Über den Discoblog bin ich über folgenden Fachaufsatz gestolpert: “The History of Poisoning in the Future: Lessons from Star Trek

Ich kann das Paper nicht komplett einsehen, nur die Zusammenfassung. Da scheint es mir, dass hier Schlussfolgerungen auf der Basis einer Fernseh-Sendung aus den 60ern gezogen werden, auf welche Giftstoffe man sich wohl in Zukunft einzustellen hat. Der Artikel erschien im November 1999. Was spät für einen Aprilscherz.

Ich schwanke gerade zwischen “Das ist nicht deren Ernst. DAS haben die publiziert bekommen?” und purem Neid. Ich will auch mal ein Paper schreiben, das irgendwie mit Star Trek zu tun hat. Alternativ wäre es sicherlich witzig, was in Magic, Ritual, and Witchcraft einzureichen. Auch wenn dazu meine Expertise vermutlich nicht ausreichen wird. Soziologie und Geschichte sind nun mal nicht mein Fachgebiet. Oder, was habt Ihr gedacht, was da erforscht werden soll?

In einem Paper, das frei zugänglich ist, “The Meaning of Magic” wird jedenfalls erklärt, was diese Zeitschrift eigentlich soll, wie man Magie, Hexerei und Rituale definiert. Interessant ist auch der Hinweis, dass Hexerei mitnichten ein Konzept ist, dass wir als Menschheit insgesamt überwunden haben. Das ist purer Eurozentrismus. Im Kongo gibt es “Hexenkinder” und werden Penisdiebe verfolgt. In Tansania werden Morde an Albinos begangen, weil deren Körperteilen magische Fähigkeiten zugesprochen werden. Alleine deswegen aber auch aus historischen Gründen lohnt es sich meines Erachtens allemal das Konzept soziologisch und eben historisch zu betrachten. Leider sagt es mir auch, dass die Aufklärung bei weitem nicht als abgeschlossen gesehen werden kann und dass der Zugang zu Bildung nicht überall selbstverständlich ist.

(Oh wei, wie krieg ich nach dem Blick auf dieses Elend wieder die Kurve, eigentlich sollte das ja ein lustiger Beitrag werden.)

Jedenfalls zeigen beide Beispiele hier, dass Forschung bunt und vielfältig ist. Was auch gut so ist. Wäre ja schlimm, wenn jeder dasselbe erforschen und auf denselben ausgetretenen Pfaden latschen würde. Das Unbekannte ist unbekannt, weil wir eben nicht wissen, was es ist und wo man es findet. Die Wege dahin sind oft genug verschlungen, voller Fehlschläge und ja, manchmal kommt auch mal was völlig Bescheuertes raus.

Na und?

Der Witz ist doch: Es funktioniert! Gerade weil Wissenschaftler sich die Freiheit nehmen und vor allem auch die Freiheit gewährt bekommen, was zu untersuchen, was auf den ersten Blick völlig bescheuert klingt. Oder wagen etwas zu untersuchen, von dem nicht wenige annehmen, dass das aber “offensichtlich” oder im Gegenteil “völlig abwegig” sei.

Die ersten Worte auf den Weg zu einer weltbewegenden Entdeckungen lauteten aber oft genug eben nicht “Heureka!” also “ich hab’s gefunden!” sondern klangen eher wie folgt: “Hey, das ist aber komisch. Warum ist das wohl so?…”

Und genau deswegen kriege ich wirklich jedes Mal die Krätze, wenn irgendwer in meinem Bekanntenkreis oder in den Medien sich über angeblich nutzlose, sinnlose oder abwegige Forschung lustig macht.

Z.B. könnte man sich unheimlich darüber aufregen, dass Forscher Gelder “verschwenden” um herauszufinden, warum Regenwürmer nach dem Regen aus der Erde kommen. Dabei hat bereits Charles Darwin Regenwürmer als forschenswert befunden und ein ganzes Buch darüber verfasst. Und wenn man einfach innehält und mal für 5 Minuten drüber nachdenkt, was mit unserer Erde ganz ohne Würmer geschähe, dann sollte jedem klar werden, dass Regenwürmer absolut wichtig sind. Auch wenn sie nicht niedlich, nicht majestätisch, nicht possierlich sind und auch keine besonders spannende Kunststücke vollführen. Aber woher wissen wir das? Weil trotz allem ein paar komische Leute diese Viecher interessant genug für eine nähere Betrachtung fanden. Nur deswegen wissen wir überhaupt von ihrer wichtigen Rolle in unserem Ökosystem. (Und ich meine echtes Wissen und nicht Vermutungen und Mutmaßungen. Ohne Überprüfung ist das höchstens Protowissen)

Kommentare (9)

  1. #1 michael
    April 15, 2010

    > Und genau deswegen kriege ich wirklich jedes Mal die Krätze, wenn irgendwer in meinem Bekanntenkreis oder in den Medien sich über angeblich nutzlose, sinnlose oder abwegige Forschung lustig macht.

    Lass sie doch kläffen! Die halten doch alle das Motto des Musikkritkers hoch (‘Und da ich weiss, daßich nichts kann, lass ich auch keinen anderen ran.’ Georg Kreisler).

  2. #2 Arnd
    April 16, 2010

    In Saudiarabien werden auch heute noch Leute wegen Hexerei zum Tode verurteilt. Man braucht also gar nicht zu den Urvölkern zu gehen für sowas.

  3. #3 miesepeter3
    April 16, 2010

    Um witchcraft beurteilen zu können, muß man schon ein bißchen witch sein.
    Aber Sie kriegen das schon hin. 🙂

  4. #4 Webdesign
    April 16, 2010

    Klingonisch steht ja auch für »klingt komisch«.

  5. #5 Christian Reinboth
    April 16, 2010

    Publizierte Studien zum Thema “Star Trek” gibt es mehr als man denkt:

    Michael Jindra: Star Trek Fandom as a Religious Phenomenon; in Sociology of Religion, Vol. 55, No. 1, Religious Experience (Spring, 1994), pp. 27-51

    https://www.jstor.org/stable/3712174

    R.W. Drum & R. Gordon: Star Trek replicators and diatom nanotechnology, in: Trends in Biotechnology, Volume 21, Issue 8, Page 325

    https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0167779903001690

    Long, Debra L.; Prat, Chantel S.: Memory for Star Trek : The role of prior knowledge in recognition revisited, in: Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition. Vol 28(6), Nov 2002, 1073-1082. doi: 10.1037/0278-7393.28.6.1073

    https://psycnet.apa.org/journals/xlm/28/6/1073/

    H. Jenkins: Star Trek rerun, reread, rewritten: Fan writing as textual poaching, in: Critical Studies in Media Communication, Volume 5, Issue 2 June 1988 , pages 85 – 107

    Und so weiter und so fort… Würde sich fast schon lohnen, die alle mal zu sammeln und einen Artikel dazu aufzumachen – wenn nur die Zeit da wäre…

  6. #6 Antikraut
    April 16, 2010

    @Arnd: “Urvölker”? Kinshasa ist ne Millionenstadt. Afrika besteht nicht nur aus isoliert lebenden Pygmäenstämmen.

  7. #7 nihil jie
    April 16, 2010

    wir sind als kinder, im sommer nach dem regen, rausgelaufen mit einem lineal oder schneidermassband und haben die regenwürmer vermessen. es ging da drum wer den längsten regenwurm findet 😉

  8. #8 Harald
    April 17, 2010

    Eine lesenswerte Einführung: Malcolm Gaskill, Witchracft, Oxford 2010. In der Reihe” A Very Short Introduction” der Oxford University Press.

  9. #9 Harald
    April 17, 2010

    Äh, soll heißen: Witchcraft