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Einmal im Jahr ist ein grosszügig definiertes Europa ein Herz und eine Seele. Fast zumindest. Eigentlich sollte Musik beurteilt werden. Vorurteile stimmen wahrscheinlich mit.

Aber zuerst ein kleiner Sprachtest: In welcher Sprache sind folgende Zeilen abgefasst?

Look away/ They try to find the Milky Way/ They love to drink it everyday/ No no no you/ You and I, It’s like you said/ I’m not a Chivers anyway/ You look fine

Genau, es ist vermutlich Englisch (wer sich den ganzen Text antun möchte, hier klicken). Es ist eine Kostprobe des diesjährigen französischen Beitrags an den Eurovision Song Contest. Ein Skandal (nur falls ihr es noch nicht gemerkt haben soltet) weil er auf Englisch ist und nicht Französisch. Non, non, non! Das geht nun aber wirklich nicht. Dies hat daher einen kleinen Skandal im Lande Voltaires provoziert, der seine Kreise bis ins Parlament zog.

Die ganze Welt schmunzelt über diese Form von Heimatschutz, ein typischer französischer Sonderfall also? Mir fiel bei der Geschichte eine statistische Analyse aus dem Jahre 2005 ein. Es gibt nämlich einen schon etwas älteren Artikel, welcher in einer normalerweise auf Physik spezialisierten Publikation erschien (voller Download hier). In diesem Artikel wird das Abstimmungsverhalten der Juroren nach Nationalität analysiert (1).

Die Logik ist die folgende: In einem perfekten Wettbwerb würden alle Richter den gleichen Musikgeschmack haben und objektiv gute Songs würden viele Punkte einheimsen und objektive schlechte Songs wenige. Die Autoren haben eine Serie von 12 Wettbewerben erfunden und sie als fiktive ideale Wettbewerbe (mit konstanter Songqualität) ausgewertet. Diese Zahlen wurden dann mit dem echten Abstimmungsverhalten zwischen 1992 und 2003 im Wettbwerb verglichen und nach auffäligen Abstimmungsmustern gesucht (2).

Es gab gewisse Stimmgruppen die gleich ins Auge sprangen. Oft waren diese geographisch (z.B. Skandinavien) oder politisch (z.B. Griechenland und Zypern) miteinander verbunden, manchmal fehlt auch jegliche Erklärung. Die Autoren stellten auch fest, dass es Stimm-Trends gab die sich mit der Zeit verschoben und diese mehr oder weniger ‘gesamteuropäisch’ akzeptiert waren. Einige Länder folgten jedoch nicht der In-Gruppe. Die Autoren sehen darin ein Muster im Stimmverhalten, das typisch ist, wenn der Richter eine sehr spezifische Vorstellung hat, was ein ‘guter Song’ sein soll und wenig Bereitschaft vorhanden hat, diese zu ändern. Die Länder die als Aussenseiter hervorstachen waren (falls ihr es inzwischen nicht erraten habt) Spanien und Frankreich. Quod erat demonstrandum (3).

Wer sich durch den verlinkten Artikel gekämpft hat, darf sich zur Belohnung noch das Hirn mit dem Video von Sébastien Tellier durchlüften (alle andern dürfen auch gucken aber sollen sich nicht beschweren).

(1) Daniel Fenn, Omer Suleman, Janet Efstathiou, Neil F. Johnson, How does Europe Make Its Mind Up? Connections, cliques, and compatibility between countries in the Eurovision Song Contest in arXiv May 2005.
(2) Die meisten Erklärungen basiern auf einer diagonalen Lektüre des verlinkten Dokuments und einem Artikel im Economist vom Mai 2005 (gebührenpflichtig). Schwachstellen sind höchstwahrscheinlich auf meine Nachlässigkeit zurückzuführen und sollten nicht auf die Autoren des Artikels projiziert werden.
(3) Es ist mir bewusst, dass das Papier gar nichts beweist, aber ich finde es eine interessante Grundlage um im europäischen Kontext etwas über die Wahrnehmung der andern nachzudenken.

Kommentare (9)

  1. #1 Stefan W.
    Mai 28, 2010

    Was ist das denn für ein Schmuh: “In einem perfekten Wettbwerb würden alle Richter den gleichen Musikgeschmack haben und objektiv gute Songs würden viele Punkte einheimsen und objektive schlechte Songs wenige.”

    Was soll denn ein objektiv guter Song sein?

    Ist Musik jenseits von Kultur denkbar? Richter aus unterschiedlichen Ländern haben eine unterschiedliche Musiksozialisation, unterschiedliche Traditionen aufgenommen. Ich meine, es ist doch allgemein bekannt, außerhalb Schottlands, daß das Gedudel einer Sackpfeife unerträglich ist.

    Wir haben es hier nicht mir Vorurteilen zu tun, auch wenn es mit Vorurteilen zu tun hat – ablehnung des Fremden, Sympathie für das Gewohnte.

    Schlimmer als Scheuklappen im Musikgeschmack ist ja wohl die naive Illusion über das, was Musik ist, und wie man es bewerten könnte.

  2. #2 michael
    Mai 29, 2010

    > objektive gute Songs

    Was wird denn da gemessen, die Zeitdauer? Je kürzer, desto besser ? Das ist ein akzeptables Kriterium.

    @Stefan W.
    > Ich meine, es ist doch allgemein bekannt, außerhalb Schottlands, daß das Gedudel einer Sackpfeife unerträglich ist.

    Find ich nicht.

  3. #3 Stefan W.
    Mai 29, 2010

    @michael: Du bist ja auch Schotte. 🙂

  4. #4 michael
    Mai 29, 2010

    @Stefan W.
    > Du bist ja auch Schotte. 🙂

    Frage: Was ist denn ein Schotte?

    Antwort: Ein wegen Verschwendungssucht des Landes verwiesener Schwabe.

    Aber schwäbisches Blut hab ich nicht in den Adern.

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