Im Jahr 1978 provozierte die US-amerikanische Autorin Susan Sontag noch mit der These, Krebs werde unbewusst für eine durch unterdrückte Gefühle ausgelöste Krankheit gehalten und verurteilte die Annahme bösartige Tumore könnten so “selbst verschuldet” sein. Heute wissen wir natürlich mehr.

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Alle paar Tage erklärt eine neue Studie, was krebserregend ist (Teflonpfannen, Handys, Margarine) und was man vorbeugend dagegen unternehmen kann (rotes Obst und Gemüse essen, Contergan, Margarine)

Die Flut an Informationen scheint aber eher eine verwirrende Wirkung zu haben. Denn nach einer Studie der unabhängigen International Union Against Cancer können die wenigsten Leute einschätzen, welche Faktoren tatsächlich unser Krebsrisiko erhöhen und welche uns davor schützen. Auch die Frage, ob Krebs überhaupt heilbar ist, beantwortete nicht jeder Befragte mit “Ja!”

Für die Studie wurden 29.925 Menschen in 29 Ländern befragt. Die Ergebnisse wurden eingeteilt nach der Meinung der Befragten in Ländern mit hohem, mittlerem und niedrigem Einkommen. Zusätzliche Ergebnisse von 12 weiteren Ländern, darunter auch Deutschland, stehen noch aus – in die bisherigen Ergebnisse fließen jedoch unter den Ländern mit hohem Einkommen beispielsweise Österreich, Gr0ßbritannien und die USA ein. Zur Gruppe der ärmeren Länder gehören Kenia, Ghana und Nigeria.

Die Risikofaktoren, zu denen die Studienteilnehmer befragt wurden waren:

  • Stress
  • Bewegeungsmangel
  • Übergewicht
  • Handystrahlung
  • Sonnenbrand
  • Luftverschmutzung
  • Viruserkrankungen
  • unreines Leitungswasser
  • Kautabak
  • Alkohol
  • Mangel an Gemüse
  • Mangel an Obst
  • Kohlenhydratmangel
  • fettiges Essen und der
  • Verzehr von blutigem Fleisch

Tatsächlich ist jeder dieser Punkte Krebsforschern zumindest als Risiko bekannt – den Befragten der Studie waren diese Faktoren mitunter jedoch unbekannt.

So stellte sich beispielsweise heraus, dass Alkohol in Ländern mit hohem Einkommen nicht als Risikofaktor eingeschätzt wird. Während in diesen Länder immerhin 52 Prozent der Befragten keine krebserregende Wirkung von Alkohol sehen, halten 27 Prozent der Befragten aus Ländern mit niedrigem Einkommen alkoholische Getränke durchaus für gefährlich.

Rauchen wird in reicheren Ländern immerhin von nur 8 Prozent der Befragten für völlig ungefährlich gehalten – in ärmeren Ländern sehen das satte 19 Prozent ähnlich. Zusätzliche 24 Prozent gaben dort an, sich nicht sicher zu sein, ob Rauchen krebserregend sein könnte oder nicht.

Auffallend am Krankheits- und Gesundheitsverhalten der Befragten ist auch, dass in ärmeren Ländern Ärzten stärker vertraut wird als in reicheren und dortige Patienten ihr Risikoverhalten – etwa nicht zu rauchen – auch meist auf Rat des Arztes übernehmen. 75 Prozent der Befragten gaben an, dass Ärzte ihre Entscheidungen über Behandlungen und Therapien treffen sollen. In reicheren Ländern hingegen sind Patienten wesentlich misstrauischer: Dort vertrauten nur 11 Prozent der Studienteilnehmer blind ihrem Arzt. 43 Prozent gaben an, Entscheidungen und gesundheitsrelevante Verhaltensweisen gemeinsam mit dem Arzt abzustimmen, 29 Prozent entscheiden sogar völlig alleine.

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Doch gerade dort, wo Patienten auf ihre Mündigkeit beharren, gibt es auch große Defizite im Risikoverhalten: Blutiges Fleisch halten 52 Prozent nicht für gefährlich, zusätzliche 10 Prozent sind sich nicht sicher. Dass blutiges Fleisches mit einem erhöhten Darm-, Brust-, und Magenkrebsrisiko assoziiert wird, untersuchten diverse Studien in den vergangenen Jahren. Über blutiges Fleisch verbreitet sich außerdem das Bakterium Helicobacter Pylori, das auch für Gastritis, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre verantwortlich gemacht wird.

Stress und Luftverschmutzung wurden in Ländern mit hohem Einkommen als größte Krebsrisiken gedeutet – im Gegensatz zu Alkohol stellen sie nach Angaben des Studienleiters Dr. David Hill jedoch eine verschwindend geringe Gefahr dar.

“Diese Umfrage deckt große Lücken auf,” erklärt der Biologe. “Aber mit den gewonnenen Ergebnissen können alle beteiligten Staaten ihre Krebsprävention stärker auf die Defizite konzentrieren.”

Kommentare (1)

  1. #1 Antje Hoffmann
    Oktober 1, 2008

    Zu ihrer Aussage, dass über blutiges Fleisch Helicobacter pylori übertragen würde, möchte ich herzlich gern eine Nachweisquelle haben, da ich mich gerade beruflich intensiv mit diesem Keim beschäftige und Übertragungswege nicht abschließend geklärt sind, bzw. mir nichts von einer Übertragungsmöglichkeit durch rohes Fleisch bekannt ist. Viellciht haben sie sich mit Helicobacter getäuscht? Schicken sie mir ansonsten doch bitte die Quelle! A. Hoffmann