Ein einfach nur schönes Video über die Mathematik, die hinter der Symmetrie in der Natur steckt, ob Nautilus, Sonnenblume oder Libellenflügel, die Reihe ließe sich beliebig fortführen. Ich hätte ja einen Zusammenschnitt mit realen Bilder noch eindrucksvoller gefunden… aber dennoch sehr empfehlenswert!

Kommentare (43)

  1. #1 Jörg Friedrich
    März 23, 2010

    Der Zusammenschnitt mit realen Bildern hätte natürlich gezeigt, dass es diese Symmetrien in der realen Welt nirgendes wirklich gibt, sondern dass die Eigenschaft der Symmetrie eine Eigenschaft unserer Modelle ist, die wir uns für die Aneignung und Strukturierung der Welt machen.

  2. #2 Thilo Kuessner
    März 23, 2010

    Interessante Frage: wenn man die in der Natur vorkommenden ‘Goldenen Schnitte’ (um die geht es ja im 1.Teil des Videos) zum Beispiel bei Schneckengehäusen genau nachmißt: innerhalb welcher Grenzen bewegen sch die Abweichungen vom exakten Wert des goldenen Schnitts? Ist das schon mal experimentell überprüft worden?

  3. #3 Chris
    März 23, 2010

    Entgegen Jörg Theorie von “Aneignen an Modellen” bin ich sehr wohl der Meinung, dass es diese Symmetrien natürlich gibt. Die Frage ist in der Tat, wie Thilo schon sagte, in welchen Abweichungen sich die Natur an die eigenen Gesetze hält…

  4. #4 Sim
    März 23, 2010

    Ein wunderschönes Video. Ich habe einen ähnlichen Blick auf die Welt wenn ich mich in freier Wildbahn bewege dann kann ich nicht anderes als ganz bewusst die vielen Symmetrien und Selbstähnlichkeiten zu bewundern.

    Ich weiß nicht ob man in der Natur auf die Planck-Länge genau Symmetrien findet. Aber ich denke, es ist doch eine starke Untertreibung (oder ziemlich spitzfindig) wenn man nur den mathematischen Modellen diese Eigenschaft zuschreibt. Denn offensichtlich konvergieren ja bestimmte natürliche Systeme gegen gewisse Symmetrien. Ob jetzt aus den Eigenschaften der Materie emergierende Gebilde wie Benzol oder Seifenblasen, oder auf evolutionären Druck, wie man an vielen Tieren, Pflanzen und Pilzen erkennn kann, die doch, ihrer Lebensweise entsprechend, einen Spiegel-, oder Rotationssymmetrischen Körperbau haben. Und ich denke, Konvergenz ist hier ganu die richtige Verbindung zwischen mathematischem Modell und Realität.

  5. #5 Ludmila
    März 23, 2010

    Irgendwo hab ich gelesen, dass die Symmetrie eines Schneckenhauses ganz “natürlich” dabei herauskommt, wenn bei der Bildung des entsprechenden Organs das entsprechende Enzym abgelesen wird. Dass also im Gegenteil die Regel bereits “drin” steckt und das Schneckenhaus nur die Ausführung ist. Insofern sind dann Abweichungen lediglich den Unvollkommenheiten des vorhandenen Baumaterial oder/und Störungen während des Baus geschuldet und hebeln nicht den Grundriss des Gebäudes aus.

    Außerdem gibt es die Differentialrechnung sehr wohl “in der Natur”. Jedes Mal, wenn wir oder ein Hund etc. einen Ball fangen, muss man die Flugbahn des Objektes “vorhersehen”. Wir machen das instinktiv, es ändert aber nichts daran, dass in unserem Gehirn und auch in dem von Tieren ein Regelwerk hinterlegt sein muss, mit dem man solche Fälle abfangen kann. Sozusagen eine intrinsische unbewusste Differentialrechnung.

    Alleine deswegen halte ich diese von gewissen Philosophen viel beschworene “Mathematik & Physik” vs Natur-Dichotomie für ausgemachten Schwachsinn.

    Im Grunde ist sie die Ausprägung eines längst widerlegten Anthropozentrismus.

    Ernsthaft zu glauben, dass wir was dermaßen Besonderes und Zentrales im Universum sind, dass nur uns Naturgesetze & Mathematik zu eigen sind oder wie sie gar durch eine irgend geartete Manipulation erschaffen, zeugt von einer absolut lachhaften Arroganz und von großer Ignoranz gegenüber dem, was wir im Laufe des letzten Jahrhunderts so herausgefunden haben.

    Gerade die Relativitätstheorie kann nur deswegen funktionieren, weil die Maxwell-Gleichungen und die Gesetze der Mechanik universell sind und es eben nirgendwo im Universum spezielle Inseln der Erkenntnis geben kann, wo die auf einmal nicht mehr gelten.

    Und wer jetzt die Quantenphysik als Gegenargument bringt, hat diese schlicht nicht verstanden. Denn da haben wir ein weiteres mathematisches Feld vertreten: die Stochastik.

  6. #6 Jörg Friedrich
    März 23, 2010

    Bedingung für das Erkennen der Regelmäßigkeit des Schneckenhauses ist doch zunächst mal das Sammeln und Vermessen von Schneckenhäusern. Dem nur herumschauenden Blick verschließt sich jede Symmetrie. Voraussetzung ist weiterhin eine Einteilung der gefundenen Schneckenhäuser in Arten – ein Sortieren und Auswählen: All das sind schon praktische Handlungen, die in die Natur eingreifen und mit denen wir uns die Natur im wahrsten Sinne des Wortes so zurecht-legen, dass sie überhaupt beschreibbar wird. Würden wir nicht so ordnen, würden wir die Symmetrien niemals sehen.

    Dann machen wir uns eine Theorie, die genau einen Mechanismus aus den vielen Prozessen, die zur Bildung des Schneckenhauses führen herausgreift. Wir wählen den aus, der sich eben mathematisch beschreiben lässt, der zu einer mathematisch beschreibbaren Struktur führt. Diesen machen wir zum “wesentlichen Mechanismus” (der “Grundriss des Gebäudes”). Warum entscheiden wir nicht, dass das vorhandene Baumaterial, die jeweilige Bodenfeuchtigkeit usw das Wesentliche ist, warum machen wir das zur Störung? Doch nicht etwa, weil es den natürlichen Prozess “stört” zu dem gehört all das nämlich einfach dazu, sondern weil es unser Modell stört.

    Die symmetrischten Pflanzen und Tiere züchten wir dann natürlich unter kontrollierten Bedingungen. Man vergleiche nur einmal den Champignon von der Wiese, den Apfel vom verwilderten Baum mit dem, was man im Supermarkt zu kaufen bekommt. Und die Sonnenblume im Video ist ebenfalls eine Züchtung – wir erfreuen uns fast überall an Symmetrien, die wir selbst geschaffen haben.

  7. #7 Ludmila
    März 23, 2010

    @Jörg Friedrich:
    Dass wir als Menschen uns einmischen und zusätzlichen Selektionsdruck in die Symmetrie-Geschichte bringen, weil nur die Arten sich fortpflanzen, die uns gefallen…geschenkt. Das ändert nichts an der Tatsache, dass der Mensch lediglich bei der Züchtung mit dem Material hantiert, dass es in der Natur schon vorher gab. Es mag an Ihnen vorbei gegangen sein: Wir sind noch lange nicht so weit, einen Organismus auf dem Reißbrett zu erschaffen.

    Mit anderen Worten: Die Symmetrien steckten schon vorher in der Natur drin. Wir sortieren nur eben was stringenter aus als die Natur. Das ist auch schon alles. Das ist ein quantitativer und kein qualitativer Unterschied.

  8. #8 Ludmila
    März 23, 2010

    Nachtrag: Hab ich fast vergessen. Im Zusammenhang zu meinen Ausführungen, dass Züchtungen ein Selektions- und kein Schaffungsprozess ist, ergibt sich das diese Aussage schlicht Bullshit ist:

    Und die Sonnenblume im Video ist ebenfalls eine Züchtung – wir erfreuen uns fast überall an Symmetrien, die wir selbst geschaffen haben.

    Für ein Rad mag ich das noch gelten lassen. Für eine Sonnenblume ist das aber schlicht falsch. Menschen haben Sonnenblumen nicht erschaffen. Das ist ungefähr so lächerlich wie die Behauptung, die Menschen hätten den Kontinent Amerika erschaffen, weil sie da Häuser drauf gebaut haben und den Boden beackern.

  9. #9 Jörg
    März 23, 2010

    @Thilo: Den goldenen Schnitt hat man vor kurzem sogar in Spinketten entdeckt:
    https://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/327/5962/177

  10. #10 Alexander
    März 23, 2010

    @Jörg Friedrich:

    Bedingung für das Erkennen der Regelmäßigkeit des Schneckenhauses ist doch zunächst mal das Sammeln und Vermessen von Schneckenhäusern. Dem nur herumschauenden Blick verschließt sich jede Symmetrie. Voraussetzung ist weiterhin eine Einteilung der gefundenen Schneckenhäuser in Arten – ein Sortieren und Auswählen

    Das Einteilen von Schnecken in Arten hat doch überhaupt gar nichts damit zu tun, die Schneckenhäuser innerhalb einer Art zu Vermessen und dadurch auf Symmetrien zu schließen!
    Dann das mit wir hätten Symmetrien gezüchtet. Jeder, der schon mal auch nur zum Spaß Pflanzen bestimmt hat, kennt ein wichtiges Merkmal in der Unterscheidung von (muss ich dazusagen wilden) Pflanzenarten: Sind die Blüten radiärsymmetrisch oder spiegelsymmetrisch? Hat die Blüte Kronblätter in vielfachen von 3, 4 oder 5? Oder auch grüne Blätter: Stehen sie gegenständig (in 180°), wechselständig, gewirtelt,…
    Natürlich wird es leichte Schwankungen um das Ideal geben. Das ist aber eher darauf zurückzuführen, dass Organismen sehr komplex sind, und wir bereits auf physikalischer und chemischer Ebene kleinste Schwankungen in die Regulation einbringen (Brownsche Molekularbewegung). Keiner würde da aber auf die Idee kommen, dann gleich die Symmetrie als Idealziel abzusprechen.

  11. #11 Alexander
    März 23, 2010

    Noch ein kurzer Punkt: Bei dem Thema kann man eigentlich gar nicht anders, als D’Arcy Wentworth Thompsons “On Growth and Form” zu erwähnen.
    Ich zitiere mal direkt aus der Wikipedia:

    His observations of phyllotaxis (numerical relationships between spiral structures in plants) and the Fibonacci sequence has become a textbook staple.

  12. #12 fatmike182
    März 23, 2010

    Und speziell an Ludmilla
    https://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt#Bahnresonanzen
    Allerdings ist bei nahezu allen Schneckengebilden aus der Natur tatsächlich keine goldene Spirale enthalten.

  13. #13 Lars Fischer
    März 23, 2010

    In der Chemie ist die fundamentale Bedeutung der Symmetrie für reale Objekte und ihre messbaren Eigenschaften unmittelbar evident, zumal man sich da über stochastisch bedingte Unregelmäßigkeiten keine Gedanken machen muss. Insofern ist die Behauptung, es gebe in der wirklichen Welt keine Symmetrie, völliger Unsinn.

  14. #14 Lars Fischer
    März 23, 2010

    Mal ganz davon abgesehen, dass ein Teilchenphysiker zum Thema Symmetrie noch ganz andere Dinge beitragen könnte…

  15. #15 nihil jie
    März 23, 2010

    ja ich liebe solche filmchen auch… 🙂
    dennoch… manche funktionalität liegt aber einfach oft in einer bestimmten anordnung und diese erscheint uns zumindest manchmal als symmetrisch. zb. die flügel einer motte. wären sie nicht symmetrisch würde sie wohl kaum fähig sein zu fliegen. in dem fall hat sich die natur bestimmt nicht vorgenommen etwas symmetrisches zu erschaffen… die symmetrische anordnung ist dann nur noch eine erscheinung… eine feststellung. es gibts auch genug dinge in der umwelt die weniger symmetrisch erscheinen aber die fallen uns weniger auf 🙂 aber unsere gehirne suchen ständig nach ordnungen im der chaotischen umwelt, deswegen haben wir womöglich so einen hang zu symmetrien… die fallen uns einfach schneller auf 😉
    ja aber dennoch ein schönes und gelungenes video 😉

  16. #16 Der Bo
    März 23, 2010

    @Jörg Friedrich

    Es is ja nicht so, als hätte sich jemand gedacht “Es wär doch cool, wenn wir ne Sonnenblume mit Fibornaci-Folge haben, auf, lass uns sie züchten” Oder als hätte man sich gefragt wie man das Wetter verändern könnte, damit Schneeflocken immer 6-eckig sind. (muss dann wohl ein Ordnungsfanatiker gewesen sein) Grad in der Chemie und damit auch über ein paar Ecken in der Biologie, sind symmetrische Zustände eben fast immer energetisch günstiger als unsymmetrische. Insofern liegt der Natur schon eine gewisse Symmetrie inne. Der Unterschied zwischen Modell und Wirklichkeit ist, wie schon gesagt, mehr quantitativ als qualitativ (mit einigen Grenzfällen über die sich streiten lässt)

  17. #17 Chris
    März 23, 2010

    Erst dachte (und hoffte) ich ja, ich hätte Jörg falsch verstanden…
    Bei der Kathedrale von Gaudi, da funktioniert Deine Logik, hier haben Wissenschaftler tatsächlich die Symmetrie aktiv gesucht, die der Architekt seinerzeit verwendet (und dann vernichtet) hat.
    Die Symmetrien in der Natur sind da, schon ewig.

  18. #18 Jörg Friedrich
    März 23, 2010

    @Lars Fischer: Die Symmetrie realer Objekte steht gar nicht in Frage, aber die Objekte, die Sie aufzählen, sind doch wohl alle unter den Bedingungen des Labors entstanden. All diese Beispiele sind doch wunderbare Illustrationen des von mir gesagten.

    @Alexander: Um irgendetwas innerhalb einer Art vermessen zu können, müssen Sie erst einmal eine Einteilung in Arten vornehmen. Diese Einteilung, wie Sie sie darstellen, setzt ein zuvor konstruiertes Einteilungsprinzip voraus.

    @Der Bo: Wir hatten ja diesen Winter viel Gelegenheit, reale, vom Himmel fallende Schneeflocken zu betrachten. Wieviele von denen, die Sie gesehen haben, waren wirklich symmetrisch? Bei mir war es keine einzige.

  19. #19 Ludmila
    März 23, 2010

    @fatmike182: Oh ja schönes Beispiel. Und auch hier gibt es einen guten Grund für die Bahnresonanzen. Kepler wäre entzückt gewesen. Auch wenn der mit seiner Harmonielehre noch sehr stark im Mystischen lag.

  20. #20 Sven Türpe
    März 23, 2010

    Ernsthaft zu glauben, dass wir was dermaßen Besonderes und Zentrales im Universum sind, dass nur uns Naturgesetze & Mathematik zu eigen sind oder wie sie gar durch eine irgend geartete Manipulation erschaffen, zeugt von einer absolut lachhaften Arroganz und von großer Ignoranz gegenüber dem, was wir im Laufe des letzten Jahrhunderts so herausgefunden haben.

    Wohingegen es von Demut gegenüber dem Universum und der Natur zeugt, unsere Art der Beschreibung und Betrachtung — von der wir noch nicht einmal wissen, welchen Anteil der tatsächlich geltenden Naturgesetze sie überhaupt zu fassen vermag — für allgemein verbindlich zu erklären?

  21. #21 Florian Freistetter
    März 23, 2010

    Warum der goldene Schnitt in der Natur so oft realisiert ist, hab ich hier mal erklärt: https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/07/ein-wenig-chaostheorie-am-piapproximationstag.php

  22. #22 Lars Fischer
    März 23, 2010

    @Jörg Friedrich:
    Wie bitte? Welche “Objekte” hab ich denn “aufgezählt”?
    Und dass die Elemente samt ihrer Emissions- und Absorptionsspektren alle im Labor entstanden sind, ist mir auch neu – oder reden wir hier grad über so ne Art Kryptokreationismus?

  23. #23 Alexander
    März 23, 2010

    @Jörg Friedrich:
    1. Ja, irgendjemand muss mit dem Finger auf eine z.B. Schnecke zeigen und sagen: Du bist Helix pomatia, und auf eine andere Schnecke zeigen und sagen: Du bist Cepea hortensis. Und was genau hindert mich jetzt genau daran, hundert, oder tausend, von mir aus zehntausend Schneckenhäuser von beispielsweise Cepea hortensis zu nehmen und zu vermessen, um dann sagen zu können, das folgt der Fibonacci Sequenz oder nicht? Da findet keine Auswahl statt, nur die symmetrischen Häuser zu vermessen oder ähnliches. Das hab ich genau so oben eh schon geschrieben und es sollte eigentlich ganz einleuchtend sein, es sei denn…
    2. Was bitte ist denn ihr Verständnis einer biologischen Art? Meinen sie, da geht jemand (um bei den Schnecken zu bleiben) einen Haufen Schneckenhäuser durch, und verteilt sie nach willkürlich gewählten Kriterien auf mehrere kleinere Haufen, jeder eine Art? So lesen sich jedenfalls ihre Kommentare.
    Die gebräuchlichste Definition einer biologischen Art legt eine Fortpflanzungsbarriere zugrunde. Es sind zwei verschiedene Arten, wenn Individuen daraus keine gemeinsamen Nachkommen zeugen, warum auch immer (siehe: wir setzen keine Liste von Gründen voraus). Es sind sogar Arten beschrieben, die wir mit allen uns zurzeit zur Verfügung stehenden Methoden nicht unterscheiden können, die Mitglieder dieser Arten können es. Also: zwei Arten. Diese Einteilung in Arten setzt also mitnichten ein, wie sie es nennen, “zuvor konstruiertes Einteilungsprinzip voraus”! Es sei denn, sie wollen Evolution, Taxonomie, DNA-Sequenzierung, und all den verschiedenen Methoden, die wir als Hilfsmittel benutzen, die Daseinsberechtigung entziehen.
    Und ja, bevor jetzt jemand damit kommt: Die biologische Artdefinition verwischt an den Rändern, wegen horizontalem Gentransfer und asexuellen Arten. Es ist nicht so sinnvoll, sie auf Bakterien wie auf Tiere anzuwenden. Das bedeutet aber ganz entschieden nicht, dass sie deshalb insgesamt schlecht wäre. Es gibt jede Menge Arten, auf die sie nur allzu gut zutrifft.

  24. #24 Jörg Friedrich
    März 23, 2010

    @Lars Fischer:
    Haben Sie außerhalb eines Labors schon einmal ein Absorbtions- oder Emissionsspektrum gesehen, mit dem Sie zum Zwecke der mathematischen Beschreibbarkeit eines Stoffes arbeiten konnten? Oder anders gefragt: Haben Sie schon einmal so ein Spektrum gesehen, das nicht mit Hilfe einer vom Menschen gemachten Apparatur erzeugt wurde? Und wenn Sie eine Stoffprobe benutzen, die zuvor nicht in irgendeiner Weise bearbeitet wurde: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit (oder die Häufigkeit) dass Sie ein Spektrum erzeugen, mit dem Sie einen Stoff mathematisch beschreiben können?

    Natürlich können Sie erwidern, dass es in der Natur Millionenfach Spektren gibt. Aber wissenschaftlich verwendbar sind die, die mit Apparaten in Laboren erzeugt werden, und bei denen die Proben, von denen sie gemacht werden, zuvor bearbeitet werden.

    Indem ich dies schreibe frage ich mich, warum das überhaupt ein Problem ist. Es erklärt die Tatsache, warum die Wissenschaften so erfolgreich sind: Weil sie einen praktischen Eingriff in die Natur voraussetzen, bei dem ein Stück der Welt überschaubar gemacht wird. Diese Überschaubarkeit wird so eingerichtet, dass das Ergebnis den ebenfalls überschaubaren mathematischen Kalkülen gleicht. Das ist ja auch genau der Grund, warum die Methode der mathematischen Modelle in den Sozialwissenschaften nicht so gut funktioniert: Hier ist ein solcher Eingriff eben nicht so einfach möglich.

  25. #25 Jörg Friedrich
    März 23, 2010

    @Alexander: Indem ich etwas ein Einteilungsprinzip nenne und indem ich sage, dass es von Menschen gemacht ist, wie z.B. jenes der biologischen Art, entziehe ich ihm keineswegs die Daseinsberechtigung.

    Sie selbst haben in ihrem ersten Kommentar ein anderes Einteilungsprinzip der Arten genannt als im zweiten Kommentar. Sie wissen, dass sich diese Einteilungsprinzipien historisch ändern, sie wissen auch, dass keines dieser Prinzipien der Vielfalt der Lebewesen wirklich gerecht wird. Das ist doch auch kein Problem! Die Leistungsfähigkeit dieser Prinzipien zeigt sich darin, dass sie die Welt für unseren praktischen Umgang mit ihr beschreibbar macht – und genau aus diesem praktischen Umgang leiten wir die Einteilungsprinzipien ja auch ab.

  26. #26 nihil jie
    März 23, 2010

    ich habe noch mal eine frage… also eher eine behauptung zur symmetrien in der natur aus der sicht eines programmierers 🙂

    könnte es sein dass symmetrische anordnungen “in der natur deswegen so beliebt sind”, weil der algorithmische informationsgehalt kürzer ist ? (das mit der natur habe ich extra in anführungsstrichen gesetzt, weil die natur sich ja nichts aktiv überlegt) es bedarf nämlich viel weniger informationen wenn man zb. eine form nur einfach wiederholt anstatt dauernd neue formen zu kreieren oder sie willkürlich zu halten. zb diese sonnenblumen darstellung im filmchen. es wäre doch “blödsinnig von der natur” wenn jedes korn absolut anders aussehen würde als das andere. da ist es einfacher aber auch praktischer eine bestehende einfach zu kopieren. natürlich sind sie sicvh nicht alle 100% gleich… aber ähnlich sind sie. deswegen erkennt man einen baum an der form seiner blätter auch wenn sie sich untereinander etwas unterscheiden.
    die natur bedient sich hierbei einer komprimierung von informationen. dieses prinzip scheint in der natur allgegenwärtig zu sein. selbst wir tuen es dauernd. wenn ich 10 bäume sehe sage ich auch nicht “baum, baum, baum, baum, baum […]” sondern eher “10 bäume” das selbe passiert auch hier in der welt der formen und strukturen… sie werden einfach wiederholt 🙂
    jetzt meine frage an experten die sich hier damit professionell beschäftigen… ist meine annahme richtig ??? lasse mir gerne was da zu erzählen… bin ganz ohr (auge) 🙂

  27. #27 Alexander
    März 23, 2010

    @Jörg Friedrich:
    Falsch, im ersten Kommentar habe ich erklärt, wie man die einfacheren Arten bestimmt – als ich noch dachte, ihnen wäre die biologische Artdefinition bekannt. Im zweiten Kommentar musste ich ihnen dann ebendiese erklären. Aber das bringt alles nichts, wir sind bereits weit von der ursprünglichen Frage weg, nämlich ob es Symmetrie in der Natur gibt, oder ob wir sie uns nur einbilden. Und die Meinungslage bei der Frage erscheint mir eindeutig geklärt.
    @nihil jie:
    Ganz genau, das ist der Gedanke dahinter! Und es trifft nicht nur auf Anzahlen zu, sondern auch auf Proportionen. Anstatt für alles ganz bestimmte Längen und Durchmesser etc. festzulegen, ist genetisch einfach geregelt: Mach X doppelt so lang als Y.

  28. #28 Kopfschüttla
    März 23, 2010

    Herr Friedrich:

    Kristalle: Symmetrie zum Angucken.

    Pasteur hat die Symmetrie chemischer Verbindungen durch Anschauen entdeckt: https://en.wikipedia.org/wiki/Louis_Pasteur#Work_on_chirality_and_the_polarization_of_light

    Kristallsymmetrie mit den Raumgruppen beruht im Großen und Ganzen auf dem gleichen Prinzip wie die Punktgruppen der Spektroskopiker.

    Und die Nautilusschale? Muss man da wirklich erst herumsortieren? Mal sehen, PZM hat da vor Kurzem was zu dem Thema (garnicht weit ab von der Diskussion hier) geschrieben: https://scienceblogs.com/pharyngula/2010/02/fodor_and_piattelli-palmarini.php

    “It’s magic! Or, it’s mathematics, which sometimes seems like magic! But it’s also simple biology. I look at the whirling squares with the eyes of a developmental biologist, and what do I see? A simple sequential pattern of induction. A patch of cells uses molecules to signal an adjacent patch of cells to differentiate into a structure, and then together they induce a larger adjacent patch, and together they induce an even larger patch…the pattern is a consequence of a mathematical property of a series expressed on a 2-dimensional sheet, but the actual explanation for why it recurs in nature is because it’s what happens when patches of cells recruit adjacent cells in a temporal sequence. Abstract math won’t tell you the details of how it happens; for that, you need to ask what are the signaling molecules and what are the responding genes in the sunflower or the mollusc. That’s where Thompson and these new wankers of the pluralist wedge fail — they stop at the cool pictures and the mathematical formulae and regard the mechanics of implementation as non-essential details, when it’s precisely those molecular details that generate the emergent property that dazzles them.”

    Also: Muster entstehen durch zugrundelegende, oft einfache Mechanismen. So wie die Regel der Fibonacci-Folge sehr simpel ist ist es auch die Erklärung, warum die Folge in der Natur vorkommt.

    Aber Sie schreiben sowieso ziemlich viele Sachen die ich für ziemlich prä-reflektiert halte.

    Ach ja, Bonus: https://en.wikipedia.org/wiki/Cicada#Life_cycle

  29. #29 Jenny
    März 23, 2010

    “prä-reflektiert” ist ein schönes Wort 🙂

    Aber was ich eigentlich sagen wollte: Ein wunderbares Video; danke für die Vorstellung.

  30. #30 Chris
    März 23, 2010

    @Jenny
    Bitte, gern geschehen.

    @Jörg
    Selbst gewähltes Beispiel Schneeflocken: WENN Du die mal näher oder gar unter einer Lupe angeguckt hättest, wäre Dir aufgefallen, dass hier sehr wohl die 6-Strahlige Organisation vorherrscht. Florian hatte es genauer beschrieben, muss ich hier nicht wiederholen.

    WENN Du Dir mal ein einfaches Stück Holz nehmen würdest, und einen feinen Schnipsel mikroskopieren würdest (erste Lektion im Studium/Schule), dann wäre Dir die Symmetrie aufgefallen, die von jeher existiert. Oder auch die Augen einer popligen Drosophila…

    @nihil jie und Kopfschüttla
    Genau um dieses Kernprinzip geht es. Mein oben erwähntes Beispiel von Gaudi hat Thilo nebenan schon mal erläutert. Besagter Architekt hat sich im Grunde das System von der Natur abgeguckt: “Eine einfache Regel, die sich unterschiedlich wiederholt – das spart Arbeit und Energie”

  31. #31 Der Bo
    März 24, 2010

    @Jörg Friedrich

    Alle

  32. #32 Pyramus
    September 28, 2010

    @Jörg Friedrich:
    Betrachten Sie sich doch einmal in einem Spiegel und überlegen, ob es Symmetrien in der Natur gibt. Aber nehmen Sie keinen Spiegel, der von Menschen bearbeitet wurde.

  33. #33 Chris
    September 29, 2010

    @Pyramus
    Er ist und wird auch immer der Überzeugung bleiben, dass alles nur von Menschen erdacht und erzwungen wurde. Die Hoffnung, mit Argumenten und Fakten überzeugen zu können, ist völlig unbegründet und eine Diskussion daher leider nicht möglich.

  34. #34 Hazet
    November 4, 2010

    bin soeben erst auf diese Seite “Symmetrie in der Natur” gestoßen !
    Sehr schön gemacht … und vor allem (entgegen verschiedener- ablehnender
    Kommentare ) wissenschaftlich völlig richtig !!
    Der zur Zeit Leon.-Da Vinci lebende Forscher namens Fibionaci erforschte den sogenannten ” Goldenen Schnitt”… und fand dabei in der Natur sich wiederholende
    Reihenfolgen, welche sich mathematisch mit den oben gezeigten Zahlen gleichen!
    Also 1, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377 usw.! Für künstlerische Bildformate rechnet man einfach mit 0,618… z.B. Gemälde mit 1mtr.Breite sollte nach dem
    gold.Schnitt eine Höhe von 60- 62cm haben ( genau 0,618mtr.) !!
    Diese Zahlenreihe wird deshalb auch “natürliche Fibionacische” genannt !!
    mfG

  35. #35 Hazet
    November 5, 2010

    Sorry ich erlaube mir hier einen Nachtrag !
    Die bekannte Zahlenreihe ist nicht durch Vergleiche an Fossilien usw. entstanden,
    sondern es waren lebende Objekte..z.B. Mäuse und andere sich schnell vermehrende
    Kleintiere !
    Selbstverständlich spielt der gold.Schnitt auch in der Statik eine grosse Rolle ! Ich
    bin mir sicher,daß die Einstürze div.Sporthallen (bei Schneelast) auf eine Unsymetrie..
    Leimbinder-Träger mit sehr hohem- aber zu schmalen Profil… zurückzuführen sind !
    Bei extremer Last hat die Biegespannung zur Verdrehung derselben geführt… und
    dieses hatte dann den Bruch zur Folge !
    Ob der gold.Schnitt auch auf die Symetrie von Bienenwaben z.B. anzuwenden ist ??
    sicherlich nicht auf unseren kostbarsten Stoff… H2O.. ! ( in jeder Form !!)
    Sind wir froh, daß alles nicht so gleichmäßig ist, sonst würde Ihr Nachbar genau
    so aussehen wie Sie !
    mfG.

  36. #36 Chris
    November 6, 2010

    @Hazet
    Hm, hier würde ich mal ein Contra einschieben. Nur, weil etwas dem goldenen Schnitt entspricht, bedeutet dies keine besondere Festigkeit o.ä.
    Bei Deinem Beispiel der Schneelast ist natürlich die Statik wichtig (was auch sonst?), damit eine zusätzliche Schneelast nicht zum Einsturz führt. Aber Symetrie ist da eher zweitrangig.
    Lesen hier Statiker mit, die was dazu sagen können?

  37. #37 Hazet
    November 7, 2010

    @Chris
    Um die oben gemeinte Verdrehung (keine Torsion !) zu erklären: 1) man nehme ein
    Plastic-Lineal (30cm) und verdrehe beide Enden zueinander .. dann hat man eine
    Torsions-Beanspruchung! 2) hält man ein Ende fest (oder beide ).. und das andere Ende z.B. auf eine Tischkante (hochkant !), dann wird der Druck mit dem Daumen
    dieses Lineal mehr oder weniger umbiegen ( Splittergefahr !! )
    Wenn also das Dach unter der Schneelast leicht durchhängt, kann es passieren,
    daß bei sehr hohen (und schmalen) Traversen- die Druck- und Zugspannung nicht
    mehr senkrecht verläuft ! Dann passiert das gleiche wie mit dem Lineal im Beispiel 2 !
    Vor “Jahren” gab es Brückenbauten, welche in der Statik sicherlich ausreichend
    bemessen waren, diese sind dann durch seitliche Schwingungen (Verdrehung)
    zusammengebrochen… und dieses seitliche Ausbrechen ist, so meine Überzeugung,
    für den Zusammenbruch der Hallen die Ursache gewesesen !!
    mfG.

  38. #38 Chris
    November 7, 2010

    @Hazet
    Ich glaube, jetzt wirfst Du hier einiges durcheinander. Dachkonstruktionen müssen statisch berechnet und entsprechend entworfen werden. Dafür sind Statiker (u.a.) da.
    Sicherlich werden bestimmte Bauteile unter Schneelast dabei auch “verdreht”, wie Du es beschreibst. Aber ob und wie die Spannungen verlaufen, dafür gibt´s besagte Statiker und Programme. All das hat sehr wenig mit dem goldenen Schnitt zu tun.
    Brücken, die durch Wind oder Erdbeben in Schwingungen geraten, weisen ein Problem auf, das grob umschrieben unter dem Begriff der Resonanzschwingung läuft. Auch das hat sehr wenig mit dem goldenen Schnitt zu tun …

  39. #39 Amira Bull
    Berlin 12587 Böschestraße 10
    Oktober 19, 2014

    Das hilf mir nicht viel bei meinem JuFo-Projekt !!!!

    • #40 Chris
      Oktober 19, 2014

      Dann musst Du halt keine 4 Jahre alten Postings auskramen, sondern selbst denken !!! EinsElf

  40. #41 rolak
    Oktober 19, 2014

    Das hilf mir nicht viel

    War Dir das denn versprochen worden, Amira?

    • #42 Chris
      Oktober 19, 2014

      Das war die Erwartungshaltung….

    • #43 rolak
      Oktober 19, 2014

      Naheliegend, Chris, falls allerdings nicht, hätte mich die Kette der Um- und Zustände von Anregung bis Frage durchaus interessiert.