Für alle, die sich für Hochschulpolitik interessieren: Heute gibt es ein interessantes Interview mit Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange in der Süddeutschen Zeitung zu lesen.

i-d5c82534d8ad69ff1ba3f2649f8befd9-stehend an Treppe.JPG

Darin plädiert Stange für andere Strategien zur Förderung des Wissenschaftsstandorts Deutschland.

Stange: “Ich werde die Förderung von Zukunftskonzepten ganzer Universitäten nicht mehr unterstützen. Wir brauchen in Deutschland keine Elite Unis”.

Nun war der Osten Deutschlands bei der Vergabe der noch offenen Titel im vergangenen Oktober 2007 leer ausgegangen. Da könnte man die Äußerungen von Ministerin Stange leicht falsch als beleidigte Reaktion verstehen.

Doch hat sie durchaus Recht, dass es durch die Ausrufung der Elite-Unis zu einem weiteren Sog angesehener Forscher hin zu diesen – und damit weg von anderen Universitäten gekommen ist. Während die einen sich also noch besser aufstellen konnten, verlieren die anderen unter Umständen hoch qualifizierte Wissenschaftler.

Allerdings war dieser Effekt durchaus vorherzusehen – und als Anreiz für den Zuzug von Spitzenforschern aus dem Ausland sicher erwünscht. Wir können uns hier also nicht so recht entscheiden, ob wir Eva-Maria Stange folgen wollen. Und immerhin gibt es neben den Elite-Auszeichnungen auch noch die diversen Exzellenzcluster und Graduiertenschulen. Über diesen Weg könnten es bei einer neuen Runde durchaus auch Universitäten im Osten zur Elite schaffen.

Kommentare (4)

  1. #1 Christian
    Februar 25, 2008

    Mich hat es irgendwie schon immer gestört, dass man den “Elite-Status” einer Uni per Fiat von oben “deklarieren” möchte. Die Vorbilder – die Elite-Unis in den USA und England – sind ja auch nicht in Washington oder London zur Elite-Uni “gekürt” worden, sondern haben sich unabhängig von der Politik über viele Jahrzehnte exzellenter Forschung und Lehre (und Drittmittel-Einwerbung) einen bestimmten Ruf erarbeitet.

    Wenn man in Deutschland Elite-Unis haben möchte, sollte man sich meines Erachtens nach darauf beschränken, Forschung und Lehre allgemein zu fördern und dann zu sehen, wo sich Spitzenleistungen von selbst einstellen – die gibt es ja bei uns auch ohne Dekret von oben.

    Ich habe außerdem ohnehin das Gefühl, dass die Verleihung des Elite-Titels in Deutschland eher wenig mit der Qualität der Lehre zu tun hat, sondern fast ausschließlich an Forschungsleistungen gebunden ist. Der Prozess erschöpft sich daher oberflächlich betrachtet in einer zusätzlichen finanziellen Förderung von Universitäten mit höheren finanziellen Mitteln.

    Denn dort wo mehr Geld für die Forschung zur Verfügung steht, kann in der Regel auch bessere Forschung geleistet werden – und dort wo bessere Forschung geleistet wird, prangt dann irgendwann das Elite-Siegel und es fließt zusätzliches Geld. Dadurch wird natürlich in Zukunft noch mehr und noch bessere Forschung gewährleistet, womit sich die Vergabe des Elite-Titels rückwirkend quasi “selbst rechtfertigt”.

    Nach außen sieht es leider so aus: Wo Geld ist kommt Geld dazu. Ob dies mit Elite und Exzellenz viel zu tun hat, oder nur mit einer natürlichen Clusterung von Forschungsgeldern und Schwerpunktforschung ist mir seit Beginn der Exzellenzinitiative eigentlich schleierhaft geblieben. Von daher finde ich es nicht verkehrt, wenn das Verfahren auch von politischer Seite wieder hinterfragt wird…

  2. #2 Monika
    Februar 25, 2008

    Folgt man den im Buch “Professor (Un-)tat” belegten Missständen an den UNIs, dann sind die ganzen Exzellenz-Initiativen Förderungen nach dem Gießkannenprinzip. Eine Reform des ganzen Systems ist längst überfällig und Absolventen mit hervorragenden Leistungen sollten auch die Chance bekommen, am Wissenschaftsbetrieb teilnehmen zu können. Allerdings müsste man sie erst – ohne Konkurrenzneid – auf die Ebene der “wissenschaftlichen Mitarbeiter” lassen, damit sie dann überhaupt die Chance haben, “entdeckt” zu werden. Markwirtschaftliche Prinzipien schaden mehr, als sie nützen…denn nach dieser Systematik sind nur jene “gut”, welche man auch – dank ausreichender Ellbogen oder Rafinesse – ins System reinlässt ;-))

  3. #3 Peter
    Februar 26, 2008

    Deutschland hätte gerne “Elite-Unis”, als Vorbild sieht man die jedem bekannten Spitzen-Unis in Amerika und England. Ansich halte ich dieses Ziel für lohnens- un anstrebenswert, jedoch wird der Weg dorthin weitestgehend verkannt. Man kann bzw. sollte keine Elite-Unis verordnen. Um am Beispiel England/Amerika zu bleiben: Dort entstanden diese Hochschulen nicht durch staatliche Förderung, sondern durch eine beständig gute Forschung und Lehre und der damit einhergehenden immer größeren werdenden Einnahmen durch Drittmittel. Dies führt meiner Meinung nach aber auch zu Problemen, da die Hochschulen nun der Einflussnahme ihrer Geldgeber ausgesetzt sind. In England werden Forschungskapazitäten systematisch bewertet, jedes Institut kann sich bewerben und das Ergebnis bestimmt entscheidend, wohin Gelder fließen. Man muss also eine gute Grundlage schaffen, entweder Deutschland kann sich dazu durchwringen endlich erheblich mehr für Bildung auszugeben, oder man muss, wenn das nicht funktioniert über andere Finazierungsmöglichkeiten nachdenken. Hier kommen wieder die Studiengebühren ins Spiel, jedoch halte ich die Modelle, die manche Bundesländer haben nicht für sinvoll. Dieses fördert die soziale Auslese. Das Modell in Australien ist interessant: Dort kann man so lange studieren, bis man beruflich erfolgreich wird, dann muss man erst bezahlen. Davon profitieren vor allem die sozial niedrigen Schichten.

  4. #4 Barbara Wankerl
    Februar 29, 2008

    Man kann sicher darüber streiten, ob die Exzellenzinitiative der Königsweg zur Förderung von Spitzenforschung in Deutschland ist. Allerdings sollte man sich in der Diskussion an den Tatsachen orientieren. Die Elite-Auszeichnung, mit der sich neun deutsche Hochschulen schmücken, wird keineswegs „per Dekret“ verliehen. Der Elite-Status ist vielmehr das Ergebnis eines Wettbewerbs zwischen den Hochschulen. In den zwei Antragsrunden 2006 und 2007 waren alle Unis eingeladen, Antragskizzen zu den drei Förderlinien der Exzellenzinitiativen einzureichen, die da sind: Zukunftskonzepte, Graduiertenschulen und Exzellenzcluster. Für 2007 gingen insgesamt 305 Antragsskizzen ein, nach einer Vorauswahl wurden 40 Vollanträge für Exzellenzcluster, 44 für Graduiertenschulen und 8 für Zukunftskonzepte zugelassen. Die Bewilligung wurde dann auch nicht im kleinen Kreis ausgekartelt, sondern von mehreren, international besetzen Fachgremien beraten: 80 Prozent der 320 Gutachter kamen aus dem Ausland. Zu „Elite-Unis“ wurden die Hochschulen gekürt, die in allen drei Disziplinen punkten konnten. In meinen Augen sprechen die Auswahl- und Entscheidungsverfahren eindeutig gegen eine „von oben“ angeordnete Elite-Werdung einiger Hochschulen. Zudem passiert in der Exzellenzinitiative Forschungsförderung auch ohne Elite-Ettikett: Aus den beiden Runden gingen 37 Exzellenzcluster mit eigenständigen, konkreten Forschungszielen und 39 Graduiertenschulen hervor, die unabhängig vom Status ihrer Uni gefördert werden.

    Weitere Infos zur Exzellenzinitiative: http://www.dfg.de/forschungsfoerderung/koordinierte_programme/exzellenzinitiative/