Der Fall Hannah Bruesewitz, über den der United States Supreme Court derzeit berät, hat nichts mit den – als unbegründet erwiesenen – Vorwürfen zu tun, dass Masernimpfungen (genauer gesagt, eine Substanz im Impfstoff) die Ursache für Autismus bei Kindern sei. Und doch könnte eine entsprechende Entscheidung der amerikanischen Verfassungsrichter unter Umständen dazu führen, dass die US-Gerichte mit solchen Autismus-Klagen überflutet werden. Ich habe mich zwar in meinem Studium mit Jura befasst – aber nur dem fränkischen und schwäbischen Jura. Wenn es um Rechtsprechung geht, komme ich mit meinem Alltags-Laienwissen schnell an meine Grenzen. Aber wenn ich den Artikel in der New York Times vom Dienstag richtig verstanden habe, dann geht es um Folgendes:

Vor 25 Jahren erließ der US-Kongress ein Gesetz, den National Childhood Vaccine Injury Act of 1986, um die damals (scheinbar?) stetig wachsenden Schadenersatzansprüche an die Hersteller von Impfstoffen zu regeln. Dies geschah übrigens nicht im Interesse der Kläger, sondern zum Schutz der Beklagten: Um solche oft mit massiven Geldforderungen verbundenen Prozesse aus den unberechenbaren Zivilgerichten zu entfernen, wo selbst in Zivilverfahren eine Gruppe Geschworener entscheidet – nicht selten emotional und scheinbar (!) oft zu Gunsten der Geschädigten – wurde ein außergerichtliches Kompensationsverfahren geschaffen. Das Office of Special Masters am U.S. Court of Federal Claims, kurz auch als “Vaccine Court” bezeichnet, ist für solche Fälle zuständig und entscheided, meist ohne lange Anhörung, anhand einer Liste von Kriterien über das Vorliegen von Ansprüchen und die enstprechende finanzielle Kompensation. Finanziert werden die Zahlungen über eine eigens dafür erhobene Steuer auf Impfstoffe (was der Pharmaindustrie die Kosten abnimmt und ihr nicht nur teure, langwierige und potenziell rufschädigende Verfahren erspart, sondern auch ihre Haftpflichtprämien enorm senkt). Es bleibt den Geschädigten zwar unbenommen, diese Kompensation abzulehnen und vor Gericht zu gehen, aber die juristischen Einstiegshürden (eigentlich “Ausstiegshürden”) sind entsprechend hoch.

Bemerkenswert – ob auch juristisch relevant, weiß ich allerdings nicht – ist dabei, dass die abgegoltenen Ansprüche im Jahr 2010 geradezu “explodiert” sind: 154 Kläger erhielten insgesamt 154 Millionen Dollar (also im Schnitt eine Million); das überschreitet das letzte Fünfjahresmittel (68 Millionen Dollar) um gute 125 Prozent. Kompensation für Autismus durch Impfung war von den Schiedsrichtern des Vaccine Court allerdings bisher nicht zu erwarten. Nicht, dass man es nicht versucht hätte: Von den etwa 7900 Fällen, mit denen sich das Office of Special Masters seit Beginn der Dekade befassen musste, waren knapp Dreiviertel (rund 5800) Autismus-Fälle.

Der Fall vor dem Supreme Court hat, wie gesagt, mit dieser zweifelhaften Autismus-“Diagnose” nichts zu tun. Hier geht es darum, dass die heute 18-Jährige seit ihrer Impfung mit einem Kombinationspräparat gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten an epileptischen Anfällen leidet. Das Präparat, das von der Firma Wyeth (heute Teil des Pfizer-Konzerns) hergestellt wurde, sei – so sagen die Eltern – damals bereits als unsicher bekannt gewesen, weswegen es inzwischen durch ein sichereres Präparat abgelöst wurde. Und wenn die Eltern ihre Ansprüche damals einen Monat früher angemeldet hätten, dann wären sie sogar entschädigt worden, schreibt die “New York Times”; die Symptome, auf die sie ihre Forderungen gründeten, waren erst kurz zuvor aus der Kompensationsliste gestrichen worden. Also zog die Familie Bruesewitz vor ein Zivilgericht – und verlor.

Der Supreme Court soll nun nicht einfach nur entscheiden, ob die Familie Anspruch auf Schadenersatz hat oder nicht; das liegt gar nicht in seiner Kompetenz. Worüber die sechs Richter und zwei Richterinnen (die dritte Verfassungsrichterin, Elena Kagan, hatte sich wegen Befangenheit aus dem Verfahren ausgeklinkt) befinden müssen ist, ob der Kongress mit dem National Childhood Vaccine Injury Act auch die Haftung für alle Herstellungsfehler von Impfstoffen ausgeschlossen hat; offenbar ist dies nicht klar im Gesetz selbst geregelt, sondern eine Auslegungssache.

Falls das Oberste US-Gericht zum Schluss käme, dass genau solche Haftungsfragen auch unter das Impfschadengesetz fallen, dann können die Hersteller erst mal aufatmen. Aber im anderen Fall wäre es ein Startschuss für – siehe oben – Tausende von Klagen von Eltern autistischer Kinder. Und natürlich Rückenwind für alle Impfgegner, die alleine schon aus der formalen Zulässigkeit solcher Klagen folgern würden, “dass da ja nun doch was dran sein muss” (oder so, ich paraphrasier’ das mal einfach). Aber ehe sie sich nun die Familie Bruesewitz zu ihren Helden und Leitfiguren erklären wollen, sollten sie doch eines wissen: Hannahs Eltern sind, nach eigenem Erklären gegenüber der New York Times, keine Gegner von Impfungen. Im Gegenteil:

What we want and are concerned about is to make sure that the safety of vaccines in this country is enhanced
(Was wir wollen und worum wir uns sorgen ist, zu gewährleisten dass die Sicherheit der Impfstoffe in diesem Land verbessert werden)

zitiert die Zeitung den Vater, Russel Bruesewitz. Und zumindest diesen Spruch können sie sich nicht an die Fahnen heften.

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Kommentare (27)

  1. #1 The Wookie Monster
    13. Oktober 2010

    Das Zitat des Vaters würde ich als Leserin der amerikanische Scienceblogs nicht überbewerten. Selbst die lautesten Anti-Impf-Kreuzzügler in den USA – wie das ehemalige Model Jenny McCarthy mit ihrem angeblich vom Autismus geheilten Sohn – behaupten, sie seien “not, anti-vaccine, but pro-safe vaccine”.

    Klingt erstmal vernünftig. Das Problem ist die Frage, was denn einen “sicheren Impfstoff” ausmachen soll. Alle wissenschaftlichen Studien, die die Sicherheit eines Impfstoffes belegen, sind ja irgendwie – wenn auch um fünf Ecken – mit der bösen Pharmaindustrie verbunden und daher nicht glaubwürdig.
    Momentan stehen zwei hervorragende Studien aus Dänemark unter Beschuss der Anti-Impfer, weil gegen einen Mit-Autor (der wohlgemerkt in der Autorenliste an 4. bzw 6. Stelle steht, also wohl kaum mehr als beratende Funktion hatte) wegen Betrugsverdachts ermittelt wird (https://scienceblogs.com/insolence/2010/03/thorsen_wakefield_fine_art_of_distraction.php ). Die Sache hat zwar mit den vorliegenden Studien absolut nichts zu tun, aber hauptsache, man hat irgendwas in der Hand, damit für den Laien der Eindruck dunkler Machenschaften entsteht.

    Was genau an den Impfungen das Problem darstellt, kann auch niemand so genau sagen. Erst war es der Konservierungsstoff Thimerosal. Der wurde schon vor neun Jahren aus allen Kinderimpfungen entfernt, die Autismusdiagnosen nehmen trotzdem weiter zu. Also muss es irgendwas anderes sein, aber ganz bestimmt irgendwas in den Impfungen: Zuviele auf einmal überlasten das Immunsystem, Adjuvantien, jede Woche etwas neues. Ein klassischer Fall von “movig the goalposts”. Gegen solche Fanatiker kann man wohl leider nicht gewinnen. Sie rufen immer nach “mehr Forschung”, dabei suchen sie nur Bestätigung für ihre bereits feststehenden Schlussfolgerungen.

  2. #2 vogelfrei
    13. Oktober 2010

    wookie monster. das stimmt so nicht. thiomersal wurde in europa zwar aus den üblichen kinderimpfungen entfernt, in den USA aber nicht. zudem enthielt die deutsche schweinegrippeimpfung, welche auch an kinder und sogar an schwangere verabreicht wurde sehr wohl thiomersal.

    leider werden auch andere zusatzstoffe in impfungen verwendet, zu deren sicherheit es viel zu wenig studien gibt.

    gerade bei impfungen muss auf sicherheit noch viel mehr wert gelegt werden als bei sonstigen medikamenten, werden sie doch ausschließlich an völlig gesunde verabreicht.

  3. #3 The Wookie Monster
    13. Oktober 2010

    Doch auch in den USA wurde es entfernt. Nur in manchen Grippeimpfstoffen ist es noch enthalten – als Vorbeugung gegen bakterielle Kontaminationen, denn die verursachen, im Gegensatz zu Thimerosal, nachweislich gesundheitliche Probleme.
    Quelle: Die Online-Infomaterialien der FDA (würde gern einen Link posten, aber das Blog lässt mich nicht).

  4. #4 BreitSide
    14. Oktober 2010

  5. #5 noch'n Flo
    14. Oktober 2010

    @ vogelfrei:

    Wieviele Studien hätten’s denn gern? Der Grossteil der Zusatzstoffe ist gut untersucht, allein auch durch lange und grossflächige Verwendung. Wenn ich 10 oder 20 Studien habe, die sagen, ein Zusatzstoff sei ungefährlich, und keine einzige, die sagt, er sei (vielleicht) doch gefährlich – wieviel mehr an Studien braucht es denn noch, um Sie zu überzeugen?

  6. #6 noch'n Flo
    14. Oktober 2010

    nochmal @ vogelfrei:

    Wieso muss bei einem Arzneiprodukt, dass an Gesunde verabreicht wird, mehr Wert auf Sicherheit gelegt werden, als bei einem, dass man einem Kranken gibt? Braucht nicht letzterer viel mehr Schutz vor unerwünschten Wirkungen, weil sein Körper infolge seiner Krankheit viel mehr beansprucht wird, als der eines Gesunden?

  7. #7 Dagda
    15. Oktober 2010

    @noch’n Flo
    Äh nein, der Grund dafür ist recht offensichtlich. Ein Kranker braucht im Zweifel ein Medikament. Daher braucht man nur die Abwägung von Nebenwirkungen gegen Krankheitsfolgen. Bei Gesunde muss man immer auch Bedenken dass sie keine Medikamente brauchen und ohne die Intervention wahrscheinlich gesund bleiben.

  8. #8 noch'n Flo
    15. Oktober 2010

    @ Dagda:

    Bei Gesunde muss man immer auch Bedenken dass sie keine Medikamente brauchen und ohne die Intervention wahrscheinlich gesund bleiben.

    Und genau das widerspricht allen bisher veröffentlichten Studien zu Impfungen. Die Menschen bleiben eben ohne Impfung weniger wahrscheinlich gesund als mit Impfung.

    Wir haben auf der einen Seite mehr als 10.000 Studien aus den letzten 100 Jahren, die die Vorteile der Impfungen belegen. Auf der anderen Seite: nichts! (Abzüglich der paar Studien, die vordergründig zwar den Nutzen der Impfungen zu widerlegen schienen, sich später aber als falsch, gefälscht oder manipuliert (durch die Impfgegner) erwiesen haben.

    Wem soll man also glauben? Ich glaube, diese Frage ist eindeutig zu beantworten…

  9. #9 noch'n Flo
    15. Oktober 2010

    Ach ja, ich vergass: die paar Studien, die tatsächlich (und wissenschaftlich fundiert) die Nachteile bestimmter Impfungen belegt haben, die aber schon lange nicht mehr verabreicht werden, weil es mittlerweile bessere (und somit sicherere) Impfstoffe gibt. Aber die von Impfgegner immer noch (seit Jahrzehnten) herausgekramt werden, wenn es darum geht, ihre kruden Theorien zu untermauern. (Bitte mal eine aktuelle medizinische Fachzeitschrift abonnieren und auch regelmässig lesen – das kann sehr hilfreich sein.)

    Nur bevor jemand mal wieder mit diesem “Argument” kommt.

  10. #10 Dagda
    16. Oktober 2010

    @ noch’n Flo
    ? Was?
    Die Wahrscheinlichkeit das man gesund bleibt ist auch ohne Impfung recht hoch. Nehmen wir Masern. da gab es bei 3,4 millionen Einwohnern rund 33 Masernfällle 2009.
    https://www.rki.de/nn_196882/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahresstatistik__2009,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Jahresstatistik_2009.pdf
    Das heißt immer noch nicht das es unsinnig ist zu Impfen, allerdings müssen Impfstoffe daher sehr sicher sein.
    Und wir reden glaube ich grade aneinander vorbei. Ich hab das Argument kritisiert das man besonders bei Kranken auf die Verträglichkeit achten muss. Das stimmt so nicht, natürlich ist es wünschenswert wenn man nebenwirkungsarme Medikamente hat; aber besonders wichtig ist es halt bei Gesunden. Nebenbei alle modernen Impfstoffe erfüllen diese Vorraussetzung.

  11. #11 vogelfrei
    16. Oktober 2010

    die KIGGS-studie in deutschland mit 18.000 kindern hat recht eindrucksvoll bewiesen, dass völlig ungeimpfte kinder nicht nur weniger lungenentzündungen, mittelohrentzündungen und allergien haben, sondern vor allem weniger chronische krankheiten. dabei wurde bei dieser studie vergessen, herauszurechnen, warum die leute nicht geimpft wurden (von vernachlässigung bis zu vorerkrankungen, die eine impfung nicht zulassen). ein schelm, wer böses denkt, aber hätte man die fälle rausgerechnet, hätten die geimpften kinder wohl noch schlechter abgeschnitten.

    @Dagda: richtig. gesunde brauchen KEIN medikament, kranke meist schon eines. sollte sich die medizin noch immer an das prinzip “primum non nocere” halten, dürften nur impfungen, bei denen es KEINE nebenwirkungen gibt, zugelassen werden.

  12. #12 Maulwurf
    16. Oktober 2010

    @ Dagda
    Was für ein bescheidenes Argument:

    Die Wahrscheinlichkeit das man gesund bleibt ist auch ohne Impfung recht hoch. Nehmen wir Masern. da gab es bei 3,4 millionen Einwohnern rund 33 Masernfällle 2009
    Bei welcher Impfrate in Deutschland? Waren die, die an Masern erkrankten geimpft? Und im übrigen, die Impfstoffe müssen nur sicherer sein als die Krankheit. Wenn also durch eine Krankheit 1000 Menschen pro Jahr sterben und durch die Impfungen aufgrund von Komplikationen nur 250 Menschen pro Jahr dann lohnt sich die Impfung immer. Denn 750 Menschen überleben. Das es tragisch für die Einzelschicksale ist, unbestritten. Doch diese zählen bei diesen Beurteilungen nicht.

  13. #13 dagda
    16. Oktober 2010

    @ Vogelfrei
    Äh nein. Das ist Blödsinn. Es muss nur gezeigt werden das die Impfung ausreichend sicher ist, dafür gibt es eine Impsurveillance in Deutschland vom Paul-EhrlichI-Institut (www.PEI.de). Die meisten Impfungen haben wenige Nebenwirkungen, die großteils milde sind. Rötungen Schmerzen nach der Injektion sowas, die Krankheiten gegen die geimpft wird können fast alle tödlich verlaufen.

    @Maulwurf:
    Jein. SO bescheiden ist das Argument nicht. (das Masernbeispiel ist ein recht künstliches, da es in Deutschland dank der Impfungen recht selten ist.)
    Und klar letztlich läuft es auf eine Rechenaufgabe heraus. Das liegt aber auch auf der Hand.

  14. #14 vogelfrei
    16. Oktober 2010

    @dagda: “die meisten krankheiten, gegen die geimpft wird, sind tödlich”????
    diese aussage lässt mich glauben, du würdest vor 30 jahren leben.
    heute wird gegen so dinge wie röteln oder windpocken geimpft. die haben wir alle vollkommen unbeschadet überstanden. mir war schon schleierhaft, warum man gegen masern impft, denn mir ist kein fall bekannt, wo jemand irgendeinen schaden von der krankheit bekommen hätte. das mag aber auch daran liegen, dass ich fast nur menschen aus der 1. welt kenne, die genug zu essen haben, im bett bleiben dürfen wenn sie krank sind und um die sich jemand kümmert. in der 3. welt sieht das anders aus.

    @maulwurf:
    ich persönlich finde tetanus als beispiel beeindruckender. viele leute sind gar nicht dagegen geimpft, bei vielen erwachsenen fehlt der lt. PEI ausreichende impfschutz und trotzdem nehmen die tetanuszahlen nicht zu. jährlich gibt es in deutschland maximal eine hand von tetanusfällen, von denen die hälfte sogar ausreichend impfschutz besäße.

  15. #15 The Wookie Monster
    16. Oktober 2010

    @vogelfrei:
    heute wird gegen so dinge wie röteln oder windpocken geimpft. die haben wir alle vollkommen unbeschadet überstanden.

    … und keiner meiner Großeltern ist als Kind an Masern gestorben.
    Klar, wenn Sie an einer Kinderkrankheit gestorben wären, würden Sie wohl kaum hier kommentieren. Das ist ein ziemlich wertloses Argument.
    Allerdings habe ich eine Tante, die als Kind durch eine Mumps-Enzephalitis in Lebensgefahr schwebte. Meine persönliche Anekdote dafür, dass manche Kinderkrankheiten eben doch sehr gefährlich sind.

    Röteln enden wohl wirklich nur extrem selten tödlich, allerdings bewirken sie bei Infektion in der Schwangerschaft massive Schäden am Fötus: Taubheit, Blindheit, Herzfehler, Hirnschäden. Falls Sie immer noch dafür sind, dieses Virus frei zirkulieren zu lassen, sind Sie hoffentlich bereit, für die Versorgung einer Menge behinderter Kinder aufzukommen.

  16. #16 noch'n Flo
    16. Oktober 2010

    Also: Komplikationen bei Masern:

    Mittelohrentzündung / Häufigkeit 5-15% / Ursache: bakterielle Superinfektion / Prognose: gut
    Lungenentzündung / Häufigkeit: bis 50% / Ursache: meist primär durch Masernvirus, aber auch durch sekundäre Superinfektion / Prognose: meist gut
    Enzephalitis / Häufigkeit 1:500 bis 1:2000 (Komplikationsrate steig mit zunehmendem Lebensalter) / Ursache: primär durch Masernvirus / Prognose: 20% tödlich, 30% mit dauerhaften Hirnschäden!

    (Quelle: Ulrich Heninger: Impfratgeber, Verlag Uni-Med, 4.Aufl. 2006)

    Und dann gibt es noch die „subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE)“, welche mit einer Häufigkeit von 1:2000 bis 1:100000 auftritt (1:2000 im 1. Lebensjahr, danach abnehmend), und immer tödlich verläuft! 2 Links dazu:

    https://www.impfinformationen.de/startseite/schicksale/sspe-bei-zwei-bruedern.html

    https://www.impfinformationen.de/startseite/schicksale/sspe-bei-32-jaehrigem.html

    Masern sind nicht harmlos!

  17. #17 Dagda
    16. Oktober 2010

    @ Vogelfrei
    Ok ja Röteln verlaufen sogut wie nie tödlich. und ansonsten gilt was The Wookie Monster gesagt hat.
    Und Windpockenerkrankungen können sehr wohl einen letalen Verlauf nehmen, Beispiele hier:
    https://www.rki.de/cln_169/nn_504678/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2006/25__06,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/25_06.pdf
    Man beachte das der zweite Patient vorher gesund war. Windpocken sind alleine schon deshalb gefährlich weil diese Bläschen Eintrittswunden für Keime darstellen und so eine Superinfektion (Super nicht besonders stark sondern aufgrund einer anderen Infektion) die dann wesentlich gefährlicher Verlaufen können. Klassischerweise tritt so eine Infektion häufig mit am 8. Tag nach Beginn des Exanthems auf.
    Warum man gegen VZV impfen sollte erklärt das Robert-Koch -Institut:
    https://www.rki.de/nn_504678/DE/Content/Infekt/Impfen/STIKO/Empfehlungen/Begruendung/variziellen,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/variziellen.pdf

  18. #18 vogelfrei
    16. Oktober 2010

    seltene einzelfälle, wo irgendwer stirbt, findet man bei krankheiten immer. vor denen fürchte ich mich als eltern aber nicht, wenn ich halbwegs realistisch bin. realisten fürchten sich vorm straßenverkehr. da sterben mit abstand die meisten kinder. kinderkrankheiten sind in unseren breiten harmlos. (wobei die masern durch die viele impferei heute nicht mehr so harmlos sind, wie sie einst waren, denn meist bekommen sie nur babys oder erwachsene. ein glück, wer sie hatte, der braucht sich keine großen gedanken zu machen. ich fürchte, wenn viel gegen röteln geimpft wird, haben wir hier das gleiche problem.)

  19. #19 noch'n Flo
    16. Oktober 2010

    @ vogelfrei:

    seltene einzelfälle, wo irgendwer stirbt, findet man bei krankheiten immer.

    20% Letalität bei Masern-Encephalitis empfinden Sie als selten? Haben Sie Ihren Mathematikunterricht auf der Rütli-Schule genossen?

    Im übrigen macht sich jeder, der sich oder seine Kinder nicht impft, oder durch die Verbreitung seiner impfkritischen Meinung andere davon abhält, sich oder dessen Kinder zu impfen, mitschuldig an jedem Todesfall bei denjenigen, die aufgrund von Alter oder Grunderkrankung nicht geimpft werden können. Stichwort “Herdenschutz” bzw. “Herdenimmunität”.

    Dank der Impfkritiker ist Deutschland mittlerweile für 77% der Masernfälle in Europa verantwortlich. Jeder Todesfall wäre vermeidbar gewesen, wenn Ihresgleichen nicht permanent Ihren wissenschaftlich überhaupt nicht haltbaren Schwachsinn unter die Leute bringen würde.

    Und die Masern waren schon immer gefährlich – dass die Impfung die Krankheit erst gefährlich gemacht haben soll ist einfach nur Schwachsinn.

    Ich bin übrigens gerne bereit, meine Aussagen zu widerrufen, wenn Sie mir nur eine wissenschaftlich haltbare Studie (d.h. aus einem angesehenen Fachmagazin – nicht aus irgendeinem pseudowissenschaftlichen Käseblatt) als Beleg für Ihre Aussagen nennen können.

  20. #20 Dagda
    16. Oktober 2010

    Also vermutlcih ist es hoffnungslos, weil es vermutlich Menschen gibt die sich nicht von ihrem glauben abbringen lassen, aber laut WHO gehen 1% der Kindersterblichkeit Weltweit jedes Jahr auf das Konto der Masern .
    Und aufgrund Varizellen werden in Deutschland jedes Jahr 6,8 je 100000 Menschen in der Bevölkerung in Krankenhäusern aufgenommen und viele davon erleiden schwere Komplikationen und erleben schwere Folgeschäden.

  21. #21 MoritzT
    16. Oktober 2010

    @ vogelfrei: gegen Röteln impfen wir nicht deswegen, weil die Erkrankten dran sterben, sondern weil die Infektion im ersten Trimenon der Schwangerschaft zu Schäden an Augen und Innenohr (und Hirn) führt. Und glauben Sie mir, es gibt in D eine Menge Kinder, die im Mutterleib unnötigerweise einer Röteln-Infektion ausgesetzt waren.

  22. #22 Karl Mistelberger
    17. Oktober 2010

    Bruesewitz&Co. kennen kein Pardon, wenn es um ihren persönlichen Glauben geht und gehen dafür über Leichen: https://blogs.forbes.com/sciencebiz/2010/10/11/whooping-cough-epidemic-blame-the-anti-vaccination-movement/

  23. #23 The Wookie Monster
    17. Oktober 2010

    @Flo:
    dass die Impfung die Krankheit erst gefährlich gemacht haben soll ist einfach nur Schwachsinn.

    Komplett aus der Luft gegriffen ist das nicht: Wenn Kinder massenhaft gegen eine “Kinderkrankheit” geimpft werden, nimmt die Gesamtzahl der Erkrankungen zwar massiv ab; die wenigen Fälle, die es noch gibt, treten aber tendenziell im höheren Alter auf und verlaufen daher oft schwerer. Das konnte man z.B. im Fall von Polio ab den 60er Jahren sehr gut beobachten.
    Daraus aber zu schlussfolgern, dass man lieber tausende leicht behinderte Kinder riskieren sollte, um eine handvoll schwerer Behinderungen bei Erwachsenen zu verhindern, wäre doch reichlich zynisch. Zumal sich ja auch Erwachsene durch Auffrischungsimpfungen schützen können – die gibt’s sogar ohne Praxisgebühr – und die Herdenimmunität schnell dafür sorgt, dass auch die Älteren von Ansteckungen abgeschirmt werden.

    Was die negativen Folgen der Rötelnimpfung angeht: Ich habe vor Jahren mal mit einem Gehörlosenlehrer gesprochen, der sagte, die Rötelnimpfung würde seinen Job bedrohen, da die Anzahl der taub geborenen Kinder stark zurückgegangen sei. Wirklich traurig wirkte er darüber allerdings nicht.

  24. #24 Karl Mistelberger
    17. Oktober 2010

    > Wenn Kinder massenhaft gegen eine “Kinderkrankheit” geimpft werden, nimmt die Gesamtzahl der Erkrankungen zwar massiv ab; die wenigen Fälle, die es noch gibt, treten aber tendenziell im höheren Alter auf und verlaufen daher oft schwerer. Das konnte man z.B. im Fall von Polio ab den 60er Jahren sehr gut beobachten.

    Ohne belastbare Quelle ist dieses nicht nachzuvollziehen. Nachzuvollziehen ist allerdings der aktuelle Kampf gegen die Kinderlähmung: https://www.polioeradication.org/casecount.asp

  25. #25 noch'n Flo
    17. Oktober 2010

    Das ist aber wieder das klassische Problem “absolut” vs “relativ”. Wenn die relativ leichten Fälle wegfallen, bleiben nur noch die relativ schweren übrig. Die durchschnittliche Schwere der Einzelerkrankung verstärkt sich dabei, wobei die schweren Fälle dabei aber nicht absolut schwerer werden.

  26. #26 The Wookie Monster
    17. Oktober 2010

    @Flo:
    Das haben Sie etwas geschickter ausgedrückt als ich. Genau dieser Effekt führt leider zu dem Eindruck, die Krankheit sei gefährlicher geworden, obwohl das Gegenteil der Fall ist.

  27. #27 wolfgang
    17. Oktober 2010

    da schreibt einer;

    mir war schon schleierhaft, warum man gegen masern impft, denn mir ist kein fall bekannt, wo jemand irgendeinen schaden von der krankheit bekommen hätte. das mag aber auch daran liegen, dass ich fast nur menschen aus der 1. welt kenne, die genug zu essen haben, im bett bleiben dürfen wenn sie krank sind und um die sich jemand kümmert. in der 3. welt sieht das anders aus.

    Das ist doch ein Unsinn von der eigenen Erfahrung generell zu verallgemeinern. In entwickelten Industrieländern stirbt dank intensive care Medizin nur einer von 1000 an Masern erkrankten. In 10 Jahren auf einer Kinderklinik habe ich 2 SSPE Fälle gesehen- das endet immer tödlich (insgesamt waren es in Österreich bisher 18 Fälle seit 1998.
    Um 1920 sind in Deutschlang 3% eines Jahrgangs an Masern verstorben. Es gab ja keine Antibiotika.

    Die Durchimpfungsrate ist bei weiten noch nicht ausreichen. Aber 2008 443 Masernfälle in Österreich (8,3 Mio Einwohner) verglichen mit 193 Fällen in Gesamtamerika mit 903 Mio Einwohnern- das ist eine Schande. Hätten wir keine Masernimpfung müßten wir in DE mit ca 650 maserntoten Kindern pro Jahr rechnen.