Die Arktis schmilzt – und keinen macht’s heiß. So könnte man die Reaktion in den USA auf den Bericht des Nasa-Klimatologen Jay Zwally zusammen fassen, der einen eisfreien Nordpol für den Sommer 2012 prognostziert, wenn sich der jüngste Erwärmungstrend weiter fortsetzt.
Gerade mal zwei müde Zeitungsartikel in der Provinz nahmen sich des Themas an. Wie es scheint, wirkt in frostgebissenen Winternächten die Vorstellung vom Tauwetter am Nordpol für redaktionelle Blattmacher eher beruhigend als alarmierend.
Zugegeben, dass das Polareis stetig ausdünnt, ist nicht neu. Dass dies fatale Folgen für das Ökosystem haben kann und Eisbären dadurch schon in ihrem Bestand gefährdet sein können, hat man auch schon gelesen.
Das Neue und Alarmierende dabei ist das Tempo. Zwally hat mir vorgerechnet, dass das Meereis zwischen Oktober 2004 und 2007 um 32 Prozent an Fläche und um 50 Prozent an Volumen (!) verloren hat. Natürlich friert es im Winter wieder weitgehend zu, und das wird, so schätzt Zwally, auch noch auf lange Sicht der Fall sein. Doch das Polareis wird stetig dünner, was bedeutet, dass es in künftigen Jahren viel früher (und damit länger) eisfrei sein wird. Das freut vielleicht die Schifffahrt, die dann die Abkürzungen durch die Nordost- bzw. Nordwest-Passage länger und zuverlässiger nutzen kann. Und vielleicht wird Ananas-Zucht in Alaska irgendwann mehr sein als ein abgegriffenes politisches Bonmot. Die Eisbären oder Bartrobben, die auf dem Meereis leben, würden dies jedoch nicht komisch finden.
Selbst Zwally behauptet nicht kategorisch, dass die Arktis in vier Jahren eisfrei sein wird – seine Progose ist eine reine Extrapolation dessen, was über die vergangenen vier Sommer hinweg beobachtet wurde. Aber ob’s jetzt vier, fünf, acht oder zehn Jahre dauert, ist gar nicht mehr so entscheidend – das Problem ist nicht mehr zu ignorieren.
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