hat allerdings betont, dass sich PloS an den Prozess hält. Hier hat sich Sir Kroto eingeklinkt und betont, dass in kritischen Fällen die wissenschaftliche Gemeinschaft schlechte Paper schon ablehnt und dass der Peer-Review Prozess nur eine Methode ist um Wissensqualität sicher zu stellen.

Forschung an öffentlichen Einrichtungen sei immer auch altruistisch, behauptet Kroto und sieht nicht ein warum diese dann in kommerziellen Journalen veröffentlicht werden soll. Das ist zwar nicht ein Plädoyer für Open Access, aber mindestens ein unterstützendes Statement.

Ein interessanter Aspekt der Diskussion war, inwiefern sich die Veröffentlichungslandschaft im Moment von alleine ändert und sich etablierte Marken anpassen müßen. Bora hat Natures Investitionen in soziale Netzwerke, Blogs, Foren und Kommentare als Zeichen gedeutet, dass sich Nature auf die Umstellung zu Open Access vorbereitet. Der skeptische Blick auf Jason Wildes Gesicht war herrlich und es ist traurig, dass ich ihn nicht per Kamera eingefangen habe. Jason rechtfertigte sich, dass Online mit den Social Networking Werkzeugen wissenschaftliche Kommunikation statt findet und es mehr oder weniger logisch ist diesen Markt anzugehen.

Damit verbunden ist der Aspekt der Dokumentation wissenschaftlicher Diskussion. Wenn Artikel nicht nur öffentlich zugänglich, sondern auch kommentierbar sind, dann ist der wissenschaftliche Dissens und die wissenschaftliche Entwicklung sichtbar und auch dokumentiert. Für mich klingt dieser Vorschlag, der von Bora kam, dannach, dass man wissenschaftliche Journale auf blogartige Formate (mit besserer Suche) umstellt.

Der nächste Schritt wäre dann, dass man Artikel gemeinsam in einem wikipediaartigen Format schreibt. So wäre der Peer-Review Prozess in den Schreib-Prozess integriert. Für Chemie kann ich mir das nicht wirklich vorstellen, da hier Patente, Wissensbesitz und die Gefahr, dass jemandem das Thema “geklaut” wird auf dem Spiel stehen. Ich bin zwar der Ansicht, dass diese Struktur der chemischen Wissenschaftsgemeinschaft nicht gut ist, aber ich sehe auch keine Entwicklung hin zu offeneren wissenschaftlichen Prozessen.

Am Schluss des Panels waren noch viele Fragen offen. Für mich ist noch die Frage nach den parallelen Entwicklungen der Creative Commons, der Kulturflatrate und der Open Access Bewegungen interessant und ich werde darauf in meinem eigenen Blog bestimmt noch einmal eingehen.

 » Paula Schramm ist Chemikerin und Doktorandin an der Uni Stuttgart. i-56e669b40c1f215ed1c1539d606a346d-Paula_Schramm_45.jpg