Ich habe nicht vor, hier Venter-Bashing zu betreiben. Genausowenig will ich rumphilosophieren, ob Craig Venter und sein Team Gott spielen. Beides kriegt man zur Genüge woanders, wenn einem danach ist. Ich werde auch nicht lange überlegen, ob hier künstliches Leben geschaffen wurde – meine Antwort dazu ist ein deutliches Nein.

ResearchBlogging.orgTrotzdem stellt das, was Daniel Gibson und Kollegen vom J. Craig Venter Institute (JCVI) in ihrem neusten Paper in Science geschrieben haben, gleich mehrere bemerkenswerte methodische Fortschritte dar, die nicht nur dem Ziel Venters, künstliches Leben zu schaffen, weiterhelfen werden. Um genau diese neuen aufregenden Methoden soll es hier also gehen.


Es hilft vielleicht, wenn man weiß warum Venter überhaupt an künstlichem Leben arbeitet. Anders als beipielsweise dem Nobelpreisträger von 2009 Jack Szostak [1] geht es Craig Venter in erster Linie nicht um das Verständnis der Abiogenese, also dem Entstehen von Leben aus der Kombination von mehreren nicht lebendigen Komponenten. Er verfolgt eher einen Ingenieursansatz: Die heute in der Biotechnologie verwendeten Organismen sind leicht veränderte Varianten von in der Natur vorkommenden Organismen. Darum schleppen sie auch einen großen Hintergrund von Genen mit, die zwar für das freie (Über-)Leben in der Natur zwingend notwendig sind, in einem Fermenter beispielsweise zur Produktion von rekombinantem Insulin aber überflüssig, teilweise sogar störend. Die Idee ist einigermaßen simpel: Man suche nach den mindestens nötigen Genen, die ein Bakterium zum Überleben benötigt, jedoch nicht in der Natur, sondern im Labor. Dann kann man diesen Organismus als Grundlage nehmen, um ihn für verschiedenste biotechnologische Aufgaben anzupassen, wie etwa die oftzitierte Ölproduktion. Den Anfang in dieser Richtung machte Venters Team noch bevor er im Wettrennen um die Sequenzierung des menschlichen Genoms berühmt (berüchtigt?) wurde. Vor 15 Jahren veröffentlichte er ein Paper, auch in Science, in der er die Sequenzierung des Genoms von Mycoplasma genitalium beschreibt. Warum gerade diese Art? Weil M. genitalium das kleinste Genom aller freilebenden Organismen [2] besitzt. Damit ist es der sinnvolle Startpunkt, um von hier aus zu versuchen, wie viele weitere Gene man loswerden kann, wenn der Organismus nur noch im Labor überleben soll. Genau das war der zweite Schritt, über den Glass et al. 2006 berichteten – das Minimalgenom von M. genitalium kommt ohne mehr als hundert der 485 Gene aus.

Jetzt wissen wir also, warum am JCVI mit Mycoplasma-Arten gearbeitet wird. Es waren allerdings drei weitere methodische Probleme zu lösen, um Mycoplasmen für die Biotechnologie als Grundgerüst verfügbar zu machen. Diese wurden in den letzten drei Jahren nacheinander gelöst, das neueste Paper stellt im Grunde “nur” den Beweis dar, dass man die Methoden miteinander auch kombinieren kann.

1 Wie baue ich ein Genom?
Angenommen, ich möchte ein Genom von null zusammenbauen. Das bedeutet, ich muss eine Menge DNA in einer bestimmten Sequenz synthetisieren – etwa eine Million Basenpaare für das unabdingbare Minimalgenom, plus alle neuen Gene die ich für eine bestimmte neue Funktion auch dabei haben will. Die Synthese von kurzen DNA-Strängen nach einer vorgegebenen Sequenz ist heutzutage nichts neues, das ist ein Service der von zahlreichen Firmen weltweit angeboten wird. Die für den molekularbiologischen Laboralltag unverzichtbare Methode der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) käme ohne individuell synthetisierte kurze DNA-Stücke gar nicht aus: so werden Primer gebaut! Im Grunde ist das gute, alte organische Chemie. Man baut schrittweise, immer ein Nukleotid nach dem anderen, ein langsam wachsendes DNA-Molekül zusammen. Das Problem dabei ist, dass diese Methode schon bei relativ kurzen Stücken so unzuverlässig in der Sequenz wird, dass man sie einfach nicht für große DNA-Stücke verwenden kann. Es war vor zwei Jahren eine großartige Leistung des JCVI-Teams, verlässlich und wiederholbar wenige tausend Basenpaar lange DNA-Fragmente über diese Technologie zu synthetisieren. Doch damit stehen wir vor einem Problem: Wie sollen wir ein Minimalgenom von über einer Million Basenpaaren synthetisieren, wenn das Maximum, das wir aus den Maschinen kitzeln können, rund 6000 Basenpaare sind? In dem selben Paper von 2008 berichten Gibson et al. von einer cleveren Lösung, die auf homologer Rekombination beruht. Sie unterteilten das gesamte Genom in viele kleine Stücke von ungefähr 6000 bp Länge, die sie auf die bekannte Weise synthetisieren konnten. Die Stücke waren aber so gebaut, dass die Sequenzen an den Enden immer mit dem vorhergehenden bzw. nachfolgenden Stück übereinstimmten. Dann brachten sie schrittweise diese Stücke in Hefezellen ein, die dank ihrer effizienten homologen Rekombination diese Stücke über die zueinander passenden Sequenzen miteinander verknüpften. So wurde nach und nach in Hefe das Mycoplasma-Genom aus synthetisierten Stücken gebaut.

2 Wie kriege ich ein ganzes Genom in eine Zelle?
Wir haben nun also ein ganzes Genom, das wir aber gern in einer Zelle hätten, dass die Gene dort auch abgelesen werden, und die entsprechenden Proteine hergestellt werden. Wie gesagt, es geht Venter hier nicht um ein grundsätzliches Verständnis von Abiogenese. Es ist also auch kein grundsätzliches Problem seiner Arbeit, einfach eine Mycoplasma-Zelle zu nehmen, das Genom daraus zu entfernen, und das neue Genom einzubringen. Methodisch ist das jedoch recht schwer, weil das Einschleusen von DNA in eine Zelle mit zunehmender Größe der DNA immer schlechter funktioniert. Und während das für DNA-Stücke von mehreren tausend Basenpaaren eine molekularbiologische Standardmethode ist, war es 2007 für das gesamte M. genitalium Minimalgenom (über eine Million bp) eben eine große methodische Leistung. Die vom JCVI-Team Genom-Transplantation getaufte Methode nutzt dabei in der Regel verschiedene Arten von Mycoplasmen, die man voneinander unterscheiden kann. Lartigue et al. transplantierten 2007 beispielsweise das Genom von Mycoplasma mycoides in Zellen von Mycoplasma capricolum. Die Proteine von M. capricolum sorgen dabei zunächst für das Ablesen der Gene vom M. mycoides-Genom, und werden dadurch nach und nach von diesen Genprodukten ersetzt. Nach relativ kurzer Zeit ist eine solche Zelle nicht mehr von Zellen des Genomdonors zu unterscheiden.

3 Wie mache ich ein in Hefe gebautes Genom bakterientauglich?
Eigentlich könnte man meinen, dass man nun das Rüstzeug hat, um auch synthetisierte Genome in eine Empfängerzelle zu transplantieren. Wie sich herausgestellt hat, ist das leider nicht ganz so einfach. Eine weitere molekularbiologische Standardmethode ist das Schneiden von DNA-Molekülen an bestimmten, vom Forscher gewünschten Sequenzen, was durch Restriktionsenzyme bewerkstelligt wird. Ursprünglich stammen Restriktionsenzyme aus Bakterien, die sich mit ihnen gegen fremde DNA schützen: Dringt fremde DNA (beispielsweise von einem Virus) in eine Bakterienzelle, so wird sie von dem Restriktionsenzym an bestimmten, häufig vorkommenden Stellen geschnitten, so dass viele kleine DNA-Fragmente entstehen, die dann abgebaut werden können. Die Bakterienzelle muss aber ihre eigene DNA schützen, so dass das Restriktionsenzym nicht das eigene Genom kleinschnippelt. Dazu modifiziert sie ihre eigenen Schnittstellen durch das Anhängen von Methylgruppen an Nukleotide der Schnittsequenz. Die so veränderten Nukleotide können vom Restriktionsenzym nicht mehr erkannt werden, das eigene Genom ist geschützt.

Das ist dann allerdings blöd für das JCVI-Team, denn der Hefe fehlen die Methylasen, also die bakteriellen Proteine, um die Restriktionsschnittstellen im bakteriellen Genom zu methylieren. Das in der Hefe in monatelanger mühsehliger Arbeit zusammengebaute Mycoplasmagenom wird darum nur weniger Minuten nach der Genom-Transplantation von der Mycoplasmazelle fein säuberlich zerhäckselt. Dieses spezielle Problem wurde letztes Jahr von Lartigue et al. gelöst, indem das Donor-Genom kurz vor der Transplantation mit Methylasen behandelt wurde oder indem das Gen des betreffenden Restriktionsenzyms aus dem Genom der Empfängerzelle entfernt wurde. Die so geschützte DNA konnte dann problemlos in eine Mycoplasma capricolum-Empfängerzelle transplantiert werden.

Die Masse kräftig rühren…
All diese Probleme – ein sehr großes Stück DNA sequenzgenau zusammenbauen, schützen und übertragen – wurden alle separat von Wissenschaftlern des JCVI angegangen. Vor wenigen Tagen kam dann die Belohnung für die Mühen in einem weiteren Paper, das alle neuentwickelten Methoden miteinander kombiniert. Das ist eine großartige Leistung, und all die Aufwerksamkeit in den Medien auch wert.

Wie man allerdings die Frage beantwortet, ob dabei auch neues Leben geschaffen wurde, liegt vielleicht daran, wie man sie betont. Ist es ein Organismus, der vorher nie existierte? Ja, in dieser Hinsicht ist Mycoplasma mycoides JCVI-syn1.0 wirklich neu. Die Genomsequenz dieses Mycoplasmastamms unterscheidet sich vom natürlichen M. mycoides unter anderem durch absichtlich eingebaute “Wasserzeichen” wie ein James Joyce-Zitat. Damit haben sie gleichzeitig auch vier Stellen im Genom gezeigt, an denen man problemlos neue Sequenzen einbauen kann, ohne dessen Funktion zu stören, was wichtig für eine biotechnologische Nutzung mit neuen Genen ist. Wenn man solche eher kleinen Änderungen an der Sequenz durch Einfügen oder Entfernen von Genen als Schaffung von neuem Leben bezeichnen will, dann geschieht das täglich zigfach weltweit, und es ist somit nichts besonderes mehr. Ich finde etwas anderes viel beeindruckender: Eine Idee, die vor über 15 Jahren ihren Anfang nahm, konnte nach harter, meistens sicher auch stinklangweiliger molekularbiologischer Arbeit endlich auf die Grundlage gestellt werden, um sie jetzt auszubauen. Das Faszinierende ist deshalb meiner Meinung nach nicht die Arbeit selbst, sondern die neuen Möglichkeiten, die aus ihr erwachsen. Das J. Craig Venter Institut ist in der Lage, Bakteriengenome mit Wunschsequenz zu bauen und in Empfängerzellen zu transplantieren. Jetzt darf man gespannt sein, ob sie ihr Versprechen halten, und die Biotechnologie damit umkrempeln.

[1] Szostak versucht nach seinen Arbeiten zu homologer Rekombination und zur Telomerbiologie (für die er den Nobelpreis erhielt) momentan, von Grund auf künstliches Leben zu schaffen. Dabei geht er parallel replizierende Vesikel (anstelle von Zellmembranen), RNAs mit enzymatischer Aktivität (als Speicher- und Enyzmkombination) und die Produktion und Selektion komplett neuer Proteine an.

[2] Es gibt Parasiten mit noch kleineren Genomen. Das kommt allerdings daher, dass die Gene losgeworden sind, die für ein eigenständiges freies Überleben notwendig sind. Für die Biotechnologie sind diese Arten deshalb uninteressant, man müsste schließlich immer auch den Wirt mitkultivieren.


Gibson, D., Glass, J., Lartigue, C., Noskov, V., Chuang, R., Algire, M., Benders, G., Montague, M., Ma, L., Moodie, M., Merryman, C., Vashee, S., Krishnakumar, R., Assad-Garcia, N., Andrews-Pfannkoch, C., Denisova, E., Young, L., Qi, Z., Segall-Shapiro, T., Calvey, C., Parmar, P., Hutchison, C., Smith, H., & Venter, J. (2010). Creation of a Bacterial Cell Controlled by a Chemically Synthesized Genome Science DOI: 10.1126/science.1190719

Fraser, C., Gocayne, J., White, O., Adams, M., Clayton, R., Fleischmann, R., Bult, C., Kerlavage, A., Sutton, G., Kelley, J., Fritchman, J., Weidman, J., Small, K., Sandusky, M., Fuhrmann, J., Nguyen, D., Utterback, T., Saudek, D., Phillips, C., Merrick, J., Tomb, J., Dougherty, B., Bott, K., Hu, P., & Lucier, T. (1995). The Minimal Gene Complement of Mycoplasma genitalium Science, 270 (5235), 397-404 DOI: 10.1126/science.270.5235.397

Glass, J., Assad-Garcia, N., Alperovich, N., Yooseph, S., Lewis, M. R., Maruf, M., Hutchison III, C. A., Smith, H. O., & Venter, J. C. (2006). Essential genes of a minimal bacterium Proceedings of the National Academy of Sciences, 103 (2), 425-430 DOI: 10.1073/pnas.0510013103

Gibson, D., Benders, G., Andrews-Pfannkoch, C., Denisova, E., Baden-Tillson, H., Zaveri, J., Stockwell, T., Brownley, A., Thomas, D., Algire, M., Merryman, C., Young, L., Noskov, V., Glass, J., Venter, J., Hutchison, C., & Smith, H. (2008). Complete Chemical Synthesis, Assembly, and Cloning of a Mycoplasma genitalium Genome Science, 319 (5867), 1215-1220 DOI: 10.1126/science.1151721

Lartigue, C., Glass, J., Alperovich, N., Pieper, R., Parmar, P., Hutchison, C., Smith, H., & Venter, J. (2007). Genome Transplantation in Bacteria: Changing One Species to Another Science, 317 (5838), 632-638 DOI: 10.1126/science.1144622

Lartigue, C., Vashee, S., Algire, M., Chuang, R., Benders, G., Ma, L., Noskov, V., Denisova, E., Gibson, D., Assad-Garcia, N., Alperovich, N., Thomas, D., Merryman, C., Hutchison, C., Smith, H., Venter, J., & Glass, J. (2009). Creating Bacterial Strains from Genomes That Have Been Cloned and Engineered in Yeast Science, 325 (5948), 1693-1696 DOI: 10.1126/science.1173759


Kommentare (22)

  1. #1 Sören
    Mai 22, 2010

    Danke. Jetzt hab ich das also schon mal begriffen. Jetzt fehlt noch der Pflanzenartikel und ich bin glücklich…

    Und was die Schaffung neuen Lebens angeht, wird oft vom Jetzt-Zustand ausgegangen ohne zu bedenken, was schon alles in der Vergangenheit über die letzten paar 1000 Jahre passiert ist. Das ist vermutlich das größte Problem dabei.

  2. #2 Dr. Glukose
    Mai 22, 2010

    Super Beitrag und super erklärt 😛

    Diesen Artikel müsste man an alle Pressestellen schicken, die nur das Wort “Bioterror” in den Vordergrund stellen!

  3. #3 fatmike182
    Mai 22, 2010

    Kompakteste & beste Zusammenfassung der ganzen Thematik bisher – danke!
    Soweit ich in einem Nature Letter gelesen habe wurde sowohl methyliert als auch die Restrikrtionsenzyme entfernt (hab den Link grad nicht, sry).
    Klingt so als wäre dem nicht so, oder?

  4. #4 GeMa
    Mai 22, 2010

    Aha. Danke, gut erklärt 🙂

  5. #5 Joe Dramiga
    Mai 22, 2010

    Sehr schöner Artikel. Toll erklärt und spannend geschrieben.

    “The life that is devoted to knowledge passes silently away, and is very little diversified by events. To talk in public, to think in solitude, to read and to hear, to inquire and answer inquiries, is the business of a scholar. He wanders about the world without pomp or terror, and is neither known nor valued but by men like himself.”

    Samuel Johnson

  6. #6 martin k
    Mai 22, 2010

    Danke, wann kann ih hier eigentlich flattern?

    Sowas hätte ich mir von einem Zeitungsportal mit Wissenschaftredakteur genwünscht, für sowas würde ich auch gerne paar cents lassen.

  7. #7 Wb
    Mai 23, 2010

    Schön zusammengefasst (und wesentlich informativer als das, was es in den Populärmedien zu lesen gibt), gute Arbeit! Wb

  8. #8 nihil jie
    Mai 23, 2010

    schöner und sehr informativer blog artikel 🙂 dennoch hat er mir noch mindestens zusätzliche stunden abverlangt…. ich musste doch schliesslich noch nachlesen was so manch ein begriff bedeutet damit ich Dein artikel verstehen kann. ich habe ja schliesslich auch nicht jeden tag mit genetik zu tun 🙂
    und es stimmt was meine vorkomentatoren schreiben… es ist viel informativer als viele die man sonnst noch zum thema im netz findet. daher danke auch ich für die nützlichen informationen… 😉

  9. #9 Alexander
    Mai 23, 2010

    @alle: Toll, es freut mich, dass euch mein Post gefällt!

    @Sören: Keine Angst, der gewisse von einer einzelnen Person mehrfach gewünschte Artikel kommt bestimmt! 😉

    @fatmike182: Wenn ich das aktuelle Paper richtig verstanden habe, wurde nur in resIII-negative Zellen transplantiert. Macht eigentlich auch Sinn, weil die aus den Hefezellen geholte DNA in der Größe extrem empfindlich ist.

    @martin k: Na grundsätzlich gibt es mit flattr-Buttons hier kein Problem, ein paar der anderen Blogs haben schon einen eingebaut. Ich hab allerdings noch keine Einladung, bei mir wirds also zumindest vorerst nix. Oder hättest du noch eine zu vergeben? 😉

    @nihil jie: Ich habe versucht, den Text auch ohne großes molekularbiologisches Hintergrundwissen zu verstehen. War das OK so für dich (oder natürlich auch andere Leser)? Die Hintergründe waren dann hoffentlich auch ausreichend verlinkt, wenn jemand mehr wissen wollte.

  10. #10 nihil jie
    Mai 23, 2010

    @Alexander

    also der text an sich ist natürlich schon verständlich… da habe ich absolut nichts dran aus zu setzen 🙂
    da ich aber nur selten mit der genetik in kontakt komme, musste ich mir noch ein mal ein paar dinge darüber ins gedächtnis rufen… sei es um alles noch etwas besser zu verstehen und nach zu vollziehen. was ich nicht unbedingt als negativ bewerte… es ist eher positiv wenn ein interesse geweckt wird, dinge die einen umgeben besser verstehen zu wollen 😉

  11. #11 Dr. Glukose
    Mai 24, 2010

    Möchte hier auf einen 20 minütigen Vortrag von Craig Venter hinweisen, wo er Stellung zu diesem Thema bezieht:

    Craig Venter unveils “synthetic life”

  12. #12 Redfox
    Mai 25, 2010

    Ein sehr guter Artikel, danke dafür, sobald man hier Flattr’n kann komm ich noch mal darauf zurück!

    Übrigens, ich habe zufällig mal wieder Engels “Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft” gelesen und bin in der Einleitung von 1892 über diesen erstaunlich passenden Absatz gestolpert:

    Aber seitdem sind diese unfaßbaren Dinge eines nach dem andern durch den Riesenfortschritt der Wissenschaft gefaßt, analysiert und, was mehr ist, reproduziert worden. Und was wir machen können, das können wir sicherlich nicht als unerkennbar bezeichnen. Für die Chemie der ersten Hälfte unsres Jahrhunderts waren die organischen Substanzen solche geheimnisvolle Dinge. Jetzt lernen wir sie eine nach der andern aus den chemischen Elementen und ohne Hilfe organischer Prozesse aufbauen. Die moderne Chemie erklärt: Sobald die chemische Konstitution einerlei welches Körpers bekannt ist, kann dieser Körper aus den Elementen zusammengesetzt werden. Nun sind wir noch weit entfernt von genauer Kenntnis der Konstitution der höchsten organischen Substanzen, der sogenannten Eiweißkörper; aber es liegt durchaus kein Grund vor, warum wir nicht, wenn auch erst nach Jahrhunderten, diese Kenntnis erlangen und mit ihrer Hilfe künstliches Eiweiß machen sollten. Kommen wir aber dahin, so haben wir auch gleichzeitig organisches Leben produziert, denn Leben, von seinen niedrigsten bis zu seinen höchsten Formen, ist nichts als die normale Daseinsweise der Eiweißkörper.

    PZ Meyers benutzte ebenfalls den Vergleich mit der Synthetisierung organischer Substanzen.
    Auf auf jedenfall ist es ein interessantes Belegstück dafür das Sozialisten nicht immer schon fortschritsfeindlich waren, so wie einige Spinner heutsotage:

    taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/ein-stalinist-des-lebens
    taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/naive-allmachtsfantasien

  13. #13 Wb
    Mai 25, 2010

    Auf auf jedenfall ist es ein interessantes Belegstück dafür das Sozialisten nicht immer schon fortschritsfeindlich waren

    Fortschrittsfeindlichkeit bei den internationalen Sozialisten gibt es in D erst seit vielleicht 30 Jahren; sie entstand möglicherweise aus der Konkurrenz mit der Grünen Partei und deren Erfolg. Fortschrittsfeindlichkeit ist eigentlich etwas ganz Unsozialistisches.
    Marx&Co. waren nicht einmal antiamerikanisch.

    MFG
    Wb

  14. #14 Hina
    Mai 27, 2010

    Vielen Dank für diesen Artikel ^^ Es ist sehr schön zusammengefasst. Mir ist aber noch unklar wie man denn nun schrittweise ein Nukleotid nach dem anderen zusammenbaut. Zwar ist es schön, dass Firmen soetwas übernehmen, aber wie machen die denn das? Ich verstehe nicht wie aus dem nichts Gene erstellt werden können, da bei einer PCR doch bereits vorhandene Genabschnitte vervielfältigt werden oder?

    LG

  15. #15 Alexander
    Mai 27, 2010

    @Redfox: Ich hatte ja bewusst vor dem Schreiben meines Posts möglichst wenig in den Blogs über Venters Paper gelesen. Nachträglich war ich dann aber doch recht überrascht, wie ähnlich sich die Posts von PZ und mir waren bezüglich Struktur etc. Und die Geschichte mit Wöhlers erster organischer Synthese ist echt spannend, widerlegte sie doch die damals auch unter Akademikern weit verbreitete Idee der vis vitalis, einer allem Leben innewohnenden Kraft, derzufolge organische Chemie nicht möglich gewesen wäre.

    @Hina: Die Synthese von DNA-Strängen Base für Base hat nicht viel mit der PCR zu tun. Du hast recht, für die PCR würde man nämlich ein bereits vorhandenes Stück DNA als Vorlage benötigen. Die Synthese setzt dagegen auf ein erfolgreiches Prinzip der organischen Chemie: Die Schutzgruppe.
    Man fängt mit einem einzigen Nukleotid an, das an einem festen Untergrund wie Glas chemisch fixiert ist. Für alle weiteren Nukleotide, die eins nach dem anderen daran angebaut werden, hat man dann vier Flaschen mit Nukleotidlösungen, eine für jedes Nukleotid. Die werden nacheinander zugegeben. Dabei müssen aber zwei Probleme umgangen werden:
    Angenommen, die freien Nukleotide in Lösung würden freiwillig an die fixierte wachsende Kette reagieren. Dann hätte man ein großes Problem: Man könnte nicht kontrollieren, wie viele Nukleotide in einem Schritt angebaut werden. Dazu tragen die Nukleotide am 5′-Ende eine Trityl-Schutzgruppe, die ein Anbauen von Nukleotiden verhindert. Deshalb wird erst die Schutzgruppe am Ende der fixierten DNA-Kette entfernt. Dann gibt man die Lösung mit dem als nächstes benötigten Nukleotid zu. Da diese freien Nukleotide auch alle am 5′-Ende geschützt sind, kann nur ein einziges an die Kette angebaut werden. Dann nimmt man die Nukleotidlösung weg, entfernt die Schutzgruppe von der um ein Nukleotid gewachsenen Kette, und gibt die nächste Nukleotidlösung zu.
    Das zweite Problem ist, dass die freien Nukleotide nicht freiwillig mit dem Ende der Kette reagieren, auch wenn die Schutzgruppe fehlt. Deshalb tragen die freien Nukleotide am 3′-Ende eine Phosphoramiditgruppe, die mit einem freien 5′-OH reagiert. Das so entstandene Phosphit zwischen den Basen muss dann nur noch zum Phosphat oxidiert werden.
    Um ein einziges Nukleotid an die wachsende Kette anzubauen, müssen also mehrere Schritte hintereinander ablaufen: Schutzgruppe entfernen, Kopplung des nächsten Nukleotids, Oxidierung zum Phosphat. Macht man das Ganze als Kreislauf, wächst die Kette. Heute gibt es für so etwas Automaten, die einfach große Flaschen mit den vier Nukleotiden, und den nötigen weiteren Chemikalien enthalten. Ein Computer hat die zu synthetisierende Sequenz gespeichert, und steuert dann nur noch Pumpen.
    Blöderweise ist der Prozess nicht hundertprozentig sicher, so dass auch immer mal wieder falsche Nukleotide eingebaut werden. Zudem hat man in jeder Runde ein paar Prozent Verlust, so dass man je länger die Kette sein soll, mit immer größeren Ansätzen starten muss.
    Ich hoffe, das war jetzt nicht zu chemisch für dich 😉 Aber falls du das lieber mit Strukturformeln sehen möchtest, hier gibt es den Ablauf mit Bildern!

  16. #16 Hina
    Mai 28, 2010

    @Alexander: Vielen Dank für die Erklärung 🙂 Jetzt ist mir das klar, und zu chemisch war es übrigens nicht ^^

  17. #17 Jörg W.
    Mai 31, 2010

    Hab mich für ein Video hier bedient und hoffe daher, nicht allzu großartige Fehler gemacht zu haben: https://diewahrheit.at/video/bakterien-selber-bauen

  18. #18 Alexander
    Mai 31, 2010

    So, nach ein paar kleinen technischen Hürden ist der flattr-Button jetzt endlich eingebaut!

    @Jörg W.: Klasse, freut mich! Die Eröffnung mit dem Papst hat für verwirrte Blicke bei den Kollegen heute gesorgt, als ich im Büro plötzlich laut losgelacht habe 😉

  19. #19 Jörg W.
    Mai 31, 2010

    @Alexander Danke 🙂

  20. #20 Susi
    November 22, 2010

    Hey Alex, sollte hier doch öfter mal vorbei schauen. Toller Artikel!!! Ich bin begeistert in welch einer lockeren Art du es schaffst komplizierte Themen so interessant, spannend und auch verständlich darzustellen.

  21. #21 Fred
    Dezember 7, 2011

    Klasse Zusammenfassung, sowas sieht man echt selten.

  22. #22 Georg Hier
    April 27, 2012

    Super Artikel, alles leicht verständlich. Jetzt bin ich für meine Hausarbeit perfekt gerüstet.