Als bislang einziger Helvete hier auf ScienceBlogs.de habe ich natürlich auch eine gewisse Verantwortung als Kulturbotschafter.

Daher ist es wohl an der Zeit, dass ich hier einen Einblick in Schweizer Politik ermögliche. Was ist im Moment das brandheisse Thema in der helvetischen Politik? Klimawerwärmung? Terrorismus? Steurstreit mit der EU? Nein. In der Schweiz sorgen sich die Politikerinnen und Politiker um eine Wurst, Cervelat genannt.

Wegen BSE Gefahr sollte der Import von brasilianischen Rinderdärmen gestoppt werden Eigentlich geht es darum eine entsprechende EU Regelung die per 1. April in Kraft tritt ‘autonom nachzuvollziehen’, wie der helvetische Euphemismus für diesen de facto Autonomieverlust lautet. Dies bedroht nun ebendiese als typisch schweizerisch betrachtete Wurst. Eine Wurst die kulinarische wahrlich keine Delikatesse ist.

Die Regierung beschäftigt sich damit (‘Plan B’: Cervalat mit Kunsthülle ohne Krümmung), es gibt inzwischen eine ‘Task Force Cervelat‘ und das Parlament hat sich auch schon mit dem Thema befasst.

Ich finde das ganze nur peinlich. Ich lebe in einem Land dessen Identität sich über eine langweilige Wurst definiert und dessen Politiker deren Rettung als Priorität betrachten.

Kommentare (6)

  1. #1 Tobias
    März 18, 2008

    Wie kommt es denn zu der Tradition, die Wurst in brasilianische Rinderdärme zu stopfen? Gibts in der Schweiz nicht genug Kühe?

  2. #2 florian
    März 18, 2008

    “Ich lebe in einem Land dessen Identität sich über eine langweilige Wurst definiert”

    Ich versteh dich irgendwie. Ich bin Österreicher – und gerade jetzt vor der Fußball EM wird immer wieder das Spiel Österreich gegen Deutschland in Cordoba vor 30 Jahren ausgegraben. Frag einen beliebigen Österreicher nach den Chancen von Österreich bei der EM (sie spielen ja mit Deutschland in einer Gruppe) und das Gespräch wird unweigerlich irgendwann bei Cordoba enden… Dieses Fußballspiel ist fast schon österreichische Volksreligion. Das Österreich allerdings schon lange Zeit nicht mehr Fußballspielen kann und mittlerweile auf Platz 88 (zwischen Äthiopien und Island) in der Weltrangliste steht, wird tapfer verdrängt 😉
    Aber so ist es wohl immer – Die Themen, mit denen man sich eigentlich beschäftigen sollte, sind zu “langweilig” oder zu “kompliziert” – da bleibt man dann lieber bei Wurst oder Fußball…

  3. #3 ali
    März 18, 2008

    @Tobias
    Wie ich ich aus endlosen Expertenrunden am Radio und tiefschürfenden Diskussionen in der Presse venehme, liegt es daran, dass Schweizer Viehdärme qualitativ minderwertig sind. Weder das erwünschte Bratverhalten noch die korrekte Krümmung können mit einheimischen Rinderorganen erreicht werden.

    @Florian
    Österreich hat eine Fussballmannschaft? (*duck*)

    P.S.: Eigentlich bin ich ein grosser Grillfan, nur das Schweizer Parlament brauche ich nicht unbedingt fürs Barbecue.

  4. #4 florian
    März 18, 2008

    “@Florian: Österreich hat eine Fussballmannschaft? (*duck*)”

    das wird zumindest von einigen Österreichern behauptet… 😉 aber ich glaubs auch nicht…

  5. #5 Nicola
    März 18, 2008

    Die Ostwestfalen, der Fettfleck Deutschlands, schickt solidarische Grüße in die Schweiz.

  6. #6 Benedikt
    März 19, 2008

    Zu dem Thema darf dieses Zitat des großen Gastrosophen Brillat-Savarin nicht fehlen, auch wenn es den Astronomen hier wohl nicht besonders schmecken dürfte 😉

    “Die Entdeckung eines neuen Gerichtes macht die Menschheit glücklicher als die Entdeckung eines neuen Sterns.”