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Pulsare sind äußerst faszinierende Objekte. Allein schon die Geschichte ihrer Entdeckung war spannend wie ein Krimi und auch wenn sich mancher damals vielleicht gewünscht haben mag, dass diese komischen regelmäßig Signale aussenden Objekte tatsächlich ein Hinweis auf außerirdisches Leben sind, muss heute niemand enttäuscht sein, weil sie sich “nur” als tote Sterne herausgestellt haben. Pulsare gehören zu den spannensten Himmelskörpern in der Astronomie. Bei ihnen handelt es sich um schnell rotierende Neutronensternen – das sind extrem dichte Objekte; so schwer wie ein ganzer Stern aber nur einige Kilometer groß – die bei Supernovaexplosionen entstehen. Die schnelle Rotation und das mitrotierende Magnetfeld des Neutronensterns führen dazu, dass die ausgesandte elektromagnetische Strahlung gebündelt wird. Für uns sieht das ganze dann aus wie ein Leuchtturm der regelmäßig Lichtbitze aussendet. Und genau diese Regelmäßigkeit macht die Pulsare so interessant.

Wir können die Ankunftszeiten der Lichtblitze messen; sehr genau sogar. Normalerweise sollte alles geordnet und geregelt ablaufen. Die Pulse sollten immer im gleichen Abstand bei uns eintreffen. Ist das nicht der Fall, dann ist das ein Hinweis auf etwas potentiell Spannendes. So hat man zum Beispiel 1992 auf genau diese Art die ersten extrasolaren Planeten entdeckt: sie umkreisten einen Pulsar und ihre Gravitationswirkung hat die regelmäßige Ankunftszeit der Signale ein klein wenig durcheinander gebracht.

1993 bekamen Russell Hulse und Joseph Taylor den Nobelpreis für Physik für ihre Untersuchungen des Doppelpulsars PSR 1913+16 verliehen. Sie stellten durch Messungen der Pulsationsperiode fest, dass sich die Umlaufzeiten auf eine ganz bestimmte Art und Weise verändert. Und zwar genau so, wie es die allgemeine Relativitätsttheorie von Albert Einstein vorhersagt. Ihr zufolge sendet jede bewegte Masse Gravitationswellen aus und verliert dadurch Energie. Wenn das stimmt, dann gilt das auch für einen Pulsar und zwei Pulsare die sich umkreisen müssen sich im Laufe der Zeit immer näher kommen.

Und schon ziemlich bald nach der Entdeckung der ersten Pulsare kam man auf die Idee, dass man sie theoretisch – genauso wie die irdischen Leuchttürme – zur Orientierung im All verwenden könnte. Die Raumsonden Pioneer 10 und 11, gestartet 1972, und die fünf Jahre später folgenden Sonden Voyager 1 und 2, die alle 4 auf Bahnen unterwegs waren, die sie irgendwann in den interstellaren Raum bringen würden, trugen Informationen für etwaige außerirdische Finder. Mit dabei waren sowohl auf der Pioneer-Plakette als auch auf der Voyager Golden Record genaue Daten von 14 Pulsaren in der Umgebung der Erde mit denen es den (hoffentlich freundlichen!) Aliens möglich sein sollte, unser Sonnensystem zu finden.

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Die Voyager Golden Record – Links unten sind die Informationen über die erdnahen Pulsare zu sehen (Bild: NASA)

Aber bis jetzt hat man noch nie wirklich konkret ausprobiert, wie das mit der Pulsar-Navigation in der Praxis funktioniert. Das haben Matteo Luca Ruggiero vom Politecnico di Torino und seine Kollegen nun geändert. In ihrer kürzlich veröffentlichten Arbeit “Pulsars as celestial beacons to detect the motion of the Earth” zeigen sie, dass sowas tatsächlich möglich ist.

Natürlich ist es knifflig. Bei der Bewegung der Himmelskörper muss man die diversen relativistischen Effekte berücksichtigen – aber auch wenn die Formeln kompliziert sind, funktionieren sie. Ruggiero und seine Kollegen haben die entsprechenden Gleichungen aufgestellt und dann in einer Simulation ausprobiert. Dazu haben sie das Parkes-Radioteleskop in Australien benutzt. Bzw. virtuell benutzt – denn damit die Methode wirklich funktioniert müsste man mit einem Teleskop vier Pulsare gleichzeitig beobachten können. Das klappt aber nicht. Noch nicht zumindest; zukünftige Anlagen wie das Square Kilometre Array werden das schaffen. In der Zwischenzeit wurde die ganze Sache per Computer simuliert und man hat einfach so getan, als könne das Parkes-Teleskop diese Simultanbeobachtungen machen. Mit den Daten vier realer Pulsare hat man dann bestimmt, wie sich die Position des Teleskops im Laufe von drei Tagen verändert hat. Das sieht dann (in einem heliozentrischen Koordinatensystem) so aus:

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Das Bild zeigt nichts revolutionär Neues. Man sieht, wie sich das Teleskop mitsamt der Erde um die Sonne bewegt und wie es sich mit der Erde um deren Achse dreht. Aber das Bild zeigt, dass die Methode prinzipiell funktioniert! Und das gar nicht mal so schlecht. Die Genauigkeit der Positionsbestimmung wird im Prinzip nur durch die Genauigkeit begrenzt, mit der man die Ankunftszeit der Pulse messen kann.

Natürlich wird es jetzt nicht gleich nächstes Jahr GPS-Geräte geben, die statt Satelliten die Daten von Pulsaren benutzen… So ein Radioteleskop lässt nicht so einfach in ein kleines Gerät packen. Und vermutlich wird die Navigation über Satelliten immer einfach und komfortabler sein. Aber wenn es um die Navigation von interplanetaren/interstellaren Raumsonden geht, dann ist das was anderes. Hier könnte die Positionsbestimmung durch Pulsare in Zukunft vielleicht wirklich eine Rolle spielen. Auch hier wird man noch viel forschen müssen. Aber zumindest weiß man schonmal, dass es prinzipiell funktioniert.


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Kommentare (14)

  1. #1 Schmidts Katze
    3. November 2010

    Hallo Florian,

    im Wiki steht:

    Liegt die Erde im Strahlungsfeld, empfängt man wie von einem Leuchtturm regelmäßig wiederkehrende Signale.

    Aber wenn Pioneer oder Voyager irgendwann weit ausserhalb des SoSy gefunden würden, befänden sie sich doch auch nicht mehr in den Strahlungsfeldern, das heißt, die Daten wären für den Finder nutzlos, weil er die Pulsare nicht sehen könnte.

  2. #2 Bjoern
    3. November 2010

    @Schmidts Katze: Wie ein Leuchtturm drehen sich die Pulsare ja, sie strahlen also nicht nur in eine Richtung ab, sondern im Prinzip in einer Scheibe. Also kann man hoffen, dass die hypothetischen Aliens zumindest einen Teil der Pulsare auch von anderen Stellen aus entdecken könnten…

  3. #3 r-m-d
    3. November 2010

    Also wenn Pulsare aus einer Supernova entstehen, wie ist es dann möglich, dass sie von Planeten umkreist werden können? Die hätte es doch dann weggeblasen, oder? Oder wurden die später irgendwie eingefangen? Aber Planeten schwirren doch nicht einfach so Sternenlos durchs All…?

  4. #4 Schmidts Katze
    3. November 2010

    @Björn,

    naja, ne Scheibe nur, wenn die Achse des Magnetfelds senkrecht auf der Drehachse steht, sonst ein Kegelmantel.

    Und 4 braucht man zur Positionsbestimmung, schreibt Florian.

    Aber das gilt natürlich auch nur, wenn man weiß, daß es Pulsare sein sollen; man wird noch ein paar mehr brauchen, um die Graphik auf den Platten erstmal zu deuten.

  5. #5 ares
    3. November 2010

    FF:
    Die schnelle Rotation und das mitrotierende Magnetfeld des Neutronensterns führen dazu, dass ………

    @FF,
    wie FF bereits erwähnte glaubte man anfangs tatsächlich wegen der Regelmäßigkeit der Signale, auf ein außerirdisches Signal gestoßen zu sein.
    Was einen Neutronenstern besonders auszeichnet und so faszinierend erscheinen lässt, ist seine unglaubliche Eigenrotation von ca 600 Umdrehungen pro Sekunde.
    Noch mal, ganz langsam zum mitschreiben: 600U/sek. unglaublich, oder?

    Vergleichbar nur mit einer Jet-Turbine mit runden 30000U/min.

    mehr über Pulsare hier:
    https://www.lexikon-der-astronomie.de/Weltall/Pulsare.html

  6. #6 H.M.Voynich
    4. November 2010

    @ares:
    Wenn man sich 20 km große Jet-Turbinen vorstellen kann … 😉

  7. #7 Martin
    4. November 2010

    Netter Artikel, Florian.

    Leider hat sich mal wieder der Fehlerteufel eingeschlichen, nämlich hier:
    “Und genau diese Regelmäßigkeit macht die Pulsare so interessiert.” (Ende erster Abs.)

    Für was interessieren sich die Pulsare denn so? 😀

  8. #8 Florian Freistetter
    4. November 2010

    @Martin: Danke, habs korrigiert

    @r-m-d: Naja – Uu kann so ein Planet auch eine Supernovaexplosion überleben. Aber es war wohl so, dass hier sich NACH der Explosion eine Scheibe aus Material (Zeug das von der Supernova übrigblieb) um den Pulsar gebildet hat aus der dann erst die Planeten entstanden sind.

  9. #9 Stefan
    4. November 2010

    Ich bin nicht sicher, ob es so wünschenswert ist, dass Aliens uns entdecken könnten. Wenn sie die Chance hätten zu uns vorzudringen, dann müssten sie uns technologisch weit überlegen sein. Wer könnte sie daran hindern unseren Planeten zu kolonialisieren, ausbeuten und uns zu Sklaven machen? Ich weiß, ich weiß, man soll nicht von sich auf andere schließen …

  10. #10 Bullet
    4. November 2010

    Richtig. Denn was bitte soll auf unserem Planeten noch für jemanden interessant sein, der “so weit technologisch überlegen” ist…?
    Rohstoffe etwa? Ha ha.
    Gewürze? Ki cher.
    Die Beatles (oder vma auch Monrose)? Krin gel.

  11. #11 r-m-d
    4. November 2010

    @Florian: Danke für die Erklärung. Dann muss der Stern aber ziemlich schnell “gestorben” sein, oder die Planeten haben sich sehr schnell gebildet bzw. sind noch sehr jung, oder? Ich hätte gedacht sowas dauert ein paar millionen Jahre…
    Wie kann ich mir das eigentlich vorstellen, als theoretischer Beobachter auf einem Planeten, der einen Pulsar umkreist? Ist es dann einfach nur immer dunkel oder sieht man da was leuchten? ‘Tschuldigung, wenn ich so populärwissenschaftliche Fragen stelle… 😉

  12. #12 Bullet
    4. November 2010

    Ein Pulsar ist ein Neutronenstern, der (aus unserer Perspektive) im Radiobereich “blinkt”. “Leuchten” im sichtbaren Licht hängt von seiner Temperatur ab und von den anderen Prozessen, die da so laufen. Er wird garantiert nicht so hell strahlen wie eine Sonne – aber “dunkel” ist auch ein weißer Zwerg nicht – und ich würd mal schätzen, daß Neutronensterne nicht weniger leuchtkräftig sind als jene.

  13. #13 Oliver Debus
    4. November 2010

    böööh, die Idee zu dem Artikel hat sich Florian von mir abgeschaut… böser Bub 😉

    https://www.huberthorn.eu/2010/10/astronomie-und-science-fiction-teil-1/

  14. #14 Romona Rahal
    10. Januar 2013

    great put up, very informative. I wonder why the other experts of this sector do not realize this. You must continue your writing. I’m sure, you’ve a great readers’ base already!