Es ist ein Bilderbuchstart für die Tagung der Nobelpreisträger. Die Sonne strahlt über dem glitzernden Bodensee, die ersten Nobelpreisträger sind eingetroffen und die Nachwuchswissenschaftler sind in bester Stimmung. Es kann losgehen. Sechs spannende Tage stehen bevor.

Zum offiziellen Start der Tagung ist neben wissenschaftlicher auch politische Prominenz nach Lindau gekommen. Der Besuch von Wissenschaftsministerin Annette Schavan ist ja fast schon obligatorisch und bringt hier niemanden mehr aus der Ruhe. Für Aufregung sorgte heute nachmittag ein klein wenig der Auftritt von EU-Präsident José Manuel Barroso. Und prompt führten die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen dazu, dass sich die Tagungseröffnung einige Minuten verzögerte.

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Berührende Momente zum Tagungsstart

Erstmals hatte Gräfin Bettina Bernadotte die Ehre, die Tagung im Namen des Kuratoriums zu eröffnen. Wie emotional Gräfin Bernadotte mit der Nobelpreisträgertagung verbunden ist, war spürbar, als sie an ihre verstorbene Mutter – Gräfin Sonja – erinnerte. Ein ausgesprochen berührender Moment zum Anfang.

Annette Schavan und José Barroso gehen auf Nummer sicher: Wer vor 600 Wissenschaftlern die Bedeutung der Wissenschaft lobt, der hat wenig zu befürchten.

Weniger emotional, aber durchaus sympathisch ging es anschließend weiter. Annette Schavan betonte die zentrale Bedeutung der Wissenschaft, die ohne Alternativen sei. Gut, sicher kein mutiges Statement, denn vor mehr als 600 Wissenschaftlern brauchte sie da kaum Widerspruch befürchten.

Richtig und wichtig war sicherlich ihr Hinweis darauf, dass die Herausforderung, die der Klimawandel an uns stellt, auf wissenschaftliche Lösungen angewiesen ist. Und dass sie in ihrer Rede an Hans Jonas’ “Prinzip Verantwortung” erinnerte, das mag eher den Journalisten im Saal gefallen haben, denn ob die jungen Chemiker Jonas kennen?

Politprominenz gibt sich die Ehre

Danach gab es EU-Chef Barroso zu hören. Er zählte auf, wie stark und breit sich die EU für die Wissenschaft einsetze. Richtig ist zweifellos, dass die wissenschaftlichen Förderprogramme der EU viele wichtige Projekte ermöglichen, wieso Barroso die Zuhörer aber mit der Aufzählung von Investitionssummen langweilte, die in diesen Bereich fließen? Egal: Barroso meint es gut mit der Wissenschaft, das ist angekommen und insofern ist es zweifellos gerechtfertigt, dass Barroso in den Ehrensenat der Lindauer Stiftung aufgenommen wurde.

Indiens früherer Wissenschaftsminister Kapil Sibal holte sich jede Menge Sympathiepunkte beim Publikum.

Einen ausgesprochen netten, phasenweise sogar mitreißenden Vortrag hielt dann Kapil Sibal aus Indien. Sibal war bis vor kurzem Wissenschaftsminister und seine Wisssenschaftsbegeisterung war ihm anzumerken.

Er holte sich natürlich Sympathiepunkte, als er von den “greatest minds of our time” sprach und damit einerseits die Laureaten, andererseits aber alle Anwesenden meinte. Und viel zustimmendes Kopfnicken erntete er auch, als er einen Seitenhieb in Richtung kapitalistisches Wirtschaftssystem abgab (“Market prices doesn’t reflect ecological truth”.) Auswege aus den Krisen unserer Gegenwart erhofft sich Kapil Sibal von der Wissenschaft und dabei setzt er auf ihre Kraft neue Perspektiven, neue Lösungs- und Denkansätze aufzuzeigen:

Science ist not only about discovering new facts, it’s also about discovering new ways of thinking. (Kapil Sibal)

Danach gehörte aber den Wissenschaftlern die Bühne. Prof. Werner Arber (Nobelpreisträger des Jahres 1978) wurde für sein langjähriges Engagement für die Lindauer Tagung gewürdigt und revanchierte sich damit, dass er in eigenen Worten just die Idee skizzierte, die das Treffen von Lindau so einzigartig macht: die Begegnungen zwischen den Forschern verschiedener Nationen und Generationen. Und Arber sieht den Wert dieser Begegnungen und Gespräche keineswegs nur wissenschaftlich: er sieht sie als aktive Friedensarbeit und Beitrag zur Völkerverständigung.

Erfahrungsaustausch auf dem Podium

Abschließend wurden dann die Hauptpersonen auf die Bühne gebeten: fünf Nachwuchswissenschaftler wurden zu ihren Erfahrungen und Meinungen befragt, welche Rahmenbedingungen wissenschaftliche Karrieren heute erfordern. Klar wurde, dass die Probleme weitgehend ähnlich sind.

Allerdings gab es auch Ausnahmen: Dr. Kwanka Kyeremeh aus Ghana erklärte, dass für ihn die Tagung und die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen und zu kollaborieren auch aus einem weiteren Grund wichtig sind: in seinem Heimatland mangelt es häufig an der technischen Ausstattung in den Labors. “Scientific equipment” – in den (in dieser Hinsicht) verwöhnten Nationen Westeuropas oder Nordamerikas sicher kein Handicap. Aber dazu ist Lindau eben auch da: um zu erfahren, dass Doktoranden und Forscher in anderen Ländern mit ganz anderen Problemen zu kämpfen haben.

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Mehr Eindrücke von der Eröffnung gibt es auch bei Lars bei Abgefischt:

 » Marc Scheloske ist Sozialwissenschaftler und Redakteur von ScienceBlogs i-f5ff0970053afb8ff0e127c37c02b17c-Marc_45_sw.jpg