Zu systematischem Plagiarismus im (Wissenschafts-)Journalismus ist gerade im TELI-Blog ein interessanter Beitrag erschienen.

Der Guardian stellt in seinem Beitrag „Science Churnalism” eine neue Software vor, mit der man journalistische Plagiate sofort identifizieren kann. Churnalism.com ist allerdings limiert auf die UK Medien. Der Autor des Beitrags, Martin Robbins, ermittelte bei Stichproben, dass der Telegraph fast alles kopierte, die Times etwa die Hälfte, BBC immerhin noch über 40 Prozent.

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Danke an die Kollegen Hajo Neubert und Wolfgang Goede fürs Ausgraben dieser Geschichte.

Regelmäßig beleuchtet wird das Thema übrigens auch auf plagiarismus.de, betrieben von einem Unternehmen aus dem Urheberrechts-Umfeld. Dort schreibt Peter Schilling, Vorstand der PriorMart AG.

Kommentare (13)

  1. #1 Frau Sokol
    17. Mai 2011

    Interessant, aber um Plagiarismus gehts dabei nicht wirklich.

    Die Originalquellen sind in diesem Fall Presseaussendungen, die ja in der Hoffnung geschrieben werden, dass andere sie übernehmen.

    Das Problematische daran ist also nicht das Kopieren, sondern dass die Inhalte nicht überprüft werden. Somit gelangt oftmals Eigen-PR von Unis in die Zeitung, die natürlich danach trachten, ihre Ergebnisse als besonders sensationell und neuartig darzustellen – was freilich nicht immer der Realität entspricht.

  2. #2 Andrea Kamphuis
    18. Mai 2011

    Ich finde diese Überdehnung des Ausdrucks Plagiarismus ebenfalls bedenklich. Schon die Balkendarstellung in der Abbildung oben hat mich skeptisch gemacht: Plagiate, die zum Teil nur ein Drittel einer Tageszeitungsspalte lang sind? Ein-Wort-Plagiate??
    Martin Robbins hat in seinem Guardian-Blog Pressemitteilungen einer Universität mit der Berichterstattung in der Tagespresse verglichen: https://churnalism.com/duxas/
    Entschuldigung – aber Pressemitteilungen sind dazu *da*, dass Journalisten sie ohne großen Aufwand verwenden können. Dass diese unkritischen Übernahmen problematisch sind, hat meine Vorrednerin ja schon ausgeführt. Aber “systematischer Plagiarismus” ist hier m. E. die falsche Kategorie.

  3. #3 Alexander Stirn
    18. Mai 2011

    Hat sich jemand churnalism.com eigentlich mal genauer angeschaut oder wurde hier einfach der Blogeintrag über einen anderen Blogeintrag abgeschrieben – oder plagiiert, wie das wohl neuerdings heißt?

    Wenn da zum Beispiel in der Original-Pressemitteilung “Nature Medicine” als Quelle genannt wird und der BBC-News-Artikel über das neue Forschungsergebnis ebenfalls “Nature Medicine” anführt, zählt die Software das bereits als abgeschrieben …
    Der Wissenschaftsjournalismus hat sicherlich viele Probleme, und die kritiklose Übernahme der Informationen (und teilweise der Formulierungen) aus Pressemitteilungen gehört sicherlich dazu, aber in der Form von churnalism.com ist das doch eher etwas lächerlich.

  4. #4 Alexander Gerber
    18. Mai 2011

    Danke für die Einschätzung, lieber Kollege Stirn. Ich bin da ähnlich skeptisch wie Sie. Ein rein maschineller Textvergleich kann nicht die abschließende Antwort auf den (trotzdem nicht wegzudiskutierenden) und neuerdings “Churnalism” getauften Trend sein. Das Posting war also in der Tat ein Forwarder. Die Frage nach dem “plagiieren im Blog” kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Durch den Link, das wörtliche Zitat, die Namensnennung und sogar Verlinkungen zu den Autoren des ursprünglichen Postings ist das wohl ein Scherz…? ;-)

    @ Andrea Kamphuis:

    Pressemitteilungen sind dazu *da*, dass Journalisten sie ohne großen Aufwand verwenden können.

    Verwenden ja, hinterfragen aber bitte auch. Sonst würde ich das selbst nicht unterschreiben, gerade weil ich ja einige Jahre auf beiden Seiten des Schreibtischs verbracht habe und mich sozusagen in beide Rollen ganz gut glaube hineinversetzen zu können. Mehr als jedes andere Ressort leidet der Wissenschaftsjournalismus seit jeher nicht nur unter der geringsten thematischen Konsonanz, sondern (mehr noch als der Technikjournalismus) unter nahezu nicht vorhandener Investigation. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, etwa erste Pioniere im Datenjournalismus, der deutsche Reporterpreis für neue Formate wie Slidecasts u.s.w.
    Für den Berufsstand sollte das eigentlich eine Riesenchance sein, sich gerade wegen der konjunkturell verstärkten strukturellen Krise durch „echten“ Qualitätsjounalismus zu differenzieren — – sozusagen ein Veränderungsdruck im Positiven… ;-)

  5. #5 Thilo
    18. Mai 2011

    Für den Berufsstand sollte das eigentlich eine Riesenchance sein, sich gerade wegen der konjunkturell verstärkten strukturellen Krise durch „echten“ Qualitätsjounalismus zu differenzieren — – sozusagen ein Veränderungsdruck im Positiven… ;-)

    Diese These liest man ja öfter mal (mit Bezug auf Wissenschaftsjournalismus), sie ist aber nicht nachvollziehbar. Wer eine Tageszeitung kauft, will dort politische Einschätzungen und Recherchen lesen, vielleicht auch noch Berichte aus Kultur und Wirtschaft, aber doch wohl kaum, was Journalist XY vom neuesten Paper zur Stringtheorie hält.

    Wie wir in anderen Threads schon oft diskutiert haben, läßt sich der klassische politische Journalismus nicht mal eben so auf den Wissenschaftsjournalismus übertragen – man schaue sich (als zugegebenermaßen extremes Beispiel) die Berichterstattung der WELT zur Klimaforschung an. Man kann nicht mit den klassischen Mitteln der Recherche (indem man möglichst viele Meinungen einholt) über wissenschaftliche Arbeiten berichten wollen. Wenn man wirklich in Tageszeitungen über aktuelle Forschung berichten wollte (wofür es wie gesagt m.E. gar keine wirkliche Nachfrage gibt) bräuchte man Leute, die Fachzeitschriften lesen und dann Zusammenfassungen der Arbeiten für die Tagespresse schreiben.

    Dabei dann den Grad an Plagiarismus messen zu wollen, wäre jedenfalls absurd, denn natürlich stünde in diesen Zusammenfassungen nichts inhaltlich Neues.

  6. #6 Dr. Webbaer
    19. Mai 2011

    Man kann nicht mit den klassischen Mitteln der Recherche (indem man möglichst viele Meinungen einholt) über wissenschaftliche Arbeiten berichten wollen.

    Anders geht’s halt nicht, man darf gerne die WELT-Sicht auf die Klimaforschung verdammen, aber es gilt letztlich doch das Primat der Politik [1] über die Wissenschaft zu beachten. – Der Souverän will halt gerne auch abweichend informiert werden und die Wissenschaft irrt, gerade auch was Prognosen betrifft, fortlaufend.

    MFG
    Dr. Webbaer

    [1] idealerweise das gemeine Volk

  7. #7 Alexander Gerber
    19. Mai 2011

    @ Thilo Kuessner

    Wer eine Tageszeitung kauft, will dort politische Einschätzungen und Recherchen lesen, vielleicht auch noch Berichte aus Kultur und Wirtschaft, aber doch wohl kaum, was Journalist XY vom neuesten Paper zur Stringtheorie hält.

    Einordnen und hinterfragen muss ja nicht notwendigerweise ein Kommentar sein. Ich dachte eher an investigative Recherche, die eben weit über die aktuelle Wissenschaftsberichtersattung hinaus geht, zum Beispiel durchaus auch zu ethischen Fragestellungen, forschungsspolitischen und fördertechnischen Praktiken. Das passiert noch so gut wie gar nicht, wie u.a. tagtäglich in der Bundespressekonferenz zu beobachten ist. Ist Wissenschaft nicht per Definition immer auch “politisch”? Und falls ja, wie kommt der Journalismus dann seiner Wächterfunktion bei Themen wie dem BuFi nach (https://www.bmbf.de/de/12210.php). Oder ist das etwa kein Wissenschaftsjournalismus mehr, weil es nicht um Ergebnisse und Inhalte geht, sondern um die Rahmenbedingungen des “Wissenschaffens”? Das wäre ja eine gewagte These… ;-)

  8. #8 Alexander Gerber
    19. Mai 2011

    @ Dr. Webbaer

    …die Wissenschaft irrt, gerade auch was Prognosen betrifft, fortlaufend.

    …und müsste nicht gerade dieses Grundprinzip des ständigen Irrtums oder besser Hinterfragens auch stärker in die Berichterstattung einfließen? Also dass Wissenschaft eigentlich nie endgültig ist, sondern eher einem “failing forward” folgt, wie die Amis sagen. Wissenschaftsjournalismus vermittelt ja meist das Gegenteil, wenn mal wieder festgestellt wird, dass Marmelade Schnaps enthält…

  9. #9 Dr. Webbaer
    19. Mai 2011

    Je mehr der Wissenschaftsjournalismus den offiziellen Verlautbarungen gleicht, desto weniger erfüllt er seine politische Aufgabe. So wie ein BuFi über F&E angenehm verlautbart, so ist auch die regelmäßig schreibende Kraft gefordert.

    Trivial, aber bemerkenswert. So bemerkenswert, dass anscheinend bei diesem Thema der ironisierende Smiley zum sprachlich-schriftlichen Repertoire des hiesigen Inhaltemeisters zu gehören scheint.

    Und es geht ja auch ein wenig um Steuerzahlerkohle. ;-)

    MFG
    Dr. Webbaer

  10. #10 Dr. Webbaer
    19. Mai 2011

    @Gerber
    Recht haben Sie. Eine wissenschaftliche Theorie ist nur ein Theorie, wobei das richtige Verstehen des “Nur” die moderne Wissenschaftlichkeit seit der Europäischen Aufklärung ausmacht. – Tautologien wie die Mathematik spielen hier eine Sonderrolle, no prob.

    Aber versuchen Sie mal das den Leutz klarzumachen…

    Darum auch Inhaltsangebote wie die scienceblogs.de wichtig,
    MFG
    Dr. Webbaer

  11. #11 Alexander Gerber
    19. Mai 2011

    Darum auch Inhaltsangebote wie die scienceblogs.de wichtig.

    …womit wir dieses Posting ja fast mit “q.e.d.” abschließen könnten.
    Ähm…was mache ich denn jetzt ohne Emoticon?! Hilfe!

  12. #12 Chris
    20. Mai 2011

    Wenn man wirklich in Tageszeitungen über aktuelle Forschung berichten wollte (wofür es wie gesagt m.E. gar keine wirkliche Nachfrage gibt)
    Die Nachfrage seitens der Leser gibt es schon. Das Budget für ein eigenes Ressort ist nur bei den ganzen Tageszeitungen gestrichen worden. Deswegen werden einfach die dpa und andere Pressemitteilungen abgedruckt.

  13. #13 Leesa Deyak
    22. August 2015

    When do you think this Real Estate market will go back in a positive direction? Or is it still too early to tell? We are seeing a lot of housing foreclosures in Altamonte Springs Florida. What about you? Would love to get your feedback on this.