Jetzt berichtete ich vor kurzem über Mars MSL und jetzt das. Bereits am 4. Dezember hat die NASA bekannt gegeben, dass der Start des neuen Marsrover MSL um 2 Jahre verschoben wird.

Warum gleich um zwei Jahre?

Nur ein paar Wochen alle zwei Jahre stehen Erde und Mars günstig genug für einen Start zueinander, so dass man diese Strecke realistischer Weise überbrücken kann (1). Das ist dann auch der Grund, warum sich in diesen paar Wochen alles zusammenrottet, was zum Mars will. Der Marswetterballon ARCHIMEDES, von dem ein paar Mal hier die Rede war, will auch das Startfenster im Herbst 2009 erwischen. Ebenso die russische Sonde Phobos-Grunt. Wenn man es in der Zeit nicht schafft, dann hat man halt Pech gehabt. Eigentlich hätte ich es mir denken können. So wie die NASA Ingenieure noch an MSL rumschrauben, war 2009 sehr ambitioniert.

Die Nachricht von MSLs Verlängerung trifft die NASA allerdings zu einer Zeit, in der das Budget sowieso schon ziemlich angespannt ist und das aus verschiedenen Gründen.

Wir haben auf der einen Seite Missionen, die länger leben, als es eigentlich vorgesehen war. Gerade auf dem Mars knubbelt es sich zur Zeit. Die beiden Mars Rover und Mars Odyssee haben ihre nominelle Lebenszeit mehrfach überschritten. Vermittelt aber mal der Öffentlichkeit und vor allem den beteiligten Wissenschaftlern etwas abzuschalten, das noch läuft! Dabei ist eigentlich allen Beteiligten klar, dass die Anzahl der Erkenntnisse, die so eine Sonde ausspuckt, mit der Zeit ziemlich schnell abnimmt.

Auf der anderen Seite möchte man schon ganz gerne die nächste Generation an Projekten fördern. Damit muss man aber Jahre wenn nicht sogar Jahrzehnte vorher beginnen. MSL ist da nur eines von vielen, aber eines der teuersten Einzelprojekte. Jetzt wird es noch teurer werden. (Phil Plait, Mr. Bad Astronomy, spricht von 400 Millionen Dollar zusätzlich.) Einen gewissen Überlapp gibt es zwar immer, aber diesmal ist es ziemlich krass. Da können die NASA-Manager froh sein, dass Mars Phoenix ein eingebautes Verfallsdatum hatte und jetzt im arktischen Nordwinter auf dem Mars wahrscheinlich einfrieren wird.

Dann ist da noch immer die bemannte Raumfahrt, die gerade durch die Bush-Regierung massiv gepusht wurde. Aber jeder weiß, dass bemannte Raumfahrt schweineteuer ist. Das zeigt alleine das Beispiel internationale Raumstation ISS. Erschwerend kommt hinzu, dass nach der Columbia-Katastrophe ein Problem akut geworden ist, das jahrelang ignorierte wurde. Die Shuttles haben sich als Sackgasse erwiesen: Zu teuer, zu fehleranfällig. Die Nachfolger müssen aber auch erst mal entwickelt werden. Und das wird sicherlich nicht billig werden.

Hubble fliegt auch schon sehr lange und ist nur der prominenteste Vertreter der großen weltraumgestützten Teleskope. Es gibt da immer noch Chandra (Röntgenlicht) und Spitzer (Infrarot).

Tja und das Budget der NASA ist nun mal begrenzt und sowieso nicht so berauschend viel angesichts der vielen, vielen Aufgaben, die damit bezahlt werden müssen. Nicht zu vergessen, dass die NASA im Gegensatz zur ESA jedes Jahr vor dem Kongress auf’s Neue das Budget verteidigen muss.(2)

Es gab schon einmal wegen des Budgets NASA-intern richtig Ärger. Es wird gemunkelt, dass Alan Stern, ein angesehener Veteran der Planetenforscher, von seiner Position als NASAs “Associate Administrator for the Science Mission Directorate” – sozusagen der Chefwissenschaftler – zurückgetreten ist, weil er nicht einverstanden damit war, wie das Budget gehandhabt wurde. Bzw. weil man seinen Einspruch ignorierte. Er wollte wohl Geld von noch laufenden Marsmissionen kappen, um sie für MSL freizumachen.

Ich beneide die Leute wirklich nicht, deren Aufgabe es ist, solche Projekte finanziell zu managen. Gerade in einem Klima, in dem jedes Mal “Geldverschwendung” geschrien wird, wenn es überhaupt mal darum geht, über Grundlagenforschung und deren Kosten zu reden. Dabei werden im gleichen Atemzug Unsummen an anderer Stellen ausgegeben, wo dann auf einmal kein Sturm der Entrüstung losbricht.

Ich erinnere da nur an die 894 Millionen Dollar nur für eine Woche Fernsehrechte an den Schwimmwettkämpfe in Peking. Natürlich bezahlte das letztendlich die Allgemeinheit, denn die Fernsehsender gaben das Geld nicht aus reiner Nächstenliebe aus, sondern weil sie wussten, dass es den US-Zuschauern die eine Woche auch wert war und dass sie dafür auch bereit waren, indirekt zu bezahlen. Durch Merchandising, Werbung etc..

Nun sind der Mars, die Venus, unsere Nachbargalaxien aber ein bisschen weiter weg als Peking. Dennoch kostet z.B. eine Woche europäische Sonde Mars Express ganz sicherlich bei weitem keine 894 Millionen Dollar. Stattdessen kostete sie insgesamt seit dem Start 2003 gerade mal 300 Millionen Euro. Also insgesamt über mehrere Jahre deutlich weniger als eine Woche Schwimmen live aus Peking.

Und Weltraumforschung soll teuer sein?

Wenn man mal bedenkt, wo überall solche Bilder weltweit über den Äther gehen, wie viele Internetbesucher weltweit sich daran erfreuen, dass sie in Schulbüchern, Zeitungen, Magazinen usw. usf. Eingang finden und selbst nach Jahrzehnten ziemlich aktuell bleiben, dann kann ich nur immer wieder folgern: Das ist ja wohl ein schlechter Scherz!
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(1) Bei solchen Starts vergisst man immer, dass die Planeten ja nicht angenagelt am Himmel stehen, sondern dass sich alles relativ zueinander bewegt und das gar nicht mal so langsam. Die Rakete muss also ein bewegliches Ziel treffen und das bei variierender Distanz, die schon an sich kein Pappenstiel ist.

Es ist ein bisschen so, als ob man versucht, auf ein rennendes Pferd aufzuspringen, das im Kreis läuft. Da rennt man ja auch nicht irgendwann los, sondern kurz bevor das Pferd dem Reiter am nächsten ist.

(2) US-Innenpolitik ist nicht mein Fachgebiet, wenn ich also hanebüchenen Schwachsinn erzählen sollte, bitte Bescheid zu sagen. Die US-Finanzpolitik ist in Teilchenphysikerkreisen verschrien dafür, dass selbst mehrjährige Investitionen in den Sand gesetzt werden.

Es ist nun mal verdammt schwer ein Preisschild an etwas dran zu hängen, was noch nie ein Mensch zuvor in der Form gebaut hat. Und natürlich versuchen alle Beteiligten die Kosten möglichst gering anzusetzen, um die Chancen zu erhöhen, dass sie überhaupt damit anfangen können.

Andererseits ist die europäische Politik dann das genaue Gegenteil. Da besteht eher die Tendenz, Projekte bis zum bitteren Ende durchzuziehen, obwohl das Budget schon längst überzogen wurde.

Die Finanzplanung für radikal neue Techniken sind ein wirklich heikles Thema und die Patentlösung kennt niemand.

Kommentare (3)

  1. #1 Martin
    Dezember 10, 2008

    Schade, aber auch nicht wirklich unerwartet. Die Landevorrichtung wurde ja bis dato noch nicht mal getestet (inklusive der Seilwinde mit sicher sehr vielen beweglichen Teilen, die bekanntlich problematisch sind).

    Der Vergleich ist mit den Olympia-TV-rechten ist aber unzulässig. Der wesentliche Unterschied ist (und das ist wirklich ganz essentiell), dass NBC das mit eigenem Geld und auf eigenes Risiko gekauft hat und jeder Zuschauer freiwillig den Fernseher aufgedreht hat. Es hat nicht “die Allgemeinheit” bezahlt, sondern (indirekt natürlich) nur die Leute, die tatsächlich Olympia geschaut haben. Wenn NBC sich verkalkuliert hat, kann mir das egal sein.

    Im Gegensatz dazu kann man sich als Steuerzahler idR nicht aussuchen, ob man einen Teilchenbeschleuniger, eine Raumstation, einen Fusionsreaktor oder eben eine Marsmission finanzieren möchte. Nicht falsch verstehen – all diese Dinge sind wohl sinnvoll, aber an steuerfinanzierte Projekte sind nun mal ganz andere Maßstäbe anzulegen als an private Investitionen, eben weil sie tatsächlich von der Allgemeinheit finanziert werden.

  2. #2 Martin
    Dezember 10, 2008

    Ein anderer Kostenvergleich:
    Die Opernbetriebe Berlin bekommen Jahr für Jahr ca. 110 Mio. € (!) vom Land. Die Wiener Staatsoper sogar noch mehr. Das ist mehr als so manche Uni.
    Die Karten sind trotzdem kein Schnäppchen, und tatsächlich will nur ein winziger Teil der Bevölkerung dort regelmäßig hin. Bezahlen dürfen es aber alle. Dort wird auch garantiert nichts bahnbrechendes oder für die Zukunft der Menschheit wichtiges gemacht.

    Hier kann man tatsächlich sagen: Und Forschung soll teuer sein?

  3. #3 Anhaltiner
    Dezember 10, 2008

    Schon Christoph Kolumbus hatte das Problem mit der Finanzierung. Er musste 8 Jahre betteln gehn und dann stellt sich herraus er hat sich in der Distanz verrechnet. Warum kommt mir die Geschichte so bekannt vor? *kopfkratz

    – und wo ich gerade dabei bin: Mal sehn vieviele “Marsianer” in 500 Jahren auf dem dann wohl nicht mehr nur roten Planeten leben. – Es muss ja nicht unbedingt Gold sein was man dort abbauen kann. – Oder siedeln dann immer noch kleine Roboter – die sich dann selbst reproduzieren? Wer weis, wer weis…