Eine neue Studie des Positive Psychology Center (PPC) der University of Pennsylvania lässt mich mal wieder über die Frage nach Ursache und Wirkung grübeln: Die Forscher wollen beweisen können, dass derjenige die Wahl zum US-Präsidenten gewinnt, der optimistischer ist als sein Gegenkandidat.

Basis dieser Erkenntnis ist, dass seit Anfang des 20. Jahrhunderts in vier von fünf Präsidenschaftswahlen jeweils der Kandidat gewann, der mehr Optimismus in seinen Reden (die mit einem vom PPC-Gründer Professor Martin Seligman entwickelten Instrument namens CAVE – kurz für Content Analysis of Verbatim Explanations – durchleuchtet wurden) zum Ausdruck bringen konnte. Ohne weiter auf diese Methode einzugehen (das würde meinen Horizont eindeutig übersteigen, obwohl ich mich ja von Berufs wegen ständig mit der Sprache beschäftige), bleibt dabei einfach nur die Frage, ob es nicht auch umgekehrt sein konnte: Die Kandidaten, die bei den Wählern besser ankamen – heute würde man wohl von besseren “Vibes” reden – hatten auch ausreichend Anlass, optimistisch zu sein. Und wenn’s in einem von fünf Fällen daneben ging, dann vielleicht, weil sie sich einfach zu früh gefreut hatten.

Aber was würde denn dieses Optimismus-Instrument zum aktuellen Wahlkampf sagen? Leider nicht viel, im Augenblick jedenfalls. Denn John McCain und Barack Obama liegen nach diesem Maßstab ziemlich gleich. “Aber auch wenn unser vorläufiger Bericht nahelegt, dass diese Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen ist, können Verschiebungen beim Optimismus und in der Rhetorik in den kommenden Wochen noch sehr wohl vorher sagen, welche Seite als Sieger hervor gehen wird”, erklärt Stephen Schueller, Doktorand am PPC und Leiter der Forschungsgruppe. Irgend wo hab’ ich so etwas ähnlich Profundes doch schon mal gehört … ach ja, das war’s: “Wer zuletzt lacht, lacht am besten.”

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Kommentare (1)

  1. #1 ali
    27. September 2008

    Ich vermute ebenfalls, dass die Kausalität in die andere Richtung geht. Ich kenne dieses CAVE nicht direkt, aber solche Diskursanalysen (content analysis) basieren normalerweise auf automatisierten Suchen nach spezifischen Wörtern und in welchem Zusammenhang diese erwähnt wurden (z.B. suche nach ‘Freude’ und dann bewerten ob zuvor ein ‘kein’, ‘nicht’ etc. stand oder ‘grosse’, ‘riesige’, etc.).

    Um so mehr ein Kandidat in Bedrängnis ist oder von den Medien angegriffen wird um so mehr muss er sich rechtfertigen und ist in der Defensive. Ich kann mir gut vorstellen, dass das dann entsprechende Resultate liefert. Alles hängt natürlich von den spezifischen Wörtern ab und welche Art Texte man darauf gescannt hat. Aber wie gesagt der so gemessene Optimismus/Pessimismus ist eher die Wirkung als die Ursache.

    Wenn es natürlich nur darum geht, ein Instrument zu haben um eben diesen Puls zu fühlen, ist es durchaus interessant. Erklären kann es aber Sieg und Niederlage kaum.