Um CoRoT-Exo-7b schwirren anscheinend einige Gerüchte/Angaben/Werte durch die Gegend.

Das ist jedenfalls bislang mein Kenntnisstand:

Mit der Radialgeschwindigkeitsmtehode (Ich nenn das jetzt mal kurz Rv) kriegt man die Masse von Exo-7b raus und die Kollegen von der Nachbeobachtung haben auch ein Signal im Rv gesehen. Aber, da der Stern selbst sehr aktiv ist, ist das Signal relativ schwer aus dem Gezappel im Rv herauszuziehen.

Wir sind uns aber sehr sicher, dass da ein Planet ist. Es wär schon extrem komisch, wenn wir einen Transit und einen Sinus im Rv mit der gleichen Periode sehen würden, die dann auch beide das Signal eines kleinen Planeten nachahmen. Die Kollegen an den Teleskopen haben außerdem den starken Verdacht, dass da noch ein vielleicht sogar zwei weitere größere Planeten im System sind.

Jedenfalls aufgrund des Rauschens in den Rv-Daten kommen bei einigen Gruppen auch diese großen Unsicherheiten in der Masse von Exo-7b heraus. Bislang scheint die Untergrenze bei 3.75 Erdmasse und die Obergrenze bei 11 Erdmassen zu liegen. Wobei die Tendenz eher nach unten zeigt. Der beste Fit an die Daten liegt im unteren Bereich dieser groben Grenzen. (1)

Oder wie Artie Hatzes, der Leiter der Thüringer Landessternwarte, mir gestern noch sehr selbstsicher sagte – und ich zitiere wörtlich 😉 : “Bah! I say, its 6 earth masses.”

P.S.:
Ich weiß nichts Offizielles, wann das Paper dazu eingereicht werden soll. Aber ich würde vermuten, dass alle versuchen die Deadline für die CoRoT-Special-Issue im Astronomy & Astrophysics zu schaffen. Das wäre dann der 20. Februar und das wird extrem hart.

Ich weiß z.B., dass ein Kollege aus Tautenburg gerade in Chile sitzt und immer noch Daten sammelt. Ist halt noch “work in progress”. Aber wir wollten nicht noch länger mit der Bekanntgabe warten, dass wir da ein schönes Objekt entdeckt haben. Früher oder später wäre es sowieso rausgesickert.
——
(1) Hah, ein Fit! Jawohl wir fitten Daten. Es soll ja so Leute geben, die den Klimaforschern ans Bein pinkeln wollen, mit dem Nicht-Argument: “Ich traue keinen Fits”. In welchem Jahrhundert leben die eigentlich?

Kommentare (9)

  1. #1 Stefan
    Februar 5, 2009

    Danke für die Auskünfte 🙂

  2. #2 Georg Hoffmann
    Februar 5, 2009

    @Ludmila

    Jawohl wir fitten Daten. Es soll ja so Leute geben, die den Klimaforschern ans Bein pinkeln wollen, mit dem Nicht-Argument: “Ich traue keinen Fits”. I

    Nee, komm jetzt.
    Gibt es eigentlich irgendeinen Grund warum man einen Planeten mit Masse=Erde mit euren bisherigen Verfahren nicht finden koennte?
    Grusz Georg
    PS Habe ich das richtig verstanden und deine Tagung ist hier in Paris?

  3. #3 Ludmila
    Februar 5, 2009

    @Georg: Ja, noch läuft die Tagung im Süden von Paris, Cite Universite. Ich musste ja abbrechen, weil ich krank geworden bin und bin daher schon zu Hause.

    Gibt es eigentlich irgendeinen Grund warum man einen Planeten mit Masse=Erde mit euren bisherigen Verfahren nicht finden koennte
    Da gibt es mehrere Gründe.
    1. Transit funktioniert nur, wenn der Planet von uns aus vor dem Stern vorbeizieht. Damit fallen automatisch der Großteil alles potentiellen Systeme raus, weil man “falsch” draufschaut.
    2. Detektionslimit. Wir mussten ins Weltall, um die Genauigkeit hinzukriegen, die man für so eine Transitbedeckung braucht. Wie meinte ne Kollegin: Es ist so als ob man aus der Ferne ne Fliege erkennen will, die vor einem Flutlicht vorbeifliegt. Wir sprechen hier von einem Abfall in der Helligkeit von weniger als 0.05%. Das schafft man auf der Erde kaum, wegen der Turbulenzen in der Atmosphäre.
    3. Zeitintensiv in Beobachtung: Wir schauen jetzt 2 Jahren jeweils 180 Tage ein Feld an. Das kann man nicht mit den großen Teleskopen machen, die sind ja fast immer ausgebucht. Es gibt ja noch mehr Dinge da draußen zu entdecken außer Planeten.
    4. Je öfter, ein Planet an seinem Stern vorbeizieht, desto besser. Deswegen war dieser Planet mit seiner 0.85 Tage Periode relativ gut zu sehen. Das bedeutet natürlich, dass wir die Planeten, die sehr nah dran sind am Stern, zuerst finden werden. Aber wie selten sind die?
    5. Zeitintensiv in Bestätigung: 425 Tage versuchen wir das Ding jetzt festzuklopfen. Weil auch die Bestätigungsmethode am Anschlag des Möglichen ist. Und die haben mit dieser Rv-Methode den Nachteil, dass die jeden Stern einzeln abgrasen müssen, während wir mit unserer übergroßen Digi-Cam mal eben ein paar tausend auf einmal im Blickfeld haben.
    6. Begrenzt auf nahe Sterne: Es ist jetzt schon abzusehen, dass wir jede Menge Kandidaten rausgeben müssen, die erst in 10 Jahren oder so bestätigt werden können. Weil die entsprechenden Sterne so leuchtschwach sind, dass wir keine Chance haben, die in absehbarer Zeit vom Boden aus zu bestätigen.

    Fazit: Selbst wenn alles wunderbar läuft. Wir würden mit CoRoT z.B. nichts finden, was unserem Merkur entspricht. Zu klein und wenn wir Glück haben nur ein Transit in 180 Tagen. Das wäre nicht zu unterscheiden, von all dem anderen Zeugs, das man so in einer Lichtkurve hat.

  4. #4 UMa
    Februar 5, 2009

    Die RV-Semiamplitude K des Sterns ist proportional zu Masse des Planeten. Der kleinster Wert bisher ist K=2m/s, bei einer Genauigkeit von 0.7-1m/s bei einer Einzelmessung. Die Erde ruft an der Sonne ein K=0,09m/s hervor. D.h. bei 1AE ist bei ca 20 M_Erde momentan schluss. Geringere Massen gehen nur viel näher am Stern, daher auch die extrem kurzen Umlaufzeiten.

  5. #5 UMa
    Februar 5, 2009

    @Ludmila: Gute Besserung!

  6. #6 Ludmila
    Februar 5, 2009

    @UMa: Aber ist schon faszinierend. Das ist ja die Eierbewegung eines ganzen Sterns, welche die Kollegen da messen. Und 1-2 m/s. Das ist ein flotter Spaziergang. Das krieg sogar ich hin, aber ich muss ja nicht die Masse eines Sterns bewegen 😉

  7. #7 Daniel Fischer
    Februar 5, 2009

    Die Quintessenz dieses Postings in genau 140 Zeichen. 🙂

    Die RV-Kurve bzw. deren Periodogramm wird die Welt wohl erst in dem noch ungeschriebenen Paper zu Gesicht bekommen? Und sind da eigentlich alle Co-Autoren, die sich die letzten 1 1/2 Jahre mit Exo-7b befasst haben?

    DIe Widersprüche zwischen den diversen Pressemitteilungen vorgestern aus Frankreich und Deutschland waren jedenfalls nicht förderlich und haben diverse Journalisten ganz schön verwirrt …

  8. #8 Ludmila
    Februar 5, 2009

    @Daniel: Und sind da eigentlich alle Co-Autoren, die sich die letzten 1 1/2 Jahre mit Exo-7b befasst haben.

    Pssst. Nicht zu laut 😉 Das wird noch ein fröhliches Hauen und Stechen geben. Ich werd da wahrscheinlich nicht drauf stehen. Ich war halt “nur” der Koordinator in einem Teilbereich. Aber hier kommt es ja auf den wissenschaftlichen Beitrag an. Also werden da all die stehen, die direkt mit Messungen auf der Erde beigetragen haben, die welche das Signal zuallererst in den CoRoT Daten gesehen und herausgekitzelt haben, Techniker, welche die Daten auf die nötige Genauigkeit prozessiert haben usw. usf. Die Liste wird jedenfalls lang.

    Die Widersprüche zwischen den diversen Pressemitteilungen vorgestern aus Frankreich und Deutschland waren jedenfalls nicht förderlich und haben diverse Journalisten ganz schön verwirrt

    Ja,*seufz* War schon alles a bisserl chaotisch. Aber ist halt ein Unterschied, ob das ein straff organisiertes Team wie die NASA oder halt so ein Dutzend semi- bis gar nicht professionelle europäische Forschungszentren in die Welt hinausposaunen.

    Aber alles in allem, ist es doch ganz ok gelaufen. *CoRoT for the win!*

  9. #9 Anhaltiner
    Februar 5, 2009

    Danke für die Erklärung.
    Ich habe mich schon gewundert warum ich auf so verschiedene Werte gestoßen bin. (An einen JoJo-Effekt bei Diäten im planetaren Maßstab hätte ich ja schon beinahe geglaubt 😉 )

    @Ludmila : Hoffe du wirst bald wieder gesund: Exo-8b wartet schon (oder sind jetzt erstmal 7c/d dran?)