Ist schon beinahe ironisch, dass ausgerechnet ein demokratischer Präsident – die ja staatlichen Programmen generell zugeneigter sein sollen – die Zukunft der bemannten US-Raumfahrt auf private Träger- und Transportsysteme setzt und damit das Nasa-Transportsystem Constellation killt, das nach dem Ende des Shuttle-Programms (noch in diesem Jahr) Astronauten erst in die Umlaufbahn, zur Internationalen Raumstation, und später auch zum Mond bringen sollte. Ironisch, weil es einer der legendären Momente in der Präsidenschaft John F. Kennedys war (der oft als das Vorbild Barack Obamas bezeichnet wird):


Nicht, dass ich etwas gegen private Raumfahrt-Initiativen hätte – ich hatte bereits vor mehr als zwei Jahren die Gelegenheit, mit dem ehemaligen PayPal-Gründer und Elektroauto-Bauer Elon Musk darüber zu plaudern, warum er einen Großteil seines Vermögens in die private Raketenfirma Space Exploration Technologies gesteckt hat und von der Zukunft der Raumfahrt so überzeugt ist, dass er diesen Großteil seines Vermögens dafür riskiert. In der Dienstagausgabe der New York Times kam Musk erneut zu Wort. Interessanter Lesestoff, zum Beispiel, dass Space X sein Merlin-Raketentriebwerk für ein Viertel oder ein Drittel der Kosten entwickelt, die für Nasa-Auftragsfirmen normal scheinen.

Doch ich muss zugeben, dass es gar nicht der Raumfahrt-Aspekt der Story war, der mich zu diesem Blogpost inspiriert hatte. Es war – hier kommt der zweite Teil der Ironie – die Kritik der republikanischen Senators Richard Shelby an dieser Entscheidung des Weißen Hauses. Ich bin immer wieder über die Unverblümtheit erstaunt, mit der Politiker – und hier ist, glaube ich der generische Sammelbegriff durchaus angebracht; falls es Ausnahmen gibt, bestätigen sie nur die Regel – ihre Prinzipien in die Schublade schmeißen, wenn ihre eigenen Interessen dadurch beeinträchtigt werden könnten.

Shelby ist ein eingefleischter Kritiker staatlicher Initiativen – “Big Government” im Jargon der Konservativen. Sein “Nein” hilft mit, eine staatlich geförderte Krankenversicherung für alle zu verhindern:

“When has history proven that our government can regulate more effectively than private industry, much less doing so without adding to the deficit?”

Auch für die staatlichen Hilfen für die Autoindustrie zeigte er wenig Sympatien:

“We don’t need government – governmental subsidies for manufacturing in this country. It’s the French model, it’s the wrong road. We will pay for it. The average American taxpayer is going to pay dearly for this, if I’m not wrong.”

Doch bei der Raumfahrt, da wird alles anders. Denn die Nasa ist einer der großen Arbeit- und Auftraggeber in Shelbys Heimatstaat Alabama; das Marshall Space Flight Center hat seinen Sitz in Huntsville, Alabama. Und darum wird der Hardliner-Senator plötzlich zum Fan von Big Government und Gegner jeglicher Privatiniative, wie es scheint:

“We cannot continue to coddle the dreams of rocket hobbyists and so-called ‘commercial’ providers who claim the future of US human space flight can be achieved faster and cheaper than Constellation. I have consistently stated the fallacy of believing the cure-all hype of these ‘commercial’ space companies.”

(Aus einem Statement des Senators vom 1.2.2010 zum oben erwähnten Nasa-Konzept.)

Kann mir jemand erklären, warum ein kostengünstigeres Transportsystem – das ja auch bisher von privaten, wenn auch gut am staatlichen Geldsäckel positionierten Firmen wie Lockheed Martin, Boeing oder Pratt & Whitney geliefert wurde – plötzlich das Ende der Raumfahrt bedeuten sollte? Und warum Politiker immer wieder mit solchen Überzugungsvolten durchkommen dürfen?

flattr this!

Kommentare (2)

  1. #1 Carsten
    17. Februar 2010

    Wenn ich “Shelby” und “Raketen” zusammen lese, denke ich immer an sowas: https://jalopnik.com/5468563/2011-shelby-gt500-live-in-the-lighter-sexier-flesh
    Daran hindert es mich nicht einmal, direkt dazu noch “Politik” zu lesen. Sollte ich mir sorgen machen?

  2. #2 Alexander Stirn
    18. Februar 2010

    Dem amerikanischen Senator gehen seine Parteispender, ähm, seine Wähler einfach über alles. Parteilinie oder Geschwätz von gestern müssen da schon mal hintenanstehen…

    Aber die Zukunft der Nasa dürfte im US-Senat in der Tat noch ein heißer Ritt werden, da bei einer privaten Neuausrichtung viele Arbeitsplätze und Aufträge in den großen Raumfahrt-Bundesstaaten auf dem Spiel stehen. Nicht nur Shelby, sondern auch Nelson aus Florida und Hutchison aus Texas werden das nicht ohne Gegenleistung mit sich machen lassen.