Die Posse der Woche aus dem Land der Political Correctness: Im US-Bundesstaat Dallas fühlte sich ein Mitglied der Bezirksverwaltung durch einen Kollegen beleidigt, der den Begriff “schwarzes Loch” benutzte. Ein Richter gab ihm recht – und verlangte eine Entschuldigung.

Only in America: Während einer Sitzung der Bezirksverwaltung beschwerte sich ein Bezirkskommissar über die regionale Finanzaufsicht. Da dort in letzter Zeit immer mehr Akten verschwanden, bezeichnete er die Behörde als “schwarzes Loch”. Ein Kollege forderte ihn daraufhin auf, zukünftig von einem “weißen Loch” zu sprechen, wenn er sich nicht des Rassismus verdächtig machen wollte. Der Einwand des Mannes, dass es sich um einen gebräuchlichen und aus dem wissenschaftlichen Wortschatz entnommenen Begriff handelt, ließ der ebenfalls anwesende Bezirksrichter nicht gelten, und verlangte eine Entschuldigung.

Die Dallas News and Morning Post berichtet über den Vorfall:

A special meeting about Dallas County traffic tickets turned tense and bizarre this afternoon. County commissioners were discussing problems with the central collections office that is used to process traffic ticket payments and handle other paperwork normally done by the JP Courts. Commissioner Kenneth Mayfield, who is white, said it seemed that central collections “has become a black hole” because paperwork reportedly has become lost in the office.

Commissioner John Wiley Price, who is black, interrupted him with a loud “Excuse me!” He then corrected his colleague, saying the office has become a “white hole.” That prompted Judge Thomas Jones, who is black, to demand an apology from Mayfield for his racially insensitive analogy. Mayfield shot back that it was a figure of speech and a science term.

Die US-Blogosphere ämüsiert sich bereits köstlich über den Vorfall (siehe beispielsweise hier, hier, hier, hier oder auch hier). Immerhin ist es nicht das erste Mal, dass amoklaufende Political Correctness auch vor wissenschaftlich-technischen Begriffen nicht Halt macht: Bereits 2003 verpflichtete die Bezirksverwaltung von Los Angeles alle IT-Zulieferfirmen dazu, den Ausdruck “Master/Slave” nicht mehr zu verwenden, der in der IT für eine Form der hierarchischen Zugriffsverwaltung steht. Die Original-E-Mail der Bezirksverwaltung lässt sich noch bei Barbara Mikkelson nachlesen (und in diesem Fall handelt es sich leider nicht um eine Urbane Legende…).

Kommentare (5)

  1. #1 Jürgen Schönstein
    9. Juli 2008

    Das ließe sich sogar noch toppen: 1999 wurde ein Mitarbeiter des Bürgermeisters von Washington gefeuert, weil er in einer Diskussion das Wort “niggardly” gebraucht hatte: https://www.washingtonpost.com/wp-srv/local/longterm/williams/williams020499.htm
    Dieses Wort stammt ursprünglich aus dem Norwegischen und bedeutet so viel wie geizig oder knickerig https://www.merriam-webster.com/dictionary/niggardly – aber weil es dem verpöntesten aller rassistischen Schimpfwörter so ähnlich klingt, kommt es immer wieder mal zum Eklat. Der Bürgermeister entschuldigte sich übrigens später bei seinem Mitarbeiter und bot ihm einen neuen Job an; der Gefeuerte wiederum räumte ganz ehrlich ein, dass er eigentlich hätte wissen müssen, dass diese Homonymität der Worte zu Ärger führen würde. Rassismus ist in den USA Alltag; selbst im Census https://www.census.gov/prod/cen2000/dp1/2kh00.pdf, also der amtlichen Volkserhebung, wird nach Rasse – “White”, “Black or African-American”, “Asian” etc. – sortiert.

    Aber ganz ehrlich gesagt: Ich würde nicht ausschließen, dass sich Kenneth Mayfield der Konnotation der von ihm gewählten wissenschaftlichen Metapher bewusst war. Wie gesagt, Rassismus ist gelebte US-Realität, wo die Worte “schwarz” und “weiß” nie wirklich ganz neutral sein können.

  2. #2 Christian
    10. Juli 2008

    “Gelebte US-Realität” – hierzulande kann man sich das kaum vorstellen. Der schwarze US-Bürgerrechtler Jesse Jackson ist ja heute mit seinem versehentlich in ein offenes Mikrofon gesprochenen Satz in den US-Nachrichten, er würde Barack Obama gerne “die …. abschneiden” (wichtiges Körperteil). Erstaunlicherweise hat die Geschichte kaum Sogwirkung – ich könnte mir nicht vorstellen, dass ein “weißer Politiker” mit einem solchen Kommentar davongekommen wäre:

    https://de.youtube.com/watch?v=quch7x3R6gw

    Die US-Gesellschaft entwickelt sich damit doch im Grunde genau entgegengesetzt der Hoffnungen von Martin Luther King, der ja eben die Gleichbehandlung – unabhängig von Rasse oder Hautfarbe – gefordert hat. Eigentlich erschreckend aber von der Lebenswirklichkeit hierzulande im Grunde so weit entfernt, dass man sich kaum eine abschließende Meinung bilden kann…

  3. #3 Ulrich Berger
    11. Juli 2008

    Also beim nächsten USA-Besuch besser nicht mit Physikern über “black-body radiation” diskutieren…

  4. #4 Jürgen Schönstein
    11. Juli 2008

    Mit Physikern vielleicht schon, aber nicht unbedingt mit der attraktiven, dunkelhäutigen Dame am Nebentisch …

  5. #5 florian
    11. Juli 2008

    Hmm – wie ist dass denn dann mit den Roten Riesen? oder weißen Zwergen? (gelbe, blaue und rote Zwerge gibts übrigens auch). Dann muß sich die Astronomie ne komplett neue Nomenklatur zulegen…
    Und was machen wir bei den Braunen Zwergen? (Ich erinnere mich an eine Demo in Jena gegen das Fest der Völker der NPD. Da hat der Direktor der Sternwarte in einer Rede gemeint: “Das einzige braune das in unserem Institut geduldet wird sind braune Zwerge!” 😉 )