Prof. Dr. Marion Schick, Präsidentin der Hochschule München, verzichtet im Interview gerne auf ihren Titel. Ihr ist mehr am Inhalt gelegen. Teil II – Wie vereint man Beruf und Familie?

ScienceBlogs: Im ersten Teil unseres Gesprächs raten Sie Frauen ihren Traum zu träumen, Familie und Beruf gleichzeitig zu leben. Hatten Sie im Laufe Ihrer Karriere denn nie ein schlechtes Gewissen, etwa ihren zwei Kindern gegenüber?

Schick: Wir kennen das doch alle. Mit dem schlechten Gewissen muss man leben. Wer Beruf und Familie zu vereinbaren sucht, kennt das zweischneidige Gefühl: Ich bin zu wenig bei meinen Kindern und ich bin zu wenig im Job. Frauen haben einen sehr hohen Anspruch an ihre eigene Leistung. Das erlebe ich bei allen Karrierefrauen. Aber von der Selbstkritik muss man sich lösen. Irgendwann habe ich gemerkt, dass das, was ich im Job mache, trotz zwei Kindern, doch ziemlich ordentlich ist.

Frauen, die berufstätig sind und Familie haben, müssen lernen stolz zu sein auf das, was sie leisten.

ScienceBlogs: Das klingt verhalten stolz.

Schick: Nicht nur verhalten. Frauen, die berufstätig sind und Familie haben, müssen lernen stolz zu sein auf das, was sie leisten. Weil sie für die Gesellschaft Kinder erziehen, die später Staatsbürger werden. Gleichzeitig helfen sie im Beruf einem Unternehmen, einer Organisation, einer Forschungsrichtung weiter. Da kann man doch stolz sein und soll sich nicht zerfleischen. Diese Leistung sollen andere erst einmal nachmachen.

ScienceBlogs: Führen die klar definierten Arbeitszeitfenster, die erziehende Mütter haben, zu mehr Effektivität?

Schick: Sicher. Wir können das nur machen, wenn wir unglaublich effektiv sind und uns trauen, Dinge zu verändern. Das führt etwa dazu, dass man unnötig lange Sitzungen abkürzt, einfach auf den Punkt kommt, viele Rituale nicht mitmacht und sie aber auch nicht braucht. Ich gebe allerdings zu, es hat lange gedauert, ehe ich etwa vor einem Feiertag um 16.30 Uhr in einer Sitzung den Mut aufbrachte zu sagen: „Ich muss jetzt gehen, ich muss einkaufen, morgen ist Feiertag.” Letztlich sind alle froh, wenn jemand sein Menschsein, sein Mutter- oder Vatersein auch einbringen kann.

ScienceBlogs: Wie kann man fördern, dass sich auch Väter verstärkt im Familienleben engagieren?

Schick: Überall wo ich einwirken kann, will ich dies tun – für Männer und Frauen! Immerhin habe ich im engeren Arbeitskreis zwei männliche Mitarbeiter, die sich sehr in ihren Familien engagieren. Einer bringt etwa täglich seine Kinder in den Kindergarten und kann nicht vor 9:30 Uhr hier sein. Ich frage auch männliche Mitarbeiter bei der Einstellung: Wie vereinbaren Sie Familie und Beruf? Das sind kleine Zeichen. Aber wenn das jeder von uns macht, ändert sich doch viel.

Das Interview führte Beatrice Lugger

Mehr:

Teil I – Wie wird man eine erfolgreiche Wissenschaftlerin?

Es folgt noch:

Teil III – Wie können Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Frauen fördern?

Prof. Dr. Marion Schick, Präsidentin der Hochschule München, wechselt zum 1. Oktober 2008 in den Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft. Sie ist außerdem Vorsitzende der Sachverständigenkommission für den Gleichstellungsbericht der Bundesregierung.