Wissenschaftskommunikation live: Auf dem Dresdener Perspektiv-Kongress durfte ich eine knappe Stunde mit unserem Landesvater diskutieren – und vor 1.400 Zuhörern erzählen, was wir in unserem An-Institut eigentlich so machen…

Als ich vor einigen Wochen gefragt wurde, ob ich Interesse hätte, auf dem Perspektiv-Kongress der CDU in Dresden mit unserem Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer über Nachwuchswissenschaftler und über die Förderung von Forschung und forschenden Unternehmen in den neuen Bundesländern zu diskutieren, musste ich schon schlucken.

Vor 50 Studenten über die t-Verteilung oder den Rechekemmer-Ansatz zu referieren ist nach sechs Semestern als Lehrbeauftragter inzwischen schon zur Routine geworden. Aber vor fast 1.400 Gästen zu erklären, was es mit unseren LED-Selektionen auf sich hat und warum ich LED-Straßenlampen ökologisch für besonders vorteilhaft halte…

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Fazit nach einer Stunde Podiumsdiskussion und sieben Stunden Perspektiv-Kongress in der beeindruckenden Wartungshalle der EADS Elbe Flugzeugwerke GmbH: Mit der richtigen Moderation kann das Konzept “Politik trifft Wissenschaft” zu einem echten Erfolg werden – und der Osten Deutschlands hat in Sachen Wissenschaft und Forschung viel mehr zu bieten als ihm gemeinhin zugestanden wird.

Diese Botschaft vermittelte vor allem der Virologe Prof. Volker ter Meulen, der Präsident der Leopoldina in Halle, der in wenigen Sätzen eines der Grundprobleme der “Exzellenzinitiative” umriß, nämlich die fehlende räumliche Nähe ostdeutscher Hochschulen und Universitäten zu internationalen Großkonzernen, die dazu führt, dass es sich in München “exzellenter” forschen lässt als in Halle und Leipzig. Dass das fehlende sprachliche Etikett letztendlich aber nichts über die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit einer Einrichtung aussagt, hat gerade die Leopoldina immer wieder eindrucksvoll bewiesen.

Weitere wichtige Erkenntnisse, die ich von der Veranstaltung mitnehmen konnte: Die Vernetzung von Unternehmen, insbesondere von KMU, mit Hochschulen und Universitäten muss noch stärker gefördert werden, während gleichzeitig darauf zu achten ist, dass nicht am Ende nur noch Auftragsforschung finanziert und Grundlagenforschung vernachlässigt wird – eine sehr schwierige Gratwanderung. Erstaunt hat mich, welcher Wert den Hochschul-Ausgründungen von politischer Seite offenbar beigemessen wird. Erfreulich auch das klare Bekenntnis zu flächendeckender regionaler Breitband-Versorgung, an deren Umsetzung wir hier im Harzkreis bereits arbeiten.

Insgesamt hat mich der Kongress in meiner Auffassung bestärkt, dass Wissenschaftler auf einen funktionierenden Dialog von Wissenschaft und Politik keinesfalls verzichten dürfen oder können. Wie ich schon öfter in den diversen “Geld-für-die-Forschung”-Diskussionen hier auf ScienceBlogs kommentiert habe, besteht meines Erachtens nach eine große Notwendigkeit dafür, sich als Wissenschaftler einerseits aktiv in politische Prozesse einzubringen und die Interessen der Forschung zu vertreten und andererseits aber auch dazu bereit zu sein, den Finanzbedarf der Forschung zu rechtfertigen und sich auf Diskussionen über den gesellschaftlichen Nutzen wissenschaftlicher Arbeit einzulassen.

Sowohl die politische als auch die gesellschaftliche Akzeptanz und Würdigung der Leistungen von Wissenschaft und Forschung müssen in ständigem Dialog stets neu gefestigt werden. Gute Wissenschaftskommunikation ist daher unverzichtbar – und in diesem Punkt haben sehr sehr viele Wissenschaftler (mich eingeschlossen) einiges aufzuholen. Natürlich – die begrenzte Zeit, die knappen Gelder, die näherrückenden Einreichtungstermine für Paper und Artikel (“publish or perish”) stehen diesem Ziel diametral gegenüber. Auf lange Sicht führt an konstruktivem Dialog und guter Wissenschaftskommunikation dennoch kein Weg vorbei – ich jedenfalls bin dankbar für jede Gelegenheit, die sich mir zum Austausch bietet…