Nach 14 Jahren und über 300 Exoplaneten hat sich zum ersten Mal die älteste Exoplaneten-Suchmethode bewährt.

Klingt paradox? Ist auch so.

Die meisten Planeten wurden bislang mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt. Dabei macht man sich zunutze, dass man zwar den Planeten selbst nicht sehen kann, aber die Wirkung auf den leuchtenden Zentralstern, der sehr wohl sichtbar ist. Es ist ja nicht nur so, dass der Stern über die Gravitation auf den Planeten wirkt, umgekehrt gilt dasselbe. Actio = reactio, nicht wahr 😉

Als Konsequenz bewegt bewegen sich das Zentrum die Zentren beider Körper auf Kreisbahnen um einen gemeinsamen Punkt – dem so genannten Schwerpunkt des Systems. Nur ist die Kreisbahn des Zentralsterns sehr viel enger, als die des Planeten und meist liegt der Schwerpunkt sogar im Stern drin. Es sieht also eher so aus, als ob der Stern herumeiern würde.

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Bewegung zweier Körper um den gemeinsamen Schwerpunkt.

Etwas ähnliches kann man auch beim Hammerwerfen beobachten z.B. im folgenden Video:

Wenn man genau hinsieht, dann bemerkt man, dass sich nicht nur der Hammer dreht, sondern der Werfer zum Ausgleich seinen Körper auch drehen muss. Auch hier bilden Hammer und Hammerwerfer ein System, die sich beide um den gemeinsamen Schwerpunkt bewegen. Selbst wenn man nur den Hammerwerfer sehen würde, anhand seiner Bewegung könnte man nachvollziehen, dass er etwas herumschleudert. Und dass das recht schwer sein muss.

Je nach Bahnneigung bewegt sich der Stern bei dieser Schleuderbewegung, die auf den Planeten hinweist, von uns aus gesehen periodisch auf uns zu und wieder weg:

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Das ausgesendete Licht wird dopplerveschoben und abwechselnd etwas roter und blauer. Diese Dopplerverschiebung lässt sich messen und so der Planet festnageln.

Aber eigentlich ist das doch recht umständlich. Außerdem funktioniert das nur, wenn wir möglichst seitlich auf ein Planetensystem draufschauen. Wie gesagt, wir sehen nur etwas, wenn der Stern sich auf uns zu und wieder wegbewegt. Wenn wir aber auf das System draufschauen, dann bewegt sich der Stern und der Planet von uns aus gesehen nach oben und nach unten. Das führt aber zu keiner Dopplerverschiebung und mit der Methode wäre ein solches System unsichtbar.

Es sei denn, man könnte die Eierbewegung des Sterns direkt sehen.

Dazu müsste man allerdings die Position des Sterns extrem genau vermessen und verfolgen. Diese Methode wird Astrometrie-Methode genannt und war tatsächlich die allererste, welche für die Suche nach extrasolaren Planeten auch ausprobiert wurde: An Barnards Stern. Ab dem Jahr 1938 wurden am Sproul-Observatorium Photoplatten des Sterns aufgenommen und die Position am Himmel und seine Eigenbewegung beobachtet. 1963 veröffentlichte dann Peter van de Kamp Beobachtungen, die darauf hinzudeuten schienen, dass Barnards Stern von einem Jupiterplaneten umkreist wird. Dummerweise stellte sich aber 10 Jahre später heraus, dass die Messungen mit anderen Instrumenten und vor allem Datenbearbeitungsmethoden nicht nachvollzogen werden konnten. Schlimmer noch, Bewegungen, die Barnards Stern angeblich machte, wurden auch bei einem anderen Stern zur selben Zeit scheinbar gemessen. Heute ist man sich einig, dass sich Peter van de Kamp einen systematischen Instrumentenfehler eingefangen hat, der ihm lediglich vorgaukelte, dass da ein Planet wäre.

Na, dann hoffe ich mal, dass es Steven Pravdo und Stuart Shaklan besser ergeht.

Denn die haben beim Stern VB-10 die Eierbewegung wohl tatsächlich direkt gemessen; fast 50 Jahre nach dem ersten Versuch. Gleichzeitig stellt VB-10 unter den Sternen mit Exoplaneten einen neuen Rekord auf: Der kleinste Stern, bei dem jemals ein Planet entdeckt wurde. VB-10 ist tatsächlich ein echtes Leichtgewicht – ein M-Zwerg mit gerade mal einem Zwölftel der Masse der Sonne. Oder mit einer Masse von 78 Jupitern. Das reicht gerade so, um ihn als echten Stern zu qualifizieren und sein Planet ist mit einer Masse von 6,4 Jupitermassen nicht viel leichter.

Der Begleiter ist nicht viel weiter weg von seinem schweren Gefährten, als der Merkur von unserer Sonne.Der Abstand beträgt 0,36 Astronomische Einheiten (Abstand: Erde-Sonne).

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Bild (NASA): Vergleich des Systems VB-10 oben mit unserer Sonne und Merkur unten. Hier sieht man auch den Unterschied zwischen VB-10 und der Sonne recht deutlich. Und ja, der Stern wird kaum größer sein als sein Planet, aber dafür dichter.

Vermutet wurde der Begleiter von VB-10 bereits 1983 – also vor 26 Jahren – wie dieses Paper hier belegt: Astrometry of the low luminosity stars VB-8 and VB-10 Das wiederum erhöht dann doch meine Zuversicht, dass es sich diesmal um eine echte Entdeckung handelt. Es macht aber bereits klar, in welchen Zeiträumen wir hier inzwischen messen. Ein paar Jahre reichen nicht, wir brauchen Jahrzehnte an Daten. Ohne eine Garantie, dass dabei wirklich was rauskommt. Deswegen ist es am besten eine ganze Reihe von Sternen auszuwählen. Im vorliegenden Fall haben sich die Forscher 30 Sterne vorgenommen und einen Treffer gelandet.

Der Titel von dem Paper zur Entdeckung ist übrigens wirklich klasse: An ultracool star’s candidate planet. Kann man sich wirklich gut merken 😉

Kommentare (5)

  1. #1 Tobias
    Juni 5, 2009

    Toll,
    dadurch, dass der Stern und sein Planet ähnlich groß sind, ist wohl die Eierbewegung stärker und dadurch leichter messbar, oder?

  2. #2 Ludmila
    Juni 5, 2009

    @Tobias: Jepp, genau das. Wobei es hier weniger auf die Größe als den Radius, sondern auf die Masse ankommt. Da ist immer noch ein Faktor 10 dazwischen, aber das ist deutlich weniger als bei Systemen vom Schlag unseres eigenen Sonnensystems.

  3. #3 Jörg Friedrich
    Juni 5, 2009

    Entschuldigung, aber um Missverständnisse zu vermeiden wäre es vielleicht besser, wenn man statt “Als Konsequenz bewegt sich das Zentrum beider Körper auf Kreisbahnen um einen gemeinsamen Punkt ” schreiben würde: “Als Konsequenz bewegen sich die Zentren beider Körper auf Kreisbahnen um einen gemeinsamen Punkt”

  4. #4 Ludmila
    Juni 5, 2009

    Ja, danke. Wurde korrigiert.

  5. #5 Fischer
    Juni 10, 2009

    Schöner Artikel, wie immer. Schon bemerkenswert, dass man das überhaupt messen kann, bei solchen Umlaufperioden.